Beiträge von Titus Duccius Vala

    Nachdem man den Iulier und seinen Kompagnon am Tor in Empfang genommen hatte, wurde er durch die Castra zum Trakt geführt, dessen langgezogenes Untergeschoss den Carcer berherbergte.


    Die Zellen, in welchen die Duumvirn von Ostia untergebracht wurden besaßen nur das allernötigste an Komfort: einen Schemel mit einer Wasserschale, eine Pritsche und einen Nachttopf.
    Licht spendete eine einzelne Öllampe, deren Flackern mehr Schatten schuf als es sie vertrieb.

    [wrapIMG=right]https://lh3.googleusercontent.…4576057472_afe14585dc.jpg[/wrapIMG]Rom war zur Zeit, in der sie die größte Stadt der Welt belagerten, des nächtens alles andere als ein leuchtendstrahlender Fleck in der Landschaft. Und doch schafften es zigtausende kleine Lichter, die Stadt dem Beobachter erkennbar zu machen. Die Dunkelheit schluckte jede Silhouette, keines der großen atemberaubenden Gebäude war zu sehen, weder der kaiserliche Palast noch die monumentalen Tempel, und doch war Rom ganz klar da...
    Vala hatte, nachdem er den Tag mit dem Schreiben von Briefen und dem Essen mit irgendeinem Würdenträger verbracht hatte, sich auf den Wehrgang hochgestohlen und stand nun auf einem der Türme an die Zinnen gelehnt und beobachtete das, was da eben nicht vor seinen Augen vor sich ging. Rom schlief, und der Belagerung wegen war nicht einmal der charakteristische Lärm der Nacht zu hören, wenn Fuhrwerke auf den steinernen Straßen jedem den Schlaf raubten, der in der Provinz lautlose Nächte gewohnt gewesen war. Er musste fast lächeln bei dem Gedanken, dass erst die Belagerung durch ein feindliches Heer Rom auch nur in die Nähe der Städte der Provinz brachte. Das Leben schien stillzuhalten, zumindest von außen betrachtet. Wie oft hatte er sich schon gefragt, wie lange die das da drinnen noch aushalten würden? Wie erging es ihnen dadrinnen wohl? Die Informationen, die sie zahlreich von jenen außerhalb der Stadtmauer bekommen hatten, ließen auf deutliche Engpässe der Versorgung schließen.. immerhin war Alexandria abtrünnig, das die Stadt sonst mit billigem Getreide versorgte. Jetzt, wo Rom nicht einmal die umliegende Gegend leersaugen konnte, mochte es wohl noch schlimmer sein.
    Und dennoch brachte man es fertig, ihrer Belagerung nun schon Tage zu trotzen. Die Stellung des Vesculariers schien gefestigter, als sie vorher angenommen hatte. Überläufer aus der Gegend diesseits der Stadtmauer gab es zuhauf, aber es waren Überläufer aus der Gegend JENseits der Stadtmauer auf welche sie angewiesen waren, sollte der Vescularier fallen noch bevor Palma hier ankam. Wenn er ankam. Was war, wenn er im Süden eine Niederlage erlitt? Gar fiel? Würden sie dann immernoch den Vescularier stürzen?
    Wenn es nach Vala ging, würde das zwangsläufig so sein MÜSSEN, immerhin war er trotz Kommando über eine Legion nach wie vor ein kleines Licht... und um heller brennen zu können brauchte es einen vescularischen Kadaver. Der Flaminier könnte sich zum Kaiser machen lassen, den nötigen Rückhalt im Heer hatte er ohne Frage, und Vala würde sicherlich zu denjenigen gehören die von einer solchen Option profitieren würden, doch ob der Flaminier sich in Rom würde halten können wenn erst einmal die Truppen wieder gen Norden gezogen waren, war äußerst fraglich - zu lange hatte er im Norden verharrt, fern der politischen Ränke Roms.
    Seine eigenen Kontakte in der Stadt hatten sich ebenfalls noch nicht bewegt, der Pompeier würde die Nachricht wohl erhalten haben, aber mit der Belagerung würde dessen Spielraum stark eingegrenzt worden sein. Also hieß es warten... nichts, was Vala nicht leidend tun würde, Geduld war etwas womit er sich schon früh hatte arrangieren müssen. Das einzige, was ihm selbst auf den Geist ging waren seine Gedanken, die hier und dorthin wanderten während er selbst zum Stillstand verdammt war. Auch wenn er sich in den letzten Tagen deutlich um seinen Werdegang nach dem Fall des Vesculariers gekümmert hatte, gab es immernoch einige Fragezeichen. Wie zum Beispiel: Axilla.
    Im Meer an Lichtern ohne Konturen konnte Vala nicht ausmachen wo genau sich die Casa der Iunier befand... und wenn schon, würde sie wahrscheinlich eh im Hause ihres Ehemanns residieren. Wie sie wohl darauf reagieren würde, wenn er ihr die Heirat antrug? Je nachdem wie ihr Ehemann stand, würde sich eine Scheidung nach dem Fall des Vesculariers sogar anbieten... das war die maßgeblichste Hoffnung, die er sich in dieser Sache machte. Aber dies war nicht die einzige Baustelle, der er sich würde stellen müssen... den Pompeier galt es aus der Scheisse zu ziehen und möglichst direkt nach dem Öffnen der Tore in Sicherheit zu bringen... ein pikantes Spiel, dessen Ausgang ungewiss war, immerhin war der Mann Klient des Usurpators. Und doch war sein Nutzen für Vala in der Vergangenheit von unschätzbarem Wert, bei allem Opportunismus den Vala sich zueigen gemacht hatte: das war er ihm im Mindesten schuldig.
    Und die Decimi... ehemals Hauptverbündete seiner Sippe, nunmehr eine der Familiae, die vom Regime des Vescularius am meisten profitiert hatten... auch da würde es alles andere als leicht die alten Stricke wieder herzurichten. Vala konnte nur hoffen, dass es seiner Tante gut ging, und die Decimi nicht auf die Idee kamen sie als Faustpfand oder dergleichen zu benutzen. Wenn, war ein Bruch wohl offensichtlich unausweichlich... dabei würde er Verbündete brauchen können in der Zeit nach dem Fall.
    Irgendwann surrte sein Kopf so sehr mit den unbeantwortbaren Fragen, dass er sich von der Brüstung abstieß und den Weg nach unten antrat.. er würde sich irgendein Weib nehmen (einer jener Vorzüge Roms, die er am schmerzlichsten vermisst hatte), ihren Körper und sich selbst in Wein ertränken und das Hoffen auf Veränderung auf den morgigen Tag zu verschieben.
    Was anderes blieb ihm auch kaum übrig.




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    "War es jemals anders?" , entwich es Vala ohne dass er vorher großartig darüber nachdenken musste.. oder wollte. Für ihn war das absolut normaler Standard, zu schauen wo man blieb. Ehre und moralisch einwandfreies Streben war etwas, das man sich nur leisten konnte, wenn man ein Netz oder einen doppelten Boden zur Verfügung hatte. Und den hatte er, ein Homo Novus aus der Provinz, Sohn eines inoffiziellen Deserteurs (zu Lebzeiten selbst ein verkappter Idealist) und Sprössling einer Sippe, die in der Vergangenheit oft genug knietief durch die den Unrat der Welt gestolpert war, sicherlich nicht. Der Kontrast war, bei den wenigen Worten die sie miteinander wechselten, offensichtlich... und dementsprechend wuchs das Unverständnis Valas für die Reaktion des Decimus.
    Unweigerlich kam ihm die Ilias in den Sinn, die ihm seine Mutter immer wieder vorgetragen hatte, im offensichtlichen Bestreben aus ihrem Sohn einen Helden zu machen.. und doch war es ein Satz des Agamemnon, der ihm hier nun einfiel, und der nicht drastischer hätte von ihrem ursprünglichen Ziel hätte abweichen können: "Besser, wer fliehend entrann der Gefahr, als wen sie ereilet. Welcher Gefahr willst du entrinnen, Decimus? Dein Schwert liegt wohl auf dem Grund des Astico.."
    Dass der Mann sich offensichtlich das Leben nehmen wollte, war wohl römische Sitte... eine, die Vala nicht im geringsten verstand, aber wohl eben auch mit diesem Gebilde an Werten, Normen und Pflichten entsprang mit welchem man sich umgab wenn man zur Spitze der Gesellschaft gehörte die kaum mehr richtige Gefahren zu fürchten hatte als... die Spitze der Gesellschaft. Aber vielleicht weil er es eben nicht verstand interessierte es ihn so. Genug, dass er bereit war jede Menge Ärger zu riskieren, in dem er dem Decimus seinen Wunsch erfüllte. Die linke Hand holte aus und schlug gegen die Tür, welche einen Moment später knarzend geöffnet wurde. Wenig Licht fiel aus dem Gang dahinter in die Zelle, zusätzlich verdeckt von der Gestalt eines Soldaten der achten Legion.
    "Dein Schwert, und dann gehe..." , befahl Vala, bekam nach anfänglichem Zögern die gewünschte Waffe und sah am schwindenden Licht, hörte am Knarzen und am Rütteln der geschlossenen Tür, dass sie wieder unter sich waren. Die Waffe in der Hand wiegend, und die Reflektionen der nahe stehenden Öllampe betrachtend stellte Vala eine letzte Bedingung: "Bevor ich dir erlaube dich aus diesem Leben zu befördern, wirst du mir eine Frage beantworten... und nur die eine: Warum glaubst du all das?"

    "Heuchler..." , wiederholte Vala den Vorwurf des Decimus, als wäre es ein Wort das er zum ersten Mal in seinem Leben hörte, und noch einmal um sich des Klangs des Wortes zu vergewissern... und seinen eigenen Gefühlen dabei, "...Heuchler."
    Nein, da war nichts. Schon fast belustigt merkte Vala, wie die Verachtung seines Gastes an ihm abperlte wie Wasser an eingeöltem Leder. Hätte er sich selbst als etwas wie einen Mann angesehen, dem Ehre als Maxime in seinem Leben galt, wäre die Sache sicherlich eine ganz andere gewesen, das wusste er nur zu gut aus den Reaktionen vieler Menschen denen eben das zueigen war wenn sie eben bei ihrer Ehre gepackt wurden. Und wie immer reagierte Vala mit äußerstem Unverständnis auf derartiges, weil es ihm selbst nicht aufgehen wollte wie man sich in dieser Welt an ein künstliches Konstrukt binden konnte, das einen nur allzu gern in Schwierigkeiten brachte und ansonsten kaum nennbaren Wert hatte außer vielleicht ein paar kopfwascherne Deppen für eine lächerliche Sache für einen noch viel lächerlicheren Preis zu gewinnen.
    Dass der Decimer dann doch zu diesen Leuten gehörte überraschte ihn allerdings, hatte Vala im Leben nicht daran geglaubt man könne es auf den wohl einflussreichsten militärischen Posten des römischen Reichs bringen, in dem man tatsächlich an so etwas wie Ehre und verbindliche Eide glaubte.
    "Worte. Mehr nicht..." , konstatierte er daher mit den Schultern zuckend und zeigte sich recht unbekümmert ob dieser Feststellung. Ob es die Diskussion überhaupt wert war? Neugierig musterte er den Praetorianerpraefekten, dessen Gesicht in diesem Licht mehr Schatten war als alles andere.. aber selbst so alles andere als gut aussah. Na, wenigstens ging das Fieber zurück, so wie die Ärzte es ihm beteuerten die den Decimus immer wieder aufsuchten und ihn in der Welt der Lebenden hielten.
    "Der letzte Eid den ich gesprochen habe galt einem Kaiser der jetzt in einer Urne das Familiengrab der Ulpii bewohnt. Oder irgendwas in der Art, wo vergrabt ihr eure Principes noch einmal? Na, egal... der jetzige Kaiser wollte meinen Eid nicht, also bekommt ihn der nächste... der ihn hoffentlich mehr zu schätzen weiß." , üssierte Vala, warf einen letzten Blick auf seine Aufzeichnungen und legte schließlich den Griffel zur Seite, da die Aufmerksamkeit seines Gastes ihn wohl nicht würde weiterarbeiten lassen.


    "Deine Männer? Sehen das ganz ähnlich, so scheint mir..." , fuhr Vala in ungezwungenem Plauderton fort, immerhin hatten ideologische Debatten nicht das Zeug ihn aus der Ruhe zu bringen, einfach weil sich ihm ihre Logik längst nicht mehr erschloss. Aber in militärischen Dingen kannte er sich aus, also konnte er genauso gut dort weitermachen: "Die Prätorianer... geschlagen, kapituliert, übergelaufen. Nicht wenige belagern jetzt Rom... auf die fünf siegreichen Legionen des Nordens aufgeteilt... ein paar deiner Männer bevölkern ihre alten Stuben gleich über uns, wenn dich das beruhigt. Andererseits sind es nicht mehr deine Männer... sondern meine... oder die des Cornelius, wie man es nimmt."

    Wenige Tage nachdem die achte Legion die Castra Praetoria besetzt hatte begann das altgewohnte Lagerleben.. mit einem Unterschied: der Drill für den Ernstfall bestand nun nicht mehr im Proben von offenen Feldschlachten, sondern im Bewältigen eines bewaffneten Konflikts auf engstem Raum. Da die Wege der Castra Praetoria wenig vergleichbar mit dem Wust an Straßen und Gassen der Stadt Rom waren, hatte man sich relativ schnell darauf verlegt die um die Castra herumliegenden Häuser für die Manöver zu requirieren... ohne den Bewohnern großartig die Wahl zu lassen. Das einzige Entgegenkommen was sie zu erwarten hatten war die vorherige Ankündigung, dass man ihre Behausungen fortan immer wieder besetzen würde.


    So erscholl in den Straßen und Gassen immer wieder heftiges Gebrüll und der charakteristische Kampfeslärm... mir einer Ausnahme: es wurde kein blanker Stahl genutzt. Zwar waren die Legionäre immernoch mit ihren Scuta ausgerüstet, aber bewaffnet waren sie mit Messern und einer wachsenden Anzahl an Holzknüppeln.. eine Taktik, die sich schon seit Jahrhunderten in den Konflikten bewährt hatte, die sich innerhalb des Pomeriums abgespielt hatten. So wurde die Vorgabe eingehalten das Pomerium nicht mit Waffengewalt zu überschreiten... und doch weit genug gedehnt, um dennoch eine effektive Bedrohung darzustellen.
    Man knüppelte also mit Holz aufeinander ein, bildete Mini-Testudos um Steinen und anderem Wurfwerk von den Dächern zu begegnen und drängte sich so weiter gegen den Gegner voran durch das imaginäre Pomerium.


    Was auch immer geschehen würde, man wollte nicht unvorbereitet sein. Und man würde es auch nicht.


    'Vala war hier' stand in mittlerweile tief eingeritzten Lettern auf dem Schreibtisch des Praetorianerpräfekten, dessen Officium der Tribun der achten Legion seit einigen Tagen okkupiert hatte... genauso wie den ganzen Rest der Principia. Als oberster Gefängniswärter und Bewacher des Nordostens der Stadt hatte man dennoch genug Kurzweil um sich auf diese Art und Weise im Mobiliar zu verewigen. Und mit jedem Bittsteller/Überläufer/SchonJahreaufderSeitedesCorneliersgewesenen vertiefte sich sein Signum im Schreibtisch. Irgendwann hatte er sämtlichen Anstand fahren lassen und nahm die Besuche entgegen so wie es ihm gerade passte... meistens mit auf dem Tisch ruhenden Füßen, schließlich war auch das Anhören der ganzen Quacksalber eine sehr unentspannende Arbeit, da durfte er sich durchaus etwas Bequemlichkeit leisten.
    Interessant wurde es erst, wenn ihm neue Gefangene zugestellt wurden, die im Carcer zu darben hatten bis der Cornelier sich ihrer annahm... was immerhin noch ein paar Wochen dauern konnte... im besten Fall.
    Meist waren es nur kleinere Fische die in den Carcer wanderten, denn sie hatten die meisten Großen schon im Norden gefangen.. und die anderen hielten sich innerhalb der weiterhin fest verschlossenen Stadtmauern auf. Wie lange es da noch dauern konnte war außerhalb Valas Ermessensbereich, er beklagte sich auch nicht. Immerhin konnte er sich immernoch mit fröhlicher Miene das Ohr abkauen lassen. Und sich auf das vorbereiten, was nach der Zeit kommen mochte, in der der Vescularier endlich fiel... und natürlich die Kerben im Schreibtisch noch ein wenig vertiefen.

    https://lh4.googleusercontent.…TYI/s172/valahelfer05.jpg

    https://lh5.googleusercontent.…24070590_5c78b3d416_n.jpgEs waren schon Tage vergangen, seit sie ihr Quartier in der Castra der Urbaner und Praetorianer bezogen hatten. Tage, die Sirius weiterhin gezwungen war inmitten des stinkenden Haufen der achten Legion zu verweilen. Wenigstens war die Truppe bedeutend geschrumpft seit sie sich bei Vicetia mit den Kaiserlichen geprügelt hatte.. Sirius hatte sogar die genaue Aufstellung der Legion im Kopf, auch wenn ihm garnicht behagte sich während des Feldzugs zu einem stumpfen Legionsschreiberling herabgesetzt zu sehen. Die Erlösung war dabei zum greifen nahe! Sie waren ja quasi in Rom! Alles, was Sirius sich gewünscht hatte war also schon beinahe eingetreten... dummerweise hielt sich der Vescularier innerhalb der Stadtmauern verschanzt, was ihm den Zugriff auf das alte Leben, das er und sein Dominus in dieser Stadt genossen hatten, doch noch verwehrte. Genau genommen war ihre derzeitige Situation eine paradoxe Verdrehung seiner Wünsche: er war in Rom, dem stinkenden Haufen der Legion allerdings nicht entronnen.
    Und doch gab es ein paar Annehmlichkeiten, die es zuvor nicht gegeben hatte auf dem langen Marsch nach Rom. Ein richtiges Bett zum Beispiel, ein Bad oder auch nur ein richtiges Dach über dem Kopf und keine undichte Zeltplane. Alles in allem hatte er weniger Grund sich zu beklagen.. es gab sogar gewisse Lichtblicke, wie die unbekannte Schöne die sich im Atrium des Praefektenpalastes aufhielt und ihn bisher mit zur Schau gestellter Ignoranz besah.. oder eben nicht.
    Seit er sie zum ersten Mal gesehen hatte, wusste er: sie war es! Die eine! Alles an ihr faszinierte ihn.. die verträumte Art wie sie in die Welt schaute, die Art wie sich ihre Locken zu einer kunstvoll geformten Frisur zusammentaten... die verspielten Falten, die ihre Palla war und die doch mehr freigaben als sie verhüllten.. und nicht zu vergessen dieser atemberaubende Körperbau!
    Tagelang war er um sie herumgetigert, wie ein schüchterner Dreizehnjähriger führte er sich auf, weil ihre Anmut und ihre Haltung ihn verunsicherten, immerhin hatte sie ihn noch keines Blickes gewürdigt. Und doch wusste er, dass er sie ansprechen MUSSTE bevor dieser Bürgerkrieg vorüber war. Wie oft würde er sonst noch die Chance bekommen sie zu sehen?
    So hielt er es eines Tages einfach nicht mehr aus... auf der Latrine hockend hatte er sich einen Plan zurechtgelegt wie er sie rein zufällig ansprechen würde, als hätte er sie noch nie gesehen. Ein todsicherer Plan der bisher immer funktioniert hatte.
    Mit einer wahllos gegriffenen Tabula in der Hand und diese vorgeblich in Gedanken versunken studierend schlurfte Sirius durch das Atrium. Zielstrebig hielt er dabei auf die Statue zu, die man sträflicherweise in eine Ecke des Atriums gestellt hatte wo ihr kaum Aufmerksamkeit zuteil wurde.. und an der Sirius niemals im Leben vorbeikommen würde, hätte er wirklich etwas zu tun gehabt. Aber so... sooooooo... so hielt er natürlich genau auf sie zu, bis er fast genau an dem Punkt stand, den sie so weltvergessen mit ihren grauen Augen betrachtete.


    "Oh... ha..hallo... wer bist d..du denn?" , begann Sirius sehr eloquent den wichtigsten Flirt der vergangenen Monate (die Kleine aus der Curia von Verona zählte nicht, die war bereits an einen Schwan vergeben), "..dich hab ich ja noch nie hier gesehen. Bist du neu hier?"
    Ein moment des Schweigens kehrte ein, in dem Sirius die Schöne unsicher ansah und sich innerlich immer wieder zur Ruhe gemahnte: Selbstsicherheit, Sirius, Selbstsicherheit. Die Weiber stehen da drauf!
    "Ach, oh.. du bist schon länger hier?" , versuchte er verzweifelt die Konversation zu retten, bevor sie starb ehe sie wirklich begonnen hatte, "Das überrascht mich jetzt ja wirklich! Ich meine... ich bin mir sicher, ein Gesicht wie das deine hätte ich mir gemerkt!"
    Ihr Kichern gab Sirius einen Schub an Zuversicht: sie fand ihn witzig!
    "Hah, nein, wirklich... ich meine, es laufen hier ja einige herum... die meisten ungewaschene Soldaten, aber sowas wie dich, neeeeein... du wärst mir sofort aufgefallen, da kannst du dir sicher sein. Wo hast du dich versteckt gehalten?" , warf Sirius das charmanteste Lächeln auf seine Lippen (vom Boss abgeguckt), das er zur Verfügung hatte und lehnte sich gekonnt an eine Säule... die da nicht stand.
    Den kommenden Fall konnte er noch abfangen, und winkte gleich in ihre Richtung ab: "Hah, nichts passiert... nichts passiert. Wer hat denn die Säule da weggestellt? Ich bin mir sicher, gestern war sie noch da... ach, wo waren wir? Ja, genau... wo hast du dich versteckt? ... oh... hier warst du? Na, da muss ich mich gleich einen Toren schelten, dass ich dich hier nicht gesehen habe... andererseits hättest du mich nur von der Arbeit abgelenkt. Oh... ist dir kalt? Ich meine... deine... eh... nein, nein... so meinte ich das garnicht. Also... eh... was treibst du so?"
    Mit größtmöglichem offenen Interesse lauschte Sirius der Schönen, nickte hier und da verstehend und machte bei den richtigen Passagen einen betroffenen Gesichtsausdruck: "Ach... muss ja... aber klingt doch wahnsinnig spannend! Ich wünschte ich hätte so ein abwechslungsreiches und spannendes Leben. Oh... was ich mache? Nun... ich... also... ich befehlige ein Heer, jawoll. Eigentlich befehligt das ein anderer, aber der hat soviel um die Ohren, dass ich ihm die Arbeit abnehme." , tat Sirius mit wichtigtuerischer Miene kund und streckte den Rücken dabei gerade, schließlich überragte ihn die Schöne um einen ganzen Kopf, "Ob ich ein Kriegsheld bin, fragst du? Ach, neeeeeeeein... ich meine, ich bin bei Vicetia auf dem Rücken eines flammendrotem Rosses in die Schlacht geritten und habe eine GANZE LEGION mit eigenen Händen in die Flucht geschlagen... aber ein Held bin ich deshalb ganz und garnicht. Ich habe nur das getan, was jeder getan hätte... ich habe Rom verteidigt! Genau."
    Wieder folgte eine Weile, in der Sirius sich in ihrer Bewunderung sonnte, aber schließlich winkte er ab: "Das sind doch kinkerlitzchen, das schaff ich mit Links. Wirklich nichts besonderes.. oh.. wer die kleine Sklavin war, mit der ich mich gestern unterhalten habe? Das ist dir aufgefallen? Ach, neeeein, das will ich dir doch garnicht unterstellen.. sie war niemand. WIRKLICH, niemand! Wie kannst du dich nur mit einer solchen... nein, natürlich nicht!"
    Abwehrend hob Sirius die Arme und legte den Blick des untrübbaren Wässerleins auf, wischte die Angelegenheit schließlich energisch zur Seite in ging wieder in die Offensive: "Weißt du, ich hab von dir geträumt.... ja, doch, wirklich... brauchst garnicht so zu schauen! Ich habe wirklich von dir geträumt, lange bevor ich dich an diesem schönen Tag getroffen habe! Jahre bin ich durch die Welt getaumelt und wusste nicht wohin mit mir.. aber in meinen Träumen, da wusste ich, es gibt die eine... und heute habe ich sie getroffen. Ja, dich meine ich... genau dich... oh..." , wandte Sirius sich schließlich schreckhaft um, als er von irgendwoher die Stimme seines Herrn zu vernehmen glaubte, "Ich muss gehen, du weißt schon, die Pflicht ruft... aber ich komme wieder. Bist du morgen wieder hier? Selbe Zeit? Das ist ja wunderbar... vale bene, meine Liebe.. jetzt brauch ich nicht mehr von dir zu träumen, denn nun können wir endlich zusammen sein! Ach, ich auch... ich bin ja auch so aufgeregt... aber ich muss jetzt wirklich gehen!"
    Als Sirius ging, wandte er sich nach wenigen Schritten noch einmal um, um seiner Liebe einen letzten sehnsuchtsvollen Blick zuzuwerfen bevor er sich schließlich gänzlich abwandte. Der Aufenthalt in der Castra versprach doch noch interessant zu werden, soviel stand fest.


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    Während draußen die Belagerung der ewigen Stadt größtenteils ohne seine Beteiligung (nicht) vor sich ging, fand Vala sich in der seltenen Situation der Langeweile wieder. Zwar galt es seine auf zweitausend Mann geschrumpfte Legion mit Nahrungsmitteln zu versorgen, aber sobald die Aufgaben einmal deligiert war, machte sich eine Routine breit die größtenteils von den Centuriones und ihren Optiones am Laufen gehalten werden konnte... wenn mal etwas an Vala herangetragen wurde, war es irgendein Römer der sich für den Fall eines Reichsspitzenwechsels irgendwie einbringen wollte. Sowieso: außerhalb der Stadtmauer zählten sie unfassbar viele Überläufer. Sie konnten fast davon ausgehen, dass alles was einflussreich genug gewesen war sich außerhalb der Mauer niedergelassen und abgewartet hatte, bis das Heer der im Norden siegreichen Rebellen eingetroffen war. Innerhalb der Stadtmauern traf man wohl jetzt vornehmlich auf arme Schlucker und treue Vescularianer. Das machte die Situation nicht unbedingt besser... eigentlich wünschten sie sich auch innerhalb der Mauer ein paar Überläufer, die dann die Tore öffneten und ihnen den Vescularier auf einem Silbertablett servierten. Dazu war es allerdings nicht gekommen, selbst wenn Vala über komplizierte Wege ein paar Steine ins Rollen zu bringen versuchte. Allerdings: es tat sich nix. Palmaner und Vescularier beäugten sich argwöhnisch von der Stadtmauer und diese herauf, gefallen war aber noch kein einziger Mann.
    Was zu der zuvor erwähnten Langeweile zurückführte, in der Vala sich wiederfand wenn er mal nicht die Zeit damit totschlug mit Würdenträgern und VIPs außerhalb der Stadtmauern Pläne für eine fiktive Zeit nach dem Vescularier zu schmieden. Aber das rückte deutlich in sein Augenmerk: die Zeit nach dem Vescularier. Feindliche Heere waren weit weg, wie auch immer die Schlacht im Süden ausging... der Vescularier war dran. Also musste Vala sich daran gewöhnen, nach Jahren im militärischen Exil, wieder an die römische Politik zu denken.


    Das machte er am liebsten, wenn er seine Ruhe hatte... und wo hatte man die, wenn nicht im Carcer?
    Dummerweise war dieser zur Zeit voll belegt... mit Prätorianern, Tribunen, Legaten des geschlagenen Heers im Norden. Und wenn man denen (allesamt eher missmutige Gestalten, auch wenn der eine oder andere Anstalten machte überlaufen zu wollen) Gesellschaft leistete, lief das meist auf enervierende Gespräche hinaus. Also war derjenige, dem Vala öfter mal einen Besuch abstattete, der im Fieber liegende Prätorianerpräfekt. Warum gerade der es war, konnte Vala selbst nicht so genau ausmachen... wahrscheinlich, weil die seit Jahrzehnten miteinander verbündeten Decimi und Duccii symbolisch für die Zerrissenheit des Reichs standen. Die einen auf der Seite des Vesculariers, stellten einen der höchsten Militärs auf die der Kaiser in Rom zurückgreifen konnte... die anderen zwangsläufig durch gewisse Wendungen und die Entscheidung der Provinzführung in Germania, mit der sie schon fast traditionell verbandelt waren, auf Seiten des Corneliers.
    "Wie sind wir da bloß reingeraten...?" , dachte Vala murrend laut nach. Das Licht einer Öllampe erzeugte mehr Schatten als Licht und ließ diese immer wieder tanzen. Die Tabula auf seinem Schoß, auf der er sich immer wieder Gedanken notierte die später von Nutzen sein konnten hatte heute noch keinen einzigen Eintrag, eben weil er sich darüber den Kopf zermarterte wie sie in die Stadt kommen konnten ohne ein großes Blutvergießen zu veranstalten. Aber eine Lösung bot sich einfach nicht an.. an der kalten Wand lehnend ruhte Valas Blick auf dem daliegenden Prätorianerpräfekten, der letzte Besuch eines Capsarius war schon was länger her (Zustand besser sich von Tag zu Tag.).
    "Bittere Ironie...", fuhren Valas Gedanken fort mit seiner Zunge zu spielen, "Jetzt stehen wir hier vor Rom, und kommen nicht rein. Und warum? Weil sich die Stadt derart mit Werten und Traditionen zugepflastert hat, dass der Cornelier nicht wagt sie sich mit Gewalt zu nehmen. Na, bedienen wir uns doch der Prätorianer... wie früher, da hat das auch geklappt.. ach, neee... die sind ja nicht mehr."
    Wie er es drehte und wendete... die Entscheidung in Rom würde nicht außerhalb der Stadtmauern getroffen.

    Feldzügliche Gastfreundschaft hin oder her: während der Belagerung Roms gingen die Rebellen lieber kein Risiko ein, und knasteten ihre Gefangenen genau dort ein, wo vorher ihre Verbündeten darben mussten: im Carcer der Cohortes Praetoriae.


    Selbstverständlich bekamen die Gefangenen ihrem Rang entsprechende große Zellen die man vorher akribisch nach irgendwelchen Schlupflöchern durchsucht hatte, es aber schließlich aufgab und die Gefangenen einfach verstärkt bewachen ließ.


    Dem Praefectus Praetoria war freilich eine der größten, was allerdings nicht darüber hinwegtäuschen konnte, dass er zur Zeit in seinem eigenen Carcer einsaß. :D

    Es brauchte nicht lang um die Tore zur verlassenen Castra Praetoria aufzubrechen. Wie Vala sich geflissentlich von seinem Primus Pilus erzählen ließ, dauerte so etwas nur lange, wenn man währenddessen mit allem möglichen beschossen und beworfen wurde. Da dies aber nicht der Fall war, weil man die Castra Praetoria wohl schon vor längerem geräumt hatte, konnten die Legionäre der achten Legion relativ lässig zu Werke gehen. Knapp zwei Stunden lang ging es dann trotzdem scheppernd zu Werke... eine Zeit, die Vala damit zubringen ließ den Bewohnern der umliegenden Canabae und der Siedlungen außerhalb des Pomeriums klarzumachen, dass ihre Motive legitim und ihr Vorhaben höchst ehrenhaft war... und dass sie von seinen Männern keine Gräuel zu erwarten hatte. Gleichzeitig ließ er die Geschichte des Schicksals Pataviums streuen, wer wusste schon wofür so etwas gut war?


    Den Großteil der Zeit allerdings verbrachte er damit, die Stadtmauer an der Porta Viminalis zu begutachten... und ENDLICH WIEDER einen Blick auf Rom zu erhaschen. Sie waren fast da! FAST DA!! Und Rom war den Berichten ihrer Informanten und zahlreicher Fliehender nahezu unbewaffnet. Der Vescularier hatte einen Großteil des Heeres tatsächlich gen Süden entsandt, und Rom war jetzt nurnoch von einer Handvoll Urbanern, knapp viertausend bewaffneten Milizionären und ein paar Irren verteidigt. Er hätte fast gelacht, wären die Befehle ihres Kaisers nicht eindeutig gewesen: das Pomerium achten. NICHT angreifen. Verhandeln. Abwarten.


    Abwarten würde er so oder so müssen... mit der Castra Praetoria hatte die VIII. Legion den Schauplatz erwischt, der wohl am weitesten vom Fokus des Interesses (des Palatins) entfernt. Einerseits frustrierend, andererseits logisch, weil es die VIII. Legion von allen Legionen nahezu am schlimmsten erwischt hatte: Vala hatte nunmehr nicht einmal zweitausend Männer unter seinem Kommando. So blieb es nur von der hohen Mauer der Castra auf das nicht weit enfernt liegende Caput Mundi zu blicken, und darauf zu warten, dass sich etwas tat.

    http://farm7.staticflickr.com/6193/6108811109_22788de94e.jpgDie Apenninen waren auch nach Jahrhunderten der römischen Herrschaft in Italia immernoch eine Hausnummer. Von zahlreichen Straßen durchzogen hatten sie ihre furchteinflößende Wirkung zwar verloren, aber sie boten immernoch genug imposante Anblicke um auch den tumbesten Reisenden zumindest für einen Moment innehalten zu lassen. Nicht einmal einen Tag, nachdem man von Bononia aus aufgebrochen war, hatten sich die erst sanften Hügel Norditalias zu Bergen aufgetürmt, und die flachen Täler wurden zu immer tieferen Furchen im Antlitz der Welt.


    Die Soldaten, denen die Durchquerung der Alpen gelungen war, konnte dies kaum schocken: im Vergleich zu den kilometerhohen Gesteinsbrocken des mitteleuropäischen Hochgebirges mussten sich ein paar Berge der Apenninen zwar nicht verstecken... mithalten konnten sie aber noch lange nicht.


    Den militärisch-reisenden bot sich eine Vielzahl an Lagermöglichkeiten: hunderte bereits durch die Gegend gezogene Armeen ähnlicher oder noch größerer Gattung hatten sich bereits über die Straßen nach Norden oder Süden begeben... und so fiel es auch nicht schwer innert eines Tagesmarschs längst überwucherte oder noch nicht allzu lange aufgegebene Lagerstätten zu finden. Dennoch: bequem war die Reise nicht durch dieses Gebirge, auch wenn die unterschiedliche Flora und Fauna im Vergleich zu den Alpes die eine oder andere Überraschung bot.
    Zumindest waren die Straßen hier derart ausgearbeitet, dass sich größere Unfälle auf der Strecke quasi erübrigten... auch wenn während des Lagersbaus immer wieder mal jemand zu Schaden kam: Verschleiss gab es immer.


    Vala, der nach seinem Tribunat in der Legio I. die Apenninen mittlerweile zum dritten Mal durchquerte, nutzte die Zeit die ihnen blieb und schrieb in jeder freien Minuten an seinen Aufzeichnungen über das römische Heer. Nicht, weil er damit direkt für die Zeit nach dem Bürgerkrieg plante, sondern weil er es damit noch am besten schaffte sich von den großen Fragezeichen abzulenken die auch in den täglichen Stabssitzungen nicht aufgelöst worden konnten: was sollen sie eigentlich machen, wenn sie vor Rom standen? Noch hatten sie keinerlei Nachrichten über das, was wirklich in der ewigen Stadt vor sich ging.. also gingen sie immernoch davon aus, dass dort mit den Cohortes Urbanae und der Classis ein Heer auf sie wartete, dass ihnen zumindest an Mannstärke überlegen war. Im Stab gab es nicht wenige, die die Kampfstärke der Classis und der Urbaner herunterredeten, aber vor allem ältere Offiziere predigten den Tempel im Dorf zu lassen und sich auf ein hartes Stück Arbeit einzustellen.
    Bis sie allerdings Gewissheit über die Härte des Stücks Arbeit haben würden, würden sie die Apenninen wahrscheinlich durchquert haben...


    Und tatsächlich standen sie vier Tage nach dem Aufstieg auch vor Florentia am Fuße des italischen Gebirges, und marschierten die Via Cassia weiter gen Süden... bis sie mit Arretium die erste der zwölf wichtigsten Städte Etrurias erreichten.


    Bildquelle

    http://farm5.staticflickr.com/4104/5098060104_a6634e5894.jpgAn der Spitze des kläglichen Rests der VIII. Legion ritt Vala gemächlich voran... Roma entgegen.
    Sie hatten das Lager in Verona in aller Frühe verlassen, und dabei nicht einmal das Lager abreißen müssen, welches immernoch als riesiges Lazarett für mehrere tausend verwundete Rebellen diente. Das Heer, welches sich nun gen Süden wandte, war nicht einmal halb so groß wie das, welches sich in Vicetia den Prätorianern und den Legionen aus dem Osten gestellt hatte. Mehr als zweitausend ihrer Männer durften sie schließlich auf den Feldern verbrennen und ins Elysium entlassen, mehr als fünftausend Verletzte, und eine schwankende Anzahl an Vermissten stellten den Blutzoll dar, den die Rebellen hatten in Vicetia zahlen müssen. Dreitausend gesunde Mann wurden zum Schutz und für die Versorgung der Verletzten zurückgelassen... was bedeutete, dass sich die gen Rom marschierenden knapp zehntausend Mann auf fünf einzeln schwache Legionen aufteilten.


    Bei den Stabsbesprechungen, an denen Vala teilgenommen hatte, hatten Quellen berichtet, dass Appius Cornelius Palma in Achaia eine Volte gelungen war, die ihn in Süditalien anlanden ließ... wie groß seine Streitmacht dort allerdings war, war noch nicht berichtet worden. Was sie allerdings wussten, war, dass Rom nach dem Abmarsch der Classis Misenensis und einem großen Teil der Cohortes Urbanae quasi schutzlos war. Die beiden Einheiten hätten den Kampf vielleicht einigermaßen ausgeglichen gestalten können... nun aber war Rom ein reifer Goldapfel, der ihnen nur noch in den Schoß fallen musste.
    Die Frage, ob sie ihrem Kaiser zuhilfe eilen könnten, war gar nicht erst gestellt worden: sie waren alleine zwei Marschwochen von Rom entfernt, bis nach Rhegium war es mehr als ein Monat über Land... nein, sie würden dem Cornelius nicht helfen können. Der würde sich im Süden alleine beweisen müssen. Sie allerdings konnten ihm Rom danach auf einem Silbertablett liefern. So wie der unbedachte Abmarsch der Classis und der Urbaner die Stadt ihnen servierte.


    Aber bis Roma galt es noch zwei Wochen Marschieren hinter sich zu bringen. Für diejenigen, die sich um den Anblick der Landschaft Italias scherten, würde zumindest dies eine gewisse Abwechslung bieten. Die seit Jahrhunderten durch den Menschen bearbeitete Landschaft Norditalias bot ein sich stetig änderndes Pottpouri an Weinbergen, großen Latifundien auf denen das Wintergetreide spross, und den immernoch vorhandenen Waldflecken vor allem in der hügeligen Gegend.
    Für den Militär bedeutete es vor allem Entspannung, weil sie sich seit der Schlacht durch effektiv befriedetes Gebiet bewegten.. und sollten sich tatsächlich versprengte Kaiserliche reorganisierten haben, wären sie alles... nur keine Bedrohung für ein zehntausend Mann starkes Heer.
    Wie oft schon Heere durch die Gegend gezogen waren ließ sich alleine an den Siedlungen erkennen: fast in jeder Tagesmarschweite befand sich eine Siedlung an der Via von Verona nach Mutina, die sich aus einem ehemaligen Marschcastellum entwickelt hatte.
    Das erleichterte die Versorgung des Heeres (welches nach wenigen Tagen zurück in die alte Marschroutine gefallen war, welche sie über an und über die Alpen gebracht hatte) ungemein... auch wenn nicht jeder Stadtobere sich über den Besuch freute. Einerseits brachten die Soldaten Geld in die Oppidi und Vici, andererseits fraßen sie auch die Lager leer.


    Nach fünf Tagen hatten sie Bononia erreicht.. die uralte Stadt am Nordhang der Appeninen, die zuerst keltischer Prägung gewesen und schließlich römische Kolonie geworden war. Eine für antike Verhältnisse riesige Stadt wie Bononia hatte weniger Probleme das Heer zu versorgen.. einerseits mit Nachschub, andererseits mit Neuigkeiten. Die Classis war wirklich gen Süden abmarschiert, es war kein Trug gewesen. Vala selbst konnte die Hoffnung in ihm keimen spüren, dass alles hier doch noch schnell zu einem Abschluss zu bringen.


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    "Das nächste mal WIRD wahrscheinlich kommen. Sobald wir hier fertig sind, geht's zurück nach Verona.. das Heer ordnen, schauen wie wir weitermachen. Und dann: Rom. Eine Stadt so gewaltig wie nichts anderes auf der Welt. Und der Gestank stellt jede Castra in den Schatten, stell dich auf was ein.", witzelte Vala, "Wie steht's darum, als Centurio nach Mogontiacum zurück zu kehren? Alleine bei uns haben vier ins Gras gebissen, und fünf werden nicht in den aktiven Dienst zurückkehren.. können... Er stellte die letztendliche Frage nicht. Musste er auch nicht, implizit sollte klar genug sein, über was für Möglichkeiten man in Valas Position verfügte. Bevor Hadamar allerdings antworten konnte, kam schon jemand angeritten und drängte sich ohne ein Wort zu sagen in Valas Aufmerksamkeit. Das Anliegen, das vorgetragen wurde war lapidar... bedurfte nach der Schlacht aber dennoch Valas Aufmerksamkeit.


    "Die Arbeit ruft..", winkte er schließlich ab, als er sein Pferd in Richtung seiner Legion lenkte, "Überleg es dir.. und lass mich wissen was mit Sönke ist.. sonst muss ich mir irgendwas aus den Fingern saugen, und das tue ich schon oft genug."

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    "DOMINUS!! BEI DEN GÖTTERN, DOMINUS!!", schallte es Vala entgegen als er sich nach Stunden des Herumdrucksens und Prokrastinierens zu sehr später Stunde zurück zu seinem Zelt begab, "EIN UNGLÜCK, DOMINUS... nein, EINE KATASTROPHE! WELCH DRAMA!"
    Vala blickte müde drein, sein Sklave dagegen schien aufgebrachter nicht sein können. Während die paar Sklaven, die ihm sonst zur Verfügung standen sofort ansprangen um ihm die Rüstung abzunehmen oder ihm etwas zu trinken zu reichen beschäftigte Sirius sich vornehmlich damit vor Vala herumzuspringen und in der Luft zu fuchteln.
    "Sirius?" , stellte dieser nur erschöpft eine Frage während er die Arme hob um den anderen die Arbeit zu vereinfachen.
    "SIE... SIE... SIE.. also: SIE!!!!!", plusterte Sirius sich einen Moment lang auf und deutete drohend mit dem Finger den Hügel hinunter. Sein Blick war eine einzige wütende Anklage, die sich offenbar ins Nichts des Schlachtfelds richtete.
    "Sirius?" , wiederholte Vala seine Frage, im eigenen Blick ein einziges müdes Fragezeichen.
    "DA... DA... DA KAMEN MÄNNER!" , spuckte Sirius schließlich auf, und fiel zurück in die wandernde Unruhe, mit der er Vala umkreiste wie ein misstrauisches Tier, "ICH WURDE AUSGERAUBT!!"
    "Sirius?"
    "WIR WURDEN AUSGERAUBT!!"
    "Siriuuus?"
    "DU WURDEST AUSGERAUBT!!"
    "Was für Männer, Sirius?" , fragte Vala müde, obwohl er die Antwort schon wusste. Auf einmal schienen seine Beine sich nicht länger der Schwerkraft entgegenstemmen zu wollen, allerdings wies sein Zelt nicht einmal mehr eine einzige Sitzgelegenheit auf, so ließ er sich einfach auf den Boden sinken und nippte lustlos an seinem Becher. Sein Blick wich dabei dezidiert dem seines Sklaven aus... wenn dieser mal eine Sekunde lang zur Ruhe kam um seinen Dominus mit Blicken aufzuspießen.
    "GROßE MÄNNER!!" , spuckte Sirius fast auf den Boden, "GROOOOOOOßE MÄNNER!! UNGEWASCHENE WILDE, DIE HABEN GEROCHEN! Nein, das ist garkein Ausdruck... GESTUNKEN haben die! Schlimmste Barbaren!"
    "Eh, Sirius.. du weißt schon, dass.." , wollte Vala gerade beginnen.
    "Die.. die hatten lange Haare, die sie sich komisch um den Kopf gewickelt haben!" , ereiferte Sirius sich einfach weiter, "UND DIESE KLEIDER ERST! STOFF AN DEN BEINEN! UNZIVILISIERTE MONSTER!"
    "Also, Sirius, jetzt aber mal..."
    "Und die Bärte erst! Haare im ganzen Gesicht! Nasenlöcher so groß, dass sie ein ganzes Schwein einatmen könnten... Augen, hinter denen nicht das Licht der kultivierten Intelligenz brennt, SONDERN NUR DIE STUMPFE ROHHEIT DER GEWALT!" , echauffierte Sirius sich weiter, und schien dabei wenig Acht auf das zu geben was um ihn herum geschah.
    "Oh Mann, Sirius, meine Familie.."
    "ZERSTÖRERISCHE UND RAFFGIERE UNHOLDE! Alles haben sie mitgenommen... ALLES!! NICHT EINMAL DEINEN NACHTTOPF HABEN SIE DAGELASSEN!!!" , schrie Sirius fast außer sich, "Was für TIERE rauben einen Topf in den man ständig REINKACKT?? "
    "Ich.. also, meistens doch eher reinp.."
    "WEIßT DU EIGENTLICH WIEVIEL DEINE MÄNNER FÜR DICH AUS DEM LAGER DES FEINDES GEHOLT HABEN?" , jaulte Sirius, schlug die Hände über dem Kopf zusammen und wankte hin und her, als würde ihm die bloße Vorstellung Peitschenhieb sein.
    "Wenn ich ehrlich bin, will ich das garnicht wi.."
    "DAS GANZE ZELT WAR VOLL MIT KOSTBARKEITEN!!! ICH WAR STEINREICH!!! S T E I N R E I C H!!!"
    "Sirius."
    "WIR WAREN REICH!!"
    "Sirius!"
    "DU WARST REICH!!"
    "Ich habe eine gute Vorstellung, aber.."
    "Da war eine Statuette aus Silber dabei... von einer Nymphe oder so.. die hatte DREI BRÜSTE!!! KANNST DU DIR DAS VORSTELLEN? DREI!!! Das ist eine mehr als normal!" , versuchte Sirius mit halbem Wahnsinn im Blick und nur zwei Händen gestisch darzustellen wie es war gleich drei Brüste mit sich herumzutragen.
    "Danke, das hätte ich jetzt auch gerade so.."
    "Und die Nippel erst! So detailliert wie keine anderen! Ich glaube, sie hat sich sofort in mich verliebt... und jetzt ist sie fort! GERAUBT! VON WILDEN TIEREN AUS DEM NORDEN!!"
    "Ich weiß." , rieb Vala sich die Schläfen und streckte sich schließlich gänzlich auf dem Boden aus, weil sein Rücken vom ganzen Tag schon schmerzte.
    "Der Macher muss ein wahrer Meister seines Fachs gewesen sein, und die vollendete Form ihrer Mu.. wie, du weißt?" , hielt Sirius in seiner Tirade inne, und blickte seinen Herrn misstrauisch an.
    "Ich weiß das, weil ich es ihnen erlaubt habe.", gab Vala schließlich zu, und wünschte sich gerade ganz, ganz, ganz weit weg.
    "WARUM SOLLTEST DU SO ETWAS TUN?" , schrie Sirius, um im nächsten Moment förmlich in sich zusammenzufallen und wie ein kleines Häufchen Elend am Boden zu kauern.. Vala war froh, an die Decke des Zelts starren zu können, so brauchte er sich nicht dem Anblick seines Sklaven stellen.
    "WIR WAREN REICH!! UND JETZT SIND WIR ES NICHT MEHR! GANZ IM GEGENTEIL!!! DIE N Y M P H E !! Und nicht nur das, da war auch eine Teller, in dem die Abbildung einer Venus war. Du glaubst nicht wie groß ihre.."
    "Ich habe damit einen Aufstand verhindert.. und mir mein Leben erkauft... zumindest vorerst.", winkte Vala ab, robbte zur Stelle rüber, wo die Plünderer zumindest ein paar Felle liegen lassen hatten, und kauerte sich zusammen um es zumindest etwas wärmer zu haben.
    "Oh.. das ist schlecht." , gab Sirius nach einer Weile des Nachdenkens zu.
    "Glaub mir: schlechter wäre es gewesen, hätte ich sie nicht damit beruhigen können.", gähnte Vala und schloss die Augen, um endlich diesen verdammten Tag abschließen zu können.
    "Aber... aber... "
    "Schlaf jetzt, Sirius."
    "Drei Brüste!"
    "SCHLAF JETZT."
    "Ich werde nie wieder solche Nippel sehen!" , brummte Sirius trotzig, bevor ein zerbrochener Tonbecher klangvoll an seinem Kopf abprallte.

    "Wenn Teiwaz uns weiterhin hold ist...", bemerkte Vala mit kritischem Blick nach dem geringen Stolz, den sein Vetter nach der Schlacht zeigte, "..wird das nicht das letzte Mal sein, dass du mit blankem Stahl jemandem entgegentrittst und dich erneut beweist. Beweisen musst. Und wenn Fortuna uns treu bleibt, wird das garnicht mehr nötig sein. Also, halte den Kopf oben und sieh ein, dass du dich gestern als Mann bewiesen hast. Was anderes bleibt einem bei diesem Gemetzel auch nicht übrig... wir haben uns genug Luft erkämpft um Rom zittern zu lassen... aber dafür kräftig Federn gelassen. Aber es wird reichen."
    Es MUSSTE reichen.


    Die eher klägliche Information, und den noch kläglicheren Eindruck den Hadamar machte als Vala auf Sönke zu sprechen kam machte jetzt nicht allzu großen Eindruck auf ihn... er hatte gestern definitiv zu viele Männer sterben sehen als das Armselige, was er sein Maximalpensum an Empathie nannte, schon wieder in vollem Umfang abrufen zu können. So war sein Kommentar darüber auch mehr als nur lapidar, da vollkommen an ihm vorüberging, dass die beiden Freunde gewesen sein könnten: "Hmhmh... dann wohl tot. Schade.. aber es wäre wohl auch zuviel verlangt gewesen nach Hause zu schreiben und dabei nicht einen Toten in unserer Sippe beklagen zu müssen. Möge er nun in Valhall deinem Vater zu Diensten sein."

    Vala hatte ebenfalls seine Männer ins Lager des Feindes geschickt... und die, die ihm die Habe von ein oder zwei Tribunen sichern würden, würden sicherlich selbst nicht zu kurz kommen. Er würde jeden Sesterz brauchen wenn er einmal zurück nach Rom kam... und ihr Kandidat auf dem Thron saß. Und was lag dort näher, als sich die Mittel dort zu beschaffen wo sie unmittelbar und halbwegs problemlos zu holen waren?


    Als der flaminische Feldherr allerdings die Reihenfolge der Plünderung, und damit auch die Aufteilung der Beute, kundgab, klappte Vala unwillkürlich der Unterkiefer nach unten. Die Barbaren ganz am Schluss, nachdem die Bevölkerung Pataviums UND Vicetias sich ihren Teil geholt haben? Vala musste sich nicht ausrechnen wieviel da für die Männer aus dem Norden abfallen würde... und wie die Reaktion derselben ausfallen würde. "Eh..." , setzte er an um etwas zu entgegen, den Flaminier darauf hinzuweisen, dass es unweise wäre die Barbaren derart zu verprellen.. jetzt, nach der gewonnenen Schlacht, in der sie den gegnerischen Feldherrn gefällt hatten. Allerdings würdigte der Flaminer ihn keines weiteren Blickes und deutete damit, dass das Thema nicht zu diskutieren sei, und so klappte Vala seinen Unterkiefer wieder hoch und überlegte fieberhaft, wie er die Situation jetzt meistern sollte....



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    http://www.kulueke.net/pics/ir…pezielle/valahelfer09.png "GARNICHT! VERDAMMTE AXT, GARNICHT IST DAS ZU MEISTERN!" , wetterte ein sichtlich aufgebrachter Lintrad einige Minuten später im (weitaus weniger geordnet wirkende) Lager der germanischen Söldner, als Vala ihm die schlechte Nachricht überbrachte, "IST DAS DIE RÖMISCHE FORM VON DANKBARKEIT? WIR... also... DIE HABEN DIESEN HABERIUS UMGEBRACHT, DEN DINGSBUMS.. LEGATUS... WEIßT SCHON. WIR HABEN EIN VERDAMMTES ANRECHT AUF UNSEREN TEIL DER BEUTE! DAS WAR TEIL DER ABMACHUNG!!"
    Auch wenn der kleine wütende Mann, der dabei zualler Güte noch auf und ab sprang und wild mit seinen kurzen Armen wedelte, alles andere als einen furchteinflößenden Eindruck machte: Vala machte stand sehr unoffizierlich da und wirkte wie ein bedröppelter Pudel der gerade auf den besten Partherteppich im Triclinium gekackt hatte: "Das ist Entscheidung des Flaminiers, nicht meine... und ihr kommt ja zur Plünderung."
    "WENN WER DAMIT FERTIG IST? DIE BEVÖLKERUNG HALB-ITALIAS LASSEN SIE ÜBER DAS LAGER RAUSCHEN BEVOR WIR WAS ABBEKOMMEN. WAS SOLL UNS DAS BRINGEN? EIN PAAR ZELTSTANGEN?" , wütete der Zwerg weiter, was die Situation für Vala keineswegs einfacher machte. Besorgt beobachtete er, wie immer mehr Nordmänner auf das Streitgespräch aufmerksam wurden, und er betete zu Baldur, dass keiner von ihnen Latein sprach.
    "Jetzt beruhig dich doch... es wird sicherlich noch genug für euch abfallen." , versuchte er sich in der ultimativ unkreativst-möglichen Ausrede, und erntete von Lintrad gleichsam einen Blick, der ihm klarmachte wie wenig Erfolg er damit hatte: "Junge, willst du mich verarschen? Ein paar zertretene Zeltplanen werden da auf uns warten... das war's. Na, wir machen das ganz einfach... DU erklärst ihnen das. Da, bitte... sie warten auf dich."
    "Verzichte, danke.. ich werde schon sehen, dass ich was für euch rausschlage, keine Sorge." , versuchte Vala erneut, sich aus der Sache herauszuwinden... doch der Blick des Zwergs blieb unerbittlich.
    "Wehe dir, das verspreche ich dir... wehe dir. Und ich werde ihnen das ganz sicher nicht beibringen... HAH!!!" , rief Lintrad auf einmal aus, und deutete auf einen blonden Hünen, der auf sie zugehumpelt kam, "Da kommt genau der richtige... so, wenn du mich jetzt bitte entschuldigst, ich habe nicht vor hier zu verweilen während man dir an die Gurgel geht. Auf bald."
    Als Uodalrihhi näher kam, sichtlich von der Schlacht mitgenommen, hatte Vala das Gefühl zu schrumpfen. Und das lag nicht nur daran, dass der blonde Hüne einen ganzen Kopf größer war als er selbst. Auf einmal war er sehr, sehr froh, dass er ein paar seiner Männer mitgenommen hatte... nur zur Sicherheit.
    So wie der Söldnerführer dreinschaute, konnte er sich allerdings nicht sicher sein, ob das auch reichte.

    Zitat

    Original von Lucius Duccius Ferox


    "Dann hat Teiwaz dir wohl nicht nur einmal den Arsch gerettet..." , sinnierte Vala, dessen Schmunzeln sich in seinem Gesicht festklammerte wie ein verzweifelter Bergsteiger vor dem Absturz. "So wird auch deine Mutter es ihm danken... denke ich. Wenn ich mich recht entsinne, war sie nicht gerade begeistert von deinem Eintritt in die Legion...." , dachte Vala laut nach, wobei sich das Lächeln auf seinen Lippen noch etwas verbreiterte, als ihm einfiel, dass wohl niemand begeistert davon gewesen war, als Hadamar als einfacher Legionär in die Truppe eingetreten war. Jemandem wie Sönke... wo war der eigentlich? ...standen die unteren Ränge eher zu, aber Hadamar hätte es ohne Probleme mit den Mitteln seiner Sippe zum Ritter bringen können, und die Schlacht ebenfalls als Kommandeur erleben können.
    Warum Vala sich gerade darüber Gedanken machte? Wahrscheinlich weil er sich den elenden Schlachtkleinsprech a la 'Na, wieviele von euch hat es erwischt Oh... drei... ja, schade. Öh... wie wurden sie denn hingerafft? Stich vom Gladius, niedergetrampelt, Pilum abgekriegt oder doch gleich nen Bolzen? Ach, auch noch nen Bolzen von den eigenen Leuten... jaja, das Leben kann grausam sein... und sonst so?' ersparen wollte.


    "Ich würde sagen, jetzt hast du es allen gezeigt.." , nahm er den Faden seiner Gedanken auf, und deutete mit einem Anflug von Bitterheit in der Stimme auf das immernoch eindrücklich verwüstete Schlachtfeld, "...nach Vicetia wird dir wohl keiner mehr sagen könne, du hättest nicht das Zeug dazu, Optio. Was ist mit dem Sohn Hartwigs, hat der es auch überstanden?"

    In dem großen verkaterten Zeitloch, in dem sich das Heer der Rebellen befand, ergab sich selbst für Stabsoffiziere soetwas ähnliches wie Freizeit.. wenn man es genau nahm, war es die Zeit die zwischen einer Besprechung hier und der Sichtung dort lag, welche man halbwegs strecken konnte.
    Was Vala auch tat, um nachzusehen, ob seine eigene Sippe in dem Gemetzel des Vortages Verluste zu beklagen hatte. Er selbst lebte noch, soweit er das beurteilen konnte, aber von Hadamar hatte er in dem ganzen Kuddelmuddel in und nach der Schlacht nicht das geringste gehört. Bald galt es Nachricht gen Norden zu schicken, und bevor er das konnte musste er auch etwas über Hadamar zu erzählen wissen... und über ihren Muntling Sönke.


    Es dauerte eine ganze Weile bis er sich in dem Bereich, den die zweite Legion abackerte, bis zur Centuria Prima vorgearbeitet hatte. Bei nicht wenigen hatte er das Gefühl eher wandelnden Toten zu begegnen als Legionären, die die Schlacht überlebt hatten.
    Als er Hadamar schließlich fand, schockte ihn der Anblick so sehr wie er es eben nicht tat: der Mann machte keine Ausnahme was seinen physischen Zustand anging, ein Abbild der Erschöpfung die man sich erarbeitete in dem man eine Schlacht erstens überlebte und zweitens gewann.
    "Heilsa..." , grüßte er vom Rücken seines Pferdes Pferdes herab, und deutete mit müdem Blick und knapper Geste den den Optio umgebenden Männern, dass sie sich einen Moment lang anderweitig beschäftigen sollten, bevor er sich wieder mit einem schmalen Lächeln dem Spross des Sigmar zuwandte, der Öffentlichkeit halber allerdings auf Latein, "..ich kann nicht sagen, dass ich nicht froh bin dich unter den Lebenden zu sehen... und halbwegs unversehrt, so ich das einschätzen kann. Deinem Vater in Valhall dürfte es ebenfalls gefallen zu sehen, dass du ihm nicht bei der erstbesten Chance nachgefolgt bist. Heil dir, Hadamar, Sigmarssohn."

    War das Plündern des feindlichen Lagers direkt am Tag nach der Schlacht allein wegen der fortgeschrittenen Tageszeit nicht mehr drin, auch wenn das Blut der Männer noch in Wallung war, konnten die Offiziere am nächsten Tag nicht mehr lange dagegen argumentieren. Immerhin war es in den Augen der Sieger ihr gutes Recht, was sie sich mit den Opfern während der Schlacht reichlich verdient hatten.
    Natürlich WOLLTE auch kein Offizier dagegen angehen, immerhin hielten sie bei sowas auch immer die Hände auf... und es war eben auch seit Urzeiten das Recht des Gewinners.


    So hatte man am Abend nach der Schlacht ein paar vertrauenswürdige Centuriones abgestellt, die ihre Männer gut im Griff hatten, um das feindliche Lager während der Nacht zu bewachen.. damit nicht doch noch ein paar Flüchtlinge zurückkehrten um irgendwie ihre Habe zu retten.


    Waren die gröbsten Aufräumarbeiten am nächsten Tage geschehen, ließ man all jene antreten die an der Plünderung an ihrer eigenen und für ihre verletzten Contuberniumskameraden teilnehmen wollten... immerhin der maßgebliche Teil all jener, die im Heer der Rebellen noch laufen konnten... und gab dann das feindliche Heerlager für die Plünderung frei.

    Hatte Vala geschlafen? Er wusste es nicht mehr... soweit er rekapitulieren konnte, gab es eine große Lücke in den Erinnerungen zwischen der Organisation der Gefangenenlager (er hatte keine Ahnung wie genau sie es jetzt hinbekommen hatten die Gefahr einer Neuorganisation des feindlichen Heeres zu umgehen, aber sie hatten es geschafft), der Bergung von tausenden Verletzten vom Hügel und dem frühen Morgen. Wenn er es genau betrachtete, war die früheste Erinnerung diesen Tages, der noch nicht einmal richtig begonnen hatte, auf dem Rücken seines Pferdes, wie er mit starrem Blick auf das immernoch mit tausenden Toten übersähte und an zahlreichen Stellen qualmende Schlachtfeld blickte. Hatte er da auf dem Rücken seines Pferdes geschlafen? Oder fehlte ihm die Erinnerung an etwas anderes, weil er quasi die ganze Nacht damit zugebracht hatte auf das Schlachtfeld zu starren?
    Mit einem Ruck wandte Vala sich ab und erklärte damit die Frage für nachrangig und fürderhin aufgeschoben. Es gab immernoch Arbeit, auch wenn sein Kopf von den Eindrücken des letzten Tages schmerzte... er ließ sich von einem ebenso müde dreinschauenden Adjudanten seines Stabs einen Trinkschlauch reichen, nahm einen Schluck und ließ sich den Rest des Wassers einfach über die sonnenfreie und doch hitzegeplagte Schädeldecke laufen.
    Sein rotunterlaufener Blick wandte den Hügel hinauf zum Waldrand, wo sich die Schlafstatt des siegreichen Heeres der Rebellen befand... und das Lazarett.. was im Moment ein und dasselbe war. Aus den rauhgeschriehenen Kehlen tausender Verwundeter kam immernoch genug Kraft, um den Rest des Heeres für die Nacht hellwach zu halten, selbst wenn ihre geschundenen Kameraden es wollten: Schlaf gab es in dieser Nacht nur für die Toten.


    Auch wenn man es nach der Schlacht und am Morgen langsam angehen ließ... es wartete noch viel Arbeit auf die Männer. Die Toten der Schlacht mussten geborgen werden, in einen Zustand gebracht werden welcher Merkur und Pluto zur Ehre gereichte und schließlich in hunderten Brandbestattungen ins Elysium geschickt werden.
    Alleine das kostete den Wald, der ihnen vorher Schutz vor der brennenden Sommersonne Italias geboten hatte, die Hälfte aller Bäume.
    Während die Priester die Bestattungen vornahmen, von einem Scheiterhaufen zum nächsten tingelten um wieder eine Ladung Seelen abzufertigen, erzählte ein Tribun aus dem Stab des Flaminiers, wieviele Männer sie diese Schlacht alleine gekostet hatte: mehr als zweitausend Tote, fünftausend Verletzte und eintausend Vermisste, viele davon desertiert. Dem kaiserlichen Gegner war es dabei noch schlimmer ergangen, seine zahlenmäßige Überlegenheit hatte sich vor allem im Blutzoll niedergeschlagen, der der aggressiven Taktik des Laberiers zuzuschreiben war: mehr als dreitausend Tote, fast siebentausend Verletzte und der Flucht entsprechende ungezählte Vermisste.
    Unglaubliche Zahlen, und dabei noch keine einzige sichere: immernoch starben Männer an ihren Verletzungen. Und wieviele von den Verletzten zurück in den aktiven Dienst konnten mochte sich im Moment noch niemand ausmalen. Summa summarum: ein verdammtes Gemetzel ohne Gewinner.


    Die ersten Verletzten, zumindest einige jener die transportabel waren, wurden bereits am Tag nach der Schlacht auf Ochsenkarren verladen und ins Lager nach Verona geschafft... wo die Freude über die gewonnene Schlacht durch das stete Eintreffen von Verwundeten und Verstümmelten bald geschmälert wurde.


    Vala, der in all dem Durcheinander an Aufräum-/Bestattungs-/Logistikarbeiten fast ebenso viel über Heeresführung lernte wie sonst in einer Woche, durfte fassungslos beobachten wie lange das
    alles eigentlich dauerte: noch am dritten Tag nach der Schlacht wurden Scheiterhaufen mit Toten beladen. Am fünften wurde dann endlich der letzte gefunden.