Dass Artomaglos nicht mehr in diesem Haus weilte und Asny gestorben war sollte nicht so schlimm sein? Die Worte hatten Mica zwar erreicht, doch er hatte beschlossen, dass sie ihn nicht aus der Bahn werfen würden. Also sagte er nichts dazu. Obendrein war es ja wirklich auch schon eine Weile her, seit er die anderen beiden Sklaven getroffen hatte. Als Angus nun meinte, er würde nach einer neuen Tunika sehen, trat ein dankbares Lächeln in Micas Gesicht. Der andere, der offenbar Flavia Agrippina nicht kannte, war wirklich sehr freundlich und es schien ihm auch nichts auszumachen, nun noch das Schriftstück und die Tunika gleich selbst zu holen. “Das ist wirklich sehr nett von dir!“, erklärte er dann, auch wenn es ihm nicht wirklich gut bei dem Gedanken ging, wirklich den ein oder anderen Umstand zu machen. “...Sonst hätte ich das nachher auch selbst...,“ wollte er gerade noch anbringen, doch Angus verschwand schon durch die Tür. “...gemacht,“ beendete er seinen Satz aber noch.
Zu spät. Etwas unentschlossen - und so ganz allein gelassen ein wenig verloren - schaute sich der Sklave noch einmal im Raum um und betrachtete neuerlich die kahlen, unansehnlichen Wände, ehe er sich noch einmal das Haar abtrocknete und im Anschluss daran versuchte, die feinen Strähnen irgendwie in Ordnung zu bringen. Auf der Reise hatte er noch von einem Bad geträumt und nun war es vollbracht. Auch wenn es etwas spartanisch gewesen war. Dennoch: Durchaus ausreichend und es tat sehr gut statt des Staubes nun eine angenehme Frische auf der Haut zu spüren. Eine feuchte Frische, die sich nur nach und nach daran machte zu trocknen. Mica ging ein paar Schritte, sah sich um, ging wieder ein paar Schritte, wobei sich nach und nach ein perfider kleiner Schmerz an seinem Fußballen einstellte. Offenbar hatte die Nässe die Blasen geweckt, die er sich gelaufen hatte. Immerhin hatte er nicht ganze Zeit auf dem Maultier reiten können. In einer Ecke gewahrte er einen Hocker und ließ sich darauf nieder, nur um ein Bein anzuwinkeln und die schmerzenden Stellen zu massieren. Vielleicht sollte er Angus auch noch einmal fragen, ob es im Haus möglich war von irgendwo her Myrrhensalbe zu organisieren, falls sich die Blasen öffneten. Myrrhe. Ein wunderbares Mittel, das nicht nur gegen äußere Wunden und Entzündungen eine Hilfe bot, sondern auch gut innerlich angewendet werden konnte.
Am besten er fragte doch nicht danach. Eine solche Salbe war recht teuer und wer konnte schon wissen, wie gut die Apotheke dieses Hauses bestückt war. Mica seufzte und pulte sich noch ein bisschen an seinem Fuß herum. Bestimmt würde es auch ein wenig Fett tun. Ganz in sich selbst versunken massierte er noch einen seiner Füße, als Angus zurück kam und ihm eine saubere, alles in allem gut ansehnliche Tunika und das Schreiben in die Hand drückten wollte. “Das ist wirklich wunderbar! Vielen lieben Dank!“ Mica lächelte, doch er hob schnell abwehrend die Hand. “Moment!“ Rasch erhob er sich und ging noch einmal zum Zuber hinüber, um sich die Hände zu waschen. Diese rieb er sich am Tuch an seinen Hüften ab. Dann griff er lediglich nach der Tunika, um sie sich über den Kopf zu ziehen. Schließlich schaute er Angus entgegen, während er sich bückte und auch wieder in seine Sandalen schlüpfte. Beim Aufstehen noch griff er nach dem Handtuch, faltete es sauber und zusammen und legte es auf den Schemel, auf dem er zuvor noch gesessen hatte.
“Ich glaube, so wird es gehen.“ Vorsichtig strich er den Stoff der Tunika noch einmal glatt, ehe er nun auch das Schreiben mit seinen Blicken bedachte. “Aber...Aber...es ist ja ganz...ganz zerknittert!“, entfuhr es ihm halb entsetzt, halb vorwurfsvoll, ehe er danach griff und es an sich nahm. Dann zupfte er ein wenig daran herum, als würde dies helfen die Knitterfalten zu entfernen. “Dies ist ein sehr, sehr wichtiges...Dokument!“, brachte er noch immer fassungslos heraus, ehe er das Schriftstück gegen seine Brust presste. “Das war...ist...für den Dominus! Es geht doch um meine Ausbildung! Was soll ich ihm denn sagen, warum es so fürchterlich aussieht? Was hast du nur damit gemacht?“ Mica war beim Sprechen nicht laut geworden. Das Gegenteil war der Fall: Seine Worte verloren sich fast. Die ganze Reise über hatte dieses Schriftstück niemals etwas auszustehen gehabt, denn er hatte es gehütet wie ein rohes Ei. Und nun?
“Das macht einen ganz schlechten Eindruck!“, sagte er dann noch etwas gefasster und leicht gepresst.