Die Claudia runzelte ihre Stirn leicht. “Ungewohntes Essen?“ Kurios – war ein so großer Unterschied zwischen dem Essen bei den Iuniern und den Germanicern? Sie kannte das Essen eigentlich nur von der Villa Claudia (purer Luxus) und dem Atrium Vestae (auch purer Luxus, aber auf Staatskosten). Aber es war gut möglich, dass bei den Germanicern was Dubioses im Essen war – schließlich hatte sie nach dem Festmahl bei der Fontinalia auch den Dünnpfiff gekriegt! Etwas, was sie natürlich nicht öffentlich herumposaunte, ausschließlich Arvinia wusste davon, und diese würde es sicher nicht herumplappern. Ach, Arvinia, sie hatte Romana auch schon einige Zeit nicht mehr gesehen! Aber nur hatte sie immer wieder das unangenehme Gefühl, Avarus wusste, wer die Sauerei an der Latrine veranstaltet hatte, durch eine eigenartige Fähigkeit, Gedanken zu lesen... ach, welch Unsinn. So nickte sie nur verständnisvoll.
“Nicht viel zu tun? Jaaaa... so könnte man es nennen...“ Sie versuchte sich an einem kurzen Lächeln. Kinder kriegen, wie das bloß war... wie es sich anfühlen musste, schwanger zu sein. Sicher war es ein schönes Gefühl, das Leben im eigenen Bauch heranwachsen zu spüren. Und das Kinder Machen an sich war sicherlich auch nicht zu verachten!
Sie sagte nichts mehr zum Tod ihrer Mutter, sondern dachte nur, eng an Serrana geschmiegt, kurz an sie. Obwohl es schon lange her war, konnte sie sich noch gut an ihre Mutter, Manlia Grata, erinnern. Sie war dankbar dafür, dass sie den verstümmelten Fleischbrocken, der ihre Mutter gewesen war, nach dem Unfall nicht zu Gesicht bekommen hatte – man hatte ihr nur vage Andeutungen gemacht, die aber genug gewesen waren für sie, um sich ein Bild zu machen. Es kam ihr auch vor, als wäre Vater nach ihrem Tod ein anderer Mensch geworden – zurückgezogen, wortkarg, kränklich anmutend. Vielleicht war es aber auch nur die Heirat mit Ofella, die ihn so angeschlagen hatte... vielleicht war diese Umarmung nicht nur für Serrana, sondern auch für sie. Der Gedanke an ihre Mutter hatte doch das Bedürftnis in ihr ausgelöst nach etwas körperlicher Nähe.
Irgendwann lösten sie sich wieder voneinander, und Romana hörte Serrana zu. Sie seufzte. “Kennst du die Geschichte vom Mann, der starb? Nein? Eines Tages bekam er vom Orakel in Cumae eine unmissverständliche Prophezeihung – sein Tod würde an den Nonen des Martis kommen. Tief verstört kehrte er nach Rom zurück. An den Nonen des Martis beschloss er, daheim zu bleiben, er beschloss, nichts würde ihm passieren können, wenn er einfach im Bett bliebe. Er blieb also in seine Decke eingemummelt, in der Hoffnung, es würde schon nichts passieren, wenn er das Haus nicht verließe. Und... die Decke stürzte über ihm zusammen und erschlug ihn.“ Sie zuckte die Schultern und lächelte vage. “Du kannst dir nicht aussuchen, wann dir die Parzen zugedacht haben, zu sterben. Dein Lebensfaden hat eine gewisse Länge. Wenn er bei der Geburt, die du vor dir hast, zu Ende ist, dann ist es mit dir zu Ende. Dein Leben würde dann auch vorbei sein, wenn du nie schwanger geworden wärst. Es ist einfach das Schicksal. Wir können nichts daran ändern, nichts. Also sehe es ruhig, gelassen, ohne Furcht. Was kommt, das kommt.“ Sie blickte Serrana mit ruhigen Augen an, schlug jene dann hernieder, presste kurz die Lippen zusammen, als würde sie überlegen, bevor sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht zeigte.
“Ich habe eine Idee, wie deine quälende Ungewissheit erleichtert werden könnte. Wir können herausfinden, wie es aussehen wird mit dir – ich bräuchte dazu ein Lamm.“