Beiträge von Claudia Romana

    Romana wusste nicht, dass innerhalb der letzten Tage ungewöhnlich viel Betriebsamkeit eingekehrt war bei ihrer Familie. Sie hätte sich sicherlich gewundert, wieso es in der claudischen Villa zuging wie in einem Taubenschlag, aber zur selben Zeit hätte sie auch garantiert nichts dagegen gehabt, dass ihr Geschlecht nicht ausdünnte wie ein vertrocknender Bach. Mit einem freundlichen Lächeln blickte sie auf die junge Frau, welche die Tür geöffnet hatte, auch wenn sie sich wunderte, dass es nicht Sharif war, der aufmachte. „Salve.“, hörte sie sich sagen. „Ja, das kannst du.“


    Sie blickte zu ihrem Tollpatsch von Sklaven, und zu ihren Gepäcksstücken, in welchem sich selbstverständlich nur absolut essentielle und lebensnotwendige Gebrauchsgegenstände befanden (wie 20 Flaschen von verschiedenen eigenartig riechenden Parfums, Kleider – natürlich nicht aus ordinärer Wolle, sondern aus ägyptischen Kattun - von verschiedenen, irgendwie leicht aus dem Rahmen fallenden Farben, verschiedenste Schuhe bis zum Abwinken, Maniküre von verschiedenster Art von allen Provinzen des Imperiums – inklusive Waid! - , und ein paar heiß geliebte (Schund-)Bücher), welche man sich als Patrizierin einfach schuldig war. Saud stellte die Kisten einfach mit einem Donnern auf die Erde ab, wobei Romanas Kopf zwischen ihre Schultern hineinfuhr, sie die Zähne aufeinander biss und scharf die Luft einziehend auf das Klirren wartete, mit welchem sich ihre Glasvasen (welche sie natürlich auch mitgenommen hatte) verabschieden würden. Doch dies blieb aus. Die manlischen Sklaven hatten die Vasen gut eingewickelt. „Du Lümmel!“, rief sie aus. „Du kannst ja GAR nichts! Muss ich die Kisten jetzt schleppen, oder wie?“


    Saud blickte zu ihr hin und setzte einen schuldbewussten Blick auf. Romana seufzte. „Mach das das nächste Mal einfach vorsichtiger, Saud.“ Mehr sagte sie nicht. Die Freude, wieder daheim zu sein, hatte sie in eine erstaunlich vergeberische Stimmung versetzt. Ob Sauds Fahrlässigkeit würde sie ihm jetzt sicher nicht um den Hals fallen, aber sie war jetzt echt nicht darauf aus, sich ihre Stimmung kaputt machen zu lassen.


    Sie wandte sich an das Mädchen und runzelte kurz die Stirn. „Wo waren wir? Ach ja. Du kannst mir helfen. Ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Claudia Romana, das ist mein Name. Und das ist Saud, Leibsklave von Beruf.“, machte sie mit einer fahrigen Handbewegung zum Araber hin. „Ich will, muss, mit meinem Vater reden. Herius Claudius Menecrates, das ist mein Vater.“, fügte sie erklärend hinzu. „Sag ihm am Besten, ich wäre wieder da, und habe vor, wieder bei ihm zu leben. Das macht ihm hoffentlich nichts aus...“, fügte sie leise hinzu, denkend, dass dies die Götter geben mögen. „Und ich habe ihm etwas ganz Wichtiges zu sagen. Kannst du das machen?“ Letzteres war selbstredenderweise eine rhetorische Frage, und auch als solche gemeint.

    Ein lauer Wind wehte durch die schmale Gasse. Ein warmer Wind, welcher vom Süden kam, und bis nach Etrurien hinaufreichte, und schon seit Tagen andauerte. Ja, dieser Wind war der ständige Reisebegleiter von zwei Gestalten gewesen, welche sich durch die Gassen von Rom mühten. Voraus ging ein schwer bepackter, schon ein bisschen betagter arabischer Sklave, dahinter eine groß gewachsene, sehr junge Frau.


    Das Mädchen hieß Claudia Romana und hatte schon lange nicht mehr den Boden Roms unter ihren Füßen gehabt. Ihr Blick ging nach vorne, doch schien durch ihren Sklaven durchzugehen, als ob er aus Glas sei, und sich dahinter eine Landschaft voller glorreicher Ereignisse offenbarte. Leichtfüßig schritt sie in langen Schritten einher. Sie hatte ein Lied im Kopf, welches sie einfach nicht vertreiben konnte und auch nicht vertreiben wollte! Das Lied, welches sie von einer Gruppe Straßenmusiker in Clusium gehört hatte, einige Stunden vor ihrem Aufbruch. Es war ein uraltes Lied aus einer Zeit, als Rom noch ein winziges, unbedeutendes Dorf war. Das Lied kündete von der Pracht des alten Clevsin, des mächtigsten Königreiches der Etrusker, welches Rom unterlegen war und dessen Hauptstadt, nun Clusium genannt, jetzt ein kleines, provinzielles Dasein führte. Ein Symbol für eine Kultur, die um so viel älter war als die römische.


    Clevsin war ein altes etruskisches Wort und hieß „der Platz der Geschenke“. Die Römer hatten den Namen verunstaltet, ihm den Namen Clusium, „der geschlossene Ort“ gegeben. Romana lag noch immer die traurige Stimme von ihrer Großmutter, Plautia Messala, im Ohr, welche sich beklagte über das Schicksal ihrer Stadt. Einst groß und mächtig, die Stadt des Lars Porsenna, welcher Rom so bedroht hat, wie es niemals mehr jemals tun würde – mit der Ausnahme von Hannibal – lag es nun armselig und klein darnieder. Die Plautier behaupten, ihr Stammbaum ließe sich auf den erwähnten legendären König zurückverfolgen. Somit wäre sie eine Nachfolgerin von zwei Monarchen... Lars Porsenna und Kaiser Claudius, dachte sich Romana schmunzelnd. Nicht, dass sie allzu viel Wert darauf gelegt hätte, doch einen gewissen Reiz hatte das schon.


    Selbst hätte sie doppel gemoppeltes monarchisches Blut in ihren Adern, nie wäre ihr das so wichtig gewesen wie die Tatsache, dass sie auserwählt worden war, von Vesta höchstselbst, in Person! In einem Feld nahe Clusium, dem „Platz der Geschenke“, welcher seinem Namen gerecht geworden war, war sie ihr erschienen, in all ihrer Pracht, und hatte Romanas Leben einen Sinn gegeben.


    Noch immer hatte sie die Musik im Ohr. Unbewusst richtete sie ihre Schritte nach dem Rhythmus aus und tänzelte mit einem ganz feinen, kaum merkbaren Lächeln über die Pflastersteine von Rom. „Mm, mm...m, m, m...mm, mm, mm, hmhmhmhm....“, summte sie ganz leise vor sich hin, damit es niemand sonst hören könnte, nur sie.


    Der Wind wurde ein bisschen stärker, und die Falten ihrer Kleidung wurden herumgebeutelt. Romana kam aus dem Takt. Mit einem leisen „Ui“, raffte sie ihr Kleid ein wenig zusammen und zog es enger an ihren Körper, hoffend, das nichts davonflattern würde, wie weiland ihr geliebter Schal auf einem Ausflug ins ländliche Etrurien!


    So herzlos wieder in die Realität geworfen, aus den Träumereien über das alte Clevsin herausgerissen, blickte sie nach vorne und fixierte den Rücken von Saud – so hieß der Sklave – mit stechendem Blick.


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    Saud war nicht zu beneiden. Das nicht im letzten Satz ist zu betonen. Die Hitze plagte, das Gewicht der Gepäcksstücke – wieso mussten diese Frauen immer so viel aufladen? Es war, als ob man Steine schleppte – und dann noch das Gefühl, dass jeder Schritt beobachtet wird. Zuerst waren sie in einer rumpeligen Kutsche gereist, und als Saud, mit seinem armen Rücken, schon dachte, es geht nicht mehr, da musste er noch Kisten schleppen. Besser ging es wirklich nicht, dachte er sich ironisch und schleppte weiter. Es würde so weiter gehen. Bis sie in die Villa Claudia kämen. Hoffentlich würden sie bald da sein.
    Kaum hatte er diesen Satz in Gedanken ausformuliert, bogen die beiden um eine Ecke, hinter der man sehr gut ein prachtvolles Haus sehen konnte. Romanas Gesicht erhellte sich, und es entfuhr ihr ein lautes „Endlich! Hurra!“. Sie legte eine schnelle Gangart ein, überholte den armen Saud und eilte schneller, als es einer Dame ihres Standes angemessen war, zur Türe der Villa. Endlich zuhause! Endlich waren die Mühe der Reise vorbei! Endlich... Bäng.


    Um dieses jetzt vielleicht etwas überraschend kommende Wort zu verstehen, muss man wissen, dass die Villa Claudia ein Vordach über der Türe hatte. Sie bereitete niemandem Probleme. Außer Romana. Immer wieder vergaß sie das Vordach, welches gerade tief genug hing, dass sie sich die Stirn daran anhaute, aber zu hoch, als dass sie es sehen konnte, wenn sie ihre Augen leicht zu Boden gerichtet hielt. Die Freudenlaute waren verstummt, stattdessen konnte man einen gemurmelten Fluch hören, der alles andere war als damenhaft oder ziemlich. Romana drückte ihre rechte Hand auf ihre Stirn, blickte aufs Vordach hinauf und wünschte es dorthin, wo der Pfeffer wächst. Den Göttern sei Dank war nichts Schlimmes passiert, und sie hatte sich auf nicht ernst angehauen, aber weh tat es schon.


    Hinter ihr kam Saud dahergedackelt. „Sayida? Alles in Ordnung?“, fragte Saud in seinem grollenden arabischen Akzent, Romana drehte sich um und blickte auf ihn herab. „Jajaja! Danke der Nachfrage! Nichts passiert!“, meinte sie, hatte sie doch Verstand genug, um zu wissen, dass sie sich ihre Pein selbst zuzuschreiben hatte, besser gesagt, ihrer Höhe. Obwohl die gute Aussicht von hier oben auch nicht zu verachten war.


    Saud stellte mit übertriebenen Ächzen die Kisten ab, und es blieb an Romana hängen, zu klopfen, wenn sie nicht ewig warten wollte. Also tat sie dies.


    Sim-Off:

    Falls es jemanden interessiert: Das Lied heißt „La Folia“ und stammt in jener Version vom barocken französischen Komponisten Jean-Baptiste Lully. ;) Ignoriert das Getue um Ludwig XIII im Video. ;)

    Gedächtnisverlust. Hmmmm. Dann liegt das also wohl in der Familie... :hmm:
    Also gut, Stadtwache, betrachte das Verwandtschaftsverhältnis als abgenickt und bestätigt. :)


    EDIT: An den Freischalter: Ich wäre als Tochter von Menecrates selbstverständlich nicht sui iuris, sondern unter seiner Patria Potestas. ;)

    Hier kommt... *Trommelwirbel*


    Familienname: Manlia. Äh, ich meine Plautia. Oder, halt, nein. Natürlich meine ich Claudia.
    Cognomen: Rumatha, öh, nein, nein, nein, Romana!
    Wohnort: Ruma, äh, Roma. Äh, ich meine, Clevsin, äh, ich meine Clusium. Oder nein, neuerdings ist der Wohnort wieder Rom. Na also!
    Stand: Etrusker... was rede ich da für einen Stumpfsinn, Römerin natürlich, und patrizische noch dazu.


    Äääh... kann ich ein neues Formular haben? Danke. :D


    Familienname: Claudia
    Cognomen: Romana
    Wohnort: Rom
    Stand: Römische Patrizierin


    So, das sollte jetzt passen. Puh.


    @Menec: Ich hab's einfach nicht erwarten können. ;)