Beiträge von Claudia Romana

    Wenn sie ganz ehrlich war, musste sie sich eingestehen, dass sie leicht überfordert war mit der Situation. Ihr Bruder kam zu ihr – und schüttete ihr ihr Herz aus? Das war kaum etwas, was sie jemals erwartet hätte. Vor allem nicht, wo sie doch nie nein besonders herzliches Verhalten gehabt hatten. Doch nun schien er sich zu freuen, als sie ihm die Hand ergriff – oder war das nur Einbildung? Sie wusste nicht recht.


    Jammern auf jeden Fall konnte Lucius gut, dachte sich Romana, als sie – und das war wieder eine recht typische Geste von ihr – den Kopf schief legte, um zuzuhorchen. Was redet der da, dachte sie sich, obwohl sich Lucius trotz der hochgestochenen Wortwahl kaum deutlicher hätte ausdrücken sollen. Je länger sie sich ihn anhorchte, musste sie sich beherrschen, um nicht den Mund aufzuklappen vor lauter Ungläubigkeit.


    ”Du willst also, dass ich deine Verkupplerin spiele. Also nein, das kann nicht dein Ernst sein.” Sie schüttelte ihren Kopf. Ja, schaute sie denn aus wie eine Puffmutter, dass sie ihm seine Lustobjekte verschafft, dachte sie sich. Romana schnaufte aus und blickte ihn mit einer Mischung aus Vorwurf und Amüsiertheit an. Ihr war eine Idee gekommen.


    ”Also, Lucius. Ich sage dir jetzt was. Nicht ich gehe zu ihr hin... du machst das in Person. Wir können auch gemeinsam gehen, wenn du magst. Zur Villa Aurelia. Dort stellst du dich an der Porta hin, ich drücke dir dann noch einen schönen Strauß Blumen für sie in die Hände und verziehe mich dann, und du verlangst nach ihr. Und du fragst sie dann, ob sie vielleicht Lust hätte auf einen solchen Ausflug.” Sie verschränkte ihre Arme und blickte ihn erwartungsvoll an. Sie selber fand die Idee gar nicht schlecht – vielleicht war dies der Anfang einer viel versprechenden Bindung! Sie war auch bereit, ihm zu helfen, aber sie würde sicher nicht die ganze Arbeit machen. Ein Lächeln schickte sie hinten nach. ”Denn wer könnte schon nein sagen zu so einem Angebot, vor allem, wenn es direkt von einem Claudius kommt?” Vielleicht, wenn vor diesem Claudius ein Lucius und nachher ein Brutus stand.

    Noch einmal drückte sie ihre Schwester fest, ungeachtet der tatsache, dass dies ihr die Luft abschnüren mochte. ”Und ich mich erst, Livilla!”, brachte sie als Antwort heraus, als diese ihr versicherte, dass sie sich freute. Über ihre Bemerkung über ihr Aussehen musste Romana freudig lächeln. ”Das ist lieb von dir!” Andere sagten ja, die Vestalinnentracht war reizlos. Aber es kam halt darauf an, wie man sie trug. Zwischen ich ein paar alte zusammengeflickte Tücher sich einfach auf den Körper draufklatschen oder aber bessere Stoffe mit vorteilhafterem Schnitt nehmen und sich auch Mühe geben beim Anziehen lag durchaus ein Unterschied. Wobei Romana noch nie eine Modebesessene gewesen war. Womöglich wäre dies nun anders, wäre sie keine Vestalin. Und auch jetzt noch war es so, dass sie keinem Zwang unterworfen war. Die Tracht war üblich, jedoch nicht vorgeschrieben. Schminken und Schmuck anziehen sollte man halt tunlichst vermeiden. Nur zog es Romana vor, zumeist in ihrem Ornat einherzuschreiten. Somit blieben ihr unangenehme Erfahrungen, bei denen ein Typ versuchte, sie anzubaggern, verschont. Obwohl in letzter Zeit schon in ihr das Bedürftnis entbrannt war, einen Mann zu finden, mit dem sie zwar keine Beziehung führen würde, der aber trotzdem... einfach nur da war, und hie und da ein paar Komplimente für sie hatte.


    Träume sind Schäume, dachte sie sich. Was für Gedanken, war sie in ihrer Zeit in Rom etwa schon komplett verdummt? Vielleicht hatte die watteplüschige Eintracht ihrer Freundinnen mit ihren Männern auch schon Spuren in ihr hinterlassen... doch dass sie das ganz tief in ihrem Inneren als schrecklichen Gedanken empfand, bezeugte wohl, dass dem nicht so war.


    ”Flügel geborgt? Ja, klar, was denn sonst.” Romana, die wusste, wie schwer es ihrer Schwester fiel, solche Schmähs am Rande zu reißen, lächelte jene schief an. Gerade wegen der Seltenheit solcher Ausbrüche schienen die wenigen Witze, die Livilla machte, umso wertvoller. ”Götter, ich kann dir nicht sagen, wie froh ich bin, dass du endlich hier bist. Eine richtige Dame bist du geworden, wenn du es vorher nicht schon warst.” Ein bewundernder Blick traf die Kleidung ihrer Schwester.


    ”Sag, wie ist es dir ergangen? Wie geht es unseren Großeltern? Hat Großvater seine Leiden halbwegs überwunden? Und wie geht es Großmutter, hat sie noch immer diese Migräne?” Romana war ziemlich besorgt über das Wohlbefinden ihrer Großeltern, was man auch sehen konnte.


    ”Wir sollten uns unbedingt irgendwo hinsetzen und uns unterhalten! Es ist so viel passiert, ich habe es dir ja schon in meinen Briefen an dich gesagt, aber es gibt noch so viel mehr, sage ich dir... wir sollten uns irgendwohin hocken, in eine Kneipe oder so... HE! Parthenope!” Der herrische Befehl ging nicht an Livilla, sondern natürlich an die Griechin, die traumverloren in die falsche Richtung schlenderte, und erst jetzt wieder in die Wirklichkeit geholt wurde, und auf die beiden zulief. Romana seufzte. ”Meine neue Sklavin. Parthenope, aus Epirus. Ein Schnäppchen am Markt.” Sie verdrehte die Augen. ”Aber sie ist treu und hat wenigstens was im Hirn. Parthenope...” Die Griechin war schon eingetroffen und schaute erwartungsvoll zu Romana hoch. ”Das hier ist meine Schwester Livilla. Ich möchte, dass du Befehle von ihr so befolgst, als kämen sie von mir.” Parthenope blickte zuerst konfus Livilla an, dann nickte sie langsam. ”Ja, Herrin.” Romana nickte befriedigt und wandte sich dann an Livilla. ”Also, wohin sollen wir gehen?”, fragte sie, während ihr noch immer die Freude und Begeisterung aus den Augen strahlte.

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    Eis. Duo. Treis. Tetra.


    Vier, nicht schlecht, dachte sich die gedankenabwesende Parthenope, nachdem sie die Schritte, die sie gebracht hatte, um eine Bodenplatte zu überqueren, gezählt hatte. Ihren Blick stuf auf den Boden gerichtet, bekam die griechische Sklavin wie immer kaum etwas von ihrer Umwelt mit.


    “Parthenope? Sagst du was?“, hörte sie abrupt eine vertraute Stimme, und fuhr hoch mit ihrem Kopf, irritiert dreinschauend. Die griechische Sklavin schien die Zahlen vor sich selber hingesprochen zu haben, ohne es zu bemerken. “Äh... öh... nein...“


    Romana, der ebendiese vertraute Stimme gehört hatte, seufzte innerlich. In der Seit, in der sie Parthenope schon hatte, war ihr klar geworden, wieso sie damals, vor einem Jahr vielleicht, Parthenope auf jenem Sklavenmarkt, obwohl sie gebildet und nett anzusehen war, zu solch einem Schnäppchenpreis bekommen hatte. Doch Romana störte es wenig. Sie mochte die introvertierte, leicht schusselige Epirotin. Schon alleine deshalb, weil sie ihr nicht auf die Nerven fiel, zumindest zumeist nicht.


    “Wieder am Nachdenken, hmm? Freu dich doch! Schau, ich habe Ausgang, und nimm dich mit. Vielleicht finden wir ja was Schönes für dich.“ “...?“ “Ach, ist ja wurscht.“ Romana schüttelte ihren von gepflegten Korkenzieherlocken umrankten Kopf – erst, seitdem sie ins Atrium Vestae gekommen war, hatte sie begonnen, sich so um ihre Haare zu kümmern – langsam, konnte sich aber ein Grinsen nicht verkneifen.


    Sie hatte für heute genug getan, und so hatte sie den Entschluss gefasst, in die Stadt zu gehen. Eine dahin gehende Anfrage an Pia hatte die Obervestalin ratifiziert, sodass die Claudia jetzt ihre Freiheit genießen konnte. Immer wurde sie gefragt, wie sie denn die Restriktionen, die auf sie lasteten, aushielt; dabei genoss sie als Vestalin so viele Freiheiten und Rechte wie kaum andere Frauen in Rom. Kurz vorm Ausgehen hatte sie sich noch einmal umgezogen – sie trug nun die blütenweiße Tracht, bestehend aus Tunika, Stola und Palla, sowie den Schleier, den sie so lange auf ihrem Kopf drapierte, bis er das notwendige Maß an Eleganz besaß, wie auch der Inful, ein dünnes Kopfband, von dem rot-weiße Wollfäden herunterhingen, wie bei einer zu opfernden Kuh.


    Als sie zwischen dem Tempel der Vesta und dem nördlichen Flügel des Hauses der Vestalinnen hinausschritten ins Forum Romanum, fiel Romana etwas Seltsames auf. Es war eine junge Frau, komplett in einem hellen Blau gekleidet, die langsam auf das Atrium Vestae zuschritt, etwas zu suchen schien. Es war Livilla. Romana stockte der Atem, als sie ihre Schwester, die nun, da Romana ganz zufällig auf sie zukam, nicht einmal mehr am Atrium Vestae anklopfen musste, sah.


    Sie vergaß auf Parthenope, die schon wieder flüsternd zu zählen angefangen hatte, und beschleunigte ihre Schritte, auf die zu, die sie für ihre Schwester hielt. Tatsächlich, es bestand kein Zweifel, es war Livilla. Romana hatte sich schon immer schwerer beherrschen können als Livilla, und verlieh ihrer Freude, als tatsächlich kein Zweifel mehr bestand, dass es sich um ihre Schwester handelte, mit einem lauten Juchzer Ausdruck.


    “Livilla!“ Sie war hier! Romana konnte es kaum fassen – dies war die beste Neuigkeit seit langer Zeit! Die letzten Schritte legte sie eher stürmerisch zurück, wobei es ihr aufgrund ihrer langen Beine gelang, nicht in einen Laufschritt hineinzugeraten, umarmte, als sie Livilla erreicht hatte, diese mit einer festen Umarmung, und drückte ihr voller Enthusiasmus und Freude einen Kuss auf die Lippen.


    “Bei den Göttern, Livilla, du bist hier? Aber... wie...“ Komplett fassungslos schaute die groß gewachsene Vestalin ihre jüngere und um einiges kleinere Schwester an.

    Es war ihr nicht möglich, einen Blick auf Gracchus zu erhaschen. Doch sie konnte kurz etwas vom Gesicht des Corvinus sehen. Der Aurelier war die ganze Zeit über schon ziemlich still gewesen, als ob er über etwas nachdenken würde. Nicht, dass Romana diesem allzu viel Aufmerksamkeit geschenkt hätte, doch war er Romana eher nur wie ein fünftes Rad am Wagen bisher vorgekommen. Ach was, dachte sie sich, von einem Pontifex so schlecht reden, sie sollte sich was schämen! Immerhin, an ihm würde wohl die Prüfung nicht scheitern, denn er blickte recht zufrieden einher.


    Sie senkte ihren Blick, schloss die Augen kurz und starrte auf die Gedärme, mit Panik in ihrem Hirn und Unbehagen in ihren Augen. Was sah sie da?


    Die Leber war verschrumpelt. Die Därme aufgebläht und von Fett überzogen. Die Milz war grünlich. Durch den Magen zog sich ein Riss, aus dem es herausstank.


    Nein. NEIN. NEIN! NEIN!!!


    Sie schloss ihre Augen wieder fest zu, atmete tief aus, und öffnete sie wieder. Und wieder lagen die Gedärme vor ihr.


    Doch sie sahen nicht mehr so aus wie vorher. Sie schienen – ganz normal. Gesund halt.


    Kein götterhaftes Strahlen ging von ihnen aus, keine himmlische Aura, von denen die claudischen Epigonen noch jahrhundertelang singen würden. Es war kein jubiliant-triumphales Wunderwerk, was sich vor ihr auftat. Aber was sie sah, war in Ordnung. Sie war einem Hirngespinst aufgesessen. Die Eingeweide waren in Ordnung, akzeptabel, befriedigend.


    Das Opfer war angenommen.


    Ihre Mundwinkel wanderten kaum merklich in die Höhe, als sie ihre verbliebenen Zweifel selber zerstreute. Ausatmen, Romi, es ist vorbei, dachte sie sich.


    “LITATIO!“


    Ein Schauer der Erleichterung rann ihr vom Rücken herunter, als sie, noch immer mit dem Tablett in der Hand, welches sie kaum loslassen wollte, sich zu den Pontifices hinwandte, ein paar unsichere Schritte in ihre Richtung machte und sie neugierig anblickte. Ein angenommenes Opfer war ja keine Garantie für eine bestandene Prüfung – aber sie selber hatte das Gefühl, dass es hingehauen hatte.

    Er hegte also keinen Groll gegen sie. Romana versuchte, eine erzwungen freundliche Miene zu machen, als der Quintilier das sagte. Er hegte keinen Groll, soso. Und sich selber entschuldigen für seine Verfehlungen, und für die seines Klienten? Fehlanzeige. Romana hätte sich gedacht, Valerian wüsste wenigstens noch, wie man sich höflich benahm. Doch das war weit gefehlt. Dieser mann hatte keinerlei Kinderstube. Kein Wunder, dass er nicht zum Ritter wurde und auf seiner derzeitigen Stufe festhing. Irgendwann würde er wohl mal entlassen werden, und dann mit Calvena ein unglamouröses Dasein führen, eines, welches einer Senatorenenkelin nicht zustand. Nicht einmal ein Danke bekam sie.


    Er erwiderte nichts auf ihre Feststellung hin, also nahm sie einfach einmal guten Willens an, er hätte es gemacht. Als dann die Rede auf den Klienten kam, antwortete Valerian mit einer auswecihenden Referenz auf die Hilfstruppen. Ein Libertinus bei den Hilfstruppen? Romana war sich ganz sicher, dass das nicht ging. Und, er wollte noch etwas sagen – aber in diesem Moment sprang Calvena ins Bild hinein und fiel Romana um den Hals. Die Vestalin wäre wohl umgefallen, wenn sie ein weniger gestandenes Frauenzimmer gewesen wäre. So aber umarmte sie Calvena zurück. “Geheimnisse? Ich habe nie Geheimnisse vor dir!“, grinste Romana, sich aber innerlich dabei denkend, mit wem sie damit im Gegensatz stehen könnte. Ein kurzer Blick, der eigentlich nichts bedeuten könnte, traf Valerian. Dieser erklärte auch sogleich, was er und sie besprochen hatten. Wenigstens sagte er noch, dass sie sich gegenseitig ausgesprochen hatten, nicht, dass Romana in einem geradezu entwürdigendem Zug auf Valerian zugekrochen war.


    Apropos Valerian, dieser hatte es nun doch verflucht eilig, weg zu kommen, zu diesem Priester hin. Ob sie sie entschuldigen könnte? Romana war für einen Moment versucht, den Kopf zu schütteln. Ihn anzuzischen, dass er ihre Frage nicht beantwortet hatte. Und, sobald sie sein Geständnis extrahiert hätte, und somit wohl herausgekommen wäre, dass er Romana schamlos belogen und die ganze Zeit Calvena die Existenz eines Sohnes beinhart verheimlicht hätte, dann hätte Romana ihn, ohne über die Konsequenzen nachzudenken, hier auf der Stelle umgebracht. Zumindest hätte sie es mit stahlharter Entschlossenheit versucht.


    Doch so weit kam es nicht. Einmal nicht mehr zu dieser Sekunde. Denn Romana ging auch durch den Kopf, dass ihr Verdacht unbegründet sein konnte. Dass sie sich bis auf die Knochen blamieren könnte, wenn sie ihm jetzt nun was nachkeifte, was gar nicht stimmte. “Gut.“ Abregen. Abregen, befahl sie sich innerlich, und drehte ihren Kopf demonstrativ weg, als die beiden hinfortschritten, um nicht noch Valerian einen flammenden Blick des Misstrauens zuzuwerfen; sie zwang sich einfach nur noch, ein uninteressantes Relief an der Wand anzuschauen, und zu vergessen, was hier passierte.

    Ach, Sedulus‘ Lächeln war einfach nur herzerwärmend... Romana unterdrückte ein Seufzen und wandte sich Valerian zu. “Sehr gut.“ Jetzt zeigte sich doch auf ihrem Gesicht eine leichte Verziehung ihrer Lippen, die man mit einiger Fantasie als Lächeln zu bezeichnen konnte. Sabina drängte sich aber genau in diesen Moment rein. Romana versuchte ihr durch ein Zeichen mit ihrer Hand verständlich zu machen, dass es jetzt wirklich nicht ging, und wandte sich wieder zu Valerian. Er und die Claudia entfernten sich ein paar Schritte von den Leuten hier, bis sie sich außerhalb der Hörweite der anderen wähnten.


    Sie blieb stehen, und blickte ihn ebenfalls an. Tief holte sie Luft, und atmete dann wieder aus. Ihre Augäpfel wanderten nach oben, wieder zu Valerian hin, sie blinzelte kurz, als ob sie sich über etwas wundern würde, atmete nochmals ein, und sprach dann, endlich. “Quintilius... ich muss dich um Verzeihung bitten.“ Es waren grauenvolle Opfer, die man hie und da für seine Freunde bringen musste. Doch in Romana war der Entschluss gereift, dies zu tun, nachdem Calvena die in der Villa Aurelia wieder aufgebaut hatte. Für manches musste man Opfer geben, in der Religion wie auch in der menschlichen Interaktion. Hier war es wohl ihr patrizischer Stolz, den sie opferte für Calvenas Freundschaft. Und diese konnte sie nicht beibehalten, wenn sie ihrem Zukünftigen kein Friedensangebot unterbreitete.


    “Einiges, was ich zu dir gesagt habe, bei den Ludi Romani zum Beispiel, war ehrabschneidend und uneinsichtig.“ Sie schaffte das Kunststück, neben ehrlicher Reue auch stolzes Selbstbewusstsein parallel in ihrer Stimme durchklingen zu lassen, und sie war irgendwie verflucht stolz drauf. “Es mochte sein, dass du falsch reagiert hast, als der Bär angriff – doch Centho hat ihn getötet, jetzt ist es nur noch mehr irrelevant. Zudem war es nicht richtig von mir, dich in Person für einen Fehltritt von einem deiner Klienten verantwortlich zu machen.“ Sie schluckte, bevor sie weiterfuhr. “Ich nehme jedoch an, dass du mit ihm darüber geredet hast, oder ihm etwas darüber mitgeteilt hast. Schon alleine, damit er nicht noch einmal droht, deinen Ruf anzukratzen durch sein Verhalten.“ Sie blickte ihn an, ein Nicken erwartend. Romana war sich sehr sicher, dass er ihm zumindest eine Nachricht zukommen hatte lassen. Klienten und Patrone waren ja immer in Kontakt. Und schließlich war sie Patrizierin, die Tochter eines Senators, und zudem eine Vestalin, also nicht unbedingt eine Bettlerin, deren Meckerei man in den Wind schlagen konnte, dachte sich zumindest die Claudierin.


    “Eines bleibt mir aber noch zu fragen. Du hast mir gesagt – wenn ich mich recht erinnere – dieser Marhabal ist in Germania zur Legion gegangen.“ Zumindest sagte ihr Gedächtnis dies. “Er muss also römischer Bürger irgendwie geworden sein. Du... du hast ihn sicher nicht adoptiert. Oder?“ Bei ihren letzten Worten war ihre Stimme leiser geworden, und sie hatte ihr Gesicht näher zu dem von Valerian hingebracht. Sie wollte nicht hören, dass sie wirklich von jemanden dachte, er hätte es unternommen, einen ehemaligen Sklaven zu adoptieren. Und, zudem, Calvena hätte es ihr sicher gesagt, wenn es so wäre! Sofern sie es... natürlich wusste...


    Sim-Off:

    Kleiner Edit: Sorry, Sabinchen ;(

    Gracchus sagte nichts. Er kritisierte nichts. Das sollte genug sein für sie, dachte sie sich. Hätte er mehr wissen wollen, hätte er sicher nachgehackt. Doch so beließ sie es dabei. Innerlich konzentrierte sie sich auf das bevorstehende Opfer, je näher sie dem Altar der Pax kamen. Schlussendlich kamen sie vor ebendiesem zu stehen. Sie würden hier warten. Gut, das sollten sie tun, dachte sie sich, holte tief Luft, nickte und ging dann kurz fort, um dies zu machen, zu den Tempeldienern zu gehen.


    Von dem Gespräch mit den Tempeldienern gab es nicht sehr viel zu bereden. Romana war schon gestern hier gewesen und hatte ihre Opfergaben abgeliefert. Sie trat an einen Popa heran, welchen sie begrüßte, ihm sagte, wer sie war, und was genau nun zu tun war. Die unblutigen Opfergaben sollten hinein, das Schaf hingegen sollte hinaus geführt werden und am Altar festgebunden werden.


    Sie wartete ein paar Minuten, bevor der Popa zurückkam und ihr mitteilte, dass alles bereitet war. Im selben Augenblick kam ein Popa, der das Schaf von gestern, weiblich wohlweislich, und schneeweiß, welches schon geprüft worden war, mit sich führte, und begann, es ans Altar festzubinden, damit es nicht fortlaufen konnte.


    Romana wandte sich um und schritt zu ihren beiden Prüfern zurück. Sie blieb stehen und blickte die beiden an. “Es ist alles bereit. Ich werde nun mit dem Opfer beginnen.“ Sie war schon ein wenig nervös, wenn es nun ein Zeichen des Einwandes von einem der Pontifices gegeben hätte, hätte sie es nicht bemerkt. Sie atmete noch einmal tief aus. Vesta, gib mir die Kraft, dieses Opfer gut zu vollziehen, dachte sie sich innerlich, und schritt dann, mit der vollen Pracht ihrer weißen Gewänder, die Tempelstufen hinauf, woraufhin sie den Tempel betrat.


    Ein Waschbecken stand am Eingang des Tempels. Noch immer ein wenig wie mechanisch schritt Romana auf diesen zu und tauchte ihre Hände kurz ein. Es war die vorrituelle Reinigung, die sie nun machte.


    "Möge dieses Wasser alle Unreinheit von meinem Körper waschen wie das Verwandeln von Blei in Gold. Reinige den Verstand. Reinige das Fleisch. Reinige den Geist. So ist es." Dies waren die Worte, die sie sprach, als sie ihre Hände reinigte.


    Kaum war die rituelle Handwaschung getätigt, wandte sie sich zu der Statue der Göttin Pax hin, vor der ein Altartisch aufgebaut war, daneben stand ein kleines Opferfeuer. Davor freilich waren die Opfergaben platziert. Es war nicht nur Weihrauch, sondern auch Dinkelbrot, Münzen, Blumen, und ein silberner Weinkrug.


    Romana ergriff etwas vom Weihrauch und warf es in den Foculus. Der Weihrauch fing an zu lodern, und schon nach ein paar Sekunden entwickelte er den für ihn typischen Rauch mit dem markanten Geruch. Die Claudierin erhob ihre Hände in Gebetsstellung, achtete dabei darauf, dass sie auch schön aufrecht stand, und begann dann. “Pax, Friedensstiftende, nimm an dieses Brot, möge es dir zur Ehre gereichen.“ Sie nahm das Brot auf und legte es auf den Altartisch, präsentierte es so also vor Pax, beziehungsweise ihrer Statue. “Pax, Friedensstiftende, nimm an diesen Wein, möge er dir zur Ehre gereichen!“ Sie stellte den Wein hinauf. “Pax, Friedensstiftende, nimm an diese Münzen, mögen sie dir zur Ehre gereichen!“ Die Münzen klimperten, als sie sie hinauffallen ließ. “Pax, Friedensstiftende, nimm an diese Blumen, mögen sie dir zur Ehre gereichen!“ Eine Handvoll Blumen fand ihren Weg auf den Altartisch. Dann drehte sich Romana mit einer energischen Bewegung nach rechts. Das Voropfer war abgeschlossen.


    Es war Zeit für Romana, hinauszugehen. Das tat sie auch, nachdem sie noch einmal tief Luft geholt hatte. Als sie hinaustrat, war dies ein Zeichen an die Opferhelfer. Natürlich hatte sie sich mit diesen schon abgesprochen. Ein Popa, als Herold fungierend, rief mit kräftiger Stimme: “Favete linguis!“ Die Tibicines begannen zu spielen. Romana schritt hinunter, und die Flötenspieler mit ihr mit. Sie steuerte das Tier an, welches bereits schon unten lag, von seinem Schicksal nichts mitkriegend, vielleicht nur vom Lärm verstört.


    Vorm Vieh blieb sie stehen, holte tief Luft und verkündete dann mit lauter Stimme: “Pax, Göttin des Friedens, sieh herab! Dir sei dieses Tier geweiht! Möge es dir gefallen, wenn es ein gutes Opfer ist!“ Noch einmal kam jetzt eine Waschung, als ihr eine Schüssel von Wasser gereicht wurde, sie die Hände hineintunkte und diese dann am mallum latum, welches ihr nun gereicht wurde, abtrocknete. Nun war alles bereit für die mola salsa, die ein Popa begann, über das Tier zu streichen. Sie wartete ab, bis jener dies getan hatte, worauf ihr dann das Messer vom Victimarius ausgehändigt wurde. Sie strich damit sorgfältig und langsam über den Rücken des Schafes, welches wohl mit Kräutern beruhigt worden war, da es nicht einmal jetzt mehr aufmuckte.


    Anschließend übergab sie das Messer wieder dem Victimarius, und Romana setzte zum Opfergebet an. Sie erhob ihre Hände und sprach, das Flötenspiel mit ihrer altlastigen, samtigen Stimme übertönend: “Pax, Friedensstifterin, große Göttin. Du, die uns schon so lange Frieden schon geschenkt hast hast, die uns vor Barbaren an unseren Grenzen und Aufständischen in unseren Straßen bewahrt hat, ich rufe dich an. Höre meine Bitte. Ich war stets dir fromm und gläubig gegenüber. So bringe ich dir auch heute ein Opfer, dieses Schaf hier, von deiner frommen Verehrerin Claudia Romana. Pax, gewähre mir diese Bitte! Gewähre mir, der Stadt Rom, dem römischen Reich, und dem Atrium Vestae Frieden, der so ewig andauern soll wie das römische Reich! Sowie du mein Gebet erhörst, werde ich dir auch weiterhin opfern. Reiche Gaben sollst du auch in Zukunft von mir erhalten, wenn du mir gibst, so wie ich dir gebe.“ Sie drehte sich nach rechts, das Gebet war abgeschlossen. Ein Popa übergab ihr einen goldenen Becher, aus welchem sie dem Tier eine Winzigkeit Wein als Trankopfer über dem Kopf schüttete, sowie sie dann den Becher zurückgab. Das Opfer war bereit.


    Sie drehte sich langsam zum Victimarius hin, der ihren Blick richtig interpretierte.


    “Agone?“ Romana antwortete: “Age!“


    Und der Victimarius schnitt dem Schaf die Kehle durch. Das Schaf bemerkte sein Ableben gar nicht mehr, nur noch Blut floss aus seiner Kehle. Ein Popa eilte herbei, um das Blut aufzufangen. Der Victimarius derweil schnitt den Bauch des Tieres auf, schnitt die Eingeweide fachmännisch heraus, und platzierte diese auf ein Tablett, welches er anschließend Romana übergab.


    Diese ließ ihren Blick auf die dargebotenen Innereien sinken, doch ganz konnte sie nicht verhindern, dass sie eine Sekunde zu den Pontifices hinschielte. Wie dachten diese über ihr Opfer?


    [SIZE=7]EDIT: Reinste Kosmetik[/SIZE]

    Ihre Frage beantwortete Lucius nicht. Vermutlich, weil er keine Antwort hatte, zumindest keine Antwort, die sie befriedigen würde. Manchesmal war auch keine Antwort eine, und so machte Romana nur ein knappes, fast nicht sichtbares Nicken. Sie wusste schon, sie kannte ihren Bruder.


    Hatte sie vorhin recht stark geblinzelt, hatte sie nun noch einen viel stärkeren Blinzelreiz als vorher. Umhertreiben? Was begann ihr Bruder plötzlich mit solch schmalziger Sprache zu kommen? Er wusste doch hoffentlich, dass Romana die unromantischste Frau zwischen Adria und tyrrhenäischem Meer war. Zumindest bis... vor ein paar Tagen. Ihr Blick flackerte kurz, als sie daran dachte. Sedulus... es wäre zu schön, viel zu schön gewesen. Sie verstand jetzt, was Liebe war. Es war ein schmerzendes, schreckliches Gefühl, welches sie ihrem ärgsten Feind nicht wünschte.


    Von Eros war er aso getroffen worden. Wohlgemerkt vom griechischen Gott, Amor war wohl zu wenig gut für Lucius, bemerkte die wenig graekophile Claudierin innerlich. Diese Schauspielereien waren aber wirklich zu possierlich. Zum einen, weil sie das ganze recht skurrill fand, und sie Skurrillitäten sehr mochte, und zum anderen, weil sie den Schmerz, den die Liebe mit sich brachte, durchaus nun verstehen konnte, beschloss sie, mitzuspielen.


    “Ach, mein armer Bruder!“ Sie machte ein betroffenes Gesicht. Normalerweise wäre es ihr nicht so gut gelungen, wenn seine Situation nicht etwas in ihr gerührt hätte. Sie nahm seine rechte Hand und umfasste sie mit ihren beiden. “Das klingt ja furchtbar. Ich kenne leider keine aurelische Zwillinge, es tut mir wirklich Leid... weißt du denn, wie sie heißen? Und du bist wirklich in beide verliebt? Das muss ein grauenvolles Gefühl sein!“ Bigamisten, so was brauchte Rom heutzutage. Und ihr Bruder war wohl drauf und dran, diese orientalische Unsitte hier einzuführen.

    Romana seufzte wieder. Die freundschaftliche Berührung tat gut, und sie musste sich eingestehen – es ging ihr schon besser. Calvena war doch ein Schatz, immer wieder. “Das weiß ich, meine Liebe, das weiß ich.“ Sie strich sich fahrig durch die Haare, hätte dabei fast ihr Suffibulum runtergezogen, aber den Göttern sei Dank reichte ihre Tollpatschigkeit heute nicht so weit.


    Der Tänzer, wenn Romana an ihn zurückdachte. Für einen recht seltsamen Augenblick hatte sie fast schon Lust, ihn ausfindig zu machen und dann mit ihm... nein, das war wirklich zu haarsträubend. Sie zuckte die Achseln, und es wirkte irgendwie schon ein wenig amüsiert. “Dem Erstbesten nachrennen? Na ja, ich werde gar niemanden nachrennen. Wieso sagst du das eigentlich? Empfindest du deinen Onkel als einen Erstbesten?“ Ein schiefes Lächeln brachte sie hervor, auch wenn ihr Herz sich wieder zusammenschnürte, als sie an ebendiesen dachte.


    Sie hörte Calvena ganz andächtig zu, dann und wann nickte sie mit dem Kopf. “Da wirst du Recht haben, Calvena. Tja, was beweist uns das? Ich bin ein ganz altmodisches Frauenzimmer. Was aber auch nicht immer schlecht sein muss.“ Sie legte ihren Kopf leicht schief. “Liebe ist gerne einmal ein fürchterliches Gefühl, wenn man den anderen nicht haben kann... ach je, ich rede schon wieder, Calvena, ich muss unbedingt ins Bett gehen. Morgen sieht die Welt bestimmt schon wieder besser aus“, hoffte sie zumindest. Am Rande fragte sie sich, ob Stolz ihr denn stand. Nun, warum denn nicht? Sie war eine Frau von Stand, und zudem eine Vestalin. Trotzdem sträubte sich alles in der bodenständigen Romana, auch nur den Anschein einer Oberklassentussi zu geben.


    “Das hoffe ich auch nicht. Und, es tut mir Leid, dass du meinetwegen alles verpasst hast... ich bin so eine dumme Kuh...“ Sie seufzte und schüttelte den Kopf. “Aber trotzdem. Danke, Calvena. Danke für alles. Finde gut heim. Ich gehe jetzt. Vale.“ Sie umarmte ihre Freundin zum Abschied, und stand dann auf, um zu gehen.

    Der Flavius schien ein wenig betroffen darüber, dass er Romana so aus der Fassung für eine Sekunde gebracht hatte. Sie dachte sich im Stillen, er müsse sich darüber keine Gedanken machen – sie selber könnte sich als absolut knallharte Prüferin sehen. Nun ja, solche Töne sollte sie nicht spucken, bevor sie selber nicht ihre Prüfung erfolgreich bestanden hatte.


    Die nächste Frage war wieder im normalen Stile gestellt, und Romana konnte auch viel komfortabler und mit größerer Leichtigkeit darauf antworten. “Das stimmt, Feuer ist nicht gleich Feuer. Zwischen einem Opferfeuer, wie dieses hier am Tempel, und dem Feuer der Vesta besteht ein großer Unterschied. Ein Opferfeuer ist ein solches, in dem die Opfergaben an die Götter verbrannt werden. Es ist ein Feuer im klassischen Sinn, ein Feuer, wie es unter den Göttern Vulcanus zuzuordnen wäre – hoch, lodernd und verzehrend. Das Feuer der Vesta hingegen ist ein Herdfeuer. Es fackelt nicht, es glüht, es ist zahm, stellt das Feuer in seiner für den heimatlichen Herd zugeschnittenen Form dar. Es repräsentiert Vesta, und stellt ihre Präsenz im Tempel dar. Deshalb brauchen wir keine Statue von unserer Göttin. Zudem ist es nicht dazu da, dass man Opfergaben hineinwirft. Es ist außerdem wichtig, dass das Feuer der Vesta nicht erlischt – und im Martis jedes Jahres wird es neu entfacht.“ So eine Prozedur war ihr von keinem Opferfeuer bekannt.


    Hoffend, dass ihre Antwort dem Pontifex genügte, betrat sie zusammen mit den beiden das Forum Pacis. Romana mochte es sehr, sie fand, es stellte einen der gelungensten Gebäudekomplexe in Rom dar. Zudem hatte sie den Garten gerne – er war um einiges größer als der im Peristyl des Atrium Vestae, und hatte einen größere Varietät an Pflanzen. Romana mochte Pflanzen, wohl aber auch nur, solange sie domestiziert waren, oder in eine domestizierte Landschaft eingebettet. Die Wildnis war ihr suspekt.

    So leise und unauffällig wie möglich betrat nun auch Romana die Casa Iunia und somit die Hochzeit. Die Claudia war wie üblich angezogen – weiße Tunika, weiße Stola, weiße Palla, Inful und Schleier, der von ihrem Kopf nach hinten herunterhing wie eine schlanke Fahne. Die Palla war sehr luftig und leicht, schließlich war es ja schon Frühling, und die Temperaturen waren deutlich angestiegen. Die Tunika hatte hinten und vorne so große Ausschnitte, dass man sie unter der weißen Vestalinnenstola kaum sehen konnte.


    “Salve... salve...“, murmelte sie diskret, als sie an zwei Gästen vorbeiging, und dann ihren Blick mit gebührendem Abstand von diesen beiden auf zwei Leute setzte.


    Quintilius Valerian und Germanicus Sedulus waren gegenseitig ins Gespräch versunken, untereinander sowie mit einem anderen Mann, ein Ritter ohne Zweifel, zusammen mit dessen... wohl Frau. Auch Septima stand dabei. Romana, darum bemüht, ihnen erstmal nicht aufzufallen, schaute erst auf Valerian. Dieser Schuft, der Calvenas Leben zu einer Hölle machen würde, darin war sie sich ganz sicher. Er sah ja schon so aus wie ein Schläger. Sicherlich würde er sie betrügen, ihr das Herz brechen, was wusste sie. Ihr Blick wurde jedoch weicher, als jener auf Sedulus wanderte. Sowie Calvena einen Versagertypen heiraten würde, würde Serrana einen wahrlich wundervollen Mann ehelichen. Sie missgönnte es ihr nicht, nicht mehr. Aber... sie seufzte, schüttelte ihren Kopf und gab sich einen Ruck. Sie würde nicht klein beigeben. Und es gab noch eine Sache zu bereden mit Quintilius.


    “Salvete!“, grüßte sie die Anwesenden, Sedulus ein vages, unbestimmtes Lächeln schenkend, Septima ein offenes, herzliches, Sabina sowieso ein solches und den beiden ihr nicht bekannten ein unverbindliches. Valerian keines. “Ich hoffe, ich störe nicht... ich bin übrigens die Vestalin Claudia Romana“, meinte sie zu dem Mann und der Frau. “Stört es euch, wenn ich Quintilius Valerian eines Sekunde entführe? Es macht dir doch hoffenlich nichts aus, wenn ich ein paar Worte unter 4 Augen mit dir wechsle, kurz bevor der Ritus anfängt“, meinte sie zu Valerian, nicht einmal unfreundlich. Ihre Fassung musste sie wohl von dem Versprechen her nehmen, welches sie einst Calvena gegeben hatte.

    “Nicht böse?“ Romana erhob ihren Kopf aus der Schulterbeuge Calvenas und schaute ihre Freundin ungläubig an, man sah, dass sie ihren Kopf wieder ein wenig aufrichtete und ihren Rücken nun gerader hielt. Bei ihren nächsten Worten zeigte sich, trotz all des Elends und des Kummers, den Romana verspürte, ein Lächeln auf ihrem Gesicht. “Ach, Calvena. Womit habe ich nur eine Freundin wie dich verdient.“ Sie schüttelte ihren Kopf leicht. “Kompliziert, jaja... es ist alles kompliziert. Wirklich alles. Da hast du Recht...“, murmelte sie und seufzte. “Schau, Calvena... ich bin mir noch immer sicher in meinem Handeln. Ich verfolge noch immer meinen Weg... denke nicht, ich würde ihn nun am Liebsten abbrechen und mich an Sedulus oder sonstwen ranschmeißen. Das mache ich nicht. Dieses Gefühl ist für mich eine elende Ablenkung. Sie stört. Sie schmerzt. Ich will sie loswerden. Wie kann man so ein Gefühl totschlagen?“, fragte sie noch einmal, obwohl Calvena ihr schon gesagt hatte, dass sie es nicht wüsste. Es war eher eine rhetorische Frage, dessen Antwort nur gar nicht lauten konnte.


    Sie musste wieder lächeln, als Calvena die Anekdote mit dem Tänzer hervorkramte. “Ach der. Dieser Knilch. Stimmt, der hat es auf mich abgesehen gehabt... vielleicht hätte ich ihn doch nicht so schnell wegstoßen sollen.“ Trotz ihrer geballten Ladung an sexueller Frustration musste sie ganz leise und kurz lachen.


    Als Calvena ihr versicherte, sie wäre nicht unwürdig, seufzte sie wieder. Immerhin heulte sie nicht mehr, das hatten die Worte ihrer Freundin bewirkt. “Eine Vestalin, die sich verliebt. Das ist ein neuer Tiefpunkt in meiner langen Geschichte an Tiefpunkten. Denkst du nicht?“ Sie schnaubte aus und senkte ihren Kopf ein wenig. “Ich werde geprüft von den Göttern, ich spüre es. Ich muss durchhalten. Vielleicht bin ich doch nicht unwürdig, naja, wenn du es sagst... wenn ich durchhalte und den Mist unterdrücken kann.“ Für eine dezidiert unromantische, pragmatische junge Frau wie Romana schien es ziemlich wünschenswert, diese lächerlichen Gefühle aus ihrem Kopf zu verbannen. Aber immerhin konnte sie nun nachvollziehen, warum es Calvena bei Valerian hielt, obwohl dieser Mensch unmöglich war.


    “Du, Calvena...? Ich glaube, ich sollte jetzt gehen. Erstens, damit ich nicht noch mehr Schaden kann als bisher und noch die ganze Villa Aurelia in einen zweiten Tartarus verwandle. Und zweitens, weil ich im Atrium Vestae erwartet werde. Ich muss lernen für meine Prüfung, und kann nich einfach bis spät in die Nacht fortbleiben. Ich hoffe, du bist mir nicht sauer.“

    Axilla schien ziemlich glücklich über den Umstand zu sein, dass Romana nicht mehr nachfragte. Aus diesem Grund eben würde sie dies nicht mehr tun. Eigentlich konnte es ihr ja egal sein, was sie und Ioghurtus so trieben. Bis das nächste Prodigium käme, in der die Götter ihren Unwillen zeigten... sie unterdrückte ein Seufzen und ließ es unkommentiert, ebenso wie die Religion, auf die Axilla nichts mehr erwiderte.


    Romana lachte aber doch, als Axilla ihr sagte, wie sie es mit den Blumen hielt. “Du musst wissen, ich bin keine große Pflanzenfanatikerin per se. Ich gerate nicht in Verzückungen, wenn ich einen abgeschnittenen Strauß Blumen sehe. Vielmehr stimmt der Anblick der toten, tot gemachten Blumen mich immer ein wenig traurig... ich mag Pflanzen nur, wenn sie leben, blühen, gedeihen, und ich meinen Teil dazu beitragen kann.“ Sie lächelte ein wenig versonnen und blickte dann zu Axilla. “Hmm. Da hätte ich genauso gut Priesterin der Flora werden können, nicht wahr? Aber trotz meiner Verehrung für diese Göttin, sie ist kein Vergleich mit Vesta. Und ihr Aspekt, dass sie auch die wilden Pflanzen, das Unkraut beschützt, gefällt mir nicht. Ich mag kultivierte Gärten. Und kultivierte Landschaften, die der Mensch sich Untertan gemacht hat. Deshalb auch meine Liebe für Etrurien – die am besen genutzte Landschaft, die ich kenne, und doch wunderschön.“ Romana entfuhr ein Lachen. “Entschuldigung, dass ich dich so vollgequasselt habe über Pflanzen.“ Sie grinste entschuldigend.


    “Also, was ich mache? Mir obliegt der Garten im Peristyl. Dort wachsen vornehmlich Blumen, also ja, diese. Es gibt auch eine Rasenfläche. Kräuter und so allerdings nicht, wir sind ja keine Apotheke“, meinte sie bestimmt, aber freundlich.


    Sie dachte kurz nach, bevor sie Antwort gab. “Im Tempel wohnen wir nicht, dort wäre es ziemlich eng und unangenehm. Wir wohnen im Haus der Vestalinnen gleich daneben, im Atrium Vestae. Nach Hause dürfen wir schon, wenn wir halt Ausgang haben“, erklärte sie.
    Unvermittelt blieb sie plötzlich stehen. Sie standen neben einem Gatter mit Ziegen drinnen. Diese Ziegen jedoch waren abgerupft und sahen verlaust aus. Romana schüttelte den Kopf. “Siehst du die? So haben bisher alle ausgesehen, bis auf die von Fufilius... langsam werde ich es Leid.“ Sie schnaubte aus. “Ich glaube, ich gehe jetzt doch zu ihm zurück und kaufe zumindest eine Ziege von ihm auf. Denn ich spüre es einfach, bessere werde ich an diesem Markt hier finden. Sie tun einem direkt Leid, die Viecher...“ Sie deutete dabei auf die Ziegen, die vor ihnen waren. “Sie müssen mies verpflegt sein.“ Und vom Anblick dieser zerlumpten Tiere hatte sie die Schnauze voll.

    Zitat

    Original von Lucius Claudius Brutus


    Romana war innerlich schon gefasst auf die niederträchtigsten Gemeinheiten, die Brutus abzuschleudern gedachte. Innerlich hatte sie sich vorbereitet auf die übelsten Beschimpfungen, die miesesten Unterstellungen... doch nicht... darauf.


    Mit ausgebreiteten Armen schritt Lucius in ihre Richtung, mit einem freudigen Grinsen auf seinen Gesicht. Und wie er sie begrüßte! Romana schielte unauffällig kurz zur Wand hin, um zu sehen, ob da nicht schon Schmalz herunter ronn. Fehlanzeige – aber dennoch kam es ihr sehr unkoscher vor, was Lucius da tat. Eigentlich hätte sie sich am Liebsten am Boden gewälzt vor Lachen – besonders der Abschnitt mit dem selbstlosen Wesen wäre genug gewesen, um die Claudia vor Lachen komplett wehrlos gewesen. Aber – dass es ihr Bruder sagte, machte sie stutzig. Jener hatte doch überhaupt keinen Sinn für Humor, oder?


    Pflichtschuldig umarmte sie ihn dennoch. “Wie schön, dass dein Humor dir nicht verlustig gegangen ist“, meinte sie trocken.


    Doch ihr Bruder beteuerte, es wäre ihm ernst. Sie blinzelte irritiert mit den Augen. “Äh, mir geht es gut, danke. Und ich komme sehr gut voran, in Kürze ist meine Opferprüfung. Was ist mit dir? Wie geht es dir? Und wie kommst du in deinen politischen Unterfangen voran, Lucius?“ Meinte er es wirklich ernst? Kaum konnte es sich die Claudierin vorstellen.

    Ihre Worte hatten ein Schweigen verursacht, ein tiefes, unangenehmes Schweigen zwischen der Claudia und der Germanica. Kein Schweigen, welches Romana besonders gut auf ihren Magen schlug. Sie sah um einiges kleiner aus als normal – ihr aufrechte Haltung hatte sie eingebüßt zugunsten eines Buckels, mit Hilfe dessen sie ihren Kopf ein wenig zwischen ihre Schultern zurückgezogen hatte. Mit ihren Händen begann sie, nervös herumzunesteln.S ie kam sich vor wie ein freches kleines Mädchen, welches man bei etwas Bösem erwischt hatte. Und in gewisser Weise mochte dies auch jetzt so stimmen.


    Endlich sagte Calvena etwas. Doch was sie sagte, brachte Romana keinen Schritt weiter. Die Germanica war genau so mit ihrem Latein am Ende wie die Vestalin. Verliebt sein, hatte man ihr gesagt, war etwas Schönes, etwas unglaublich Schönes... es war ihr so lange nicht passiert, und jetzt schlug es zu. Es fühlte sich nicht schön an. Es fühlte sich grässlich an. Verboten und unrein.


    Calvena griff nach ihrer Hand, und Romana widerstand dem Impuls, sie zurückzuziehen. Sie fühlte sich wie Dreck, und wollte Calvena nicht durch eine Berührung beschmutzen. Sich aber ins Gedächtnis rufend, dass dieser Gedanke Unfug war, beließ sie die Hand lethargisch dort, wo sie war.


    “Calvena... du wirst mir jetzt schrecklich böse sein.“ Sie senkte ihren Kopf. “Ich weiß, dass du es bist, ich wäre es an deiner Stelle.“ Sie fände es fast schon übermenschlich von Calvena, würde sie keinen Groll nun hegen, zumindest dachte die niedergedrückte Romana dies.


    Und was kam nun? Abwarten. Und dann handeln. Romana blinzelte. “Abwarten und dann handeln? Du verstehst nicht... ich kann keine Rücksicht darauf nehmen, wie meine blöden Gefühle sich entwickeln. Ich muss es unterdrücken. Ich weiß aber nicht, wie.“ Vielleicht sollte sie warten, bis sie Sedulus dabei erwischte, wie er seinen Ohrenschmalz rauspflückte und in den Mund steckte? Seinen Rotz aß? Das wäre abtörnend, aber Romana konnte sich nicht darauf verlassen, dass so etwas geschah.


    Sie ließ den Kopf noch ein wenig tiefer hängen. “Und, wenn ich daran denke... selbst wenn ich keine Vestalin wäre, und Serrana und Sedulus Patrizier wie ich, dann würde er sie noch immer heiraten. Ich meine, schau mich an, und sie. Sie ist... einfach perfekt, von oben bis unten! Und ich, ich bin ein riesiger, uninteressanter Trampel! Ich...“ Ein Beben durchfuhr sie, als sie wieder aufschluchzte. So weit war es schon mit Romana, dass sie selbstmitleidig wurde. Sie hasste sich selber dafür, dass sie sich so anhörte, aber zu dieser schrecklichen Stunde war dies ihre ehrliche Überzeugung.


    Sie kippte nach vorne, zu Calvena hin, und vergrub ihren Kopf in die Schulter ihrer Freundin, ihre rechte Hand dabei zur Faust ballend und verzweifelt auf die Bank hauend, wobei dies einen dumpfen Laut erzeugte, als die Hand hart aufkam. Ah, wie das weh tat! Doch nicht so weh, wie ihr blutendes Herz. “...ich bin unwürdig... allem unwürdig... ich bin eine Schande für meine Schwesternschaft, meine gens, meine...“, flüsterte sie, abrupt abbrechend, nicht erwähnend, wessen sie sonst noch unwürdig sein sollte.

    Das Blut des Oktoberpferdes? Selbiges – natürlich nicht des Oktoberpferdes, sondern das der jungen Claudierin – gefror ihr in den Adern, nicht lang, nur für eine Sekunde, als sie Gracchus anschaute und sich krampfhaft zu erinnern versuchte an nur einen einzigen Vorgang bei der Herstellung des mola salsa. Also, so ein Quatsch, dachte sie sich selber. Die mola salsa ist nicht rot. Was sollte es da Blut beinhalten? Erst jetzt bemerkte die leicht aus der Fassung zu bringende Romana, dass Gracchus dies wohl als Fangfrage beabsichtigt hatte. Nicht einmal als besonders überzeugend vorgebrachte Fangfrage.


    “Nein, das stimmt nicht.“ Tief atmete sie durch, bevor sie weitersprach. “Das Blut des Oktoberpferdes wird dazu benutzt, um eine gänzlich andere sakrale Substanz herzustellen. Als, das Blut des equus october wird in einer Schale gesammelt, und für die Parilia wird daraus eine Räuchermischung, ein suffimen, hergestellt. Dieses besteht aus diesem Pferdeblut, sowie aus Bohnenstroh und auch aus der Asche der zur Fordicidia dem Feuer übergebenen Rinderföten – denn zu diesem Fest werden ja trächtige Kühe geopfert und deren Ungeborene verbrannt. Zur Parilia wird eben diese Mischung ausgegeben, die dann zu verschiedenen Orten in ganz Rom gebracht wird, um verbrannt zu werden.“


    Neugierig wohl blickte Romana Gracchus an. War ihm dies gut genug?

    Romana hatte, was den Flavius vielleicht beruhigen würde, nicht wirklich daran gedacht, das Schaf im Peristylium unterzubringen. Doch sie fand nicht recht den Humor in dieser Situation, den Gracchus wohl vernahm. Vielleicht war sie wirklich so humorlos? Sie hatte ja schon mehrere Male die plötzlich aufkeimende Vermutung gehabt, dass sie eine Langweilerin wäre, mit nichts als ihrer Götterverehrung und vielleicht ein paar Unterhaltungen über Politik und Kultur im Sinn. Sie konnte nur wenig mit Klatsch und Tratsch anfangen, war somit wohl, zumindest empfand sie dies, recht untypisch als junge Patrizierin, vor allem, wenn sie sich mit anderen verglich.


    Doch sie wollte nicht mehr darüebr nachdenken. Dies war ihre Prüfung, ihr großer Tag, einer, an dessen Ende sie eine stolze Vollvestalin sein sollte. Doch jetzt musste sie noch durch das Opfer durch.


    So dermaßen vorbereitet war sie schon innerlich darauf, dass die Frage des Flaviers doch für sie etwas überraschend kam. Sie war innerlich nicht gänzlich darauf vorbereitet, solche Fragen zu beantworten, hatte nur geglaubt, sie musste ihr Opfer absolvieren. Doch so etwas schien Standard zu sein, so lässig, wie der Pontifex dies fragte. Also entschloss sich Romana, sich deswegen keine Blösse zu geben. Schließlich wusste sie ja die Antwort.


    “Das bin ich. Im Mai ernten wir far, also das Speltweizen. Und zwar noch in einem erst halbreifen Zustand. Dieses rösten wir und zermahlen es. Natürlich nehmen wir dafür keine gewöhnlichen Mühlen, sondern auf alten, uralten Handmühlen, die noch aus den Tagen unserer Ahnen erhalten sind. Die gemahlenen Weizenkörner sind dann nicht wirklich Mehl, sondern eher Schrot, Getreideschrot. Die zweite Zutat ist Salz. Das Salz macht dabei den Getreideschrot nicht nur haltbar, er hat auch eine religiöse Symbolik – schließlich war das Salz ein Monopol der etruskischen Kaiser. Einer von ihnen, Numa Pompilius, hat schließlich unsere Gemeinschaft hier in Rom etabliert. Der Speltweizen und das Salz wird zur Vestalia, zur Lupercalia, und auch zu den Iden des September mit Hilfe von Wasser in einen breiartigen Zustand gebracht, der dann für Opfer ausgegeben wird - in kleinen, kreisförmigen Portionen.“

    Romana atmete doch auf, als Corvinus ihr bestätigte, dass ihre Gedanken doch keine Sackgasse gewesen waren. “Sehr schön!“, brachte sie hervor und lächelte Corvinus kaum weniger verkrampft als vorher zu. Hätte sie gewusst, dass er sie mit einer Giraffe innerlich verglich, hätte sie sicherlich verblüfft geblinzelt. Die Claudia war auf eine für sie typisch unkonventionelle Art sehr stolz auf ihre außergewöhnliche Größe, doch mit einem Tier verglichen werden... nun, dies besaß ohnehin keine Relevanz, da Romana, den Göttern sei Dank, keine Gedanken lesen konnte.


    Wenn Gracchus dachte, Romana hätte bisher nicht sehr viele aufreibende Situationen erlebt, lag er wohl doch ein wenig falsch. Und jedes Mal hatte sie sich selbst dort hinein geführt. Doch es war noch nie etwas gewesen, was über ihren Lebenslauf, ihre Karriere entscheiden würde. Bis auf die Captio, doch damals hatte alles der Kaiser gemacht, etwas, was sie niemals vergessen würde.


    Ihr Blick wanderte zu Gracchus hin, welcher offensichtlich der Oberprüfer war heute. Nun, er sah doch recht vertrauenseinflössend aus. Er gab ihr einen Order, auf den sie hin sofort nickte, wiewohl sie über seinen kleinen Scherz – sofern jener überhaupt einer gewesen war – lächeln musste. “Nicht doch. Ich bin gleich wieder da“, versprach sie, umging die Pontifices und schloss die Tür hinter ihnen, bevor sie wegschritt. Früher wäre sie wohl gerannt, da man solches Verhalten auf dem Land keinem Mädchen verübelte, doch in ihren Jahren im Atrium Vestae hatte sie sich eine würdevolle Gangart angeeignet, die eigentlich gar nicht zu Romanas bodenständigen Charakter selber passen wollte, aber die sie schon sehr gut beherrschte und manchmal auch, ohne es zu bemerken, benutzte. Schließlich machte so etwas in Verbindung mit ihrer Größe durchaus Eindruck.


    Nach einer kurzen Weile erschien sie wieder. “Die Obervestalin ist informiert“, berichtete sie. Es hatte nur einiger Worte bedurft, Pomponia hatte sofort gewusst, was geschah, und hatte bereitwillig genickt. Schließlich bestand Bedarf an einer qualifizierten Sacerdos Vestalis, und Romana hatte Pomponia schon fest dafür eingeplant.


    “Meine Opfergaben habe ich schon gestern beim Tempel der Pax abgeliefert, in der treuen Hand der dortigen Aeditui. Ich hoffe, das ist in Ordnung – ich konnte schlecht das Schaf im Peristylium unterbringen“, erklärte sie die Situation, dabei auch die Opfergabe erwähnend – sie hatte gedacht, eine Ziege anzuschaffen, doch hatte sie sich doch noch dazu entschlossen, ein Schaf zu opfern, war dieses doch als Opfer beliebter und weniger extravagant. Bei einer Prüfung sollte man keine Risiken eingehen. "Gehen wir? Ich bin bereit."

    Schwer war das lautstarke Seufzen zu beschreiben, welches Romana ausstieß, nachdem ihr Papiria Occia mitgeteilt hatte, wer da am Tor stand, und die Türe natürlich wieder verschlossen hatte. Nicht schon wieder der, dachte sie sich, stand auf, dabei den Kopf schüttelnd, und ergriff ihre Palla. Mit einer geübten Handbewegung wurde sie von sich selber um ihren Körper geschlungen, bevor sie nach draußen schritt, zur Türe hin.


    Dort angekommen, erinnerte sie sich ihrer Pflichten, nicht nur als Vestalin, sondern auch als Halbschwester, und versuchte sich an einem Lächeln. Lächeln konnte Romana nett. Nur, an ihrem Bruder war es wohl verschwendete Liebsmüh. Aber wer wusste?


    “Salve, Lucius!“, grüßte Romana ihren Bruder, schritt auf ihn zu, blieb kurz vor ihm stehen und verschränkte die Arme. “Ich frage mich, weswegen du hier bist. Sicherlich nur, um dein Schwesterherz zu besuchen.“ Es würde nicht mehr lange dauern bis zu ihrer Opferprüfung. Dann hätte sie endlich einen Liktor, und jenem könnte sie dann befehlen, das Gesindel hinter ihrem Bruder zum Teufel zu schicken.