Es war noch am selben Tag seiner Ankunft und Einweisung durch den Praefectus Legionis, als Sermo seinen Domus betrat. Im Schlepptau hatte er Issa und zwei Milites, die ihre wenigen Habseligkeiten trugen. Er hieß die Soldaten die Dinge im Eingangsbereich abzulegen und entließ sie mit einem großzügigen Trinkgeld, dann begann er sich in Ruhe umzusehen, während er Issa vorschickte, um die Belegschaft zusammenzutrommeln. Sermo schlenderte gemächlich durch das Atrium, von dem aus drei winzige Cubiculi abzweigten sowie ein kleiner Lagerraum und die Culina, die wie in einem römischen Haus üblich lediglich aus einem schmalen Gang mit Kochzeile bestand. Tablinum und Triclinium dagegen waren etwas geräumiger und boten durchaus genug Platz für einen kleinen Empfang, den er bereits geplant hatte und zu dem die Stabsoffiziere geladen werden sollten. Die ganze Zeit über beherrschte geräuschvolles Plätschern die Kulisse, denn es regnete noch immer in Strömen und das Impluvium war randvoll mit Wasser. Dieser Umstand war jedoch freilich nicht gleich zu sehen, hatte man zwischen den Säulen des Atriums doch schwere Vorhänge aufgespannt, die die kühle Zugluft etwas eindämmen und für einen Hauch von Behaglichkeit sorgen sollten.
http://img130.imageshack.us/img130/7191/cleonjung.jpg "Herr," zog Issa die Aufmerksamkeit des Quintilius auf sich. "Darf ich dir deine Haussklaven vorstellen?" Er winkte seinen Herrn ins Tablinum, wo ein gepolsterter Korbsessel hinter einem massiven hölzernen Schreibtisch bereitstand. Der Hausherr ließ sich bereitwillig nieder und richtete seinen Blick dann neugierig auf Issa in freudiger Erwartung seines Hauspersonals. Selbiges ließ nicht lange auf sich warten. Insgesamt unterstanden ihm abzüglich Issa nun ganze vier Sklaven.
"Dies ist Isaak, der Maiordomus." Mehr gab es dazu nicht zu sagen. Es war klar, dass dieser Mann für die Versorgung, Instandhaltung des Hauses und derlei Dinge zuständig war. Außerdem würde die Aufgabe des Ianitors übernehmen und die Fauces auch als Schlafplatz nutzen. Isaak war ein älterer Mann mit dunkler, wettergegerbter Haut, der seinen neuen Hausherrn mit einer ehrerbietigen Verbeugung begrüßte.
"Kortéssa. Sie ist für den Haushalt zuständig, kocht, wäscht, putzt, und so weiter." Issa deutete auf eine füllige kleine Frau mittleren Alters, die den Blick unterwürfig zu Boden gerichtet hielt. Sie schlief in der Küche, das wusste Sermo, denn konnte man es als Sklave nachts durchaus bei geringer Glut im Ofen ertragen. Sermo nickte fast unmerklich, woraufhin Issa fortfuhr.
"Simeón, ihr Sohn. Wird dir als Schankbursche und bei sonstigen Hilfsarbeiten bereitstehen." Der Kleine würde wohl neben seiner Mutter auf dem Küchenboden schlafen. Er musste um die zehn oder zwölf Jahre alt sein, stand wie seine Mutter mit gesenktem Haupt da und starrte schüchtern zu Boden. Er war etwas schmächtig, hatte pechschwarzes Haar und schmutzige Füße.
"Und zu guter Letzt noch Mára. Sie geht den anderen als Magd zur Hand, wo sie kann." Spätestens hier wurde Sermo besonders aufmerksam. Mára war eine junge Magd, ebenfalls sonnengebräunt wie der Rest der Sklaven, und nicht zu schlecht gebaut. Auch wenn sie keine Schönheit sondergleichen war, fand der Hausherr doch sofort Gefallen an ihr. Wo auch immer sie ihren Schlafplatz hatte, Sermo würde dafür sorgen, dass sie gelegentlich auch zu ihm selbst ins Bett kam.
"Sehr gut. Ihr könnt wieder eurer Arbeit nachgehen." Die Sklaven nickten gefügig und huschten zügig hinaus. Issa sah genauso zufrieden aus wie sein Herr. "Ich denke wir werden es hier durchaus angenehm haben," stellte Sermo schmunzelnd fest und kratzte sich nachdenklich am Kinn. "Weißt du, was mir aufgefallen ist? Die haben allesamt griechische Namen. Du dagegen wirst immer noch 'Issa' gerufen. Ich finde, wir sollten dich den Gegenbenheiten anpassen. Insbesondere im Hinblick auf eine Rückkehr nach Rom, irgendwann. Ich kann da kaum mit einem Leibsklaven auftauchen, der einen barbarischen Namen trägt."
Issa runzelte missmutig die Stirn. "Ich mag meinen Namen," grummelte er und verschränkte den gebrochenen und den heilen Arm vor der Brust. "Ahja?" Sermo fuhr auf, von der trotzigen Art seines Sklaven ausnahmsweise leicht gereizt. "Interessiert mich nicht! Es geht hier um meinen Ruf! Noch so ein ungehorsames Verhalten und ich hau dich grün und blau, verstanden?"
Damit hatte der Sklave nun wahrlich nicht gerechnet. Er stand stocksteif da und glotzte seinen Herrn entsetzt an. Auf der Reise hatte er sich an eine gewisse Nähe zu Sermo gewöhnt, einen Grad an Vertrauen, beinahe Freundschaft zu nennen. Aber offenbar war das jetzt alles hinweggefegt, da Sermo als Tribun standesgemäß auftreten musste und sich eine offen sichtbare Freundschaft zu einem Sklaven nicht leisten konnte. Das vermutete Issa zumindest. Dennoch, er besann sich seiner Erziehung in einem ordentlichen Sklavenhaushalt und verbeugte sich demütig zum Zeichen, dass er verstanden hatte.
"Gut. Du sollst von jetzt an....Cleon heißen. Ja, Cleon klingt gut. Was hälst du davon?" Natürlich war die Frage rhetorischer Natur. "Ausgezeichnet, Dominus." Damit war es fest. Issa hieß von nun an Cleon. So würde er sich gleich auch den anderen Sklaven vorstellen und so würde es sich einbürgern. Toll. Sermo dagegen war in Gedanken schon viel weiter. "Mára soll Waschutensilien vorbereiten, ich fühle mich matschig von der Reise. Und lass mein Bett herrichten, ich bin erschöpft. Achja, und eine Kleinigkeit zu essen. Pronto!" Gesagt, getan. Sermo ließ sich von der jungen Magd ausgiebig waschen, dann aß er und legte sich letztlich in das frisch bezogene Bett, wo er augenblicklich in einen tiefen, traumlosen Schlaf fiel. Erst am nächsten Morgen würde er seinen neuen Arbeitsplatz aufsuchen, wo eine weitere Überraschung auf ihn wartete.