Beiträge von Iullus Quintilius Sermo

    Uh, ah! Da hatte die Klappe des Quintiliers Worte geformt, bevor sein Hirn über die Konsequenzen nachgedacht hatte. Verflucht noch eins, er wollte hier doch keinen Streit vom Zaum brechen! Dem Blick des Germanen begegnete Sermo mit einem Stirnrunzeln, das von gehobenen Augenbrauen abgelöst wurde. Er hob schnell entschuldigend die Hand und erwiderte in ruhigem Tonfall: "Duccius, es war gewiss nicht meine Absicht..." Doch weiter kam er nicht, denn der letzte sehnsüchtig erwartete Gast betrat das Triclinium. Und wie er es betrat. Zum Glück begrüßte Valerian den mitgenommenen Mann sofort, sodass Sermo zunächst verharrte, heimlich Seitenblicke auf Vala werfend. Der wirkte auch nicht gerade erfreut über die Erscheinung seines Verwandten.
    Als der hinzugkommene Duccius sich zu ihnen gesellt hatte, mit einem Getränk versorgt war und seine Situation genauer erläuterte, schaltete Sermo sich als Gastgeber ein. "Duccius. Ich bin erleichtert, dass du diesem Anschlag auf deine Gesundheit und deine Börse entkommen konntest und freue mich daher umso mehr, dass du nach diesem Vorkommnis dennoch hier erscheinst. Sei willkommen in der Casa Quintilia. Heute soll es dir an nichts mehr fehlen." Er setzte ein breites Lächeln auf, auch wenn er noch das pausierte Streitgespräch mit dem anderen Duccius im Hinterkopf hatte. "Jetzt, da alle Gäste anwesend sind, können wir ja mit dem Mahl beginnen." Ein Zeichen war nicht einmal nötig, denn der kleine Sven flitzte augenblicklich in die Küche und gab bescheid, dass die Herrschaften vollzählig waren und die Vorspeisen serviert werden sollten.
    Sermo jedoch fuhr gelassen fort, wo Vala und er stehen geblieben waren. "Nun werter Duccius Eburnus, gerade unterhielt ich mich mit deinem Verwandten hier über die Sitten und Bräuche deines Volkes. Und ich muss gestehen, dass ich wohl noch einiges über die Stämme der Germanen lernen kann und sollte. Zum Beispiel, dass man durch eine vorschnelle Bemerkung rasch den Zorn eines Germanen entfesselt hat." Die Lage wurde durch dieses Eingeständnis hoffentlich etwas entschärft und die zähnefletschende Bestie, die in Valas Augen funkelte, wohl hoffentlich besänftigt werden. Schließlich wandte er sich dem verärgerten Duccius direkt zu. "Wie ich bereits sagen wollte: Es war nicht meine Absicht dich zu beleidigen." Innerlich rollte er zwar mit den Augen. Aber nach außen hin musste er den Schein wahren. Wieso fühlte sich dieser Kerl gleich angegriffen? War er etwa so streitlustig? Oder musste er irgendetwas anderes kompensieren? Vielleicht hatte er einfach schon lange keine Frau mehr gehabt und fühlte sich durch Sermos Kommentar umso schlechter.

    Sim-Off:

    Familienwertkarte bitte




    Ad:
    Den für Probaten zuständigen Offizier
    Castra Legionis XXII Deiotariana
    Nikopolis - Alexandria et Aegyptus


    Salve,


    entschuldige den Umstand, dass ich dich weder mit Namen noch mit richtigem Rang adressieren kann. Doch bin ich nicht informiert, wer zum jetzigen Zeitpunkt für neue Rekruten in deiner Einheit verantwortlich ist.
    Ich richte dieses Schreiben an dich in der Hoffnung, dass du mir Auskunft geben kannst über meinen Bruder, Marcus Quintilius Valentinus, der in dem Ansinnen nach Aegyptus aufgebrochen war, in die Legio XII Deiotariana einzutreten. Meine Frage an dich ist nun also: Ist dieser junge Quintilius in Nikopolis angekommen und steht er unter deinem Kommando?
    Falls ja, sei so gut und gib ihm den Brief, der diesem Schreiben beiliegt. Falls nein, gib mir bitte bescheid sodass ich mich nach anderweitigen Auskunftsmöglichkeiten umsehen kann.


    In Erwartung deiner Antwort verbleibe ich mit freundlichen Grüßen aus Rom. Möge Mars dir hold sein.



    IVLLVS QVINTILIVS SERMO



    --------------------------------------------




    Ad:
    Marcus Quintilius Valentinus


    Grüße aus Rom mein Bruder,


    wie erging es dir seit unserer Trennung? Bist du gut bei der Legio XXII untergekommen? Lange haben wir nichts von dir gehört. Ich bin mittlerweile in unserem Heim in Rom eingezogen. Die Casa Quintilia wurde renoviert und hat teils neue Gestalt angenommen, dennoch ist und bleibt sie der Ort unserer Geburt und gemeinsamer Erinnerungen.
    Mit 'wir' meine ich übrigens unseren Vetter Valerian und Lupercus. Ersterer ist Centurio der Praetorianer, unser Bruder ist Probatus der Legio I Traiana Fidelis. Und nun rate, wer noch bei uns wohnt. Unsere Schwester Melina! Ja, sie ist zurückgekehrt und hat sich wieder in den Schoß der Familie begeben. Uns allen geht es gut, doch macht uns das Unwissen über deinen Verbleib bange.


    Lass etwas von dir hören, Bruder. Die Familie lässt ihre Grüße übermitteln.


    Auf dass die Götter dich ewig begleiten mögen.



    IVLLVS QVINTILIVS SERMO

    Die Senatssitung hatte mal wieder recht viel Zeit verschlungen. Während sich die mächtigsten Männer Roms gegenseitig Worte an den Kopf warfen, saßen ihre Liktoren gelangweilt herum und warteten auf das Ende des Palavers. Sermo hatte sich in den Wochen seit Beginn der Praetur mit einem der anderen Liktoren, Decimus Mettius Serranus, angefreundet. Sie beide liebten den Wein, die Würfel und die Frauen und hatten somit schnell einen guten Draht zueinander gehabt. Und sie waren beide Liktoren des Purgitius Macer, dem sie höchsten Respekt entgegenbrachten. Heute hatten sie einfach etwas abseits auf den Stufen der Curia Iulia herumgelungert, im Kreise ihrer Mitliktoren, und sich hübsche junge Damen angesehen. Alle sprangen eilig auf, als die ersten Senatoren das Gebäude verließen und damit vom Ende der Sitzung kündeten. Ein Glück! Sie wollten sich bereits ihrem Patron anschließen, als dieser sich mit einem seiner wichtigeren Klienten auseinandersetzte. Annaeus Modestus hatte offenbar Mist gebaut. Vorsichtig und möglichst desinteressiert wirkend schoben die Liktoren sich auf die Redenden zu, als auch noch Germanicus Avarus hinzutrat. Dieser Mann weckte indes in Sermo wenig Sympathie. Er hatte ihn des öfteren vor oder nach Senatssitzungen gesehen und stets war er mit irgendwem in Clinch gewesen. Hatte der Mann eigentlich Freunde? Die Reden, die der Germanicer schwang, überzeugten Sermo überdies nicht sonderlich. Nicht, dass er eine Ahnung hätte was die Senatoren drinnen alles verzapften, aber sonderlich schlüssig hörte sich das Gesagte nicht an. Und dieser Annaeus schien seinem Patron ebenfalls keine große Hilfe zu sein. Bona dea, gut dass der Purgitius nicht auf den Kopf gefallen war und relativ schnell klar stellte was er von Avarus' Worten hielt. Erwartungsvoll beobachtete er die Szene, die Fasces gemütlich vor sich abgestellt.

    Zitat

    Original von Furia Calliphana
    "Entschuldige bitte, es ist mir zwar sehr peinlich dich das zu fragen, aber ich erinnere mich an deinen Namen nicht mehr. Wir wurden einander zwar vorhin vorgestellt auf dem Platz, aber nach den Ereignissen, sind mir die neuen Namen entfallen, sei mir bitte nicht böse!" - schaute sie ihn mit einem unschuldigem Blick an.


    Die Worte der jungen Frau ließen Sermo schmunzeln. Er winkte lässig ab und entgegnete: "Es besteht kein Grund zur Entschuldigung, werte Furia." Wenigstens an ihren Gensnamen konnte er sich noch erinnern. "Wahrhaftig war der heutige Tag solchermaßen aufregend, dass auch mein Namensgedächtnis leiden musste. Du wirst mir dementsprechend hoffentlich verzeihen, dass ich mich deines Cognomens nicht mehr erinnern kann." Mit entschuldigender Miene deutete er eine Verneigung an und stellte sich dann noch einmal akkurat vor. "Mein Name ist Iullus Quintilius Sermo. Erfreut deine Bekanntschaft zu machen."
    Galant wies er auf den freien Platz zu seiner rechten. "Würdest du mir die Freude bereiten, dich an meine Seite zu gesellen? Ich fürchte, die wundervolle Dame, die heute Abend in meiner Begleitung herkam, hat sich mit den anderen Damen dort drüben zusammengetan." Ein leicht spöttisches Lächeln zeigte sich auf Sermos Miene, als er einen Seitenblick zu Aurelia Prisca herüberwarf, die mit dieser Duccia und der Tiberia tratschte. Mittlerweile fühlte der junge Quintilier sich ein wenig wie der Hahn im Korb. Links von ihm hatten sich Germanica Calvena und Iunia Serrana niedergelassen und mit etwas Glück hatte er dann gleich wohl noch das junge furische Ding an seiner Seite.


    Und dann kam das Festmahl erst ins Rollen. Die Vorspeisen wurden aufgefahren, wovon Sermo sich jedoch keine Unmengen genehmigte. Er beließ es bei etwas Brot und Oliven, auch wenn die anderen Speisen absolut köstlich wirkten. Viel interessanter als das Essen fand er die Unterhaltung zwischen Claudia Romana und dem Germanicer. Der Senator vertrat ja ganz interessante Ansichten, die er außerdem sehr vehement vorbrachte und verteidigte, als Tiberia Septima sich letztendlich einmischte. Dann wurde auch schon der Hauptgang aufgefahren, der ebenfalls einiges hermachte. Wildsau, Hase und Huhn dufteten vorzüglich und ließen Sermo das Wasser im Munde zusammenlaufen. Von diesem Gang genehmigte er sich wesentlich mehr, bediente sich an jeder Art von Fleisch, die serviert wurde und sparte auch nicht an Beilagen. Konsequent ließ er sich weiterhin Saft nachschenken, vom Wein wollte er lieber absehen, nachdem er bereits zuvor mit dem Schwindel zu kämpfen hatte. Noch immer stritten derweil die beiden Patrizierinnen mit dem plebejischen Senator über ihren Stand und ob sie es verdient hätten und über das Ansehen gewisser Senatoren. Sermo schüttelte leicht den Kopf, spülte Wildsau mit Saft hinunter und neigte sich dann leicht zu Calvena herüber, um ihr zuzuraunen: "Bona dea, die kriegen sich ja ganz schön in die Haare. Mit Verlaub, darf ich fragen ob dein Onkel eine Absicht hat, weshalb er die beiden adeligen Damen gegen sich aufbringt?" Die Ernsthaftigkeit seiner Frage versuchte er mit einem schelmischen Grinsen aufzulösen, während er zudem spöttisch eine Augenbraue hochzog. Im nächsten Moment wurde seine Aufmerksamkeit jedoch zusätzlich abgelenkt, denn junge, gut gebaute Burschen kamen hereinstolziert, die ganz offensichtlich einen Tanz aufführen würden. Mit einem Ohr bei Calvena, mit dem anderen bei den drei Streitenden und mit dem Blick bei den Tänzern, versuchte er die Koordination seiner Sinne organisiert zu bekommen.


    Edit: Zwei Sätze am Schluss hinzugefügt.

    [Blockierte Grafik: http://666kb.com/i/bc0rx038sreth4j39.jpg]
    Lysandra


    "Wie du wünschst, starker Mann." Perfekt, jetzt hatte sie ihn entgültig am Haken. Kess packte Lysandra den Kunden an der Kordel, die seine Tunika gürtete, und zog ihn bestimmt in Richtung der Gasse. Und die hatte die Lupa gut gewählt. Sie kannte sich hier aus und wusste, dass es eine Sackgasse war. Lediglich zwei Treppen führten in die oberen Stockwerke der benachbarten Mietskasernen, doch auch von dort würde man einer Gruppe Verfolger nicht leicht entkommen können. Sie zog IHN also ins Dunkel, als ihr richtiger Kunde bereits zuschlug. So schnell hatte die Lupa nicht mit einem Eingreifen des Mannes gerechnet und so war sie auch völlig überrumpelt, als ER plötzlich in ein Handgemenge verwickelt war und überwältigt werden sollte. Was jedoch viel schlimmer war: Der ansehnliche junge Mann, der ihr diesen Auftrag erteilt hatte, war nicht allein. Unvermittelt tauchten weitere Männer auf und gingen mit Lysandra genauso harsch um wie mit ihrem Opfer, das inzwischen zu Boden gedrückt worden war. "He, was soll..." konnte sie noch quietschen, bevor sie unschön mit einer Klinge bedroht wurde. Mit dem Rücken zur Wand konnte sie nur hilflos mit ansehen, was nun weiters geschah.



    ~~~~~~


    Wo der Quintilier zuvor um seinen Einsatz gebangt hatte, musste er mit einem Mal um seine Gesundheit bangen. "Iunos Titten! Die sind doch allesamt irre!" Der Fluch ging in einem Getöse unter, das wie ein Sturm aufbrauste. Besorgt beobachtete Sermo wie der "Herr der Spiele", dieser Arax, vom Mob auseinandergenommen wurde. Welch ein Chaos. Und dabei hatte doch alles so gut begonnen. War es überhaupt verwunderlich, dass es zu einer ausufernden Schlägerei kam, wenn Geld gewettet wurde? Dass Betrug im Spiel war, konnte der Quintilier sich sehr gut vorstellen. Verdammt, und für diesen Mist hatte er eine Wette platziert. Entschlossen drehte er sich auf dem Absatz um und suchte nach einem Fluchtweg, bevor es zu spät war. Der Platz wurde bereits in seine Einzelteile zerlegt, die Arena war bereits völlig auseinandergenommen, und überall wurde sich geschlagen. Es wäre nicht verwunderlich, wenn hier bald der erste Brand entfacht würde.
    Zwei abgerissene Gestalten stürzten auf ihn zu, bewaffnet mit Knüppeln, sie waren offensichtlich auf sein Geld aus. Geschickt wich er dem ersten Gauner aus, der sich auf dem schlammverschmierten Pflaster lang machte. Die andere Witzfigur bekam einen kräftigen Schlag gegen die Schläfe, bevor sie überhaupt mitbekam was los war. Sermo stieg über die beiden hinweg und sah sich gehetzt um. Nicht weit von ihm wurde ein fetter Kerl vom Mob verprügelt, der ihn als wohlhabenderen Römer erkannt hatte. Sie zogen den Dicken komplett aus und traten noch ein paar Mal nach, dann ließen sie ihn liegen und schlugen sich wieder gegenseitig die Nasen platt. Scheiße, schnell weg hier! Seine Gedanken unterstrich Sermo mit einem hastigen Satz in einen Hauseingang hinein. Er konnte beobachten wie wütende Irre an ihm vorbeiliefen und sich gegenseitig Beute abjagten. "Verdammt, verdammt, verdammt nochmal..." murmelte er, während ihm langsam der Schweiß ausbrach. Sermo war zwar kein Schisser, aber das hier ging ihm eindeutig zu weit. Er war zwar in einen absichtlich schäbig wirkenden Mantel gehüllt, den er sich jetzt auch besonders tief ins Gesicht zog, doch das würde wohl in dieser Situation nicht mehr genügend Schutz davor bieten, vom Mob auseinandergepflückt zu werden, wenn einmal entdeckt wurde, dass er eine gut gefüllt Börse bei sich trug. "Ihr Götter, steht mir bei," presste er hervor, dann öffnete er kurzerhand die Tür hinter sich und stürzte in den Flur der Mietskaserne. Hastig schloss er die Tür in seinem Rücken und eilte durch die Gänge des Gebäudes. Irgendwo musste hier ja ein Ausgang sein, der ihn in eine ruhigere Seitengasse führte. Irgendwo...


    Die Panik, die in dem jungen Mann aufzusteigen drohte, klang langsam wieder ab. Dennoch nervös und sich regelmäßig umblickend schlich Sermo nun durch das Mietshaus, das etliche verwinkelte Trppchen und Gänge aufwies. Wie konnte man hier nur leben? Ein Mütterchen saß im Innenhof und grinste ihn zahnlos an. Er ließ sie links liegen und setzte einen Fuß vor den anderen in der Hoffnung, bald einen Ausgang zu finden. Und seine Hoffnung wurde erfüllt, denn die nächste Türe, die er öffnete, führte ins Freie. Aber Fortuna schien ihm nicht wohlgesonnen zu sein, denn dort prallte er unsanft mit einem Typen zusammen, den er mit sich zu Boden riss (Furius Licinus ;)) "Arghl!" Sermo küsste den schlammigen Grund der Gasse, raffte sich jedoch sofort auf und versuchte seine Lage einzuschätzen. Wo hatte er sich nun wieder reingeritten? Mit dem Rücken zur Wand kam er wieder auf die Füße und sah einige bewaffnete Gestalten vor sich, die jemanden zu Boden drückten und jemand anderes gleich daneben mit der Klinge bedrohten. Und wen sie da bedrohten! Überrascht erkannte Sermo die Lupa, der einer der Kerle roh den Mund zuhielt. "He, was wird das hier?" blaffte er, was nicht sonderlich originell klang. Überhaupt hörte er sich mutiger an, als er war, denn sein Herz drohte dem Quintilier bereits in die Hose zu rutschen. Überall blitzten Klingen auf. Doch was war das? Hatten einige dieser Typen etwa Gladii? Das waren doch nicht etwa Milites der CU? Verblüfft schmiss Sermo also noch eine Frage nach: "Was denn, seid ihr die Cohortes? Krass, da drüben bricht gerade Krieg aus und ihr pimmelt hier 'rum!" Wie gut, dass Sermo nicht einfach mal die Klappe halten konnte. Als ihm die Worte rausgerutscht waren, bemerkte er bereits zu spät, dass diese Typen ihn dafür ja auch einfach abstechen konnten. Jetzt stieg wirklich langsam Panik in ihm auf. Bona dea, gleich würde er sterben müssen, da war Sermo sich beinahe sicher!

    Sermo musste sich selbst eingestehen, dass er an seinem Umgang mit Fremden noch ordentlich feilen musste, wenn er nicht regelmäßig nach einem geeigneten Gesprächsbeginn kramen wollte. Zum Glück war diese Begegnung zwischen Sklaven und Bürger ohnehin so merkwürdig, dass Sermo Gegenüber in ebenso schlichter Art zunächst seinen Dank aussprach - und es dabei beließ. "Nichts zu danken. Ist doch eine Kleinigkeit," Erwiderte er leichthin und verlor dann kein Wort mehr darüber. Dankbarkeit war etwas, das der Quintilier zwar kannte, auch gelegentlich von anderen erfuhr, doch was er nicht oft akzeptieren wollte. In diesem Fall war es für ihn sogar eine Selbstverständlichkeit, dass sein Gesprächspartner nichts hinzusteuern musste. Daraufhin konnte Sermo auch seine Frage stellen und bekam auch eine Antwort, die so allgemein ausfiel, wie er es ungefähr erwartet hatte. Gut, der Mann war klug und gab so wenig von ihm preis wie er konnte. "Alle Wege führen nach Rom...wie wahr dieses Sprichwort doch ist." Tja, blöd nur für Sermo, dass er nicht der einzige war, der sich für sein Gegenüber interessierte. Phaeneas stellte prompt eine Gegenfrage. Ja, wie sah es denn mit ihm und Rom aus? Blitzschnell schaltete es in Sermos Kopf, woraufhin er eine Antwort präsentierte, die ebenfalls allgemein gehalten war und doch genügend Stoff lieferte um ein Gespräch weiterführen zu können. "Ich bin hier geboren und habe mein halbes Leben hier verbracht. Die andere Hälfte verbrachte ich bisher beim Studium in der Ferne. Und nun führte mich mein Weg - dem Sprichwort gemäß - hierher zurück. Zudem darfst du selbstredend fragen, welchem Beruf ich nachgehe: Ich habe die ehrenvolle Aufgabe eines Liktors. Ich bin dem amtierenden Praetor zugeteilt." Das Wissen über seinen Beruf nahm Sermo nicht als Geheimnis wahr, denn jeder konnte ihn täglich im Gefolge des Purgitiers in den Straßen sehen. Wichtiger war ihm, dass niemand von gewissen anderen Aktivitäten erfuhr, denen er gelegentlich in der Subura nachging.

    "Verrückt vielleicht, ja," schmunzelte Sermo genüsslich, als er die Verwünschungen des Duccius vernahm. "Aber die Grenze zwischen Wahnsinn und Genialität ist selten sonderlich scharf erkennbar." Der ernste Ton ließ vermuten, dass der Quintilier an seine Worte glaubte, doch ein Augenzwinkern minderte diesen Eindruck erheblich. "Aber du wirst sehen, wenn du erst länger in Rom lebst, dass hier nicht nur verrückte Politikanwärter herumlaufen. Unsere hochlöbliche Urbs Aeterna, prächtigste aller Städte und Hort der Kultur, der Bildung, und der kaiserlichen Macht im besonderen, beherbergt auch allerlei gottloses Gesindel, das verwerflicher nicht sein könnte und meist schon dem Wahnsinn zu großen Teilen verfallen ist." Dass er von diesen Dingen mehr berichten konnte, als er - als tugendhafter Civis - überhaupt wissen sollte, ließ er wohlweislich außen vor. Lieber lehnte er sich wieder zurück und erwartete eine Reaktion, besonders eine von Seiten des Patriziers, der womöglich seine ganz eigene Ansicht über den Pöbel oder die Herrlichkeit ihrer Heimatstadt zum Besten geben wollte.

    Sim-Off:

    Entschuldigt, hier geht es jetzt auch endlich weiter.


    Ja, was für ein Wesen musste seine Schwester denn sein, dass Sermo sie versteckte? Auf diese Frage würde er zum jetzigen Zeitpunkt keine ehrliche Antwort geben, das lag für ihn auf der Hand. Mit einem schiefen Grinsen berichtete er also knapp über die schöne Weiblichkeit, die einen ganz grauenhaften Charakter hatte. "Es gibt keinen Grund, sich beleidigt zu fühlen. Melina ist eine ganz wunderbare Frau von fünfzehn Sommern, bildhübsch und...tugendhaft..." Er war versucht zu hüsteln, doch das konnte er sich mit einem Seitenblick zu Valerian verkneifen. Statt dessen zückte er den Zeigefinger und schob hastig nach: "Aber mach dir keine Hoffnungen, sie ist kein Frischfleisch für Beutetiere aus dem hohen Norden!" (:D)


    "Du kennst sie nicht? Schade, dann wird es wohl so sein wie du sagst. Ist ja auch nicht weiter wichtig..." Noch eine wegwerfende Handbewegung beendete das Thema Clara. Zumindest für diesen Abend. Ohnehin stellte Claudius Lepidus daraufhin eine Frage, die Sermo leicht zu beantworten wusste. "Wir erwarten lediglich Duccius Eburnus als sechsten Mann in dieser Runde. Ich hoffe er wird nicht zu lange aufgehalten." Sven schenkte ihm etwas verdünnten Wein nach, von dem Sermo nippte. Mit einem Blick auf die Clinen hob er dann wieder zu sprechen an."Ich schlage vor, wir begeben uns schon einmal zu den Liegen und machen es uns bequem. Der letzte im Bunde wird ja hoffentlich zügig eintreffen und dann können wir gleich mit dem ersten Gang beginnen, was meint ihr?" Mit großzügiger Geste lud er seine Gäste also ein, sich niederzulassen. Unmerklich gab er Sven ein Zeichen, dass Mulsum, Brot, Oliven und dazugehörige Soßen bereits aufgetischt werden sollten, damit der Appetit auf die darauffolgenden Speisen angeregt würde.


    Man begab sich also zu den Speisesofas, deren bloßer Anblick schon Bequemlichkeit versprach. Die Clinen gehörten schon vor der Renovierung der Casa zum Inventar und machten ordentlich was her. Ebenhölzern war der Rahmen, fein geschnitzt und an den Kopfenden mit detaillierten Pferdeköpfen geschmückt. Die weichen Matratzen waren mit besticktem Leinen bezogen und wurden durch beqeueme Kissen ergänzt, die zum Faulenzen geradezu einluden. "Meine Herren, bitte nehmt Platz. Prudentius Balbus, dir möchte ich gern den Ehrenplatz in dieser Runde zukommen lassen." Die beiden Speisesofas waren rechtwinklig zueinander angeordnet. Eine der Liegen war den Gastgebern vorbehalten, die dort auch den Ehrenplatz angelegt hatten. Es würden also Balbus, Sermo und Valerian auf der einen Cline platz nehmen. Die andere stand den Ducciern und Claudius Lepidus zur Verfügung, welche ihnen dann auch zugewiesen wurde.
    "Bevor wir mit dem ersten Gang beginnen, schlage ich vor, auf Duccius Eburnus zu warten. Doch derweil sollen kleine Häppchen euch bereits eine Gaumenfreude sein." Diomedes hatte bereits im Flur bereitgestanden und trat nun mit einem Tablett ein, das er auf dem flachen Tisch abstellte, der den Speisesofas beigefügt war. Brot war in Quadrate geschnitten worden, mit Frischkäse beschmiert und wahlweise mit Olive, Traube, oder einem Stück Gurke vollendet. Eine interessante Zusammentstellung wie Sermo feststellte. Diomedes war ein wahrer Meister in der Küche. Valerian hatte mit ihm einen wirklich guten Fang auf dem Markt gemacht. "Greift zu," forderte Sermo seine Gäste gut gelaunt auf und winkte Sven herbei, der geleerte Becher wieder auffüllen sollte. Der Quintilier wollte ja nicht als geiziger Gastgeber dastehen, was gewiss auch für seinen Vetter galt.

    "Äh ja, Schwester," haspelte Sermo. Verdammte Hacke, das Thema hatte er doch gar nicht richtig anschneiden wollen. Mit einem gezwungenen Schmunzeln erstattete er also Bericht über das nicht anwesende Familienmitglied. "Nun, es bot sich bisher keine Gelegenheit, von meiner lieben Schwester zu sprechen. Und der heutige Abend will mir auch nicht recht erscheinen für eine Vorstellung der jungen Dame. Ähm. Naja, du weißt schon." Mit einer wegwerfenden Handbewegung versuchte Sermo das Gespräch von diesem Thema abzubringen. Statt dessen stellte er seinerseits eine Frage. "Da fällt mir etwas anderes ein zum Thema Familie. Ich war kürzlich im Hause Iunia eingeladen. Dort war unter anderem auch eine gewisse Duccia...wie hieß sie noch...Clara. Duccia Clara! Ja, die war dort ebenfalls anwesend. Die ist nicht zufällig auch näher mit uns verwandt?"
    Valerians Erklärung hörte sich schlüssig an. "Nun, dann wollen wir noch ein bisschen warten, wenn euch das nichts ausmacht. Wollen wir uns schon einmal auf die Clinen begeben, oder ist euch das Stehen vorerst angenehmer?" Die Frage war einmal mehr an die Allgemeinheit gerichtet. Nebenbei huschte übrigens Sven umher und schenkte die jeweiligen Getränke der Gäste nach.

    Ein energisches Nicken ging durch die Reihen der Männer, die von nun an den Praetor auf Schritt und Tritt - im Rahmen seiner Amtsgeschäfte - begleiten würden. Merkwürdig ruckartig setzten sie sich in Bewegung, um sich wenig später in den fließenden Verkehr einzuordnen; beziehungsweise dem Verkehr die Fließrichtung angaben, denn die beiden vorangehenden Liktoren sorgten problemlos für Durchkommen ohne dabei sonderlich rabiat zu sein. Bald waren sie nicht mehr weit von der Basilica Ulpia entfernt. Sermo war bereits voller Erwartung ob der dortigen Geschehnisse. Vermutlich würde es wohl so langweilig werden, dass sie sich zum Würfeln zusammensetzten oder ähnliches. Aber ein Funken Hoffnung auf interessante Aufgaben blieb immer bestehen.

    Vala und Valerian erklärten die Verwandtschaftsverhältnisse näher, was Sermo mit einem anerkennden Lippeschürzen quittierte. Er sollte sich demächst einmal die Stammbäume und Namensregister seiner Gens ansehen und studieren. Vielleicht gab es da noch viel mehr interessante Verbindungen zu entdecken. "Familientreffen ist gut. Meine eigene Familie ist ebenfalls verstreut. Ich kann mich glücklich schätzen hier in Rom meinen Vetter Valerian und meine Schwester Melina zu haben. Und das, wo der liebe Praetorianervetter ja auch noch die meiste Zeit in der Castra oder auf den Straßen Roms im Dienst verbringt." Er zwinkerte seinem Vetter zu. Die Worte über seine Familie waren keineswegs spöttisch oder böse gemeint. Er war sogar sehr stolz darauf, dass seine Brüder sich für ihren Weg entschieden hatten und diesen auch strikt durchzogen. Sofern er denn darüber überhaupt bescheid wusste, denn von Valentinus hatte er aus Nikopolis bisher keinen Piep gehört oder gelesen.
    "Ich hoffe dennoch, dich bald einmal in den Thermen wiederzutreffen. Deine Tätigkeit im prudentischen Dienste müssen dich ja ganz schön in Anspruch nehmen," entgegnete Sermo dem scheinbar wasserscheuen Duccier dann gut gelaunt, als dieser von seiner Zeitnot sprach.


    Nicht viel später schloss Prudentius Balbus sich der kleinen Runde an und wandte sich auch sogleich dem Gastgeber zu, der ihn freundlich begrüßte. "Salve Prudentius Balbus. Es ist mir eine Ehre, dich in der Casa Quintilia willkommen heißen zu dürfen." Sven, der abseits bereitstand, wurde herbeigewunken. "Darf ich dir etwas zu trinken anbieten? Verdünnten Falerner, Mulsum, Würzwein?" Als die Getränkefrage geklärt war, stellte er - an die Allgemeinheit gerichtet - fest: "Nun, dann fehlt jetzt wohl nur noch Duccius Eburnus. Er hat nicht zufällig heute länger Dienst?"

    [Blockierte Grafik: http://666kb.com/i/bc0rx038sreth4j39.jpg]
    Lysandra


    Der Plan, den Fremden unter die Brücke zu locken, würde wohl nicht ganz aufgehen. ER hatte es offensichtlich eilig und wollte sich nicht zu weit vom Trubel des Rattenbeißens entfernen. Tja, dann würde sich Lysandras Auftraggeber wohl auf eine Planumstellung gefasst machen müssen. Bis zur Brücke war es ein kurzer Fußmarsch und ER hatte augenscheinlich keine Lust lange zu warten. Also lächelte Lysandra nur gewinnend, ließ die Hand auf ihrer Hüfte zu und säuselte: "Wohin wir gehen hängt ganz von dir ab, mein Lieber. Ich kann dir zwei Möglichkeiten anbieten." Sie waren bereits einige dutzend Schritte vom Platz fortgegangen, als Lysandra innehielt und ihren 'Kunden' direkt fixierte. Sie streichelte sanft über seine Wange und hauchte verführerisch: "Entweder, wir gehen hoch in mein Zimmer, das liegt nur zwei Minuten von hier entfernt. Oder..." - ein Wimpernklimpern unterstrich ihre Worte - "...ich besorg's dir da vorn in der Gasse. Wo wir ganz ungestört sind..." Erwartungsvoll sah die Lupa IHM in die Augen und atmete aus, nein stöhnte vielmehr, sehnsuchtsvoll. Als wolle sie es am liebsten sofort hier auf dem Straßenpflaster tun. Hoffentlich bemerkten die Männer ihres eigentlich Kunden nur, dass ihr Plan offensichtlich nicht ganz reibungslos aufging...

    Ein Strahlen war die Antwort, die Sermo Miene zum Ausdruck brachte. Sie würden sofort losgehen, wie toll! "Na dann, los!" platzte er heraus und stupste seinen Nachbarn grinsend an. Sie verließen die Casa und stellten sich auf der Straße auf. Immer paarweise ging das. Vor dem Praetor marschierten vier Mann, dann zwei direkt neben ihm und darauf folgten erneut vier im Quadrat. Alle hatten sie sich von Ianitor ihre Fasces zurückgeben lassen, die sie beim Betreten der Casa hatten verstauen lassen. Jetzt standen sie allesamt in Position da und richteten noch einmal ihre Togen und platzierten die Rutenbündel so auf ihren Schultern, dass sie angenehm zu tragen waren. Ihnen allen war eine ordentliche Portion Stolz anzusehen. Sermo wartete bereits sehnsüchtig auf seinen Patron, er wollte unbedingt losgehen. Seine Position war heute die links vor ihrem Schutzbefohlenen. Er marschierte neben Decimus Mettius Serranus, einem ebenfalls recht frischen Klienten des Purgitiers. Der junge Mann hatte kurzes, dunkles Haar wie Sermo, war jedoch komplett rasiert und lächelte strahlend. Sie nickten einander wissend zu und blickten dann sehnsüchtig zur Porta.

    Die Worte des Senators brachten Sermo zum Schmunzeln. Er nickte erneut und wechselte amüsierte Blicke mit den anderen Liktoren. Seinen Kopf würde wirklich so schnell niemand abreißen und, dass der des Purgitiers an Ort und Stelle blieb, dafür würde er schon Sorge tragen. "Das heißt, für heute wäre es das schon? Oder wirst du ab heute bereits offiziell als Praetor unterwegs sein?"

    "Wo finde ich Agathon?" hatte er die nächstbeste Lupa gefragt, die den Männern über den Weg gelaufen war. Mit etwas finanzieller Überzeugungskraft hatte er die Information aus der jungen Frau herausbekommen, die sichtlich verängstigt war ob der fünf Kerle, die offensichtlich nichts Gutes im Schilde führten. Und so war es auch. Sobald sie die beschriebene Insula gefunden hatten, ging alles ganz schnell. Sermo marschierte zügig vorneweg, hintendrein die vier Gesellen, jeder mit Knüppel oder Stein in der Hand. Der Quintilier selbst trug seine Beil vor sich her, das er aus dem Tuch befreit hatte. Sie durchquerten einen schmutzigen Flur, verscheuchten eine alte Frau und stiegen dann eine Treppe zu den oberen Geschossen hinauf. Dort fanden sie sich auf einem weiteren Flur wieder, dessen miefige Luft Sermo seine Nase rümpfen ließ. Er spuckte verächtlich aus und sah sich um. Hier waren vier Türen. An jeder hielt er inne und lauschte, das Ohr direkt ans Holz der Türe gelehnt, nach Geräuschen aus dem inneren. Seinen Begleitern gebot er völlige Stille. Hinter der ersten Tür hörte er Kinderstimmen. Hier war es nicht. Hinter der zweiten waren überhaupt keine Geräusche zu vernehmen. Sermo schüttelte stirnrunzelnd den Kopf und ging weiter. Hinter der dritten Tür fand er das Gesuchte. Er hörte rauhe Männerstimmen und weitere, jammernde Stimme, die zu hoch war um einem Mann zu gehören.
    Sermo nickte seinen Leuten zu und packte sein Beil fester. Es war alles genau abgesprochen. Einer würde die Tür eintreten, die anderen drei würden hineinstürmen und jeglichen Widerstand überwältigen, während Sermo so geradewegs auf jenen Agathon zugehen könnte, der seine Lysandra belästigte.


    Alles ging blitzschnell. In dem Raum waren drei andere Schlägertypen, die nach kurzem Gerangel mit Platzwunden und Blutergüssen am Boden lagen. Sermo hatte den kurzen Kampf ohnehin nicht mitbekommen, er war geradewegs auf sein Primärziel losgegangen. Agathon stand mit dem Rücken zur Tür. Vor ihm stand ein Tisch, über den er sich gebeugt hatte. Unschwer war zu erkennen, dass er sich an einer Frau zu schaffen machte, was Sermo derart in Rage versetzte, dass er rot sah. Denn er konnte erahnen, welche Frau dort Opfer dieses Scheusals wurde.
    Agathon fand nicht einmal die Zeit, sich richtig nach dem Angreifer umzusehen, da traf ihn schon die Stumpfe Seite des Beils am Kopf. Sermo hatte weit ausgeholt und so traf das Metall den Kriminellen mit voller Wucht im Gesicht. Dieser ging unter Schmerzensschreien zu Boden, jegliche Utensilien auf dem Tisch mitreißend und jeden Orientierungssinn für Augenblicke verlierend. Doch noch bevor der so Niedergestreckte sich aufrappeln konnte, hatte Sermo ihn gepackt. Sein Opfer hatte lange, verfilzte Haare und so war es ein leichtes, ihn an jenen wieder hochzuziehen. Ohne Vorwarnung nutzte Sermo den Tisch als Amboss, während der Kopf des Hassobjektes als Hammer fungierte. Welcher Gegenstand auf diese Weise geschmiedet werden sollte war von geringer Bedeutung; wichtig war für den jungen Quintilier einzig und allein der Vorgang selbst. Ein, zwei, drei Mal krachte der Schädel des Agathon dumpf auf die dicke Holzplatte hinab. Als es genug war, hob Sermo den Kopf am Schopfe auf und zischte dem übel Zugerichteten die Worte entgegen, die ihm wohl niemals wieder aus dem Gedächtnis rinnen würden.


    "Niemand...NIEMAND vergreift sich an den Freunden des Quintilius Sermo. Ist das KLAR?"
    Zusätzlich zur stimmgewaltigen Betonung seiner Worte fügte er noch drei weitere Schläge auf den Amboss hinzu. Dann ließ er den erbärmlich aussehenden Agathon los, der sofort mit dumpfem Klatschen zu Boden ging.


    Der Kerl war übel zugerichtet. Die Nase musste bereits vielfältig gebrochen sein, die Lippen waren aufgeplatzt und auch der Rest des Gesichts war verbeult und blutverschmiert. Ein Auge schwoll bereits an und auch das linke Ohr sah auch ziemlich übel aus. Sermo verzog keine Miene. Dieser Anblick erzeute keinerlei Gefühlsregungen in ihm. Lediglich eine leichte Genugtuung spürte er. Gemächlich wandte er sich an seine Gefolgsleute um, die verächtliche Blicke auf Agathon warfen. "Raus mit ihm," befahl Sermo eiskalt und wies mit dem Daumen auf eins der kärglichen Fenster. Umgehend packten sie den wimmernden Mann und schmissen ihn hinaus auf den Hof der Insula. Ein Scheppern erklang, als er unten aufkam. Offenbar hatte er Glück gehabt und war in einem Müllberg oder ähnlichem gelandet. Vielleicht lebte er ja noch. Sermo war es egal, er sah sich vielmehr suchend nach Lysandra um. Die hatte sich währen der ganzen Aktion in eine Ecke des Raumes geflüchtet und stand dort noch immer zitternd und mit Tränen in den Augen.
    Der Quintilier legte sein Beil beiseite und ging langsam und mit bedauerndem Blick auf seine Freundin zu. Er nahm sie in die Arme und tröstete die junge Frau, die völlig aufgelöst war. "Ist schon gut, es ist vorbei. Komm, ich bring dich nach Hause." Sie verließen die Insula zügig und verschwanden bald im Wirrwarr der Gassen. Agathon und seine Leute jedoch hatten ihre Lektion gelernt und Sermo hatte sich Respekt unter den Männern seiner Lieblingstaverne verschafft.

    Und Sermo kam. Sven hatte ihm völlig außer Atem berichtet was geschehen war, woraufhin der Quintilier sich ohne zu zögern zu Lysandras Wohnung aufgemacht hatte. Den Jungen hatte er in Diomedes' Obhut gegeben; er würde ihn in der Küche schon beschäftigen.
    Während er durch die überfüllten Straßen der Stadt eilte, staute sich immer mehr Wut in Sermo auf. Er fühlte sich verantwortlich dafür, dass Lysandra nun Probleme hatte, denn er hatte sich nur unzureichend für ihren Neuanfang in Rom interessiert und hatte aufgrund seiner eigenen Angelegenheiten den Überblick verloren. Jetzt war er stinkig. Auf diesen Agathon, der sich erdreistete seiner Lieblingshure Schläger vorbeizuschicken. Auf sich selbst, weil er sich nur um sich selbst gekümmert hatte. Und auf Lysandra, dass sie ihm nicht schon viel eher bescheid gegeben hatte, dass sie in Gefahr war. In seiner Wut hatte Sermo, der nun ja Liktor war, kurzerhand das Beil aus seinem Rutenbündel genommen, es in ein Tuch gewickelt und sich vorgenommen, keinen dieser heruntergekommenen Halunken zu schonen, wenn er sie erwischte.


    Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichte der wütende Quintilier die Insula. Er stürmte polternd die Treppe hinauf und fand dort im dritten Stock die Wohnung seiner Freundin verlassen vor. Der Tisch war umgestoßen, der Inhalt des Wäschekorbs über den Boden verteilt. Hier hatte ein Kampf stattgefunden, den Lysandra aber offenbar letztendlich verloren hatte. Kochend vor Wut und einen Moment lang orientierungslos und verzweifelt drehte Sermo sich im Kreis und versuchte einen klaren Gedanken zu fassen. Ein verängstigtes Nachbarweib lugte durch den Türschlitz auf den Flur hinaus, verkroch sich jedoch augenblicklich, als Sermo sie entdeckte. Er schnaufte und stampfte kräftig auf, die Hände zu Fäusten geballt. Sein Entschluss war gefasst. Er würde diesem Agathon eine Lektion erteilen, die der so schnell nicht vergessen würde.
    In Windeseile hatte Sermo die Insula wieder verlassen und suchte eine Taverne auf, die ihn schon in jungen Jahren oft zum Besucher gehabt hatte. Dort hatte er mit den kernigen Männern gesprochen, sie für ihre Stärke und ihren Humor bewundert und sich immer gewünscht, einmal wie sie zu werden. Seinen Wunsch hatte er mittlerweile geändert, doch für ihre Stärke und vor allem für ihre Loyalität bewunderte Sermo die rauhen Gesellen noch immer, die sich hier einfanden. Und wie schon vor Jahren saßen auch heute die Männer beisammen und tranken Wein und beredeten ihre neuesten Geschäfte oder Aktivitäten, die erfolgreich waren.


    Als der Quintilier in die Taverne gestürmt kam, verstummten die Gespräche abrupt. Er ging auf die Theke zu, knallte ein paar Münzen auf den Tisch und rief dem Wirt zu: "Ein Becher unverdünnten Weins! Pronto!" Der dicke Mann mit der Halbglatze runzelte die Stirn, füllte einen Becher und stellte ihn dem jungen Mann hin, der ihm irgendwie bekannt vorkam. Besorgt betrachtete der Wirt das Bündel, das Sermo ebenfalls auf die Theke geknallt hatte und warf seinen Kumpels einen warnenden Blick zu. Sermo jedoch zog den Becher ohne abzusetzen leer und drehte sich dann seelenruhig zu den Kraftprotzen um, die neben ihm an der Theke hockten. Er zog einen Beutel hervor und warf ihn den Männern vor die Nasen. "Ich brauche drei oder vier mutige Männer, die einer Freundin von Quintilius Sermo helfen wollen! Ihnen wird das dort als Lohn gehören!" Erstaunt rissen die Gesellen die Augen auf. War das etwa der junge Bursche dort, der ihnen vor Jahren so oft die Becher gefüllt und jede ihrer Lügengeschichten wie ein Schwamm in sich aufgesogen hatte? Das konnte doch nicht wahr sein! Aufgebracht begann die Männer zu diskutieren, doch letztendlich fanden sich vier, die sich vor Sermo aufbauten. "Quintilius Sermo? Wenn du es bist, so wollen wir dir gerne helfen." Der Angesprochene lächelte nicht, doch er erkannte sein Gegenüber und legte eine Hand auf dessen Schulter, während die andere zu seinem Beil griff. "Mein lieber Bursa, wer sollte ich wohl sonst sein? Helft ihr mir also?" Die Kerle schauten sich an, sahen dann wieder zu Sermo und nickten einstimmig. Sermo erwiderte das Nicken und ging zur Tür hinaus, gefolgt von vier kräftigen Typen, die ihm treu ergeben waren.

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    Lysandra


    Lysandra war eine erfolgreiche Lupa. Sie hatte eine Ein-Zimmer-Wohnung in der Subura bezogen, wo sie unter anderem auch ihrer Tätigkeit nachging. Das Zimmer beherbergte lediglich ein Nachtlager, einen klapprigen Tisch und einen Wäschekorb. Und damit war es bereits recht großzügig ausgestattet. Lysandra lebte hier nicht allein. Auch der kleine Sven schlief häufig hier, wenn er mal nicht in der Küche der Casa Quintilia übernachtete, oder wenn der Bäcker, der ihm gelegentlich Arbeit bot, ihn einmal nicht da haben wollte.


    Lysandras Situation war gut, ja. Doch das hatte sie nicht irgendeinem Schutzherren zu verdanken, der sie unter ihre Fittiche genommen hatte. Das hatte sie zu Beginn angestrebt, doch war sie mit einem solche Verhältnis schnell auf die Nase geflogen. Viel zu viel Geld hatte der Kerl ihr abgenommen, der ihr von ihren Kolleginnen empfohlen worden war. Und das gefiel Lysandra nicht, denn sie musste von irgendetwas leben und zudem liebte sie Kleider, Schminke, und Süßigkeiten - wobei ihr letzteres nicht anzusehen war.
    Letztendlich hatte die selbstbewusste und unerschrockene Lupa sich also von ihrem 'Schutzherrn' losgesagt. Nach einiger Zeit jedoch stellte sich das als Fehler heraus. Zumindest, ohne vorher dafür zu sorgen, dass man unbehelligt blieb. So kam es immer öfter vor, dass rohe Gestalten bei Lysandra aufkreuzten und Geld von ihr verlangten, obwohl sie längst niemandem mehr etwas schuldig war. Sie behaupteten, Lysandra würde im Bezirk ihres Herren arbeiten und müsse daher auch Münzen an ihn abdrücken, denn ohne Geld gab es keine Arbeitserlaubnis. Das Problem: Lysandra war obendrein stur.


    Eines Tages standen also wieder zwei Muskelpakete vor der Tür der Lupa und hämmerten lautstark dagegen. Lysandra besserte gerade ihre Tunika aus, während der kleine Sven auf seinem notdürftigen Lager saß und Holzkügelchen auf eine Kordel aufreihte. Der Lärm ließ sie aufschrecken. Verschreckt schaute Sven die junge Frau an, die vor Jahren zu einer Art Ziehmutter für ihn geworden war. Die Lupa lächelte beruhigend und stand ruhig auf. Sie ging zur Tür und fragte laut und deutlich: "Wer seid ihr und was wollt ihr?" Von draußen war ein wütendes Schnaufen zu hören, dann polterte jemand eine Antwort. "Wir sind hier um Agathons Geld zu holen!" Agathon. In der jungen Hure löste der Name mittlerweile eine Mischung aus Abscheu und Angst aus. Diese Kerle würden sich bestimmt nicht mehr von ihrem Trotz und ihrem selbstsicheren Auftreten verwirren und schlußendlich abwimmeln lassen. Unsicher warf sie einen Blick zu Sven, dann wandte sie sich wieder an die Männer im Flur. "Ich schulde eurem Herrn nichts. Verschwindet gefälligst!" Tja, die Männer waren heute wohl nicht sonderlich zimperlich. Denn im nächsten Moment traten sie einfach die Tür ein. Lysandra konnte mit Glück aus dem Weg hechten und flüchtete sich erschrocken an die gegenüberliegende Wand. Der kleine Sven riss voller Furcht die Augen auf, brachte jedoch keinen Ton heraus. Er saß noch immer neben der Tür auf seinem Lager, während die zwei Schlägertypen in den Raum stürmten und sich auf Lysandra stürzten. "Hol Sermo!" kreischte die junge Frau nur, bevor sie die erste Ohrfeige abbekam. Entsetzt sprang der Junge auf und rannte zur Tür hinaus, bevor die Angreifer überhaupt bemerkten, was geschehen war. In Todesangst raste der Kleine die Stufen hinunter, hastete auf die Straße hinaus und schlug die Richtung ein, die ihn auf den Viminal führte. Dort lag die Casa Quintilia, wo er den Mann finden würde, der Lysandra helfen konnte...

    Zustimmendes Gemurmel ging durch die Reihen der zehn Liktoren, die der Praetor sich erwählt hatte. Sie würden sich später untereinander zu einigen wissen und eine dem Purgitier wohlgefällige Lösung finden. Dass Macer die Liktoren auf ihren Positionen rotieren lassen würde, sagte Sermo sowohl zu, als auch brachte es ihn zum Nachdenken. Er mochte im Grunde genommen eine gewisse Sicherheit und Ordnung. Doch in diesem Fall konnte er wohl nicht verhindern, dass er täglich eine andere Position einnehmen würde müssen. Unauffällig wanderte sein Blick über seine Amtskollegen. Er hatte sie alle flüchtig im Gespräch vor wenigen Minuten kennen gelernt und schon Kandidaten für jene Positionen entdeckt, die sein Patron gerade eben erst beschrieben hatte. Da war einer, ein Glatzkopf, der besonders kräftig gebaut war. Mit seinem Freund, der ebenfalls von gedrungener Gestalt war, würde er wohl oft vornweg gehen und die Menge teilen. Ein paar laute Stimmen hatte er ebenfalls schon vernommen, doch ebenso zählte er sich selbst zu jenen, die dem Senator den nötigen Respekt in den dicht gedrängten Straßen Roms würde verschaffen können. Im Notfall würde er eben auch ein gewisses Maß an körperlichem Einsatz an den Tag legen können, sofern das das Ansehen seines Patrons beim Volk nicht in Mitleidenschaft zöge. Einzig der Aspekt seiner Körpergröße würde vielleicht öfter dazu führen, dass Sermo mehr an der Seite oder Hinter dem Purgitier marschieren würde, denn der Quintilier war für römische Verhältnisse nur durchschnittlich groß. Hinzu kam, dass er im Gegensatz zu den beiden zuvor beschriebenen Liktorschränken schmal und drahtig - aber nicht schwächlich - gebaut war. Nun, man sollte ihn nicht unterschätzen, doch niemand würde wohl erwägen, dass er eine Leibwächtertätigkeit auf Dauer ausüben würde. Was er auch gar nicht vorhatte. Vielmehr hoffte er, so oft wie möglich an der Seite des Senators sein zu können, um einen Einblick in seine Arbeit sowie in seine Persönlichkeit zu bekommen und einen guten Draht zu dem Mann aufzubauen, der später Grund für Aufstieg oder Fall des ehrgeizigen Quintiliers sein könnte. Letztendlich riss Sermo sich aus seinen Gedanken los und widmete sich wieder Macers Ausführungen. Fragen gab es keine weiteren, weshalb sie alle wieder gebannt zuhörten. Würden sie wohl gleich bereits losmarschieren, der ersten Senatssitzung entgegen? Ah, und da kam doch ein Gedanke auf: Würden sie eigentlich bis in die Senatshallen hineingehen, oder vor den Toren des großartigen Gebäudes dem Ende der Versammlungen entgegenharren? Sollte der Senator dies nicht erörtern, würde Sermo ihn später noch darauf ansprechen.

    "Also zweimal die Linsensuppe. Und eine Karaffe verdünnten Weins, ja." Die Bestellung war also aufgegeben und Sermo lehnte sich erst einmal genüsslich auf seinem Stuhl zurück, um sich umzusehen. Leider entdeckte er niemand interessantes, weshalb er seinen Rundblick bei Phaeneas zum Ende kommen ließ. Etwas unschlüssig begann er zu sprechen. "So. Hier sind wir nun." Er wusste nicht recht was noch zu sagen. Eigentlich wollte er mehr über den Jungen Mann an seinem Tisch erfahren, doch irgendetwas ließ ihn innehalten. Er hatte nicht so recht Ahnung wo zu beginnen. Einfach gerade heraus Fragen stellen? Nun, warum nicht. "Sag Phaeneas, lebst du schon lange in der Urbs Aeterna?" Mit dieser Frage umschiffte er Themen, die der Mann offenbar nicht gerne anschnitt. So zum Beispiel seinen Herrn oder die Frage nach seiner Herkunft. Aber womöglich würde Sermo indirekt über den Aufenthaltsort des Herrn seines Gegenübers erfahren. Den jetzigen und den der vergangenen Jahre.

    Der kleine Sven nickte und reichte Valerian bald den gewünschten Becher mit Mulsum. Sermo war leicht überrascht, dass sein Vetter den hinzugestoßenen Duccius so freundlich begrüßte und auch sogleich einen vermutlich ziemlich entfernten Verwandtheitsgrad ihrer beider Gentes offenlegte. Skeptisch hörte Sermo sich die Erklärung des Ducciers an, der von diesem Umstand offenbar ebenso wenig Ahnung hatte wie er und auch ebenso überrascht zu sein schien. "Unsere Tante war eine Duccia," warf Sermo an Valerian gewandt ein und lächelte. "Ihr Name war..." Ja, wie war ihr Name denn noch? "Nun, sie ist vor langer Zeit ins Elysium geschieden und ich war noch klein. Ich müsste mich einmal im Familienarchiv umsehen."


    Mit einer flüchtigen Handbewegung wischte er das Thema beiseite und begrüßte stattdessen erst einmal formvollendet seinen Gast: "Wie dem auch sei. Duccius, auch ich möchte dich in der Casa Quintilia aufs herzlichste willkommen heißen. Schön, dass du kommen konntest. Darf ich dir etwas zu trinken anbieten? Mulsum? Gewürzten Wein?" Er gab dem kleinen Sven ein Zeichen woraufhin dieser sich den Wunsch des Gastes genau einprägte und daraufhin auch umgehend folge leistete. Im übrigen bemerkte er, dass Valerian sich gar nicht richtig vorgestellt hatte, also übernahm er das: "Dies ist übrigens mein Vetter Valerian. Seid ihr euch zufällig schon im Haus eures Patrons über den Weg gelaufen?"


    Á propos Patron: Jetzt fehlten nur noch Prudentius Balbus und Duccius Eburnus. Hoffentlich ließen sie nicht mehr allzu lange auf sich warten, Sermo bekam bereits Appetit. Um das Gespräch nicht versiegen zu lassen, wandte er sich an den Duccius, der heute ein wenig redseliger daherkam, als sein claudischer Freund. Womöglich würde sich das nach mehr Wein ändern. "Sag Duccius, wie ist es dir seit unserem Treffen in den Thermen ergangen? Hast du dich mittlerweile an Rom gewöhnt? Und an sein heißes Wasser?" Er schmunzelte verhalten, als ihm das gequälte Gesicht des kochenden Germanen vor Augen trat.