Beiträge von Faustus Domitius Massula

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    Crispus: "Das kannst du mal machen - das interessiert Willigis bestimmt."


    "Ja, werd ihm ein paar Proben mitbringen, Petronius Crispus".


    Ich wollte schon das Gespräch beenden, da fiel mir noch etwas ein: "Sag mal, Petronius Crispus, ich hab da um drei Ecken herum gehört, dass Magonidas weggezogen ist. Ich wollte heute bei ihm vorbei gehen und ihn verabschieden, da sagte mir ein Nachbar, dass er schon fort sei. Hatte er es so eilig?"

    Ein vorbei kommender Nachbar von Magonidas machte mich darauf aufmerksam, dass die Familie schon vorgestern abgereist sei.


    Ich war dann doch etwas angesäuert, dass mir kein Schwein Bescheid gesagt hatte und ging nach Hause.

    Mir wurde allmählich einiges klar, was ich als Germane eigentlich hätte wissen müssen, aber da hatte wohl das Leben im Imperium meinem Denken schon seine Spuren eingebrannt. Außerdem war ich im Limesvorland aufgewachsen, wo man sich sicher schon länger vieler germanischer Vorstellungen entledigt hatte. Nun begannen sich vor meinen Augen dennoch die Umrisse der bestehenden Verwerfungen abzuzeichnen.


    "Niemand in Mogontiacum erwartet oder verlangt von dir, dass du dich bei diesem Streit um die Thronfolge für den einen oder den anderen Anwärter stark machst. Alles andere wäre auch unklug. Ich sehe aber, dass es notwendig werden wird, die Verträge des Imperiums mit den Mattiakern zu erneuern".


    Meine schnoddrige Redeweise von vorhin hatte, Wotan sei Dank, bei meinem Gegenüber einigen Unmut an die Oberfläche gespült, der uns in Mogontiacum und auch dem Statthalter nicht bekannt war. Modestus hatte aber offenbar so etwas ähnliches geahnt, als er mit Liutbert über unsere Beziehungen zu den Mattiakern gesprochen hatte.


    "Was ich aus deinen Worten heraushöre ist zum Beispiel eine Unzufriedenheit mit dem Verhalten der römischen Seite, mangelnde Unterstützung von dort und eine Gefährdung des gegenseitigen Vertrauens. Alles schwer wiegende Dinge, von denen wir aber nichts wussten. Als Liutbert bei uns war, hatte Annaeus Modestus, der sich wohl dieses Mangels an Wissen bewusst war, deshalb den Vorschlag gemacht, einen Gesandten der Mattiaker in Mogontiacum anzusiedeln. Seine Idee war wohl, dass er jemand um sich haben wollte, von dem er jederzeit erfahren konnte, was man bei euch denkt. Liutbert hatte das, wohl wegen seines holperigen Lateins, nicht ganz verstanden. Er schien es aber zu ahnen, denn er war sehr betroffen, als Elfleda starb und er gab zu erkennen, dass aus seiner Sicht mit ihrem Tod die Verbindung zu den Mattiakern abgerissen war".


    "Ich denke, dass in Zukunft ein unmittelbarer Austausch der Sicht- und Denkweisen zwischen uns geschaffen werden muss und dabei, verzeih mir, auf jedwede diplomatische Verbrämungen verzichtet werden sollte".

    Mella hatte mich auf der Straße angequatscht. "Hast du schon gehört? Magonidas, du weißt schon, der Punier, zieht hier weg".


    In dem ganzen Schlammassel wegen des Bürgerkriegs hatte ich das gar nicht mitgekriegt. Aber Mella war halt doch eine verlässliche Verbreiterin von Klatsch. Ich dreht auf dem Absatz herum und ging zum Haus von Magonidas.


    Ich dachte mir, dass es ziemlich blöd wäre, wenn der einfach hier verschwinden würde, ohne dass ich ihn verabschiedet hätte.


    Ich klopfte an seiner Porta.

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    Crispus: "Das kann ich mir vorstellen... Gibt es jemanden, der sowas hier verkauft? Also diesen Porphyr direkt? Vielleicht könnte Willigis ihn zu Handmühlen weiterverarbeiten..."


    "Nein, das Zeug ist hier im Augenblick nicht zu bekommen. Niemand kennt es. Und wenn Willigis den Stein bearbeiten will, dann muss er sich Werkzeuge besorgen, die sehr hart sind. Weißt du was? Wenn mir die Arbeit Zeit lässt, fahr ich mal nach Antunnacum und bring ein paar von den Steinen mit. Damals, als ich ins Imperium eingewandert bin", ich grinste breit, " - sehr zum Ärgernis von Laetilius - , hab ich in Confluentes Arbeit gesucht und keine bekommen, außer vielleicht als Taglöhner in den Steinbrüchen von Antunnacum. Da hab ich mir lieber das Kreuz auf einem Lastkahn ausgerenkt. Aber jetzt bin direkt neugierig, mal zu sehen, wie es in den Steinbrüchen zugeht".

    "Rodewini", sagte ich lachend, "wie soll ich damit umgehen, mit diesem 'ich könnte vorbringen, ich könnte erwähnen...'? Erst sagst du, dass du etwas sagen könntest, aber dann sagst du es auch. Zumindest habe ich das ja tatsächlich gehört, was du sagen 'könntest'".


    Ich schüttelte den Kopf. "wenn Elfleda das gehört hätte ... Ich hatte ja das Glück, sie noch vor ihrem Tod kennenzulernen. Sie hätte unumwunden gesagt: 'Vergiss nicht, Valgiso, dass die Römer in diesen Zeiten die Mattiaker brauchen. Denk dran, Valgiso, dass die Freundschaft der Römer uns in den letzten Jahren teuer zu stehen gekommen ist, und dass die Statthalter des Kaisers sich verdammt wenig darum gekümmert haben. Pass auf, dass du den Stolz der Mattiaker nicht verletzt und sei dir im Klaren darüber, dass sie sich von niemandem rumkommandieren lassen. Zügle also deine Spottlust. Und, wenn du Vertrauen gewinnen willst, dann rede nicht über warme Luft, sondern über greifbare Dinge".


    "In den ersten beiden Punkten stecken sehr schwerwiegende Fragen, Rodewini, über die wir offen reden müssen und vor allem über greifbare Dinge. Bei dem dritten Punkt, Stichwort 'Stolz', hätte ich mehr auf Elfleda hören sollen, denn das hat sie mir damals auch wirklich gesagt. Ich werde also zu Bertwini gehen und mich entschuldigen, falls er mich nicht vorher erschlägt".


    Ich hob die Schultern, "Den Mann, für den Annaeus Modestus in den Süden zieht, kenne ich nicht. Ich habe Gutes über ihn gehört. In diesem Punkt vertraue ich ganz Annaeus Modestus. Und übrigens auch auf Alrik, der mit ihm zieht. Und, glaub mir, sie ziehen nicht wegen dieses Mannes, der Cornelius Palma heißt, nach Süden, sondern, weil sie diesen Erbschleicher Salinator, der die Krone an sich gerissen hat, vom Thron stoßen wollen. Sie haben sich mit Palma verbündet, weil der das selbe vorhat. Als die Nachrichten vom Tod des Kaisers bei uns eintrafen, hat mich Modestus gefragt, wie ich dazu stehe. Ich habe ihm geantwortet: Wenn es gegen Salinator geht, dann bin ich dabei". Mit einem Lächeln: "Wie du siehst, bin ich aber nicht dabei, sondern Modestus hat mir aufgetragen, Haus und Hof zu hüten, solange er weg ist. Einer muss das ja machen. Und dazu gehört natürlich auch, dass ich mit euch rede".

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    Crispus: "Mein Steinbruch ist unten in Vicus Novus, wir bauen Kalkstein ab. Ich weiß nich', ob der so gut geeignet is'..."


    Schade, mit Kalkstein konnte man schwerlich Mühlsteine herstellen. "Nein, Petronius Crispus, Kalkstein ist zu weich und da hast du statt Sand dann Mörtel zwischen den Zähnen. Also das Zeug aus Antunnacum, was ich in Bonna gesehen habe, das ist so eine Art Lava mit vielen kleinen Luftblasen drin. Die Lava ist extrem hart und an den Rändern der kleinen Hohlräume bilden sich scharfe Kanten, die das Mahlen sehr wirksam machen. Und der Stein hat so gut wie keinen Abrieb".


    Er hatte bisher wenig Interesse gezeigt, weshalb ich versuchte, an den Geschäftsmann in ihm zu appellieren. "Also ich denke, mit Mühlsteinen aus dem Zeug müsste man hier in Mogontiacum gute Geschäfte machen können."

    In der Tat, das Ding war ziemlich sperrig, aber wenn man genau hinsah, dann nur wegen dieser opulenten Ausnahmeliste. Ansonsten konnte man eigentlich wenig dagegen haben.


    "Werte Decuriones, ich habe mir erlaubt, den Text gleich etwas umzuformulieren, um dem Wörtchen 'sollen' den Garaus zu machen. Ich gehe das dann Punkt für Punkt durch:


    I. Die Duumviri verwalten die Stadtkasse nach Maßgabe ihrer Vorgänger. Sie dürfen daraus kein Geld auf die Municipes, Decuriones oder andere Bewohner der Stadt verteilen.


    Der erste Satz heißt für mich, dass die Duumviri sozusagen das Budget ihrer Vorgänger, was Umfang und Ausgabenbereiche betrifft, unverändert übernehmen. Der zweite Satz ist mir etwas rätselhaft, könnte sich aber auf Geldverteilung zwecks Gewinnung von Wählerstimmen beziehen.


    II. Sie haben das Recht, die Ausgaben für einen Bereich zu erhöhen, wenn die Mehrheit der Decuriones in einer Contio dem zugestimmt hat und einen Eid geschworen hat, dass dies zum Wohl der Stadt geschieht.


    Klarer Fall und strenge Regel. Budgeterhöhungen nicht ohne den Ordo Decurionum. Keine Einwände.


    III. Ausgenommen davon sind Ausgaben für religiöse Feiern, Spiele und Mähler, an denen die Municipes oder die Decuriones teilnehmen, die Löhne der Apparitores, Ausgaben für Gesandtschaften, Reparaturen öffentlicher Gebäude und Tempel, die Verpflegung der Servi Publici, für religiöse Handlungen der Magistrate im Namen des Municipium und solche für die Erfüllung der Amtspflichten der Magistrate. Diese zu erhöhen ist den Duumviri auch ohne das Schwören eines Eides und die Abstimmung der Decuriones erlaubt.


    In der Tat, die Liste der Ausnahmen ist fast so vollständig, dass man kaum Ausnahmen von den Ausnahmen findet. Vielleicht sollte man die Liste zusammenstreichen? Ich weiß zum Beispiel nicht, warum dort Mähler für Municipes und Decuriones drinstehen. Petronius Crispus, hat das vielleicht einen religiösen oder traditionsbezogenen Grund? Aber gegen die Auflistung von laufenden Ausgaben wie Löhne kann man nichts haben, oder?


    IV. Diejenigen, die mit der Verwaltung der Stadtkasse oder öffentlicher Betriebe betraut sind, haben nach dem Ende ihrer Aufgabe innerhalb von dreißig Tagen den Decuriones eine Abrechnung vorzulegen. Die Decuriones betrauen drei Männer aus ihrer Mitte mit der Überprüfung dieser Abrechnung .


    Ich habe nichts gegen diese Regelung. Und zu deinem Einwand, Duccius Marsus: Ob man drei Decuriones oder einen bestimmt, ist gleichgültig. Gewählt werden muss in jedem Fall. Und drei Kassenprüfer sind mir lieber als einer.


    V. Sollten die Prüfer Fehler zum Schaden des Municipium Ulpium Mogontiaciensis feststellen, so hat derjenige, der diesen Fehler verantwortet, die doppelte Summe seines Fehlers an die Stadtkasse zu zahlen.


    Auch hier keine Einwände.


    VI. Jeder hat das Recht, Missbräuche der Stadtkasse anzuzeigen. Über den Angeklagten richten dann die Decuriones in einer Contio.


    Interessant, hier wird dem Duumvir iure dicundo die Rechtssprechung aus der Hand genommen. Aber es ist richtig, weil der Duumvir als Verwalter der Stadtkasse ja sozusagen derjenige ist, der am leichtesten Missbrauch treiben kann."

    Unser lieber Lucius hatte eine gigantische Wolke logischen Staubs, nein, staubiger Logik aufgewirbelt, über welche ich mir keine grauen Haare wachsen lassen wollte. Das kann man getrost den Philosophen der kommenden Jahrhunderte überlassen, sagte ich mir. Auch wenn man dann mit einer anhaltenden Selbstmordserie unter den Philosophen rechnen muss. Ich konnte mir gut vorstellen, dass ein Philosoph, der sich mit Lucius' logischen Fürzen beschäftigen muss, aus Verzweiflung in den Tod getrieben wird oder, schlimmer noch, gar seine Fortpflanzungsfähigkeit verliert.


    "Kehren wir doch zurück zum Ausgangspunkt der Auseinandersetzung. Die Töpfer des Vicus Apollinensis wollen nicht, dass Töpfer aus anderen Vici jederzeit auf dem Forum ihre Waren anbieten können. Geht es um lästige Konkurrenz? Ich denke ja, klar doch. Das ist in unsrer Aussprache wohl auch deutlich geworden. Dem Ordo Decurionum kann ich in diesem Fall nur empfehlen, nicht einzugreifen. Konkurrenz ist die Seele des Marktes und, beim Hades, wir sollten sie um jeden Preis am Leben erhalten."


    "Geht es um die Standplätze? Auch. Das war ja am Anfang des Streits der Töpfer der Knackpunkt. Ich habe mir von der Administratio die einschlägigen Fakten heraussuchen lassen. Der Platz des Forums hat eine Fläche von fünf ein sechstel iugera*. Man kann dort bequem 390 Standplätze für Händler unterbringen. In den Magazinen rechts und links des Forums, also unter Dach, ist Platz für 50 Händler und in der Marktbasilika stehen ständig weitere 64 Standplätze zur Verfügung, bei Bedarf auch mehr. Der Quaestor, der ja den Pachtzins für die Standplätze einnimmt, sagte mir, dass die Standplätze normalerweise nur zu zwei Drittel belegt sind. Maximal zu drei Viertel. Er bedauert das. Ich auch. Von daher sehe ich keinen Grund für irgendwelche, wie auch immer begründeten Einschränkungen."


    Ich wandte mich an den Duumvir. "Die Argumente sind vorgetragen worden. Ich bitte dich, über den Antrag des ehrenwerten Petronius Crispus abstimmen zu lassen".


    Sim-Off:

    *) 1,3 Hektar

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    “Du solltest deine zukünftigen Worte etwas besser abwägen, Valgiso. Die Mattiaker sind schon seit Generationen Verbündete der Römer, es wäre bedauerlich, wenn die nächste Generation sich dessen aufgrund von unbedachten Worten nicht mehr erinnert.“


    Sinnend blickte ich hinter Landulf und Bertwini her. Dann fragte ich meine Norne, ob wir Germanen tatsächlich im Krumm-Nehmen und Beleidigt-Sein so unschlagbare Weltmeister wären. Und, ob es wirklich so katzenleicht sei, einen Germanen zu beleidigen. Sie hob die Schultern und sagte, dass sie das nicht wüsste, weil sie ja nur für mich allein zuständig sei. Und da sei ihr aufgefallen, dass mich gerade meine eigene Schnoddrigkeit überwältigt hätte. Sie hatte mal wieder recht und das wurmte mich.


    Mich wurmte aber auch, dass - Schnoddrigkeit hin, Schnoddrigkeit her - sich jetzt eine Art Eiseskälte ausbreitete, die man mit Händen greifen konnte.


    "Ist es wahr, Rodewini, dass die unverbrüchliche Freundschaft, die du vorhin erwähnt hast, schon durch ein offenes Wort ins Straucheln geraten kann, wie ein kränkliches Kindchen, das sich beim leisesten Windhauch vom Tod bedroht fühlt? Nur durch ein offenes Wort über die Lage, in der wir sind und durch eine Mahnung zur Vorsicht?"


    Ich kratzte mich am Kinn: "Bei Wotan, wenn das so ist, dann müssen wir beide aber Alles tun, um dem kranken Kind wieder auf die Beine zu helfen".

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    Crispus: "Brauchst du Steine? Oder ein paar Steinmetzarbeiten? Willigis is' ein ganz guter Steinmetz, glaube ich."


    Der alte Crispus hatte sich ja einen guten Wohnplatz ergattert. Fast vor der Mauer des Castellums. Ich wunderte mich, dass man ihm die Erlaubnis erteilt hatte, so nahe an der Mauer zu bauen. Aber vielleicht hatte die Legion bei einem alten Haudegen wie dem Petronier ein oder zwei Augen zugedrückt. Auf jeden Fall hatte er von hier oben halb Mogontiacum im Blick.


    "Ja, richtig, ich brauche Steine, aber ganz besondere. Mein Koch beklagt sich über unsere Handmühlen. Sie sind aus Sandstein und deswegen haben wir immer Sand im Brot oder im Puls. Hier in Mogontiacum bekommt man aber nur Handmühlen aus Sandstein, Schiefer oder so einem Zeug namens Porphyr. Der Porphyr ist ja nicht schlecht, aber er splittert. Und Schiefer ist oft auch sandig und splittert auch. In Bonna bekam man Handmühlen aus ... die Leute nannten es Wackendeckel, den richtigen Namen hab ich vergessen, ist ja auch lange her. Das Zeug kam aus Antunnacum. Hast du dort einen Steinbruch?"

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    Rodewini: " ... muss ich wissen, auf wie viel Unterstützung durch unsere Bündnispartner ich hoffen darf, während die Römer nach Süden ziehen. Drohungen an die Chatten sind gut und schön, nur sollten diese mit mehr gefüllt sein als Versprechungen.“


    Das Gespräch war gerade in seinen ersten kritischen Punkt gerumst. War ja auch nicht anders zu erwarten. Wenn man solche Giftnickel wie die Chatten als Nachbarn hat, wird jede Veränderung in der Kräftebalance mit penibler Empfindsamkeit registriert. Und es war kaum zu übersehen, dass das Gleichgewicht des Schreckens aus den Fugen geraten war. Wir in Mogontiacum empfanden das genau so. Beruhigende Worte waren jetzt nicht gefragt.


    Als ich gesagt hatte, dass man den Chatten irgendwie eine Warnung zukommen lassen sollte, hatte Landulf sein Gesicht zu einem einzigen Fragezeichen verzogen. Ich dachte, es wäre gut, da etwas klarzustellen.


    "Landulf, ich hab natürlich nicht gemeint, dass Rodewini jetzt mal einfach so zu den Chatten rübergeht, schönen Tag sagt und ihnen erzählt, was Sache ist. Man kann ja auch Gerüchte in die Welt setzen und sie Handelsreisenden mitgeben. Das machen wir ja auch schon. Aber eines werden wir nicht tun: den Chatten eine Liste der hier gebliebenen Einheiten, einschließlich ihrer Mannschaftsstärke weiterreichen. Also bei Gerüchten sollten wir doch besser im Allgemeinen bleiben und, öhm, vielleicht auch ein bißchen übertreiben".


    Aber Rodewini hatte Bedarf nach Klartext angemeldet. Da musste ich aber einige Vorsichtsmaßnahmen einführen. "Klar, ich bin nicht gekommen, um Versprechungen zu machen, Rodewini. Ich bin gekommen, um dir zu sagen, wie die Dinge stehen. Annaeus Modestus hat für seinen Feldzug natürlich eine große Menge Truppen mitgenommen. Aber die beiden Legionen Obergermaniens haben jeweils drei Kohorten zurückgelassen. Das sind rund 2800 Mann. Jede der Legionen ist dabei, zwei Kohorten neu auszuheben. Sämtliche Hilfstruppen der Grenzkastelle sind auf ihrem Posten geblieben. Das sind hier im nördlichen Bereich des Limes eine Ala, 15 Kohorten, ein Dutzend Numeri und ein paar Explorationes mit zusammen 9000 bis 9800 Mann. Ich denke, wir sind uns darüber einig, dass das nicht das Gelbe vom Ei ist, aber man kann den Chatten damit schon mal gründlich die Laune versauen."


    Jetzt musste ich noch zu Vorsichtsmaßnahmen kommen. Die galten überwiegend den anwesenden Halbstarken: "Das, was ich gesagt habe und das, was wir in diesem Gespräch noch sagen werden, ist nur für unsre Ohren bestimmt. Wir reden hier unter Freunden und da müssen unsere Worte auch bleiben. Deshalb sollte der kühne Landulf und der ebenso kühne Bertwini davon absehen, irgendwelche Exkursionen auf chattisches Gebiet zu unternehmen. Denn die chattischen Buschteufel wissen, wen sie da vor sich haben und werden alles tun, um euch auszuquetschen. Die brauchen bloß ein Feuerchen unter euren Säcken anzuzünden und schon redet ihr wie ein Wasserfall."

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    Marsus: " ... den Rang, Status, wie du es auch nennen willst, den der einzelne verliehen bekommt.


    "Hätte ich wissen müssen, werter Duccius Marsus, mea culpa. Ich füge mich also der höheren Weisheit, auch wenn ich dabei bleibe, dass diese Formulierung für viele mißverständlich ist. Aber da diese Vorschrift nur wenige betrifft, die es wissen oder doch wissen sollten, brauchen wir daran nicht weiter rumzuzobbeln".

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    Crispus iunior: "Die Grundstücks- und Mietpreise im Vicus Apollinensis sind höher als im Novus, was es den Handwerkern dort ermöglicht, ihre Endpreise niedrig zu halten!"


    Mir kamen fast die Tränen. Die armen Töpfer aus dem Vicus Apollinensis! Aber jetzt war ein strahlender Held aufgetaucht, der ihrem Elend ein Ende machen wollte. Ein für alle Mal. Ja, auf einen solchen Gedanken muss man erst einmal kommen: wer geringe Gestehungskosten hat, wird auf dem Markt der Civitatis einfach nicht mehr zugelassen. Oder nur ein bißchen zugelassen, damit wieder ausgleichende Gerechtigkeit herrscht. Ich wischte mir meine Tränen ab.


    "Welch eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, werte Decuriones! Sollten wir da nicht sofort einschreiten? Mit aller Strenge und mit Feuer und Schwert? Wenn ihr mich fragt, antworte ich dazu: NEIN! Warum? Weil es von unternehmerischer Klugheit zeugt, wenn jemand sich einen Standort sucht, bei dem seine Gestehungskosten niedrig gehalten werden. Chapeau! Es sind schlaue Burschen, diese Töpfer aus dem Vicus Novus. Ich warne davor, wegen dieser Lappalie in den Markt einzugreifen".


    "Und dich, werter Petronius Crispus, muss ich fragen, warum du dich so vehement ausgerechnet für die Töpfer einsetzt. Wie konntest du nur übersehen, dass die Bäcker, Schuster, Metzger, Schmiede, Weber, Schreiner, Klempner, Dachdecker, Zimmerleute, Wirte, Schneider, Färber, Fischer, Ärzte, Barbiere und viele mehr im Vicus Apollinensis ebenso hohe Mieten und ebenso hohe Grundstückspreise zahlen müssen, wie deine von unendlichem Elend bedrohten Töpfer?"

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    Crispus: "Domitius, was führt dich zu mir?"


    Wiewohl der Junior ziemlich gräsig in die Gegend schaute, hatte er doch meine Bitte erfüllt. Unter seinen umwirschen Blicken betrat ich das Tablinum.


    "Salve, Petronius Crispus. Nein, nichts Staatstragendes. Ich bin gekommen, weil ich ein paar dumme Fragen an den Steinbruchsbesitzer Petronius Crispus habe. Ich hoffe, du hast auch für solche Nebensächlichkeiten etwas Zeit übrig".

    Mit verschränkten Armen und von unauffälligem Platz hatte ich mir das Geplänkel und die Schaustellerei mit angesehen und angehört. Nachdem nun die Magonidin mit der vorbildlichen Haltung (Brust raus Bauch rein) aus der Szene verschwunden war. wurde es etwas ruhiger und - ich schaute mich um - wenigstens in unserer Gruppe war nur noch Petronia Octavena als einzige Frau verblieben. Da man sich nun leichtsinniger Weise auch des Themas Heiraten angenommen hatte, kam sie mir wie eine kleine eingekesselte Armee vor.


    Dabei war mir aber entgangen, dass ja inzwischen eigentlich der arme Duccius Marsus eingekesselt war und in großer Not zu zappeln anfing. Obgleich es keine Weiber waren, die ihn umstellt hatten, sondern es war das dämliche Geplapper der Männer, das ihn in diese Lage gebracht hatte. Die Petronierin hatte dabei, wenigstens dem Anschein nach, wenig dazu getan, da sie sich durch eine ungewöhnliche Wortkargheit auszeichnete. Wahrhaftig, eine Tugend!


    Mit einem Lachen wandte ich mich an Marsus: "Wohlan, Duccius Marsus, die Wetter brauen sich zusammen und bewegen sich auf dich zu. Willst du ihnen trotzen oder brauchst du jemanden, der dich da heraushaut?"

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    Magonidas: " hast du nun gerade die Abstimmung einberufen und deine eigene Stimme bereits geäußert?...
    es gibt den Versuch der Töpfer aus dem Vicus Novus auf Kosten der Töpfer im Vicus Apollinensis ihr Geschäft auzuweiten und diese in den Ruin zu stürzen. .. .
    Ich würde nun einmal gerne den Magister Vici vom Vicus Novus hören. Seine Meinung zu dem Thema wurde noch gar nicht geäußert


    "Nein, werter Kollege Magonidas, ich bin hier nicht derjenige, der eine Abstimmung ansetzen kann. Ich habe nur meinen Standpunkt dargelegt und angekündigt, wie ich abstimmen würde. Soweit dieses. Deine Befürchtung, dass die Töpfer aus dem Vicus Novus diejenigen aus dem Vicus Apollinensis in den Ruin treiben könnten, halte ich für überzogen. Auf dem Markt herrscht Wettbewerb. Die Qualität der angebotenen Ware entscheidet. Was haben die Töpfer im Vicus Apollinensis also zu fürchten? Aber deinen Vorschhlag, den Magister vom Vicus Novus anzuhören, unterstütze ich auf jeden Fall".

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    Modestus: "Vale, Faustus Domitius Massula. Hoffentlich sehen wir uns bald wieder."


    Er hatte sein Aufgabe, ich die Meine. Wir mussten jetzt unabhängig voneinander mit der Sache fertig werden.


    "Patron, ich verlass mich darauf, dass ich dich wiedersehe. Also gib Obacht. Vale."