Beiträge von Faustus Domitius Massula

    Ich wollte gerade wieder gehen, als draußen jemand rief: "Hat jemand hier einen Kerl mit einem dicken Schnäuzer gesehen?" Dann die Stimme eines Händlers. "Der ist gerade da reingegangen".


    Im nächsten Moment betrat ein Römer eilig die Curia. Er war etwas außer Atem und schwitzte, was sicher auch der beachtlichen Leibesfülle zu verdanken war, die seine Toga ausfüllte. "Ich bin Faustus Gavius Geta und vertrete momentan den Duumvir. Die Torwache hat mir gesagt, dass du zur Curia gegangen bist". Ich deutete eine kurze Verbeugung an und sagte: "Ja, ich bin der Kerl mit dem dicken Schnäuzer, mein Name ist Valgiso. Ich suche Arbeit, aber hier in der Curia habe ich außer einer Katze niemanden angetroffen".


    Er lachte: "Ich hab den Leuten heute nachmittag freigegeben, weil sie ihren germanischen Schutzgöttinnen Opfer bringen wollen. Du bist also im falschen Moment gekommen, Valgiso".


    Dann hielt er mir einen nicht allzu langen Vortrag, in dem er die wirtschaftliche und organisatorische Lage von Confluentes schilderte. Mich faszinierte seine klare und schnörkellose Darstellung so sehr, dass ich beinahe sein Fazit überhört hätte: "Eine Anstellung bei der Stadt oder bei einem Betrieb wirst du hier in den nächsten Monaten nicht finden. Ich rate dir: versuch es in Mogontiacum".


    Ich dachte mir, dass ich auch in dieser Hinsicht im falschen Moment gekommen sei. Da fuhr er fort: "Na, ja, Tagelöhner suchen sie fast überall. Seit wir etwas friedlichere Zeiten haben, sind Sklaven selten und teuer geworden, da greift man lieber auf Tagelöhner zurück. Zum Beispiel in den Steinbrüchen bei Antunnacum, aber davon würde ich dir abraten".

    Aber er stellte mir erst mal eine Frage, der Lump: "Wieso interessierst du dich eigentlich dafür? Von hier bist du nicht, das sehe ich doch". Ich sagte: "Ich bin hierher gekommen, weil ich mich hier niederlassen will. Deshalb wollte ich zum Duumvir, verstehst du?"


    Er lachte: "Noch einer, der unseren Duumvir sucht! Wir haben keinen. Aber wenigstens unser Kandidat ist dann doch wieder aufgetaucht. Und zwar so: Am Danubius hat eine vexillatio aus der Castra Batava eine Horde Chatten aufgegriffen, die einen Römer in Ketten mitführten. Sie haben die Kerle scharf verhört und rausgekriegt, dass die den Römer im Noricum auf dem Sklavenmarkt anbieten wollten".


    Pause. "Hör auf mit deinen verdammten Pausen", sagte ich.


    Er gluckste, sagte aber dann ganz ernst: "Der Römer war Cluentius Stolo. Weißt Du, ich habe bei ihm gearbeitet und später viel mit ihm gehandelt. Er ist ein verlässlicher Partner und ich habe Respekt vor ihm. Aber, wenn ich mir Cluentius als Sklaven vorstelle, dann geht mir das auf die Lachmuskeln. Um es kurz zu machen, Cluentius ist jetzt bei Verwandten in Campodunum, die ihn wieder hochfüttern. Und ich garantiere dir, dass er uns die ganze Geschichte lang und breit erzählen wird. Und wenn ihm wahrscheinlich auch noch der Schrecken im Nacken sitzt, bei dem Ding mit dem Sklavenmarkt wird er kichern".


    Ich sagte: "Doch ziemlich viel los hier". Er: "Ja, man muss nur in die Ecken und Winkel gucken".


    "Na, ja, das tu ich ja gerade. Ich glaube, ich geh nochmal in die Curia, Danke für die Geschichte, vale".

    Ich ging zu einem der Händler und sprach ihn darauf an. "Das war so eine Sache", sagte er, "erst haben sie die Wahl verschoben, weil sich nur ein Kandidat gemeldet hat, und dann ist der ihnen auch noch abhanden gekommen". Er hatte den breiten, schleppenden Akzent der Treverer von der Mosella und schien sich etwas über das zu amüsieren, was er gerade gesagt hatte. Ich mag es eigentlich nicht, wenn einer mit einem Satz eine große Geschichte ankündigt und dann erst mal eine Pause macht. Also sagte ich zu ihm: "Leg los mit der Geschichte!"


    "Also, der einzige Kandidat war Spurius Cluentius Stolo, du wirst ihn nicht kennen, er ist Decurio hier in Koblenz. Er hat ein Handels- und Transportgeschäft und wollte mit einer größeren Fahrt nach Osten seinen Handel in der Germania etwas ausweiten. Zwei Tagesreisen von hier haben ihn dann einige Chatten überfallen, ausgeraubt und verschleppt. Dann haben wir lange nichts von ihm gehört". Jetzt machte der Kerl wieder eine Pause wie ein Schauspieler, der auf Applaus wartet. Ich konnte mir gut vorstellen, wie die Keilerei abgelaufen war, weil mein Vater mit den Römern Handel getrieben hatte und ich ihn oft begleitet hatte. Wir hatten dabei manchmal solche Probleme mit den Brukterern.


    Endlich holte er Luft, um weiter zu reden.

    Ich war gerade in der Curia gewesen, in der Hoffnung, mit dem Duumvir von Confluentes sprechen zu können, habe ihn aber leider nicht angetroffen. Als ich dann über den Markt ging, da sah ich es:


    Einen Wahlaufruf, den Duumvir und die Magistrati zu wählen.


    Ja, deshalb war der nicht anzutreffen - es sind ja erst noch Wahlen, dachte ich. Doch ein zweiter Blick lehrte mich, dass dieser Wahlaufruf schon etwas Staub angesetzt hatte - er war schon fast ein dreiviertel Jahr alt. Ich schaute mich um, ging über den Marktplatz, nochmal in die Curia. Nirgendwo war eine Bekanntmachung über das Wahlergebnis zu finden. In der Curia war sowieso keiner, den man fragen konnte und die Katze, der ich dort begegnet war, hatte jede Auskunft verweigert.


    Beim Hercules Magusanus, ich bin ein neugieriger Germane, ich will das rauskriegen. Weiß jemand was?

    Keine Antwort.
    Doch, da regte sich etwas. Es war eine Katze, die von irgendwo aus dem Halbdunkel kam, an mir vorbei und zur Tür hinaus rannte. Bei uns zuhause sagte man immer, wenn ein Haus leersteht, dann verhungern die Mäuse. Und spätestens dann ist es auch für die Katze besser, wenn sie sich aus dem Staub macht.

    Nachdem ich so schon eine Weile in Confluentes herumgetappt war, kam ich an der Curia vorbei. Neben dem Eingangstor hingen einige Bekanntmachungen des duumvir, unter anderem auch Stellenangebote. Gerade diese waren schon etwas verwittert, schließlich war es schon drei Jahre her, dass man sie herausgegeben hatte.


    Macht nichts, sagte ich mir, auch alte Schätzchen kann man heben.


    Die Tür war halb offen, ich klopfte aber (für alle Fälle) und trat ein, obwohl niemand "herein" gerufen hatte. Ich fürchtete schon, dass mir der römische Amtsschimmel jetzt gleich den Kopf waschen würde.


    Aber, es war niemand da.


    Ich rief: "Ist da jemand?"

    Nachdem ich eine Weile gewartet hatte, sagte man mir, dass der Herr leider ausgegangen sei. Ich ging zurück zum Markt und kam zu dem Schluss, dass ich es irgendwie anders anfangen müsse.


    Als ich auf dem Marktplatz ankam, sah ich ein paar Spatzen, die sich mit Hingabe um etwas verschütteten Gerstenbrei balgten. Ja, sagte ich mir, wenn es etwas zu holen gibt, dann ist man immer gleich in großer Gesellschaft.

    Benigne!
    Ich kann aber jetzt nicht in mich gehen, denn ich bin außer mir. Bin gerade in Confluentes angekommen und habe, beim Hercules Magusanus, keinen Sesterz in der Tasche. Es ist heiß hier und ich habe Durst. Ich kann noch nicht mal in eine Kneipe gehen. Ihr werdet sicher sagen: Trink Wasser, o peregrinus. Esto! Mach ich.
    Was meine Schätzchen in den sugambrischen Wäldern angeht, so werde ich halt mal an einem Wochenende hintalpen und sie dort auf den Kopf hauen. Was aber die römische Konjunktur nicht anheizen wird.
    Vielleicht sehen wir uns nochmal, wenn bei mir die Sesterzen in der Tasche klingeln.
    Gruß
    Valgiso

    Ich habe einen Migrationshintergrund. Mein Vater hat von Germania Libera aus Handel mit dem IR/Germania inferior betrieben. Jetzt bin ich eingewandert und da liegen noch Werte in meiner sugambrischen Heimat. Wie kann ich die herüberbringen?
    Gruß Valgiso

    Der Vigil musterte mich von oben bis unten, wobei er einen wichtigen Gesichtsausdruck machte und die Augen zusammenkniff. Dann sagte er ganz amtlich : "Du kannst reingehen, Fremder".


    Und nach einer Pause: "Wir haben aber keinen duumvir." Er blickte mich jetzt an wie jemand, der um Entschuldigung bittet, weil er ertappt worden ist. "Schon seit einiger Zeit, keiner will's machen. Also geh in die Stadt und sprich mit einem der magistrati, Caius Octavius Sura oder Lucius Germanicus Matrinius. Ich kann dir jetzt leider keinen meiner Männer mitgeben, der dir den Weg zeigt. Frag jemand auf dem Markt."


    Ich ging die Gasse hinauf und dachte mir, dass ein vicus ohne duumvir vielleicht kein guter Ort ist, wo ein peregrinus einen Neuanfang machen kann.


    Es war ziemlich still hier, man hörte nur die Schreie der Mauersegler, entferntes Hundegebell und von irgendwo her die Stimme einer schimpfenden Frau. In der Gasse hing der Geruch von Holzrauch, Pferdemist, warmer Milch und verbranntem Lampenöl. Fast wie zuhause.


    Auf dem Marktplatz war die Hitze noch unangenehmer als unten am Stadttor. Ich schwitzte. Den erstbesten der Händler bat ich, mir den Weg zum Haus des Gaius Octavius Sura zu zeigen. Er holperte auf lateinisch los, aber ich fiel ihm ins Wort: "Sag's mir auf germanisch". Er, ganz erleichtert: "Dohinge, dat jelwe Huus, dat isset."


    Gut, dass ich jetzt im Schatten der Häuser gehen konnte. Ich ließ den bronzenen Türklopfer dreimal auf das Holz der Tür fallen.


    Man öffnete mir und bat mich, nachdem ich mein Anliegen vorgetragen hatte, in der Eingangshalle Platz zu nehmen.

    Seid gegrüßt!
    Ich weiß nicht, was mein Vater sich gedacht hat, als er mir den Namen Domitius gab. Vielleicht hatte er Beziehungen zu dieser gens. Ich kann das später vielleicht einmal nachprüfen. Jetzt schlage ich in aller Bescheidenheit vor, den Namen anzunehmen, den mir die Sugambrer gaben : Valgiso.
    Ich danke Euch für die schnelle Antwort.
    Massula

    Seid gegrüßt, o Herr. Mein Name ist Domitius Massula und ich bin in der Germania libera aufgewachsen, nachdem mein Vater Massoula nach dem Bataveraufstand seinen Dienst bei der Cohors III Breucorum in Rigomagus quittiert hat. Er hat mir den Namen Domitius gegeben, aber in Germanien nannten sie mich immer Walgiso, weil man meinte, wir seien keltischer oder eburonischer Abkunft. Ich möchte mich auf dem Landgut meines Vetters, fünf leugae südlich von Bonn niederlassen. Ich weiß, dass hier noch Verwaltungsprobleme in der Germania Inferior entgegen stehen, deshalb möchte ich zunächst in Confluentes als peregrinus Wohnsitz nehmen.
    Mögen die Götter Euch belohnen!
    Massula