Beiträge von Faustus Domitius Massula

    Zitat

    Rodewini: “Und was die Gerüchte aus dem Imperium betrifft, so haben wir einige Dinge gehört. Der römische Kaiser soll gestorben sein und im Moment kämpfen zwei Männer um das Recht, zu herrschen.“ ... Es heißt ebenfalls, dass die Truppen am großen Grenzfluss zusammengezogen werden und sich für einen Marsch bereit machen, was die Grenzen des römischen Reiches entblößen würde. Vor allen Dingen die Chatten hoffen sehr darauf, dass diese Gerüchte wahr sind, und verkaufen es schon bisweilen als unumstößliche Wahrheit, dass die Römer ihre Grenzen aufgeben.“


    Den beiden jungen Sündenböcken sah man ihre Erleichterung über unser Erscheinen an, war Rodewini doch jetzt mit anderem beschäftigt. Aber, dachte ich mir, die Chose war ja mitnichten erledigt. Wahrscheinlich hofften sie, dass Rodewinis Zorn später vielleicht etwas verraucht sein würde ...


    Wir nahmen Platz und griffen nach den Bechern. "Danke für deine Gastfreundschaft, Rodewini, ein Met nach einem langen Ritt ist wie ein Gruß der Götter".


    Nach einem bedächtigen Schluck Met: "Die Gerüchte, die dich erreicht haben, sind im Grunde richtig. Du solltest aber wissen, dass der Kaiser nicht einfach gestorben ist, sondern, dass man ihn ermordet hat. Und, dass ein Unberechtigter sich die Krone erschlichen hat. Wir wissen nicht, ob er es auch war, der den Kaiser ermordet hat, aber es ist sehr wahrscheinlich. Du wirst verstehen, dass wir dies nicht dulden können. Von deinen Leuten würde es in solch einem Fall auch keinen mehr zuhause auf seiner Bank halten".


    Dass die Chatten über den Abzug der römischen Truppen jubeln würden, war mir klar. Dass sie vielleicht übermütig werden würden, konnte man sich an den Fingern abzählen.


    "Den Chatten rate ich, besser zu Hause zu bleiben. Denn erstens haben wir keineswegs die Grenze entblößt. Es sind noch Truppen da. Genug, um damit schlechte Erfahrungen zu machen. Und zweitens sollten sie nicht denken, dass das Imperium die Grenzen hier aufgibt, weil das nach einer gewissen Weile ein böses Erwachen geben könnte. Falls es dir möglich ist, solltest du dafür sorgen, dass die Chatten diese Warnung zu hören bekommen".

    Nach einer Weile bemerkte ich, dass der Wirt dem guten Laubasnius, dem Wirt der Taberna Barbarorum ziemlich ähnlich sah. Nicht, dass man die beiden hätte miteinander verwechseln können, aber es war schon recht deutlich. Und das Milieu der Kneipe hier ähnelte auch der Taberna Barbarorum.


    Ich fragte ihn gleich: "Weißt du, dass du dem Wirt von der Barbarorum sehr ähnlich siehst?"


    Er blieb stehen und lachte: "Dem Laubasnius? Ja, das ist mein jüngerer Bruder. Der hat aber nen Schuss in der Socke. Er erzählt immer so grausliche Geschichten, bei denen bald die Welt untergeht und so. Meine Alte kriegt immer Albträume, wenn wir ihn mal besucht haben".


    Also, wenn der Laubasnius immer noch aktiv war, dann musste die Welt doch noch im Lot sein, sagte ich mir. "Ja, ich gehe gern mal zu ihm rein, wenn ich mich amüsieren will. Aber ich bin lange nicht mehr da gewesen und bin jetzt nicht mehr auf dem neuesten Stand. Was hat er denn grade für eine Geschichte drauf?"


    Er kratzte sich am Kopf, "Das Letzte, was ich von ihm gehört hab, war was mit einem Massenmörder, der nach und nach die Sprößlinge von reichen Leuten in den Hades befördert. Und wenn er das erzählt hat, dann guckt er dich an und sagt: 'Du kannst dir jetzt an den Fingern abzählen, wie lange es noch dauert, bis Mogontiacum ausgestorben ist', oder so ähnlich. Und das amüsiert dich?"


    "Klar", sagte ich, "es ist fast so gut wie das Theater und kostet nichts".


    Sim-Off:

    hatte ein 'ist' vergessen

    Ein so gutes Bier hier in einer Kneipe in der letzte Ecke des Vicus Apollinensis? Das schien mir doch ein kleines Wunder zu sein. "He, Wirt, ein verdammt gutes Bier hast du da. Und man weiß nichts davon".


    Der Wirt kniff ein Auge zu: "Hab Geduld, so langsam spricht es sich herum. Neulich war sogar ein Togaträger hier".


    "Na, dann bring uns noch zwei, ich bin mit dem ersten nicht ausgekommen", antwortete ich, "weißt du zufällig, welchen Namen der Togaträger hatte?"


    Er füllte sorgsam unsere Becher und als er sie auf unserem Tisch abstellte, meinte er: "Die Namen von Togaträgern sind mir schnurzpiepegal. Hauptsache, sie trinken mein Bier".


    Auch ein Berufsethos, dachte ich mir und freute mich auf meinen vollen Becher. Und im Gesicht von Boduognatos konnte ich den Schimmer einer ähnlichen Regung erkennen.

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    Marsus: "Der Verlust des Ordo Decurionum bestimmt sich nach der in einer Contio unter Vorsitz eines Duumvir bestimmten Geschäftsordnung."


    Ich war insoweit auch einverstanden. Doch halt, da war noch etwas Sperriges.


    "Ich lese diesen Satz immer wieder: 'Der Verlust des Ordo Decurionum bestimmt sich nach der in einer Contio unter Vorsitz eines Duumvir bestimmten Geschäftsordnung'. Wie oft ich ihn auch lese, ich verstehe ihn nicht. Lass mich raten: geht es um den Verlust der Mitgliedschaft im Ordo Decurionum? Wenn ja, dann sollten wir es dazu schreiben. Und ich bin dafür, dass wir nur schreiben: Der Verlust der Mitgliedschaft im Ordo Decurionum wird in einer Geschäftsordnung geregelt. Ich würde dann an anderer Stelle schreiben: Der Ordo Decurionum gibt sich eine Geschäftsordnung in Form eines Decretum".

    Im Lagerhaus war es recht still geworden, seit Alwina weggezogen war. Boduognatos meinte aber: "Du hast recht Domine, es ist still geworden. Es ist sozusagen wieder so wie vorher, nur dass jetzt hier alles pieksauber ist".


    "Kein Wunder", antwortete ich, "nachdem hier die liebe Mella durchgetobt ist. Und Alwina kann ja auch kein Stäubchen herumlungern sehen".


    Allerdings, in der Truhe, in der ich nach einigen alten Abrechnungen aus der Anfangszeit meiner Tongrube suchte, war es doch noch ziemlich staubig. "Weißt du, Boduognatos, ich glaube, dass der ganze Staub von früher vor Mella und Alwina in dieser verdammten Truhe Schutz gesucht hat. Er hat hier sozusagen um Asyl gebeten". Ich holte mir ein paar Papyrusrollen mit den Fingerspitzen heraus. Als ich den entsetzten Blick von Boduognatos sah, ging ich vor die Tür und schüttelte sie dort aus.


    Als ich zurückkam fragte ich ihn, ob er mit seiner Klotzbeute fertig sei. Als er nickte, fragte ich: "Gibts hier in der Nähe eine Kneipe? Ich brauch jetzt ein Bier." Boduognatus meinte: "Ja, um die Ecke, direkt neben dem kleinen Stadttor. Die Taberna zum roten Gockel".


    Wir gingen hin. Das Bier war hervorragend.

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    rispus iunior: "Was willst du?"


    Nein, es war kein Bediensteter, der mir öffnete, sondern Crispus. Also der der Sohn. Und der machte ein Gesicht, als hätte man ihn beim Scheißen gestört. Man weiß ja, dass solches schwere seelische Störungen verursachen kann. Ich ließ aber bei mir deshalb keine Schuldgefühle aufkommen. Seinen Tonfall imitierend blaffte ich zurück:


    "Zu Petronius Crispus, dem Alten".

    Wir hatten einige Handmühlen in Gebrauch, weil Boduognatos Wert darauf legte, Getreide und Gewürze selbst zu mahlen und nicht auf dem Markt zu kaufen. Aber es gab Probleme mit den Mühlsteinen und so wollte ich doch mal zu einem Fachmann gehen.


    Ich ging hinauf in Richtung des Castellums, denn der alte Legionär hatte sich sich ein Plätzchen nahe am der Castellmauer ausgesucht, wo er seine Veteranenzeit verbringen wollte.


    Nachdem ich die Via Borbetmagna überquert hatte, stand ich bald vor der Porta des Domus Petronia.


    Ich klopfte erst mal kräftig.

    "

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    Crispus iunior: "... habe ich eine klare Regelung vorgeschlagen"


    Es war offenkundig, wir hatten jetzt einen Nörgeli im Ordo. Na, ja, vielleicht nur noch bis zur nächsten Wahl.


    "Sicher, du hast eine klare Regelung vorgeschlagen. Und es ist ja auch überhaupt nicht zu übersehen, dass du dich damit für das Wohl deines Vicus stark machst. Wenn man jedoch genau hinsieht, eben nur für einen kleinen Teil der Vicani, nämlich nur für die Töpfer. Trotzdem, deine Mühe in allen Ehren!"


    "Nun zu deiner klaren Regelung. Ich zitiere: 'Im Namen meiner Töpfer beantrage ich deshalb, dass die Töpfer der übrigen Vici nur noch an den Markttagen ihre Ware in unserem Vicus verkaufen dürfen. Also auch auf dem Forum'. Ende des Zitats. Als Mitglied des Ordo Decurionum der Civitas von Mogontiacum kann diesen Vorschlag nicht unterstützen, weil er die Töpfer der übrigen Vici benachteiligt und für die muss ich hier auch eintreten".

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    Marsus: "Die Geschäftsordnung des Ordo Decurionum und auch die bisherige Lex Civitatis lassen einen Verlust der Ratsehren nur durch eigenständigen Austritt, Tod, oder aber durch Mehrheitsbeschluss der Decuriones zu. Die Frage ist: Wollen wir einen weiteren Ausschlussgrund zulassen, nämlich jenen qua Gesetzes?"
    Crispus: "- der Tod ist vielleicht doch so offensichtlich, dass wir ihn weglassen können."


    "Oh", ich schlug mir auf die Brust, "wie gut, dass ich an dieser Sitzung teilgenommen habe. So bin ich daran erinnert worden, dass mein Honorarium bald wieder fällig wird".


    Der Vorschlag, den Ausschluss eines Decurio wegen Nichtzahlung des Honorariums ins Gesetz aufzunehmen, erschien mir dann doch etwas übertrieben.


    "Es wäre inkonsequent, werter Marsus, wenn wir die Gründe für den Verlust der Ratsehren zum einen Teil in der Geschäftsordnung des Ordo und zum anderen Teil in der Lex Municipalis unterbringen würden. Ich plädiere dafür, die Geschichte mit der Nichtzahlung des Honorars in der Geschäftsordnung zu regeln. Denn für eine Änderung der Geschäftsordnung brauchen wir keine lange Debatte und auch keinen Kaiser. Dann können wir den Passus in der Lex Municipalis streichen".


    Blieb die Sache mit dem Tod, die Crispus weglassen wollte. "Werter Crispus, den Tod als Ende der Migliedschaft im Ordo sollten wir in der Geschäftsordung stehen lassen. Erstens ist es üblich so und zweitens müssten wir jedesmal einen Ratsbeschluss herbeiführen, wenn wir die Leiche eines Decurio loswerden wollen". Ich setzte ein gewinnendes Lächeln auf.


    "Ach, und da ist noch einklitzkleines 'sollen' in deinem Entwurf, Marsus: Decreta werden laut auf dem Forum verkündet und im Tabularium des Municipium archiviert".

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    Rodewini: “Dann sei willkommen in meinem Dorf, Valgiso, und sag mir, welche Umstände dich und deine Begleiter zu mir führen.“
    Landulf: “Heilsa, Valgiso. Wir kennen uns schon. Ist aber lange her.“


    Bevor ich Rodewini antwortete, wandte ich mich den beiden Burschen zu: "Heilsa, Bertwini, dich kenne ich noch nicht, ich hab aber grade viel von dir gehört". Ein bißchen zuckten mir die Mundwinkel, aber ich blieb ernst. "Und heilsa, Landulf, ja wir kennen uns schon, aber das ist wirklich schon einige Winter her. Wenn du mir zufällig über den Weg gelaufen wärst, hätte ich dich wahrscheinlich kaum erkannt".


    "Ja, Rodewini, welche Umstände führen mich hier her? Es sind die seltsamen Umstände, in denen sich das Imperium befindet. Ich denke, du hast schon Einiges darüber erfahren und es würde mich brennend interessieren, wie viel von der Aufregung im Imperium bis hier her über den Limes vorgedrungen ist. Gerüchte verbreiten sich ja unter den Germanen keineswegs langsamer als unter Römern. Aber das ist nicht Alles, was ich hier vorhabe. Ich will auch mit dir darüber reden, wie wir mit diesen 'Umständen' umgehen können. Ich möchte diese Gespräche ohne großes Tamtam führen und habe deshalb nur meinen Schreiber Iunius Silanus und meinen Knecht Panphilos mitgebracht".


    Die Mücken waren offenbar doch draußen geblieben und amüsierten sich mit anderen Leuten. Erleichtert schöpfte ich etwas Luft. "Aber lass mich mit etwas Anderem anfangen: Ich bringe dir Grüße und ein Geschenk von Annaeus Modestus". Panphilos legte den Packen, den er mit hereingebracht hatte, auf einen Tisch und schlug die Decke zurück. Ein prächtiger Brustpanzer, eine silberne Parademaske sowie zwei Dutzend Damaszener Dolche kamen zum Vorschein. "Er wünscht dir viel Freude damit".


    "Ich bringe euch allen auch noch einen ganzen Sack voll Grüße von Witjon und den Seinen". Zu Landulf: "Witjon ist ein bißchen hin und her gerissen, was dich betrifft, Landulf. Einerseits meint er, dass dir die Erfahrungen hier viel Nutzen bringen, andererseits fürchtet er, dass du dir eine blutige Nase holen könntest. Was soll's, wenn man was lernen will, kommt man an einer blutigen Nase nicht vorbei, oder?"

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    Crispus iunior: "Es geht nur darum, dass sie eben nur an den Markttagen verkaufen, weil sonst können sie ja auch auf ihren eigenen Plätzen in ihren Vici verkaufen."


    Schlimm, schlimm, der Hickhack nahm bedauerlicherweise seinen Fortgang. Man würde argumentieren können, wie man wollte, der Petronier würde weiter machen.


    "Aber natürlich ist es eine Einschränkung, wenn man einem Händler außerhalb der Markttage den Zutritt zum Markt verbietet. Eine ganz einschneidende Einschränkung sogar. Wo bleibt deine Logik?"


    Ich schüttelte den Kopf. "Worauf willst du eigentlich hinaus? Sollen wir hier im Ordo eine Marktordnung für die Töpfer beschließen? Extra für die Töpfer, weil die sich grade streiten. Dann werden auch die anderen Händler kommen und eine Regelung verlangen, weil sie damit den einen oder anderen Konkurrenten so mir nichts, dir nichts aus dem Rennen werfen können, nicht wahr? Dann müssen wir eine Marktordnung für alle Händler machen. Ich höre schon im Geiste die endlosen Debatten im Ordo".


    Das würde ein voluminöses Gesetzeswerkzeug werden. Mit vielen Verästelungen, Sonderregelungen, Ausnahmen ... Und man würde auf Jahre hinaus Härtefälle schaffen, die in mühsamer Arbeit repariert werden müssten.


    "Von mir aus kannst du ja einen Entwurf für eine solche Markt-Zutritts-Ordnung ausarbeiten. Bitte berücksichtige dabei, welche Vici ausgeschlossen werden sollen, auch unter Beachtung der Entfernungen. Mach einen Vorschlag, ob man die Grenze bei 1000 Schritt oder 2000 Schritt ziehen soll. Berücksichtige, ob der Händler verderbliche Ware anbietet. Das ist wichtig, beispielsweise für die Fischhändler. Die können nicht bis zum Markttag warten, weil sie dann nur vergammeltes Zeug anbieten können. Berücksichtige auch die Lagerhaltungskosten, wenn ein Steinbruchbesitzer, wie dein Vater, bis zum Markttag warten muss, bis er seinen Kram los wird. Berücksichtige, ob der Händler im Vicus vielleicht einen Laden hat, dann braucht er ja nicht auf den Markt zu gehen. Berücksichtige, ob die Waren, die der Händler anbietet, zum täglichen Bedarf gehören oder Luxus sind. Ja, der Grundversorgung müsste man den Vorrang geben ... Berücksichtige ... ".


    "Berücksichtige vor allem unsere Geduld!"

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    Alwina: " ... Ja. Er war Tod. Lag auf der Straße, in seinem Blut."
    " ... Kein Held , ein Bär ein starker Bär. Er heißt Optio Lucius Helvetius Corvinus."


    "Na gut, den Toten lassen wir ruhen, möge Hel ihn gut empfangen". Als Vinitius Leo mir das erzählt hatte, hätte ich ich eine Wette darauf eingehen können, dass es Alwina war, die den Toten gefunden hatte. Es passierten nicht allzu viele Morde in Mogontiacum, aber wenn mal einer passierte, dann stolperte ausgerechnet Alwina über das Mordopfer. Sie war halt so.


    "Lucius Helveticus Corvinus. Ein Optio. Nein, ich kenne ihn nicht. Da wird dir aber bald das Herz brechen, denn er muss vorderhand den Krieg ziehen. Aber, hab keine Angst, er scheint nicht mit Dummheit geschlagen zu sein. Wenn du bedenkst, dass es hier ein paar tausend Legionäre gibt, die alle hinter den Mädchen her sind, dann kann man mit Fug und Recht sagen, dass er von all den Tausenden der Schnellste war, der bei dir gelandet ist. Wie nennst dun ihn? Bär? Bären haben die besten Nasen, die es gibt, Nicht bloß, wenn es darum geht, Honig zu finden. Oder eine Alwina. Er wird auch den Rückweg aus dem Krieg finden, verlass dich drauf. Und ich bestehe darauf, dass er sich nach dem Krieg hier in der Küche einfindet. Natürlich erst dann, wenn du deinen Bären wieder frei lässt".


    Ich nahm mir noch einen Becher Met zum Einschlafen mit. "So, jetzt muss ich mich aber aufs Ohr legen, wir haben morgen einen langen Ritt vor uns. Wenn irgendetwas ist, komm einfach hier in die Küche. Auch wenn ich nicht da bin. Boduo ist ja auch nicht auf den Kopf gefallen. Gute Nacht."

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    ... als Rodewini mit einem “Dann komm rein!“ in nur mäßig wieder beruhigtem Tonfall seinen Besuch nach drinnen 'bat'.


    Ich brauchte nicht lange zu horchen, da drang aus dem Dämmer eine zornige Stimme. In späteren Jahrhunderten würde man das, was nun zu hören war, eine Kapuzinerpredigt nennen. Die Stimme zählte ein Sündenregister auf, das nicht von schlechten Eltern war. Ja, richtig: das übliche Gerede von Eltern. Der Ältere, der in seiner Jugend selbstverständlich genau die gleichen Dummheiten vollbracht hatte, wovon er sicher an manchem Lagerfeuer stolz erzählte, versuchte nun den Jüngeren erfolglos klarzumachen, dass sie gerade ebensolche Dummheiten begangen hatten. Die Jüngeren, die noch in dem Alter waren, wo man für solche Gedankengänge noch nicht mal einen halben Fingernagel voll Verständnis aufbringen kann, hatten ihre Gehörgänge auf Durchzug geschaltet und mimten die reuigen Sünder.


    Das mit der Mimik konnte ich bedauerlicherweise nicht sehen, weil sich meine Augen noch nicht an das wenige Licht im Langhaus gewöhnt hatten. Ich wäre aber jede Wette darauf eingegangen. Schließlich kam, in unmerklich weniger lautem Ton, dann doch so etwas wie ein 'Herein'.


    Ich trat ein und das erste, was ich sah, war ein rot leuchtender Bart, dann das zugehörige Gesicht, dann den ganzen Kerl und dann die beiden Burschen.


    "Ich grüße euch und hoffe, dass ich eure Beratung nicht vorzeitig unterbrochen habe. Ich bin Domitius Massula, die rechte Hand des Römerfürsten Modestus. Unter Germanen nennt man mich gewöhnlich Valgiso".


    Zu dem Kerl mit dem roten Bart, hinter welchem ich die Stimme vermutete: "Du bist wohl der Fürst Rodewini. Wenn du Zeit dafür findest, möchte ich mit dir sprechen".

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    Crispus: "Ich schlage vor, Mathayus 900 Sesterzen Lohn zu zahlen, das wären drei Prozent des Finderlohns"


    Das gefiel mir. Kurz und knackig hatte der alte Legionär die Sache auf den Punkt gebracht. Die Politiker hätten da vielleicht noch diese und jene Erwägung in die Debatte geworfen. Dann hätten sie den ganzen Haufen von Erwägungen an eine Kommision weitergegeben, die diese Erwägungen monatelang sortiert und von allen Seiten betrachtet hätte. Die Mitglieder dieser Kommision hätten dann, nachdem sie sich hoffnungslos zerstritten und wieder versöhnt hätten, in einem zwölf Fuß langen Entscheidungsbericht eben diese 900 Sesterzen vorgeschlagen, allerdings nicht, ohne ein Minderheitenvotum beizufügen.


    "Ich schließe mich dem Vorschlag von Petronius Crispus uneingeschränkt an. Das fällt mir umso leichter, als ich Gelegenheit hatte, Einblick in die Ermittlungsarbeit von Magonidas nehmen zu dürfen. Ich stelle fest, dass Magonidas gute Arbeit geleistet hat".

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    Alwina: "Da ist noch. Ein Legionär sucht ein Haus in den canabae und findet er eins, wird dein Lagerhaus und die Werktstatt wieder frei."


    Ich stand schon im Türrahmen, als Alwina mir die neuesten Nachrichten servierte. "Beim Wotan, das ist ja rätselhafter als das Geheimnis der Runen. Mäuse, ein drittes Kind, ein Legionär, ein Haus in den Canabae und mein Lagerhaus."


    Ich setzte mich wieder auf den Hocker. Boduognatos, der im Hintergrund saß, feixte und kniff bei der Erwähnung des Legionärs ein Auge zu.


    "Lass mich raten, Alwina, die Mäuse und das dritte Kind haben nichts mit dem Legionär und dem Haus in den Canabae zu tun. Aber ich schätze, du hast wohl etwas mit einem Legionär zu tun. Richtig? Boduognatos, du scheinst da mehr zu wissen als ich, sonst würdest du nicht solche Grimassen schneiden. Also hör mal, Alwina, was erzählst du mir da von Mäusen, dritten Kindern und Häusern? Und die einzig hochwichtige Nachricht lässt du einfach unter den Tisch fallen: Da ist ein Legonär an dir kleben geblieben und jetzt ziehst du um in ein Haus in den Canabae, weil der Bursche seine Füßchen schonen will". Ich grinste: "Der Weg zum Lagerhaus ist ja doch ein bißchen länger. Wie heißt denn dein Held?"


    Ich legte meine Hand auf ihren Arm: "Ich wünsche euch beiden viel Glück und Mut. Möge Donar euch aufmerksam beschützen. Und, Boduognatos, wenn ich aus dem wilden Germanien zurück bin, überlegen wir uns, was wir tun können, um dem Auskommen des frischen Hausstands ein wenig auf die Sprünge zu helfen".


    Dann fiel mir noch etwas ein, was ich sie fragen wollte. Das passte jetzt zwar gar nicht in die Stimmung, aber wollte die Gelegenheit nutzen, bevor ich der zivilisierten Welt für ein Weilchen Ade sagte.


    "Es hat einen Mord in Mogontiacum gegeben. Ich habe mit dem Decurio Vinitius Leo gesprochen. Er ist der Vater des Ermordeten und will den Mörder finden. Er erzählte mir, dass eine junge germanische Frau den Toten gefunden hätte. Warst du es, die ihn gefunden hat?"

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    Marsus: "Ein anderer Vicus ist eben ein anderer Vicus."


    Mich hatte diese Debatte erst gelangweilt, dann kam etwas Groll auf. Was war das für ein kleinkarierter Streit hier!


    "Werte Decuriones, ich erinnere daran, dass der Markt im Herzen unserer Stadt den Namen Forum Mogontiaci trägt. Er ist also der Markt der Civitas. Und er ist der wichtigste Umschlagplatz der Provinz. Er ist mitnichten der Markt des Vicus Apollinensis, auch wenn er zufällig in diesem Vicus gelegen ist. Es wäre eine bodenlose Degradierung dieses Marktes, wenn wir aus dem Forum einen Marktplatz für einen Vicus machen würden! Es ist völlig undenkbar, das Forum Mogontiaci für 'fremde' Händler zu schließen oder deren Zutritt zu diesem Handelsplatz einzuschränken. Wir würden uns nämlich damit selbst die Kehle zuschnüren. Ich halte diese Debatte hier für unnütz und überflüssig. Sogenannte 'fremde' Händler sind auf dem Forum immer willkommen, weil die Civitas zu einem großen Teil vom Handel lebt."


    "Ich kann und will eine solche 'Kleinstaaterei', wie sie hier zutage tritt, nicht unterstützen und trete dafür ein, dass die Fernhändler ebenso wie die Vicani der Civitas uneingeschränkt Zutritt zum Forum haben".

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    Alwina: "Schade, ich hätte ihn zu einem richtig gut aussehenden Germanen gemacht. Ihm wären die Mädchen nur so nachgelaufen."


    In jeder guten Küche sollte nicht nur Essen zubereitet werden, sondern es sollte auch gelacht werden. Und getratscht, Und gegessen. Also das, was zum Leben gehört. Den anderen Teil, das Besprechen von geschäftlichen Angelegenheiten, das Abwimmeln uneingeladener Besucher und so weiter, kann man ja im Tablinum durchziehen.


    "Ich möchte nicht wissen, wie du den armen Silanus heraus geputzt hättest, wenn man dich gelassen hätte. Wahrscheinlich hättest aus ihm einem buntschillernden Gockel gemacht, der bei den germanischen Weibern einen solch unvergesslichen Eindruck hinterlassen hätte, dass sie bis ans Ende ihrer Tage nicht mehr aus dem Prusten herausgekommen wären. Aber, lass mal gut sein, ich brauche auf der Reise einen unauffälligen Schreiber. Silanus kann genau das. Er ist die Unauffälligkeit persönlich. Wenn er vor einer Wand steht, nimmt er sozusagen die Farbe der Wand an und du siehst ihn nicht mehr. Erst, wenn ihm eine Wachstafel runterfällt, sagst du dir: Da hat doch was geklappert? Ah, da ist ja auch Silanus. Damit das auch funktioniert, haben wir ihm, na, sagen wir, 'normale' Klamotten besorgt."


    Ich stand von meinem Hocker auf: "Ich bin dann mal weg. Oder, äh, was gibt's an neuem Tratsch in der Stadt?"

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    Liutbert: "Het is datt, watt man so von di hört."
    Irmfried: “Na, nom kommt nei. Rodewini is in dr lange Hall, gradaus durre. Aber seids vorsichtig, er isch heut grantig".


    Mittlerweile hatten die Mücken entdeckt, dass wir da herumstanden. Sie begannen damit, sich in unserem Windschatten zu sammeln und formten so ein schwirrendes Duplikat unserer Gestalten. Ich überlegte mir, ob ein Angriff dieser Blutsauger schlimmer sei als ein grantiger Rodewini und kam zu dem Schluss, dass ein verrauchtes Langhaus den Mücken vielleicht nicht behagen würde. Also war ein grantiger Rodewini vorzuziehen. Ich stieg vom Pferd.


    "Dankschä fer des Willkomm, Irmfried. Mer gehe jetz niwwer, egal ob er rumbruddelt oder net".


    An der Tür von Rodewinis Haus trat ich vor die Schwelle: "Her, Rodewini du hosch Bsuch ausm Weschde!"


    Ich horchte, ob sich im Dämmer des Langhauses etwas regte.


    Sim-Off:

    Oh, ich hatte ganz vergessen, dass ich damals Massula als Vatersname angegeben hatte.
    Lang ist's her, ich hätte das editieren sollen: hättste, häzzte, häzzte ... :D
    Aber du, Liutbert hättest auch in meinen Stammbaum gucken können: hättste, häzzte, häzzte ... :D