Beiträge von Marei

    Marei war froh, dass Frijas Hand da war und sie somit etwas zum festhalten hatte, denn ihre Knie wurden langsam aber sicher weich, je länger sie der strengen Herrin Antwort stehen musste. Aus verweinten Augen sah sie die Herrin an und überlegte sich, ob sie sie den Namen des Täters und Mannes wusste. Die kleine Sklavin beschloß bei der Wahrheit zu bleiben, denn lügen machte alles nur noch schlimmer. Hilfesuchend sah sie zu Frija auf, blickte in die Runde der versammelten Sklaven. Baldemar sah noch böser drein als vorhin, fiel ihr auf und Cimon schien sich irgendwie klein machen zu wollen.


    "Ich... mir hat.. er seinen Namen nicht gesagt. Dafür.. erkannte ihn als einen.. Sklaven von hier.. nicht von unsrer Gruppe." brachte Marei stockend hervor und wischte mit dem Handrücken über ihr Tränen bedecktes Gesicht. "Die Küche.. das Dach war kaputt.. er war bei... den Dacharbeiten dabei. Als ich wieder frei war.... sagte man mir.. dass sein Name Lux sei. Seine Augen... sind.. sehr schmal.. wie.. bei den Katern.. bevor sie.. einschlafen.. seine Hände.. überall.." Ihre Hand rutschte aus der Hand Frijas, denn Marei setzte sich auf den Boden. Mit beiden Armen umklammerte sie die Knie, starrte tränenblind auf den Boden, während die Tränen nur so liefen. Die Dunkelheit hatte ihr geholfen, sich wegzuträumen, während ihre Unschuld zerbrach.

    "Nein, den kenne ich nicht! Aculeo heißt er? Wo finde ich den hier?" Dass man so viele Fragen zum Brief schreiben und verschicken, stellen msuste, war ihr gar nicht bewusst gewesen. Aber jetzt wusste sie alles nötige und wichtige, um alles beim nächsten Brief alleine erledigen zu können. "Ich sage ihm also, der Hausherr möchte, dass er meine Wachstafel mitnimmt und nach Mantua an Cimon abschickt." wiederholte sie für sich selbst und rutschte vom Stuhl, als sie hörte, dass der Mann nichts von ihr erledigt haben wollte. Irgendwie hatte die kleine Sklavin es jetzt auf einmal furchtbar eilig. Denn alle Erwachsenen wollten doch alle, dass man schnell etwas erledigte und nicht so viel Zeit verwendete. "Ich brauche nur deine Antwort und wenn du nichts weisst, wo er sein könnte, dann gehe ich den Postamt-Mann selber suchen, ja? Nein, ich muß dir danken, dass du Zeit hattest!"

    Vielleicht sollte sie ihn umbenennen.. von Brüllbär in Quietschegans. Ha, sie hatte wieder ein neues Wort erfunden. "Deine Nase ist nur einmal da und trotzdem hat sie zwei Löcher... nämlich zum Atmen." belehrte sie den kleinen Fratz lächelnd und stupste seine Nase an. Dem kleinen Mann war der Neuankömmling wohl bekannt, er juchzte sogar zur Begrüßung. Marei lachte leise auf und lauschte Serranas Worten. "Mein Freund, der Cimon hat mir beigebracht, wie ich mit fremden Dingen umzugehen habe, nämlich achtsam. Das Lesen stammt auch von Cimon. Weisst du, wer das ist? Das ist der Leibsklave von meinem Herrn Aurelii Ursus und der ist der Ehemann von Tiberia Septima, die jetzt auch eine Aurelii ist. Ja, ich passe auf, normalerweise hätte ich vorher wen von den Großen gefragt, aber es war keiner zu sehen. Und stören soll ich auch nicht unnötig jemanden." plapperte Marei in wenigen Atemzügen erklärend. Leider verriet die Iunia nur, dass sie die Mama des kleines Mannes war. Vielleicht verriet sie den Namen des kleinen Mannes von selbst, ohne das sie danach zu fragen brauchte? "Warum nur etwas ähnliches?" fragte Marei prompt nach und hielt Victorius immer noch an den kleinen Händen fest. Wenn er mochte, konnte dieser auf ihren Schoß beziehungsweise lang ausgestreckten Beinen Platz nehmen und sich ausruhen. Ha, jetzt hatte die Frau ihr seinen Namen verraten! Victorius? Hmm... ein ganz schön großer Name!, fand Marei. "Vielleicht wird dein Sohn später ein berühmter Tänzer? Dann klatschen und loben ihn alle für sein Können." mutmaßte das kleine Sklavenmädchen. Marei zog die Nase kraus. "Oder ich zeige ihm meinen Ball... den kann man weit werfen. dann markiert man wie weit der Wurf war. Mein Papa, der Baldemar kann ganz schön weit werfen, aber er ist auch schon groß, genau wie du."

    Ad Cimon
    Leibsklave des Ursus Aurellii
    Castra Legionis I
    Haus des Legatus Legionis
    Mantua
    Italia


    Liber Cimon, wie get es dir und den Katerln? Dürfn sie allein raus gehn odr immer noch an der Leine laufn? Hast du Licinus gesehn? Und auch mit ihm gesprochn? Wan kommst due nach Haus? Due sollst wissen, dass ich dih vermisse, weil ohn dih ist gar nichts so wie imer. Ich schlaf imer noh mit Puppe Nina im Arm, ohn sie kan ich das gar nicht, dan träum ich ganz schlim. Das schreibt dir deine Marei.


    Marei
    Casa Germanica
    Roma


    fügte Marei oben und untem ihrem Schreiben hinzu und sah den Hausherrn voller Dankbarkeit an. "Hoffentlich kommt der Brief auch an! Ich werde suchen und rumfragen, wer die Post da hin bringt. Ob das was kostest? Voll toll, dass du mir geholfen hast. Soll ich auch etwas für dich tun?" fragte Marei zum Schluß.

    Baldemar schnalzte, das tat er immer wenn ihm etwas nicht gefiel. Es war ein seltenst gehörtes Geräusch. Marei sah zu, wie ihr selbst ausgesuchter Papa sich um den ausgelaufenen Becher kümmerte und wartete auf die Standpauke, die sicher gleich ertönen würde. Stattdessen zeigte sein Arm auf einen Lappen. Marei blieb tatenlos sitzen und wartete darauf ausgeschimpft zu werden. Nichts geschah. Erst nach einer Weile sprach er und forderte sie zum Handeln auf. Er versprach ihr am Ende seiner Worte ein gemeinsames Ballspiel. Ungläubig mit großen Augen sah sie ihn forschend an. Hatte sie sich gerade verhört oder meinte er es tatsächlich ernst? Langsam rutschte Marei von ihrem Platz, holte den Lappen und begann aufzuwischen. Sie pendelte zwischen Eimer und Pfütze hin und her, bis der Tisch wieder sauber war. Und dann lief sie vor, aus der Küche und zu den Schlafräumen rüber, um den Ball zu holen. Und dann gemeinsam mit ihrem Papa den Garten zu finden und Ball zu spielen. Es wurde doch noch ein schöner Abend im neuen zu Hause. Marei war zum Schluß gar nicht mehr so traurig und fiel nach dem Spiel ziemlich müde ins Bett.


    Sie erfuhr am nächsten Tag schon wieder etwas Neues: sie sollte und durfte in die Schule gehen. Danach sollte sie im Garten sein und alles über Gartenpflege lernen. Die Herrin wollte, dass sie alles wichtige über Pflanzen und Blumen wusste. Es erinnerte Marei an das Mosaik, welches sie mit den Steinchen ausgelegt hatte und welches dann Septimas Aufmerksamkeit erregt hatte. Dass die Herrin sich daran errinnerte! Die kleine Sklavin freute sich, dass nach all diesen Stunden, wo sie ihr Wissen anreicherte, Papa Baldemar dazu kam, sich mit ihr beschäftigte und vieles was er erzählt bekommen hatte, ihr weiter erzählte. Die Holzschwert-Spiele waren ungeheuer aufregend und errinnerten sie abermals an ein zurückliegendes Ereignis: diesmal an die trainierenden Soldaten im Lager in Mantua. Na, da würden die Soldaten aber staunen, wenn sie sie jetzt sehen könnten. Marei bemerkte, wie sie kräftiger wurde und den Ball deswegen viel weiter als sonst werfen konnte.

    Das Lied gefiel ihm außerordentlich gut. Marei freute sich sehr, dass er so toll mitmachte. "Jaaa.. genau.. du hast auch zwei Ohren und zwei Augen. Außerdem gehören zu dir zwei Arme und zwei Beine. Zwei Schultern und zwei Knie." Immer wenn sie ein Körperteil erwähnte, tippte sie diesen zweimal an. "Dein Kopf aber ist das wichtigste an dir. Mit ihm kannst du hören und sehen, riechen und schmecken."


    Die kleine Sklavin hatte die Schritte auf dem Flur nicht mitbekommen und sah überrascht auf, als eine Stimme ertönte. Ohjeh, wer war denn das? Stieftochter? Dann musste das.. ehm.. Sabinas Mama sein. Oder? "Ehm, ja.. das bin ich, Herrin. Ich bin die Marei und habe gerade frei. Zum Lesen üben habe ich hier was nettes gefunden. Da kam der kleine zu mir rein gekrabbelt und hat mir zugehört." Sie wusste nicht, ob sie sitzen bleiben oder aufstehen sollte. Sonst müsste ja Victorius zu ihnen aufschauen.


    "Bist du die Mama von ihm? Und die neue Mama von meiner Freundin Sabina?" platzte die blubbernde Fragen aus ihr raus. "Der Kleine kann mit Hilfe meiner Hände auf seinen Füßen stehen und tanzen. Das ist voll toll!" Behutsam griff sie nach Victorius Fingern und zog ihn sachte auf seine Füße. "2 Füße laufen durch die Welt.. grad wie es ihnen so gefällt." begann sie leise zu singen und zwinkerte dem kleinen Jungen zu.

    Sie rutschte die Stuhlkante hinunter und nahm vorsichtig die Wachstafel mit Schreibzubehör entgegen. "Danke schön, Herr." bedankte sie sich artig und rutschte zurück, bis sie sich mit dem Rücken wieder an die Lehne anlehnen konnte. "Papa Baldemar weiß ganz viel, aber auch seine Frau und meine Mama Frija weiss immer eine Antwort." berichtete sie stolz. "Ich fang sofort an." Behutsam grub sie den Stift ins Wachs und begann zu schreiben.


    Liber Cimon, wie get es dir und den Katerln? Dürfn sie allein raus gehn odr immer noch an der Leine laufn? Hast du Licinus gesehn? Und auch mit ihm gesprochn? Wan kommst due nach Haus? Due sollst wissen, dass ich dih vermisse, weil ohn dih ist gar nichts so wie imer. Ich schlaf imer noh mit Puppe Nina im Arm, ohn sie kan ich das gar nicht, dan träum ich ganz schlim. Das schreibt dir deine Marei.


    Schliesslich schob sie ihm die Tafel über den Schreibtisch entgegenund legte den Griffel aus der Hand. "Du darfst das ruhig lesen. Was muss ich jetzt machen? Wo muß die Tafel hin?" fragte sie den Hausherrn ahnungslos, dass sie noch die Adresse über den Zeilen angeben musste.

    Sie stand nicht lange alleine vor der Herrin. Frija kam dazu und blieb bei ihr stehen. Marei zuckte leicht zusammen, als sie die mütterliche Hand spürte und unterdrückte nach raschem Aufschauen den Fluchtreflex. Es war unheimlich schwer Berührungen zuzulassen, nachdem sie so oft auf widerwärtige Weise angefasst worden war. Dem zum Trotz schaffte sie es von sich aus Baldemar oder Frija zu berühren, eben weil sie es von sich aus wollte. Septima sprach aus was geschehen war. Der darauffolgenden Geste der Herrin gehorchend trat sie neben diese und hob den Blick, um die anwesenden Sklavenschaft zu betrachten. Cimon war auch da. Er sah so ernst aus. Hatte er etwa Tränen in den Augen? Der dunkle Löwe weinte.


    Es vergingen einige Minuten, in denen sie erleichterten Herzen fest stellte, dass sie auf keinen der Anwesenden den Finger heben brauchte. Die kleine Sklavin schüttelte schliesslich den dunklen Haarschopf und kämpfte immer wieder gegen den Kloß im Hals. Gar nicht so einfach! Sie kehrte an Frijas Seite zurück, um deren Hand zu nehmen und ganz ganz festzuhalten. Marei sah zu Baldemar rüber, bemerkte seine zornige Miene. "Der.. Mann.... er.. er.. ist nicht.. da... Herrin." Vielleicht hätte sie lieber 'bei uns' oder 'unter denen' oder ähnliches sagen sollen. Dabei war sie einfach nur froh, dass sie überhaupt etwas sagte oder sagen konnte. Der fröhlich begonnene Ausflug hätte auch anders ausgehen können. Ein aufsteigender Weinkrampf verursachte einen neuen Tränenstrom auf Mareis Wangen. "Weg..."

    Als sie erfuhr, dass sie wieder einmal Sachen packen und in ein neues Haus ziehen würden, da wurde Marei ziemlich traurig. Sie hatte gerade ihre gleichaltrige Freundin Sabina wiedergetroffen und sich mit den kleinen 'Brüllbären' alias den Germanicer-Zwillingen angefreundet. Mit zwei weinenden Augen verliess sie an der Hand Frijas die Villa und trottete den Kopf hängend lassend dem neuen Heim zu. Marmor und Statuen, Mosaiken und Wandmalereien würdigte sie keines Blickes und lief asbald neben Baldemar zu den neuen Schlafräumen entgegen. Nachdem ihre Sachen und die Habseligkeiten ihrer Zieheltern eingerichtet waren, konnten sie zur Küche gehen.


    Marei kaute lustlos auf dem belegten Brot und stützte den Kopf mit Hilfe des linken angewinkelten Armes auf der Tischplatte ab. Mannomann, sie waren schon wieder umgezogen und mussten sich an neue Räume gewöhnen. Sie sprach nicht aus, was sie dachte. Dafür zeugte ihre Miene von den Gedanken. Sie begann mit dem vollen Saftbecher zu spielen, liess den Saft im Inneren des Bechers im Kreise kreiseln. Wenn sie nicht aufpasste, würde der Becher mit Hilfe der Schwerkraft asbald leer sein und der Tisch überflutet sein. Ja, warum nicht den Tisch mit ihrem Saft überschwemmen? Sie schielte aus den Augenwinkeln zu Baldemar rüber. Das kleine Sklavenmädchen hatte große Lust mal nicht brav zu sein. Schwupps... der Saft hatte die untere Hälfte der Blumenvase getroffen.

    "2 Füße laufen durch die Welt, grad wie es ihnen so gefällt. 2 Füße geh’n treppauf treppab und halten sich dabei auf Trab." wiederholte sie das Lied ein drittes Mal nun etwas langsamer singend. Hoffentlich bekamen sie beide keinen Ohrwurm. Marei lachte, ob seiner Sprachkünste und fand es einfach süß, wie er sich bemühte. Sie wusste nicht, wie alt er war und wann Kleinkinder überhaupt anfingen zu sprechen. Diese Fragen konnte vielleicht Frija beantworten. Das Sklavenkind spürte, wie er sich ihren Griff entwand und ihr Gesicht betastete. "Ja, taste hier.. Nase.. Mund.. Kinn und über der Nase zwei Augen, dann die Stirn. Rechts und links von den Augen sind die Ohren.. davon haben wir zwei. Denn eins und eins macht zwei.... fiederallalala." plapperte sie fröhlich.

    "Kann man denn Wachstafeln verschicken?" fragte Marei zurück und schämte sich, dass sie diese Frage gestellt hatte, denn der Hausherr hatte doch soeben gesagt, dass dies möglich war. "Wo darf ich eine Wachstafel wegnehmen und zum Brief schreiben benutzen?? Papa Baldemar sagt immer, daß ich bei fremden Dingen um Erlaubnis fragen muß. Ja genau, Cimon ist bei Aurelii Ursus." bestätigte Marei zum Schluß. "Ich möchte ihm schreiben.. nur woher die Zutaten nehmen und nicht stehlen.?" Sklavin sein konnte ganz schön kompliziert sein, weil so viele Regeln zu beachten galt. "Ich möchte ihn schreibend fragen, ob es ihm und den Katern geht. Ob sie alleine raus gehen dürfen oder immer noch an der Leine laufen müssen. Ob er Licinus gesehen hat und auch mal mit ihm spricht. Ob er bald nach Hause kommt. Cimon soll wissen, dass ich ihn vermisse, weil ohne ihn ist gar nichts so wie immer. Ich schlafe immer noch mit Puppe Nina im Arm ein, ohne sie kann ich das gar nicht, dann träume ich ganz schlimm."

    "Nein, die Herrin weiss von nichts, weil sie sich um ihr Baby kümmern muss und das verschlingt ganz schön viel von ihrer Zeit." erwiderte Marei unbefangen. "Ich weiß, dass man Papyrus und Tinte für einen Brief benötigt, aber ich kann damit nicht so richtig, also ohne zu kleckern, umgehen. Bisher habe ich auf Wachstafeln schreiben gelernt, Herr." Sie saß inzwischen auf dem Stuhl und blickte den Hausherrn aus braunen Kulleraugen an. "Ich habe gesehen, wie Aurelii Ursus immerzu Worte diktiert und sein Leibsklave schreibt die für ihn nieder. Ich kenne seinen Leibsklaven gut. Der Cimon ist mein Freund, auch wenn er eine andere Hautfarbe als ich hat. Außerdem weiß ich gar nicht, wem ich meinen Brief geben muß, damit er gut in Mantua ankommt und wieviele Münzen ich dafür zahlen muß." erzählte sie von den aufmerksam beobachteten Problemen, die nach dem Brief schreiben, zum Brief abschicken gehörten.

    Die Einladung zum Eintreten erklang. Marei drückte die Türe auf und sah sich einem Mann, hinter seinem Schreibntisch sitzend, gegenüber. Ihn hatte sie schön öfters gesehen aber bisher noch nicht direkt gesprochen. Es war der Hausherr höchstpersönlich. "Entschuldige, dass ich dich störe. Ich bin Marei und gehöre zu Tiberi Septima und Aureli Ursus Sklaven." fing sie an und fasste die zappelnden Hände hinter ihren Rücken zusammen. "Deine Tochter Sabina hat ihre Freunde hier in Rom. Meine Freunde dagegen weilen in Mantua. Ich habe so lange nichts von Ihnen gehört noch gelesen. Mit Septimas Sklaven Frija und Baldemar habe ich überlegt, es wäre eine schöne Idee, ihnen einen Brief zu schreiben. Es wird bestimmt kein langer Brief... und es sind auch nur zwei Freunde." plapperte Marei drauf los von ihrerm Vorhaben erzählend.

    Zum Lesen gehört auch das Schreiben, hatte Ziehmama Frija ihr gesagt. Heute war sie bereit sich im Schreiben zu üben und wenn möglich einige wenige Zeilen an ihren Freund in Mantua im Norden Italiens zu verfassen. Wie und mit was sie den kurzen Brief abschicken konnte, wusste Marei noch nicht. Ihre Zieheltern hatten nicht die Zeit, die Zeilen für sie zu schreiben. Also musste sie sich einen Germanicer suchen, der die Schreibkunst beherrschte. Deshalb stand sie vor dem officium des Hausherrn. Zögernd musterte sie die geschlossene Tür und lauschte der inneren Geräusche. Das kleine Sklavenmädchen hatte durch Fragen stellen heraus gefunden, dass aus diesem Zimmer die meisten Briefe erstellt wurden. Angeblich saß der Hausherr beinahe ständig Briefe diktierend oder verfassend in diesem Raum. Marei nahm ihren Mut zusammen und klopfte an. Sie wartete gehorsam auf die Erlaubnis zum Eintreten und verschränkte die Hände auf dem Rücken. Oh Mann.. war sie nervös! Normalerweise würde sie es vermeiden mit einem ihr fremden Mann alleine zu sein, weil sie dank dem Mißbrauch durch Lux schlechte Erfahrungen gemacht hatte. Andererseits aber wollte sie Marcus Iulius Licinus eine Freude machen und viele liebe Grüße auf postalischem Weg nach Norden senden.

    Sie konnte sich kaum vorstellen, dass er früher mal eine Krähe gewesen sein musste und dennoch hatte diese Vorstellung etwas in sich. Marei grinste und schmunzelte amüsiert, wann immer er diese vogelähnlichen Laute von sich gab. Total niedlich! Einfach goldig! Mit dem Ende des Liedes hörte er auf zu tanzen und gab preis, was er gelernt hatte. Marei konnte nicht mehr an sich halten und lachte herzlich ohne auf die Lautstärke zu achten. Sie waren beide alleine in der Bibliothek und auf dem Flur war kein Mensch zu sehen noch zu hören. "Ja, genau.. alles geht beim Laufen.. auf und ab..." bestätigte sie ihm lächelnd. "Soll ich dir noch mal vorsingen?" Luft holend begann sie erneut das Lied zu singen und schwenkte seine kleinen Händchen im Takt hin und her. "2 Füße laufen durch die Welt, grad wie es ihnen so gefällt. 2 Füße geh’n treppauf treppab und halten sich dabei auf Trab." Das Lesen war erst mal vergessen, denn die Beschäftigung des kleinen Ausreißers machte derkkleinen Sklavin genauso viel Spass. Für diesen einen kleinen Brüllbär würde sie ihre freien Stunden sausen lassen, fand Marei.

    Hallo zusammen! Meinereiner hinter den drei Mädels fährt morgen an die Elbe. Ich freue mich schon riesig auf die fünf Tage und hoffe auf super Wetter. Am späten Sonntagabend bin ich wieder zurück und hoffentlich um einige Erlebnisse reicher. Angenehme Feiertage wünschen die drei Mädels. :wink: :wink: :wink:

    Der quicklebendige Zuhörer kam näher und fasste nach der Rolle. Sie schüttelte den Kopf und zog die Rolla aus siener Reichweite. "Nee, lass mal die Rolle in Ruhe, ja? Wir wollen beide keinen Ärger, nicht wahr?" Schliesslich fasste er nach ihren Haaren. Marei verzog das Gesicht, als es ziepte und legte die Rolle nun endgültig beiseite. "Du magst meine Haare, hm??" Die kleine Sklavin konnte dem Kleinen etliche Fragen stellen, auf welche sie jedoch keine Antwort bekommen würde denn er konnte noch gar nicht sprechen wie sie. "Läßt du wieder los, bitte.." Der Kleine war putzig.


    Aufmerksam betrachtete sie seine Mimik und streckte die Hände nach ihm aus. Etwas zu spät kam ihr helfend vorgehabtes Handeln, denn er plumpste schon wieder auf den Boden. "Ich tippe, du bist ein Junge... und möchtest 'Gnu' heissen? Sehr wohl, kleiner Mann." scherzte sie lächelnd und zwinkerte mit einem Auge. Ganz sachte fing sie seine Hände ein, umfasste sie sachte und versuchte ihn vorsichtig hochziehend auf seine Beine zu stellen. Sie saß dabei immer noch auf dem Boden vor dem Regal. "2 Füße laufen durch die Welt, grad wie es ihnen so gefällt. 2 Füße geh’n treppauf treppab und halten sich dabei auf Trab." sang sie leise.

    Puppe Nina blieb stumm, es gab von ihrer Seite nichts zu sagen. Marei zuckte mit den Schultern und las ganz langsam mit Hilfe ihres Zeigefingers die nächste Zeile. "Vor-ne be-im Fan-far-en-sch-all ri-tt der Trup-pen-an-führer Herr Quin-cti-li-us Var-us." Sie stockte und schüttelte den Kopf. "Nee.. nicht Quin-dingsbums soll der Mann heissen. Am besten genau so wie der erste Pfeil in Mantua. Du weisst doch noch, wer das ist, ne, Nina?!? Ich lese mal weiter, hör gut zu. Do-ch im Wal-de, huh, wi-e pfiff der Wi-nd so kal-te. Ra-ben flog-en du-rch die Lu-ft. Genau wie bei uns! Wir sind auch durch den Wald gezogen und haben diese schwarzen Vögel auch gesehen!" ereiferte sich Marei.


    Moment mal.. seit wann besaß Puppe Nina einen zweiten Körper? Die kleine Sklavin blinzelte verdutzt den urplötzlich aufgetauchten Zuhörer an. Da saß jemand neben Puppe Nina und war größer als Puppe Nina und trug eine dunkelblonde Haarfarbe auf dem Kopf. "Ei der Daus.. ich träume wohl! Wer bist denn du?" Marei liess die Rolle auf die Knie sinken und legte nachdenklich dreinschauend den Kopf schief. "Ah.. ich weiss, du bist einer von den Brüllbären.. äh.. von den Zwillingen. Hm, ich weiss nicht recht, bist du die Schwester oder der Bruder von Sabina?!?" Sie lugte zum still daliegenden Flur hinaus und grinste den kleinen Windelträger verschmitzt an. "Ganz wie die große Schwester. Du bist ausgebüchst, ne?"

    Nachdem Sabina sie alleine zurück gelassen hatte, beschloß Marei die Kiste bunte Steinchen in das Zimmern zuückzubringen, wo sie zur Zeit mit ihren Eltern Baldemar und Frija nächtigte. Noch waren die freien Stunden nicht rum. Die kleine Sklavin hatte sich gut überlegt, wofur sie diese nutzen wollte und steuerte aus diesem Grunde den Raum voller Geschichten, die Bibliothek, an. Die Tür war angelehnt. Marei stiess sie sachte auf und blieb mit offenem Mund staunend stehen. Au Backe.. so viele Rollen! Wie sollte sie finden was sie suchte? Marei nahm sich als erstbestes das Regal zu ihrer Linken vor und rollte immer eine Rolle auf. Die meisten enthielten keine BIlder, also waren sie nicht zum Lesen üben gedacht. Da.. der Anfangsbuchstabe eines Wortes war reich verziert mit Schnörkeln. "A-ls die Rö-m-er fre-ch.. ge--wor-den.." buchstabierte Marei stockend und kicherte leise. Das hörte sich doch nach einer lesenswerten Geschichte an! Sie nahm die Rolle an sich und hockte sich an Ort und Stelle vor dem Regal auf den Boden. "...zo-gen si-e na-ch No-r-den." Sie blickte Puppe Nina an. "Hmmm.. was meinst du? Zogen sie nach Mantua?" Die blonde Puppe blieb stumm.

    Sabina erlebte ganz schön viel: sie bekam ein neues Kleid.. lernte einen Soldaten näher kennen.. sie bekam ein Pferd,.. sie durfte Feste besuchen und hatte die gleichaussehenden aurelischen Zwillinge gesehen. Leider musste sie wieder zur ihrer griesgrämigen Tante und liess sie somit wieder alleine. Da ging ihr die ganze Spielfreude flöten! Mit hängendem Kopf sah Marei ihr nach und schloß die Kiste voller bunter Steinchen. Sie betrachtete die Pferde, nahm einige wenige davon in die Hand und betrachtete diese genauer. Hübsche Schnitzereien waren das, befand Marei und stellte sie wieder dort auf, wo sie gestanden hatten. Nur zu gerne würde sie mit allen Spielsachen spielen, doch die kleine Sklavin hatte Angst davor, dass jemand von den Erwachsenen sie beim Spielen erwischte. Leise sammelte Marei Puppe Nina und die Kiste ein und verliess das Kinderzimmer ihrer Spiekameradin.