Beiträge von Iunia Serrana

    Oha, das war jetzt peinlich...Glaukos war schon lange genug als Ianitor tätig, um sich einiges auf sein gutes Gedächtnis einzubilden, und musste nun einiges an Konzentration und Schauspielerei aufwenden, um sich Überraschung und Erschrecken nicht allzu sehr anmerken zu lassen.


    "Senator Germanicus, natürlich, tritt doch bitte ein." Er öffnete eilfertig die Porta, ließ den Gast hinein und führte ihn zum Atrium, wo gerade ein Sklave die Scherben einer großen korinthischen Vase zusammen fegte, offenbar der Tribut, den die heutige Verfolgungsjagd der vereinten Kinderschar bislang gefordert hatte.
    Glaukus bot dem Senator einen Sitzplatz an, scheuchte den fegenden Sklaven los, um etwas zu trinken zu holen und eilte dann selbst zu den Räumlichkeiten der Iunia, um die Gattin des Senators über dessen Ankunft zu informieren.


    "Quintus, es stimmt ja wirklich, wie schön, dass du hergekommen bist." tönte kurz darauf Serranas Stimme durch das Atrium, dann hatte diese den Raum bereits mit wenigen schnellen Schritten durcheilt und ihren Mann umarmt. "Warum hast du dich nicht vorher angemeldet, dann hätte Hippia sicher etwas zu deinem Empfang organisiert. Sie liebt solche Sachen nämlich, musst du wissen."

    Wie sollte man bei diesem Krach eigentlich seine Arbeit vernünftig machen? Eigentlich gar nicht, zumindest nach Meinung von Glaukos, dem Ianitor im Hause des ehrenwwerten Kaufmanns Sepullius Turbo. Ehrenwert, ha, Geld wie Heu, ja, das hatte dieser Kerl, aber dafür ging es in der Casa zu wie in einem Käfig voller Affen.
    Nicht, dass es normalerweise nicht schon schlimm genug war, mit dem poltrigen Turbo, der schrillen Hausherrin Hippia Culleola und deren komplett unerzogenen Brut. Nein, jetzt hatte man auch noch die Sippschaft von Turbos Patron zu sitzen, und vor allem die Zwillinge fügten sich ganz wundervoll in das allgemeine Chaos ein, während der kleinere Junge von Zeit zu Zeit derart schrie, dass man Angst um die gläsernen Teile des Hausstandes haben musste. Glaukos war nicht mehr der Jüngste, doch in letzter Zeit dachte er doch immer häufiger über die Reize eines Arbeitsplatzwechsels nach. Wie diese neue Arbeit denn genau aussehen sollte, war ihm weniger wichtig, er sehnte sich in erster Linie nur nach einer Sache. Nach Ruhe.


    Und so kam es, dass Glaukos an diesem Tag die Porta erst mit einer gewissen Verspätung öffnete, weil er das Klopfen wegen der sonstigen Hintergrundsgeräusche kaum gehört hatte und sich, schlecht gelaunt wie er war, den Besucher nicht gut genug anschaute, um in ihm den Patron seines Herrn zu erkennen.


    "Willkommen in der Casa Sepullia, dominus. Womit kann ich behilflich sein?"

    Nach Norden.....das klang nun nicht besonders gut, vor allem nicht, wenn die Reisebegleitung der Aurelia offenbar aus Praetorianern bestand. Adulas Gesicht verfinsterte sich bei diesem Bericht leicht, nicht zuletzt auch, weil sich an daran auch noch eine Frage anschloss, die sich schwerlich mit der Art von Zwei- bis Dreiwortsätzen beantworten lassen würde, die Adula deutlich bevorzugte, wenn sie sich überhaupt auf einer verbale Kommunikation mit einem anderen Wesen einließ.


    "Ostia ist sicher, da wohnt ein Klient von Senator Sedulus. Meine Herrin und deine Herrin wollten nach Germanien, aber meine Herrin war erst schwanger und hat jetzt noch ein kleines Kind und da im Norden sind die Rebellen. Da ist nah besser." Die Worte ihrer Antwort auf das absolute Minimum reduzierend, klärte Adula den aurelischen Sklaven hoffentlich ausreichend auf und sah ihn dann wieder abwartend an, bereits darüber nachgrübelnd, wie sie auf schnellste Weise wieder nach Ostia zurückommen würde.

    [Blockierte Grafik: http://img503.imageshack.us/img503/1383/adula.jpg]
    _________
    Adula



    "Nein." lautete Adulas gewohnt sparsame Antwort auf die Aufforderung, auch ihre eventuell vorhandenen Narben aus dem damaligen Bärenkampf offenzulegen, doch warf sie durchaus anerkennende Blicke auf die längst verheilten Verletzungen, die die beiden Germanen seinerzeit davon getragen hatten. Manch einer hätte wohl die Gelegenheit genutzt, um nun erstmal in Ruhe ein Schwätzchen über die gemeinsamen Erinnerungen zu halten, aber für die nicht allzu kommunikationsfreudige Adula war das Thema damit abgehakt, und sie konzentrierte ihre Aufmerksamkeit jetzt voll und ganz auf den Anführer.


    "Meine Herrin schickt mich, Iunia Serrana. Sie hat in Ostia im Haus eines Klienten auf Aurelia Prisca gewartet, aber die ist nicht gekommen. Jetzt macht sie sich Sorgen und will wissen, was geschehen ist." Götter, wann hatte sie das letzte mal soviel am Stück reden müssen? Diese permanente Schwätzerei mit anderen Leuten lag Adula ganz und gar nicht, aber für den Seelenfrieden ihrer Domina nahm sie sie dennoch notgedrungen in Kauf. "Weißt du irgendwas?"

    [Blockierte Grafik: http://img503.imageshack.us/img503/1383/adula.jpg]
    _________
    Adula



    Nein, viel los war vor der Villa Flavia tatsächlich nicht, doch da Adula diese für römische Verhältnisse schon fast geisterhafte Untätigkeit nach Wochen schier unstoppbarer und unumgehbarer Hyperaktivität sowie eines tags wie nachts chronisch stark überzogenen Lärmpegels in der Casa Sepullia mehr als genoss, störte das ihren Seelenfrieden nicht weiter. Falls sich bei Anbruch der Nacht immer noch nichts getan hatte, konnte sie ja immer noch einen kleinen Ausflug zur Villa der Aurelier machen, um dort ihr Glück zu suchen. Und mit etwas Glück, ja mit sehr viel Glück, war es dort genauso erholsam und still wie vor diesem Haus...
    Und so dämmerte Adula im Stehen ein wenig vor sich hin und war erst wieder voll bei der Sache, als eine Gruppe von Männern, in denen sie unschwer Standesgenossen erkannte, begann an die Tür der Villa bollern. Der Anführer der Gruppe war ihr gänzlich unbekannt, aber die anderen beiden Männer hatte sie doch schon einmal irgendwo gesehen....Es war irgend ein recht beeindruckendes Erlebnis gewesen, soviel wusste sie noch, wenn auch schon etliche Jahre her. Adulas Blick ging ein wenig ratlos von einem zum anderen, dann hellte er sich plötzlich auf. "He da, ihr gehört doch zu den Aureliern, oder nicht?" fragte sie in der ihr eigenen Diskretion und Unauffälligkeit und fasste einen der beiden Germanen am Arm. "Ich kenn euch von der Geschichte mit dem entflohenen Bären damals, erinnert ihr euch noch?"

    [Blockierte Grafik: http://img503.imageshack.us/img503/1383/adula.jpg]
    _________
    Adula



    Nachdem Adula in der Casa Germanica den Brief ihrer Herrin für deren Ehemann abgegeben hatte, hatte sie sich sofort auf den Weg zur Villa Flavia Felix gemacht, um Ausschau nach Aurelia Prisca zu halten.
    Da sie in Anbetracht der aktuellen Umstände nicht einfach an der Tür klopfen und nachfragen konnte, suchte sich in in der Nähe der Porta eine Stelle, von der aus sie alles gut überblicken konnte, und baute sich dort auf.
    Innerlich hatte Adula sich bereits auf eine längere Wartezeit eingestellt, doch diese Aussicht schreckte sie nicht allzu sehr. Immerhin gab ihr diese Aufgabe die Möglichkeit, für eine Weile dem allgegenwärtigen Krach und dem permanenten Gewusel in der Casa Sepullia für eine Weile zu entkommen, dafür blieb sie doch gern ein paar Stunden vor einem fremden Haus stehen.

    Serrana hob die Hand und hielt die ihres Mannes kurz an ihrer Wange fest, bevor sie sie mit einem kleinen Seufzen wieder los ließ, und stattdessen ihren Sohn, der ebenfalls mit seinen kleinen Fingern nach dem Gesicht des Vaters gegriffen hatte, etwas fester packte.


    "Gut, dann werden wir jetzt endgültig aufbrechen, damit wir das hinter uns haben. Ich werde dir Nachricht schicken, sobald wir in Ostia angekommen sind und uns eingerichtet haben. Falls Prisca nicht am ausgemachten Treffpunkt oder im Haus deines Klienten erscheinen sollte, werde ich ohnehin Adula zurück nach Rom schicken, damit sie herausfindet, was der Grund dafür ist. Macht es gut, ihr alle, ja? Ich bin dann...." Und noch bevor einer der Anwesenden noch etwas entgegnen oder ihr unwiederbringlich die Tränen in die Augen schiessen konnten, wandte sich Serrana kurzerhand Richtung Ausgang und verließ die Casa Germanica, im Schlepptau einen nicht unbeeindruckenden Tross aus Kindern, Sklaven, Gastgeschenken und jeder Menge Gepäck.

    "Er wird dich schon nicht enttäuschen, dafür ist er dir viel zu treu ergeben, Quintus." sagte Serrana mit einem Blick auf den Leibsklaven ihres Mannes, der auch nur mäßig begeistert wirkte angesichts der Aussicht die, die Frau und die erwiesenermaßen alles andere als stillen Kinder seines Herrn für unbestimmte Zeit in Ostia zu behüten. Sie selbst hatte das Gefühl, jeden Moment losheulen zu müssen, riss sich jedoch zusammen, denn die Kinder waren ohnehin schon unruhig genug und spürten, dass etwas neues und unbekanntes in Haus stand, obwohl sich alle anwesenden Erwachsenen große Mühe gaben, das vor ihnen geheim zu halten.
    "Ja, natürlich werden wir das." nickte sie dem Onkel ihres Mannes zu, dankbar, dass auch er den Weg ins Atrium gefunden hatte, um sie sie verabschieden, und legte Quintus dann leicht die freie Hand auf den Arm. "Und du schickst mir bitte auch so oft wie möglich Nachricht, wie es euch allen hier geht, ja, Quintus? Sonst hab ich dort in Ostia keine ruhige Minute." Strenggenommen war Serrana bereits jetzt, noch bevor sie auch nur einen Fuß aus der Casa Germanica herausgesetzt hatte, ausgesprochen nervös, was wäre das nur geworden, wenn sie wirklich bis nach Germanien hätten reisen müssen?

    "Hach, da sind sie ja endlich, wie wundervoll...wie überaus wundervoll!" erklang eine ebenso hohe wie durchdringende, weibliche Stimme, kaum dass Serrana in Begleitung ihrer Kinder und der Sklaven den ersten Fuß in den Eingangsbereich der Casa Sepullia gesetzt hatte. Endlich, wie selbst fand, denn auch wenn die Reise aus dem nahegelegenen Rom nicht wirklich lange gedauert hatte, war sie dennoch durchaus anstrengend gewesen, angesichts der sich permanent lautstark streitenden Zwillinge und des an einer offenbar schmerzhaften Kolik laborierenden Jüngsten, der in regelmäßigen Abständen ein für sein Alter recht beeindruckendes Geschrei hatte ertönen lassen.Neben der Hektik des Aufbruchs und der sonstigen Sorgen ein Grund mehr, warum Serrana bereits jetzt pochende Kopfschmerzen hatte und sich im Grunde nur noch nach einem ruhigen Zimmer und ein wenig Schlaf und Ungestörtheit sehnte, was in diesem Moment jedoch soweit von ihr weg zu sein schien wie der Mond. Eine Wolke aus teurem Parfümöl und ebenso teuren Stoffen, in der Serrana die Hausherrin zu erkennen glaubte, umflatterte die Neuankömmlinge wie eine aufgeregte Fledermaus, immer wieder diese ungemein hohen Töne ausstoßend, die jedes andere Nebengeräusch gnadenlos überdeckten, inklusive des tiefen Geröhres, das seinen Ausgang bei einem ungemein dicken Mann mittleren Alters zu nehmen schien. "Nun lass sie doch erstmal in Ruhe reinkommen, Cullinchen, Liebes, die arme Frau konnte doch noch gar nicht richtig durchschnaufen." sprach er tapfer und routiniert gegen die Dame neben sich an und lächelte Serrana aufmunternd zu."Herzlich Willkommen in meinem Haus, werte Iunia, meine Frau hier und ich fühlen uns sehr geehrt, die Gattin meines hoch geschätzten Patrons als Gast bei uns begrüßen zu dürfen."
    "Vielen Dank,Sepullius, das ist wirklich sehr großzügig von euch."kam nun auch Serrana endlich zu Wort und erwiderte noch ein wenig zaghaft das Lächeln ihrer Gastgeber. "Meine Kinder und ich werden euch immer zu Dank verpflichtet sein, weil ihr uns in diesen schweren Zeiten so selbstverständlich Obdach gewährt." ]"Aber das ist doch selbstverständlich, Iunia, selbstverständlich, wo kämen wir denn da hin......" schrillte erneut die Stimme der Herrin des Hauses empor, und Serrana begann sich bereits nach dem zwar einschüchternden aber dennoch vertrauten Kasernenbellton ihrer Großmutter zurückzusehnen. "Wir werden bestimmt eine wundervolle Zeit mitereinander haben, ganz sicher, ganz wunderbar....und diese entzückenden Kinder, nein, was sind die reizend, findest du nicht auch, Volusius?" Hippia Culleola tätschelte vergnügt Serranas Arm und kniff dann den darauf sitzenden kleinen Manius in die Wange, was ein ohrenbetäubendes Geschrei zu Folge hatte, Hippia aber in keinster Weise abzuschrecken schien. "Hach, was für ein lebendiger kleiner Kerl, ganz genau wie unsere drei, nicht war, Volusius?" "Gewiss, gewiss, Cullinchen, aber uns gegenseitig vertraut machen können wir immer noch später, meinst du nicht. Ich denke, unsere Gäste möchten jetzt erstmal ihre Unterkunft beziehen und sich etwas frisch machen, danach sehen wir dann weiter."
    "Ja, vielen Dank, das wäre sehr nett." schaffte es Serrana nun tatsächlich auch einmal, einen kleinen und unverkennbar erschöpften Einwurf zu platzieren, der einen weiteren dröhnenden Brüller des Gastgebers zu Folge hatte. "Pancratius! Komm her und bring unsere Gäste auf ihre Zimmer. Dann lässt du das Gepäck abladen und reinbringen und zeigst den Sklaven, wo sie bei uns unterkommen können. Ist das Balneum vorbereitet? Und die Cena? Ich hoffe, alles ist so, wie wir abgesprochen hatten!" "Aber gewiss, Herr."
    "Wundervoll."

    Ja, nun war es also soweit, und Serrana hasste es schon jetzt. Natuerlich war Ostia nicht Germanien, was auch einige Zeit bedrohlich als Reiseziel ueber ihnen gehangen hatte, nein, eigentlich gab es kaum einen denkbaren Zufluchtsort ausserhalb von Rom, der naeher liegen und schneller und bequemer erreicht werden koennte. Und dennoch mochte Serrana den Gedanken nicht, auf unbestimmte Zeit das Haus zu verlassen, dass ihr in den letzten Jahren voll und ganz zum Heim geworden war. Gaebe es die Kinder nicht, dann haette sie sich wohl auch weiterhin standhaft geweigert, sich von ihrem Mann zu trennen und, wenn auch nur fuer kurze Zeit, woanders hin zu ziehen, aber der Gedanke an die Sicherheit der Zwillinge und ihres juengsten Sohnes, der immer noch ein Saeugling war, hatte sie zaehneknirschend einwilligen lassen.


    "Es ist sehr grosszuegig von deinem Klienten, uns bei sich aufzunehmen." erklaerte sie zum gefuehlten zwanzigsten Mal und drueckte den kleinen Manius unwillkuerlich ein wenig enger an ihre Brust. "Er hat doch selbst Familie, hoffentlich wird es ihm nicht zuviel mit drei zusaetzlichen kleinen Kindern und ein oder sogar zwei Hausgaesten." Oja, zwei weiblichen Gaesten, wobei bei dem zweiten nicht etwa, wie es nahe gelegen haette, Serranas Grossmutter Laevina gemeint war, denn die hatte jeglichen Ortswechsel von vornherein strikt abgelehnt und angekuendigt, wenn ueberhaupt, dann nur nach Nola reisen zu wollen. Nein, Serrana hatte ihrer Freundin Prisca einen Boten mit der Einladung, ja , sogar Bitte geschickt geschickt, mit ihr und ihren Kindern gemeinsam Rom zu verlassen, bis die Zeiten wieder sicherer geworden waren. Falls alles gut ging und Prisca zum genannten Treffpunkt ausserhalb Roms kam, wuerden die beiden Frauen gemeinsam nach Ostia weiterreisen koennen.


    "Brauchst du Teutus denn nicht selbst hier bei dir?" fragte Serrana zweifelnd, immerhin war der germanische Sklave ebenso seit Jahren ein treuer Schatten ihres Mannes wie Adula der ihre. "Du bist doch hier in Rom viel mehr in Gefahr als wir in Ostia."

    Serrana erwiderte das Achselzucken mit einem kleinen Augenzwinkern, bevor ihr Gesicht wieder den ehrfurchtsvollen Ausdruck annahm, den es fast immer zeigte, wenn sie sich im Inneren eines Tempels befand. Nein, so fromm und hingebungsvoll wie sie selbst würde Sedulus wohl nie werden, aber brachte den Göttern ganz offensichtlich aufrichtigen Dank und Respekt entgegen, und mehr konnte und wollte sie von ihm auch nicht verlangen. Das Opfer war nun abgeschlossen, doch das frischgebackene Elternpaar würde noch ein Weilchen stehenbleiben, um der Göttin Gelegenheit zu geben ihr gemeinsames Dankopfer anzunehmen. Serrana liebte gerade auch diesen Moment, kurz nach Beendigung einer Zeremonie, denn gerade dann schien eine ganz besondere Spannung und die Gegenwart einer weit höheren Existenz, als sie selbst es war, in der Luft zu hängen.

    Schade, dass man Sedulus immer zum Tempel mitziehen musste, mit ein bisschen Übung würde sicher ein versierter und respektabler Opferherr aus ihm werden. Als dieser geendet hatte, warf Serrana ihrem Mann einen anerkennenden Blick zu und nahm dann vom ihm die letzten Gaben, einen Korb voller Blumen und eine stilisierte silberne Frauenstatuette mit einem kleinen Knaben auf dem Arm von ihm entgegen, bevor sie sie vorsichtig neben den anderen Opfergeschenken auf dem Altar positionierte und erneut die Hände hob.


    "Oh Iuno Lucina, große Göttin, bitte nimm mit unserem Dank auch unsere Gaben an, die dir zustehen, und beschütze in deiner Güte unsere Kinder auch weiterhin, darum bitten wir dich in aller Demut."


    Nachdem sie noch einen Moment lang gewartet hatte, ließ Serrana langsam die Hände wieder sinken, machte eine eine kleine Drehung und trat dann vom Altar zurück, um sich wieder neben Sedulus zu stellen und seine Hand zu ergreifen.

    Nachdem Serrana den mitgebrachten Wein vorsichtig in die dafür vorgesehene Schale gegossen hatte, reichte sie die leere Amphore an Sedulus zurück und ließ sich dann von ihm die beiden Körbe mit Wein und Kuchen reichen.


    "O Iuno Lucina, dir und nur dir gebührt der Dank dafür, dass mein Mann und ich noch einen weiteren gesunden Sohn bekommen haben. Bitte nimm ihn an ebenso wie unsere Freude und Dankbarkeit darüber, dass du deine schützende Hand bislang immer über unsere Zwillinge gehalten hast." Sie hielt kurz inne, um abzuwarten, ob ihr Mann auch etwas sagen wollte. Danach würde das Opfer dann mit einer weiteren Gabe abgeschlossen und von der Göttin hoffentlichlich wohlwollend angenommen werden .

    Inzwischen hatte auch Sedulus sich den kultischen Vorschriften entsprechend gereinigt, und Serrana ging gemeinsam mit ihrem Mann weiter in den Tempel hinein zum Kultbild der göttlichen Iuno Lucina. Einen Augenblick blieb sie einfach davor stehen, die Ruhe und Erhabenheit dieses Ortes genießend, dann griff sie nach dem mitgebrachten Weihrauch und streute die kleinen Körner vorsichtig in die dafür vorgesehenen Räucherschalen. Es knisterte und knackte, und dann stiegen die ersten wohlriechenden Rauchschwaden am steinernen Bildnis der Göttin empor.
    Serrana trat einen Schritt zurück und blieb mit erhobenenen Armen und nach oben gedrehten Handflächen vor dem Altar stehen.



    "O Iuno Lucina , höchste Göttin, du Beschützerin der Ehe, Familie und Mütter, deine Diener Germanicus Sedulus und Iunia Serrana stehen heute erneut vor dir, um dir ein Opfer darzubringen, das dir zusteht. Bitte sei ihnen gnädig, darum bitten wir dich."


    Serrana wartete einen Moment lang, bis ihre Worte im Tempel verklungen waren und drehte sich dann zu Sedulus um, damit er ihr den ersten Bestandteil ihres gemeinsamen Opfers, den Wein, anreichen konnte, den sie dann in die entsprechende Schale am Altar gießen würde.

    "Ja, das weiß ich, ich will ja auch nur sicher gehen, dass alles gut läuft bei unserem Opfer." Sedulus wirkte wegen ihrer Ermahnung ein wenig beleidigt, und Serrana, bei der im Innern eines Tempels häufig die Pferde der Begeisterung und des Perfektionswahns durchgingen, verkniff sich gerade noch weitere gute Ratschläge, die ihr bereits wieder auf der Zunge lagen und nickte beschwichtigend.
    Ihr Mann hatte sich von seiner schweren Erkrankung inzwischen zwar wieder einigermaßen erholt, doch Serrana wurde noch immer ganz übel bei dem Gedanken daran, wie schlecht es ihm eine Weile gegangen war. So schlecht, dass das ihr stets so unverückbar erschienene Fundament ihrer langsam heranwachsenden und ihr solche Sicherheit und Geborgenheit spendenden Familie für kurze Zeit ins Wanken geraten war, etwas das Serrana niemals in Erwägung gezogen hätte, nicht jetzt schon, wo sie Beide noch jung und die Kinder so klein waren. Ja, so wie es aussah, hatten sie den Göttern für mehr zu danken als für ihren jüngsten Sohn, auch wenn der allein in Serranas Augen schon jedes Opfer wert gewesen wäre.
    Am Eingang des Tempels angekommen schlüpfte sie aus ihren Sandalen und öffnete ihr Haar, das sie angesichts ihres Vorhabens nur zu einem schmucklosen einfachen Knoten am Hinterkopf zusammengesteckt hatte. Dann beugte sie sich über das Wasserbecken und führte die rituelle Waschung aus, die jedem Opfer vorauszugehen hatte. "„Möge dieses Wasser alle Unreinheiten von meinem Körper waschen. Reinige das Fleisch. Reinige den Geist. So ist es!“ Manch einer würde das vermutlich für Spinnerei halten, aber Serrana liebte diesen Moment, in denen das Wasser des Beckens über ihre Haut rann, sie könnte förmlich fühlen, wie es dabei allen äusseren aber auch den inneren Schmutz mit sich nahm und sie rein zurück ließ. Jetzt musste Sedulus es ihr nur noch gleich tun, dann konnte das Opfer beginnen.

    War es tatsächlich schon mehrere Jahre her, seit sie zum letzten Mal mit ihrem Mann hier in diesem Tempel gewesen war, um Iuno für die Geburt und Unversehrtheit ihrer neugeborennen Zwillinge zu danken? Scheinbar schon, denn zur Zeit des damaligen Opfers waren Victorius und Vina winzige, schreiende Bündel gewesen, und jetzt waren sie inzwischen lebhafte und eigenständige Kinder, die zugegebenermaßen noch immer das eine oder andere beeindruckende Geschrei zustande brachten, wenn etwas nicht so lief oder funktionierte, wie sie sich das vorgestellt hatten. Ja, es waren tatsächlich einige Jahre vergangen, und ein weiteres winziges Wesen hatte seinen Weg in die Casa Germanica gefunden und schlief dort vermutlich gerade tief und friedlich, während seine Eltern im Begriff waren den Tempel der Iuno auf dem Esquilin zu betreten.
    Genau wie damals wurden sie auch heute von einer mit Opfergaben beladenen Adula begleitet, die diesmal etwas weniger zu schleppen hatte, denn die einzelnen Gaben waren im Gegensatz zu damals nicht im Doppelpack, auch wenn Serrana sich mit äusserster Sorgfalt von der Qualität jedes einzelnen Teils überzeugt hatte. Immerhin hatte Iuno ihr nun schon drei und Sedulus sogar vier gesunde Kinder geschenkt, da gebührte der Göttin auch der entsprechende Dank.


    "Bist du bereit, Quintus?" fragte sie ihren Mann, während sie noch auf den Stufen vor dem Eingang standen. "Sei bitte so respektvoll und aufmerksam wie irgend möglich, damit Iuno uns auch weiterhin so gewogen bleibt wie bisher."

    "Nun ja, es ist ja auch sicher noch Zeit genug für ausführliche Gespräche, du solltest da nichts überstürzen." Serrana nahm griff nach der Hand ihres Mannes und drückte diese leicht. "So ein Wahlkampf ist schließlich lang und anstrengend, da musst du dir deine Kräfte gut einteilen, damit sie bis zum Ende halten." Irrte sie sich, oder hatte sich gerade die Tür bewegt? So leise und kaum wahrnehmbar passierte das eigentlich nie, denn die Sklaven klopften selbstverständlich laut und vernehmlich an, bevor sie den Raum betraten, während Serranas Großmutter auf dieses ihrer Meinung nach überbewertete Detail der Höflichkeit meistens verzichtete und innerhalb von Sekunden mitten im Zimmer stand. Nein, eigentlich konnte diese Art des Öffnens nur eines bedeuten, und siehe da, genau das war es auch.


    "Komm her und schau dir deinen kleinen Bruder an, Victorius." rief Serrana mit einem Lächeln zur Tür hinüber, nachdem sie den braunen Haarschopf erkannt hatte. "So wie die Sache aussieht, wirst du das erste seiner Geschwister sein, das er kennenlernt."