Der heutige Tag war wirklich lang gewesen, mit all den traditionellen Riten und Zeremonien, wie den Opfern und dem Brautzug, und nicht zuletzt mit dem rauschenden Fest in der Casa Germanica, das immer noch in vollem Gange war, wenn man den lauten fröhlichen Stimmen und der Musik Glauben schenkte. Im Laufe der Stunden und durch all die angenehmen Ablenkungen waren Serranas Aufregung und Nervosität zwar ein wenig kleiner geworden, doch kaum stand sie gemeinsam mit Sedulus und ihrer Pronuba vor der halbgeöffneten Tür ihres zukünftigen Cubiculums, da kehrten sie in ungeahntem Ausmaß zurück. Kurz drückte Septima noch ihre Hand, dann war sie auch schon verschwunden, und Serrana schluckte kurz, bevor sie an Sedulus' Seite das Zimmer betrat. Wie schön der Raum doch aussah! Wäre Serrana ein wenig entspannter gewesen, dann wären ihr vermutlich noch viel mehr Details aufgefallen, doch auch so hing ihr Blick andächtig auf dem weissen Stoffbaldachin über dem Bett, den vielen Blüten und all den anderen Dingen, die im Licht der Öllampen so liebevoll dekoriert worden waren.
"Es sieht wunderschön aus, findest du nicht?" fragte sie leise und sah kurz Sedulus an, bevor sie den Blick wieder senkte und sich selbst für ihre aufkeimende Angst verfluchte. Warum musste das denn nur so sein? Septima hatte sich schließlich alle Mühe gegeben, ihr ihre Nervosität wegen der Hochzeitsnacht zu nehmen, und auch Axilla hatte ihr bereits vor etlichen Monaten viele Dinge erklärt. Damals war ihr auch alles ganz einleuchtend vorgekommen, und trotzdem schlug ihr jetzt das Herz bis zum Hals... Wenn sie sich doch damals in der Bibliothek nicht so angestellt hätte, dann müsste sie sich jetzt nicht so viele Gedanken machen. Dann wäre es einfach passiert...
Ob Sedulus wohl irgendetwas bestimmtes von ihr erwartete? Irgend einen Satz, eine Berührung? Was für ein Glück, dass sie immer noch den Schleier trug, auf diese Weise sah man ihr ihre Unsicherheit und Angst wenigstens nicht so an. 'Sei einfach du selbst' hatte Septima zu ihr gesagt...Im Moment war da leider nicht allzu viel, daher blieb Serrana einfach auf der Stelle stehen und sah Sedulus wieder an. Das half ein wenig, denn jetzt wurde ihr wieder klar, wie sehr sie in seiner Nähe sein wollte. Und alles andere würde sich schon irgendwie ergeben.