Beiträge von Iunia Serrana

    Serrana fühlte sich seltsamerweise ganz ruhig und von einem großen inneren Frieden erfüllt, während die beiden jungen Frauen auf den Pontifex warteten. Eigentlich kaum vorstellbar nach dem gestrigen Tag, denn der Zusammenstoß mit ihrer Großmutter hatte zweifellos zu den schlimmsten Erlebnissen ihres bisherigen Lebens gehört.


    Aber vielleicht würde der Eintritt in den Cultus Deorum sie nicht nur dem Sinn ihres Lebens ein wenig näher bringen sondern sie gleichzeitig auch etwas aus Laevinas Schusslinie ziehen, und das allein wäre es schon doppelt und dreifach wert gewesen...


    Calvena schien eindeutig wesentlich nervöser zu sein als sie selbst und deshalb ergriff sie deren Hand.


    "Es ist genau das richtige für uns, du wirst schon sehen." sagte sie zuversichtlich.

    Serrana freute sich sehr, dass die Tür so schnell geöffnet wurde, das musste einfach ein gutes Zeichen sein..


    Sie lächelte den Ianitor an und sagte dann:


    "Salve, ich bin Iunia Serrana und das ist Germanica Calvena. Wir würden gern den Pontifex Tiberius Durus sprechen, um in den Cultus Deorum einzutreten."

    "Oh, wie schön!" sagte Serrana und umarmte ihre Freundin spontan.
    "Dann ist es sicher auch Schicksal, dass wir beide uns gleichzeitig dazu entschlossen haben und den Weg zusammen gehen können." Sie drückte Calvenas Hand und sah gespannt zur Eingangstür der Villa Tiberia.

    Serrana konnte es kaum glauben, als ihre Freundin Calvena plötzlich neben ihr auftauchte und freute sich sehr über das unverhoffte Wiedersehen. Immerhin war dies ein wichtiger Schritt in ihrem Leben und sie war sehr froh, dass Calvena in diesem Moment bei ihr war.


    "Salve, Calvena" lächelte sie ihre Freundin an. "Ich bin hier, um in den Cultus Deorum einzutreten. Ich habe schon seit Jahren davon geträumt, und jetzt wo ich endlich in Rom bin, hält mich auch nichts mehr davon ab. Und was ist mit dir?"

    Nachdem Laevina das Atrium verlassen hatte, konnte Serrana noch eine ganze Weile nicht glauben, dass dieser Albtraum wirklich vorbei war und starrte angstvoll in den leeren Ausgang.
    Erst nach einigen Minuten begann sich ihre innerliche Erstarrung zu lösen, sie sank langsam mit dem Rücken an die Wand gepresst zu Boden, schlang die Arme um ihre Knie und begann zu weinen wie ein kleines Kind....

    Serrana wurde vor Schreck, Schmerz und Demütigung ganz schlecht und sie spürte, wie ihre Beine zu zittern begannen. Trotzdem gelang es ihr zu ihrer eigenen Überraschung, dem Blick ihrer Großmutter standzuhalten und nicht in Tränen auszubrechen.


    "Ja, das habe ich." sagte sie mit gepresster Stimme. "Es war ja deutlich genug."

    Serrana wurde ganz flau im Magen, als ihre Großmutter ihr eröffnete, sie wolle ebenfalls in Rom bleiben. Das konnte doch einfach nicht wahr sein...
    Als sie dann hörte, dass Laevina sich bei den Germanicern einquartiert hatte, war ihre erste Reaktion freudige Erleichterung, aber dann stutzte sie. Die Casa Germanica? Natürlich war ihr der Gens-Name ihrer Großmutter bekannt gewesen, aber aus irgendeinem Grund hatte sie ihn nie mit der Familie des Senators Avarus in Verbindung gebracht.
    Plötzlich musste sie an ihre Freundin Calvena denken und wurde von heftigem Mitleid erfasst. Die Ärmste.....Serrana hatte zehn Jahre unter den Schikanen ihrer Großmutter gelitten und war zumindest daran gewöhnt, aber die arme Calvena war ja gänzlich ahnungslos....

    Serrana war nach kurzer Suche an der Villa Tiberia angekommen und fasste noch einmal allen Mut zusammen bevor sie an die Tür klopfte.
    In diesem Haus würde sie ihrem Wunsch, sich in den Dienst der großen Göttin Minerva zu stellen, ein großes Stück näher kommen, und sie war sehr aufgeregt. Hoffentlich öffnete ihr bald jemand...

    Nun, diese Frage war wohl zu erwarten gewesen und den Göttern sei Dank hatte Serrana in dieser Hinsicht nichts zu verbergen. Trotzdem blieb sie auf der Hut, denn soweit sie das sehen konnte, war Laevina zur Zeit in einer ausgeprochen gefährlichen Stimmung...


    "Ich bin zu dem Entschluss gekommen, mein Leben in den Dienst der Göttin Minerva zu stellen und habe mich bereits in der Regia gemeldet, um dem Cultus Deorum beizutreten." sagte sie stolz und mit einem leicht trotzigen Unterton in der Stimme. Von dieser Entscheidung würde sie nicht einmal ihre Großmutter abbringen können.

    Serrana hatte plötzlich das Gefühl, als wäre die Luft im Atrium spürbar kälter geworden und blieb automatisch stehen. Der prüfende Blick mit dem ihre Großmutter sie gerade von oben bis unten abtastete, war ihr nur allzu vertraut und sie wusste, dass sie ohnehin nichts dagegen machen konnte ausser ein wenig Haltung zu bewahren.
    Sie beschloss, den feindlichen Unterton in Laevinas Stimme zu überhören und den Regeln der Höflichkeit und Gastfreundschaft zu folgen.


    "Ja, vielen Dank" sagte sie daher ein wenig vorsichtig. "Möchtest du dich nicht setzen? Ich lasse sofort eine Erfrischung bringen."

    Sie sah ihre Cousine mit offenem Mund an. Hatte sie das jetzt gerade richtig verstanden? Unmöglich, sie musste sich verhört haben....
    Obwohl...., wenn sie richtig darüber nachdachte, wäre sie selbst im Falle einer Hochzeit mit Gnaeus Balbus vermutlich hocherfreut gewesen, wenn dieser nach kurzer Zeit versehentlich in einen Fischteich gefallen und ertrunken wäre.... Serrana kicherte leise bei der ausgesprochen erfreulichen Vorstellung und gönnte sich noch ein Schlückchen Wein.
    Dann dachte sie über die rechtlichen Dinge nach, die Narcissa angesprochen hatte. Ihr Großvater hatte natürlich auch über sie bestimmen können, aber er hatte das niemals gegen ihren Willen ausgenutzt. Und was ihren Vater anging...Serrana seufzte.


    "Vielleicht solltest du froh sein, dass du noch einen Vater hast, der sich Gedanken um dich macht". sagte sie dann ein wenig nachdenklich. "Meinen Vater habe ich nach dem Tod meiner Mutter vielleicht noch dreimal gesehen, dem war es ganz offensichtlich vollkommen gleichgültig ob es mich gab oder nicht..."

    Serrana hatte bei Araros angekündigt, dass sie rechtzeitig zur Cena zuhause sein würde und schüttelte bedauernd den Kopf.


    "Nein, ich habe leider keine Zeit, so leid mir das auch tut. Ich muss auch langsam mal heim. Aber wir sehen uns ja sicher bald wieder" sagte sie dann mit einem Lächeln.

    Serrana war so aufgeregt wegen Calvenas Neuerwerbung als hätte sie den neuen Leibwächter soeben selbst gekauft. Sie freute sich mit ihrer Freundin und erwiderte herzlich deren Umarmung.


    "Du weißt ja, du kannst jederzeit auf meine Hilfe zählen. Von Dekoration habe ich leider nicht allzu viel Ahnung, aber es gibt bestimmt ein paar Dinge, bei denen ich dir zur Hand gehen kann."


    Neugierig betrachtete sie Simplex, als der auf seine neue Herrin zutrat und sie ansprach. Ein wenig schwungvoller könnte er ja durchaus sein, aber vielleicht hatte er ja auch harte Zeiten hinter sich. Wer wusste das schon.... Anschauen würde sie ihn sich auch in Zukunft sehr gern, und längere Unterhaltungen würden dabei nur hinderlich sein, ganz abgesehen davon, dass sie keine Ahnung hatte, worüber man sich mit einem männlichen Sklaven unterhalten könnte.

    Trotz ihrer desolaten sonstigen Verfassung spürte Serrana, wie ihre Laune allmählich wieder besser wurde. Nicht nur, dass die allgemeine Stimmung unter den Damen endlich uneingeschränkt positiv war, auch die Aussicht auf den Besuch der Spiele in angenehmer Gesellschaft erfreute sie sehr. Wenn man dort tatsächlich nette Männer kennenlernen konnte, umso besser, aber für Serrana wäre es wahrscheinlich schon aufregend genug, sich mit den neuen Bekannten auszutauschen und all die neuen und unbekannten Eindrücke zu genießen, die sie dort zweifellos erwarten würden.
    So sehr sie sich auch über Priscas letzte Frage freute, fiel ihr doch keine passende Antwort ein, da sich ihre gesellschaftlichen Verabredungen in Rom bislang sehr in Grenzen gehalten hatten. Und da sich sich bei ihrer letzten Wortmeldung ohnehin bereits als unerfahrenes Landei geoutet hatte, stand sie jetzt nicht mehr unter dem Druck einen geistreichen Vorschlag zu machen.


    "Ich fürchte, ich ich bin da auf eure Ideen angewiesen, ich kenne mich in Rom bislang einfach noch nicht gut genug aus..." sagte sie entschuldigend in die Runde lächelnd.

    Für einen winzigen Moment hatte Serrana sich an die Hoffnung an ein Missverständnis geklammert. Ihre Großmutter hier in diesem Haus? Das konnte, das durfte doch einfach nicht wahr sein...
    Serrana spürte, wie sich ihr vor Angst der Magen zusammen krampfte. Aber es nutzte ja nichts, schließlich konnte sie sich nicht in ihrem Cubiculum verstecken und warten, bis das Unheil wieder seiner Wege gezogen war. Das beste würde sein, das Ganze einfach hinter sich zu bringen. Serrana atmete ein paarmal tief ein und aus und betrat dann, von Adula gefolgt, das Atrium.
    Nein, es war wirklich kein schlechter Scherz gewesen, die Gestalt ihrer Großmutter hätte sie selbst im Stockdunkel wiedererkannt.
    Ein wenig zögerlich ging sie auf Laevina zu und sagte dann leise:


    "Salve, Großmutter. Wie schön dich zu sehen...."

    [Blockierte Grafik: http://img39.imageshack.us/img39/9646/araros.jpg]



    Araros eilte so schnell er konnte zum Eingang. Wer um der Götter Willen hämmerte denn da nur derart laut an die Tür? Eilig schob er die Riegel zurück, rechnete dabei beinahe schon mit einem Soldaten oder einem Gladiator, und war daher höchst erstaunt, vor der Tür lediglich eine vornehm gekleidete ältere Dame vorzufinden. Diese warf ihm allerdings einen derart finsteren Blick zu, dass er sich fast schon wünschte, es hätte doch eine Prätorianergarde vor ihm gestanden.


    "Ähem, Salve Domina" sagte er dann ein wenig stockend. "Womit kann ich dir zu Diensten sein?"

    Serrana hatte ein Weilchen vor sich hingedämmert und die allgemeine Unterhaltung an sich vorbeifliessen lassen, aber das Wort "ehelichen" drang sogar zu ihr durch und weckte natürlich ihre Neugier. Daher öffnete sie die Augen und folgte der Unterhaltung zwischen Prisca und ihrer Cousine von jetzt an mit größerer Aufmerksamkeit.


    Zitat

    "Ja das stimmt. Reich und erfolgreich sollte ein Mann schon sein, da hat dein Vater sicher recht. Dazu attraktiv, charmant, zuvorkommend und.. .ach ja und er sollte die Herausforderung lieben ...",


    Wie unglaublich selbstbewusst Prisca doch über ihren idealen Wunschehemann sprach! Und Narcissa hatte ihr noch vor wenigen Stunden etwas ganz ähnliches erzählt... Irgendwie war Serrana sich sicher, dass beide Frauen früher oder später bekommen würden, was sie sich wünschten, schließlich waren sie beide nicht nur schön und redegewandt, sondern kamen auch noch aus den allerbesten Familien, wobei Prisca zu allem Überfluss auch noch dem Patriziat angehörte.
    In Bezug auf ihre eigene Person war Serrana da deutlich weniger optimistisch. Reich war sie ohnehin nicht und von Wortgewandtheit konnte keine Rede sein, ein Mann musste sie ja nur ansprechen und schon wurde sie knallrot und bekam keinen Ton mehr heraus...
    Andererseits erschien ihr das Thema Ehe im Augenblick auch noch nicht allzu verheissungsvoll, dafür waren die Erinnerungen an den glubschäugigen Gnaeus Balbus, der ihr wochenlang hinter jedem Baum aufgelauert hatte, noch viel zu frisch.


    Nun schien das Gespräch wieder eine neue Richtung einzuschlagen, und Serrana zwang sich weiter zuzuhören, obwohl ihr immer noch reichlich unwohl war und sie allmählich Kopfschmerzen bekam.


    Zitat

    Da fällt mir ein, gerade finden die ludi romani statt. Die solltest du auf alle Fälle besuchen und vielleicht treffen wir uns ja dort sogar",


    "Oh, die ludi romani, wie aufregend! Ich bin noch nie bei den Spielen gewesen" rutschte es ihr heraus, und sie hätte sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Jetzt hatte sie es wieder einmal geschafft und sich vor aller Welt als gesellschaftlich unerfahrener Trampel vom Lande präsentiert. Verlegen senkte sie den Blick wieder und starrte angestrengt ins Wasser.

    Serrana hatte Calvena mit ihrer Frage nicht beunruhigen wollen und berührte deren Arm leicht mit ihrer Hand.


    "Mach dir keine Gedanken, dein Onkel hat sicher Vertrauen in dich und das was du tust und wird sicher mit deinem Kauf einverstanden sein. Und im Moment sieht es ja so aus, als hättest du einen guten Griff getan, oder nicht?" sie lächelte.
    "Dieser Sklave wird seine angeblichen Bärenkräfte auch noch brauchen, wenn er all die Dinge nach Hause tragen muss, die du für dein Fest einkaufen willst."

    Nur wenige Stunden nach ihrer Freundin Calvena traf auch Serrana an der Regia des Cultus Deorum ein. Von frühester Kindheit an war sie bereits ein sehr gläubiger Mensch gewesen und hatte oft und lange Trost im Gebet gesucht und gefunden, wobei sie das Gefühl hatte, dass ihr besonders die Göttin Minerva wohlgesonnen war und ihre schützende Hand zeitlebens über sie gehalten hatte.
    Ihr Entschluss hatte im Grunde schon seit einiger Zeit festgestanden, aber heute wollte sie ihn endlich in die Tat umsetzen.


    "Salve" sagte sie mit fester Stimme, da sie sich ausnahmsweise mal einer Sache wirklich sicher war. "Ich würde sehr gern dem Cultus Deorum beitreten und mein Leben in den Dienst der großen Göttin Minerva stellen. Wen kann ich denn in dieser Angelegenheit sprechen?"