Beiträge von Iunia Serrana

    Als ihre Freundin sich bei ihr einhakte und die Stimme senkte, beugte sich Serrana automatisch ein bisschen weiter vor, um auch ja kein einziges Wort zu versäumen.


    "Du willst ihn mir leihen? Was, um der Götter willen, sollte ich denn mit ihm anfangen? Adula hätte bestimmt etwas dagegen." wisperte sie kichernd zurück und ein verächtliches Schnauben ihrer Sklavin bestätigte sie in ihrer Vermutung.


    "Und musst du deinen Onkel nicht erst um Erlaubnis fragen? 500 Sesterzen sind schließlich eine Menge Geld..."


    Trotz dieser Äusserungen war Serrana sehr erfreut über Calvenas Neuerwerbung, auf diese Weise war ihr in Zukunft der eine oder andere erfreuliche Anblick gesichert.

    Serrana brauchte eine ganze Weile, bis sie Narcissas Anspielung auf die Äpfel der Nachberschaft verstanden hatte und merkte, wie sie diesmal nicht nur heisse Ohren bekam sondern insgesamt knallrot anlief.


    "Oh, Narcissa, was hast du nur für Ideen" sagte sie dann und begann ebenfalls zu kichern. Für eine derartige Bemerkung (die ihr ohnehin nie eingefallen wäre) hätte sie daheim von ihrer Großmutter zweifellos die eine oder andere Ohrfeige geerntet.


    Ihre Cousine musste sie ja für unfassbar dämlich halten, dachte sie dann und nahm noch einmal einen tiefen Schluck aus dem Weinbecher.
    Der Wein trug einiges dazu bei, ihre normale Zurückhaltung ein wenig fahren zu lassen und so wagte sie sich noch ein bisschen weiter vor.


    "Aber es könnten doch wirklich 30 Jahre werden, schließlich sind wir beide ja noch jung, und du würdest dich doch wohl nicht scheiden lassen wollen, oder?" fragte sie dann. Was für eine unglaubliche Vorstellung das doch war.....

    Serrana fand die ganze Geschichte immer aufregender. Daheim in Nola hatte sich ausschliesslich ihre Großmutter um den Erwerb der Sklaven gekümmert und sie selbst hatte seit ihrer Ankunft in Rom weder den Bedarf geschweige denn das Geld für einen weiteren Sklaven gehabt und daher kaum eine Ahnung, wie ein derartiges Geschäft überhaupt ablief.


    "Wie geht es denn jetzt weiter"? fragte sie Calvena neugierig. "Kannst du ihn jetzt einfach so mit nach Hause nehmen?" In der letzten Frage schwang ein klitzekleines bisschen Neid mit.

    Serrana hatte irgendwie einen Narren an dem hübschen Sklaven oben auf der Bühne gefressen und es gern gesehen, wenn Calvena ihn gekauft hätte. Sie selbst hatte an einem Leibwächter keinen Bedarf, denn Adula war als schützende Hand wahres Gold wert, das konnte auch ein ehemaliger Gladiator kaum aufwiegen. Andererseits wollte sie ihre Freundin aber auch nicht zu etwas überreden, was sich irgendwann als katastrophaler Fehlkauf herausstellen könnte.


    "Hm, ich weiß nicht...kann er denn nicht mal was sagen? Vielleicht spricht er gar nicht unsere Sprache und ist deshalb so billig...." sagte sie an Calvena und den Händler gewandt.

    Als Calvena ihr den Vorschlag machte, man könne den Sklaven zum Ablegen seiner Tunika veranlassen, wurde Serrana wieder einmal knallrot. "Oh nein, das geht doch nicht, das wäre doch furchtbar peinlich...."wisperte sie leise zurück und kicherte selbst. Obwohl,...einen kleinen Blick hätte sie wirklich gern riskiert.


    Dann dachte sie über die Äusserungen des Sklavenhändlers nach. Irgendetwas störte sie an der doch ein wenig wagen und schwammigen Beschreibung.


    "Hm, diese Beschreibung trifft vermutlich auf die Hälfte aller Sklaven in Rom zu. Aber so ganz unfähig kann dieser Mann nicht sein. Schliesslich ist er doch angeblich Gladiator gewesen, und allein die Tatsache, dass er noch immer am Leben ist, spricht ja eigentlich für ihn...."

    "Oh nein, bitte nicht noch mehr Wein" war Serranas erster Gedanke, als die Sklaven begannen, den von Calvena versprochenen Wein unter den anwesenden Frauen auszuschenken. Da sich die noch vor ein paar Minuten ausgesprochen delikate Situation jetzt jedoch gerade erst entspannt hatte, wäre es jedoch sicher mehr als unpassend das "Friedensgetränk" auszuschlagen. Daher ließ sich auch Serrana einen Becher reichen und lehnte sich wieder zurück. Vielleicht würde es ja niemandem auffallen, wenn sie nicht wirklich trinken sondern nur ein wenig nippen würde. Auf Priscas Trinkspruch hin erwiderte sie lächelnd deren Kopfnicken, prostete zurück und führte den Becher dann an die Lippen. Der nun auf einmal gar nicht mehr verheissungsvolle Duft des Weins stieg ihr in die Nase und eine Welle der Übelkeit schwappte über sie hinweg. " Oh ihr Götter, das wird ja immer schlimmer" dachte sie entsetzt und schloss wieder die Augen. Mittlerweile wünschte sie sich nichts sehnlicher, als friedlich und allein daheim in ihrem Cubiculum zu liegen, aber das war leider weit weg....

    Bei dem Gedanken an den gutaussehenden Masseur in der Therme musste Serrana schmunzeln. Der hatte sich nach einem höchst beeindruckenden ersten Eindruck als arroganter und selbstverliebter Schnösel entpuppt, aber sein Anblick hatte so einiges wettgemacht...


    "Naja, kann schon sein, dass die beiden Ähnlichkeit miteinander haben, aber so ganz kann ich es nicht beurteilen. Der da oben hat nämlich deutlich mehr an......"


    Plötzlich kam ihr ein Gedanke und sie grinste Calvena verschwörerisch an.
    "Du solltest den Händler mal fragen, was dieser Simplex sonst noch so kann. Viele Interessenten scheint es noch nicht zu geben, und vielleicht machst du ja ein Schnäppchen. Und falls er Minos nicht nur ähnlich sieht, sondern auch noch ähnliche Talente besitzt, würde Celerina sicher furchtbar neidisch, wenn du ihn dir an Land ziehst..."

    Serrana betrachtete den Nuber, der tatsächlich ein ziemlich angsteinflössendes Äusseres besaß und musste lachen.


    "Naja, wenn du mit dem irgendwohin gehst, passiert dir garantiert nichts, weil alle anderen direkt flüchten werden....
    "Hm...dann lass mal sehen..." Sie ließ den Blick über die Unmengen von zum Kauf angebotenen Sklaven schweifen, bis er an dem jungen Mann hängen blieb, der gerade auf der Bühne vorgeführt wurde. Seit ihrer Begegnung mit Minos, dem kretischen Stier war ihr Interesse an jungen ansehnlichen Männern deutlich gestiegen, und dieser dort war eindeutig schön anzusehen. Sein Körper war muskulös, ohne bullig zu wirken, und auch sein ebenmässiges Gesicht war ausgeprochen attraktiv mit den dunklen Augen und dem schön geschnittenen Mund.
    Serrana stieß Calvena leicht mit dem Ellenbogen an und wies unauffällig nach oben zur Bühne.


    "Wie gefällt dir denn der dort? Der würde mir auf jeden Fall deutlich besser gefallen als der Nubier...."

    "Poesie und Musik hört sich wunderbar an!" antwortete Serrana begeistert. "Allerdings nur, wenn ich nicht musizieren oder singen soll. Sonst würden deine Gäste nämlich schneller aus dem Haus dem verschwinden als du es dir vorstellen kannst."


    "Und meine Meinung sage ich dir selbstverständlich gern, auch wenn ich von Leibwächtern keine Ahnung habe. "Welche...äh.....Eigenschaften müsste er denn haben, dein Leibwächter?" Serrana musste kichern.

    Seit ihr Calvena von dem geplanten Fest in der Casa Germanica erzählt hatte, freute sich Serrana wie ein kleines Kind auf diesen Tag. All die vielen Menschen, die sie dort würde kennenlernen können... Bislang hatte sie mit ihren neuen Bekanntschaften nur Glück gehabt und ausser zwei neuen Freundinnen auch noch unverhofft ihre erste Verwandte aus der iunischen Familie kennengelernt. Serrana lächelte kurz, als sie an Narcissa dachte. Ihre Cousine war wirklich völlig anders als sie selbst, und dennoch mochte sie sie sehr gern. Dann erinnerte sie sich wieder an Calvenas Worte.


    "Du willst dir einen Leibwächter kaufen? Wie aufregend...Ich war noch nie bei einer Sklavenauktion dabei und wüsste gar nicht, was ich da machen müsste..."

    Die letzten Meter bis zu ihrer Freundin legte Serrana deutlich schneller zurück, da Adula nun vor ihr herging und die sie umgebenden Passanten plötzlich um einiges schneller aus dem Weg gingen oder sogar sprangen. Als sie Calvena endlich erreicht hatte, ergriff sie erfreut deren Hände und lachte erleichtert.


    "Puh, es war ganz schön schwierig dich zu finden, hier geht es wirklich zu wie in einem Ameisenhaufen. Da hast du dir ja einen schönen Tag ausgesucht. Was genau suchst du hier denn eigentlich?"

    Serrana lehnte aufseufzend den Kopf gegen den Beckenrand und schloss die Augen. Ihre unglaubliche Wut auf Celerina verrauchte allmählich aber dennoch fühlte sie sich zunehmend unwohl. Ein wenig schwummerig war ihr schon den ganzen Nachmittag gewesen, aber jetzt schien es ihr plötzlich, als habe sich das Wasserbecken mit all den Frauen darin langsam in Bewegung gesetzt und drehe sich langsam um die eigene Achse. Das Wasser war nach wie vor angenehm war, trotzdem spürte sie, wie ihr der kalte Schweiss auf die Stirn trat. Serrana atmete langsam aus. Was war denn das nur..... Vor ihrem inneren Auge tauchte der Hortus der Casa Iunia auf, und Serrana erinnerte sich schuldbewusst an den ungewohnt unverdünnten Wein, von dem sie vermutlich zu viel getrunken hatte, da sie so abgelenkt durch die spannende Unterhaltung mit Narcissa gewesen war. Und dann war da ja auch noch das Kohlebecken mit dem seltsamen Kraut gewesen, das ihre Cousine hatte aufstellen lassen... Serrana seufzte noch einmal, öffnete wieder die Augen und warf einen Blick in die Runde der anwesenden Damen. Sie hatte keine Ahnung, worüber zuletzt gesprochen worden war, alles war an ihr irgendwie vorbeigerauscht. Sie warf einen vorsichtigen Blick hinüber zu der Aurelierin, die auf ihr verstecktes Friedensangebot so überraschend positiv eingestiegen war und wusste, dass es nun wieder an ihr gewesen wäre, den nächsten Schritt zu tun. Leider fühlte sie sich im Moment aber noch viel zu elend und beließ es dabei fürs erste bei einem zaghaften Lächeln in Richtung der besagten Dame.

    Bereits seit einigen Minuten irrte Serrana in Adulas Begleitung über den Sklavenmarkt und wurde zunehmend nervös. Ihre Freundin Calvena und sie hatten sich hier verabredet , aber zwischen all den herumlaufenden und -stehenden Menschen konnte sie sie nirgendwo erblicken.
    Doch sollte es sich hier endlich mal wieder auszahlen, dass ihre Sklavin zwei Köpfe größer als die meisten Frauen und einen Kopf größer als viele Männer war, denn plötzlich zupfte Adula sie an der Stola und wies in eine bestimmte Richtung. Serrana stellte sich auf die Zehenspitzen und spähte angestrengt in die angegebene Richtung; ja, tatsächlich da stand ihre Freundin und sah sich suchend um.


    Serrana reckte sich noch ein bisschen in die Höhe, wedelte mit dem ausgetreckten Arm und rief vermutlich ein wenig undamenhaft laut:


    "Huhu, Calvena, hier bin ich ........!"

    Da Serrana es in ihrem bisherigen Leben gerade mal von der Campania bis nach Rom geschafft hatte, fand sie die Vorstellung auch einmal andere Länder kennenzulernen gar nicht so reizlos, auch wenn diese vielleicht kalt und unwirtlich waren. Irgendwie hatte sie jedoch das Gefühl, dass Narcissa und sie da unterschiedliche Maßstäbe hatten und behielt eine entsprechende Bemerkung lieber für sich.
    Und dass eine Frau selbständig nach einer guten Partie für die Ehe Ausschau halten könnte, auf diese Idee war sie bislang noch gar nicht gekommen. In ihrem bisherigen Leben waren alle wichtigen Entscheidungen fast ausschließlich von ihren Großeltern, besser gesagt ihrer Großmutter für sie getroffen worden, und Serranas Flucht nach Rom stellte im Grunde schon eine ungeheure Rebellion dagegen dar.
    Bei Narcissas letzter Bemerkung glaubte sie zuerst, sich verhört zu haben und bekam dann mal wieder rote Ohren.


    "Oh ich weiß nicht," sagte sie dann. "bevor ich die nächsten 30 Jahre im Schlafzimmer eines Mannes wie Gnaeus Balbus verbringe, würde ich wirklich lieber Jungfrau bleiben"

    Serrana sah mit einer gewissen Erleichterung, dass Celerina sich nach einigen zumindest in ihren Ohren unfassbar eingebildet klingenden Worten wieder im Wasser niederließ und entspannte sich wieder ein wenig. Sie spürte, dass sie sehr kurz davor gestanden hatte, etwas ausgesprochen unüberlegtes zu tun und war im Grunde ganz froh, dass es ihr erspart geblieben war.
    Sie warf einen erneuten Blick hinüber zu der Flavierin und bemerkte deren Getuschel mit ihrer Sklavin. Etwas nettes führte sie garantiert nicht im Schilde, dafür hatten Celerinas Worte viel zu aufgesetzt geklungen.
    Noch immer misstrauisch setzte Serrana sich langsam wieder ins Becken zurück und beschloss die Flavierin im Auge zu behalten.

    Serrana sah mit Erleichterung, dass Calvena offenbar wirklich nur einen Scherz gemacht hatte und hoffte inständig, dass nicht doch ganz tief in ihr drin etwas von Lavinias Bösartigkeit schlummerte. Als sie den Trinkspruch ihrer Freundin hörte, hellte sich ihr Gesicht jedoch schnell wieder auf.


    "Oja, darauf trinke ich gern, und darauf, dass wir noch viele Jahre so beeinander sitzen werden!" sie hob auch ihren Becher in die Höhe und lächelte Calvena glücklich an. Wer wusste schon, was Fortuna noch für sie beide bereithalten würde, noch war alles möglich und der Weg vor den beiden jungen Frauen lang und verheissungsvoll.

    Was für eine entsetzliche Vorstellung! Das meinte Calvena doch wohl hoffentlich nicht ernst? Serrana wünschte sich von ganzem Herzen etwas mehr Selbstvertrauen, aber so wie ihre Großmutter wollte sie nun wirklich nicht sein. Bevor sie mit ihrem Auftauchen überall Angst und Schrecken verbreitete, lief sie lieber bis zu ihrem Lebensende als graue Maus durch die Gegend.


    "Hiermit schwöre ich dir eins..." sagte sie zu Calvena und schüttelte sich bei der gruseligen Vorstellung "Sollte ich jemals so werden wie sie, dann hast du meine Erlaubnis, mich vom Tarpeischen Felsen herunter zu stürzen!"

    Ganz allmählich wurde es wieder besser. Immer noch leise kichernd wischte sich Serrana die Tränen vom Gesicht und atmete tief ein.


    "Tut mir wirklich leid", sagte sie immer noch ein bisschen ausser Atem. "aber die Vorstellung war einfach zu schön..... "Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass sich meine Großmutter jemals dafür interessiert hat"


    Sie fixierte Calvena mit bemüht strengem Blick und zog, wie sie es so oft daheim gesehen hatte die linke Augenbraue mit einem verächtlichen Audruck nach oben.


    "Heisse Laken werden schnell wieder kalt, aber Land bleibt Land und Gold bleibt Gold!" lieferte sie dann in Lavinias kaltem und schnarrendem Tonfall eine fast perfekte Parodie ihrer Großmutter ab.

    Auf Narcissas Aufforderung hin beugte sich Serrana etwas näher über das Kraut und sog den Rauch diesmal ein wenig tiefer ein. ....Das roch wirklich sehr gut... Sie spürte, wie es sich in ihrem Kopf allmählich zu drehen begann und lehnte sich schnell wieder zurück. Ganz wohl war ihr ja nicht mehr, aber schließlich wollte sie später noch in die Therma gehen, da würde sie sich sicherlich wieder erholen können.
    Durch den Wein ein wenig mutiger geworden entschied sich Serrana jetzt doch einmal bei Narcissa wegen deren plötzlicher Rückkehr nach Rom nachzuhaken.


    "Da ist eine Sache, die ich nicht ganz verstehe" begann sie vorsichtig. "Die Sklaven haben mir erzählt, dass du mit Silanus nach Germanien gegangen bist, weil ihr beiden heiraten wolltet. Stimmt das etwa gar nicht?"