Abgelenkt durch das ständige, möglichst unauffällige beobachten von Ursus Rücken, hatte Septima die Worte der Brautleute nicht wirklich wahrgenommen. Sie hatte gehört das die beiden etwas gesagt hatten, aber was, das war nicht bis in ihr Gehirn vorgedrungen. Vielleicht auch deshalb, weil die junge Tiberia sonst Mitleid mit der Aurelia gehabt hätte, denn ihr Sprüchlein klang wie die Untermalung eines Opferlammes, welches zur Schlachtbank geführt wurde. Nun hatte Septima im Moment auch einen etwas merkwürdigen Blickwinkel auf arrangierte Ehen und empfand eher Mitleid mit Laevina. Nicht mehr lange uns sie, Septima, würde an eben jener Stelle stehen und jene Worte sprechen, wie es soeben Laevina getan hatte. Aber sie würde es nicht aus Liebe tun, sondern einzig und allein aus Pflichtbewusstsein.
Celerina erwiderte das freundliche Lächeln von Septima und alleine das reichte schon um die junge Frau von ihren eigenen trüben Gedankengängen abzulenken. ‚Ob die beiden glücklich miteinander sind?` fragte sie sich nun und ließ ihre Augen noch einen Moment auf Corvinus und Celerina ruhen. Sie standen nebeneinander, und? Sonst nichts. War das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen?
Doch dann ging die Vermählung von Durus mit Aurelia Laevina weiter und es folgte die… nächste Opferung. Septima schaute bedauernd auf das Schwein, welches nun sehr bald sein Leben für eine gute Verbindung zwischen den Brautleuten lassen musste. Der Weihrauch trug nicht gerade dazu bei, dass Septima sich besonders wohl fühlte, also trat sie erste einen, dann noch einen und noch einen Schritt weiter nach hinten. Rummss… hatte sie wieder eine Säule des Atriums im Rücken. ‚Oh gut!’ freute sich Septima still. ‚Da fällt es nicht auf wenn meine Knie nachgeben sollten.’ führte sie ihren Gedanken weiter, denn diese blutigen Opfer waren einfach nichts für die junge Frau. Da konnte es noch so sehr zum Alltagsleben des römischen Imperiums hinzu gehören und die Götter noch so viel besänftigen, Septima konnte es nicht leiden, mit anzusehen wie ein Tier getötet und anschließend ausgeweidet wurde.
Das Verhalten des Schweines steigerte Septimas Unbehagen noch weiter, so das sie mit ihren Händen Halt an der Säule suchte, aber den Blick auch nicht von dem armen Geschöpf nehmen konnte, welches da gerade um sein Leben quickte. Während Durus die Götter anrief und um dessen Segen für die Götter bat, hätte sich Septima am liebsten die Ohren zugehalten, um das erbärmliche Geschrei des Opferschweines nicht länger hören zu müssen. Statt dessen verzog sie nur ihren süßen, roten Mund und verlor ein wenig der gesunden Gesichtsfarbe. Hinter ihrem Rücken umklammerten die Hände die Säule und Septima drehte schnell ihren Kopf weg, als der Opfermetzger an das Tier heran trat und von Durus die Bestätigung erhielt, dass Opfer zu töten. Sie wollte gar nicht sehen, wie das Leben aus dem Tier entwicht und am liebsten hätte sie auch nicht gehört, wie anschließend das Schwein geöffnet wurde, damit die Vitalia entnommen wurden.
Septima versuchte tief durchzuatmen, um gegen die Übelkeit anzukämpfen, die dieses Opfer in ihr hervorgerufen hatte. Die Neugier ließ die junge Frau zum Haruspex aufschauen. War das Schwein, trotzt seiner starken Gegenwehr ein gutes Opfertier gewesen, oder würde nun womöglich die ganze Ehe unter einem schlechtem Omen stehen? Doch der Haruspex sprach das eine, erlösende Wort. Unweigerlich hatte sie die Luft angehalten und korrigierte diesen Umstand schnell und ließ die Luft leise entweichen. Daraufhin folgte ein erneutes, tiefes einatmen und allmählich kehrte wieder Farbe in Septimas Gesicht zurück.
Gerade als Septima sich unter den anwesenden Gästen umschaute, um aus zu machen, zu wem sie sich nun gesellen sollte, ohne dabei Aurelius Ursus über den Weg zu laufen, bat ihr Onkel alle ins Triclinium. ‚Verflixt!’ entfuhr es Septima in Gedanken. ‚Im Triclinium kann ich diesem Aurelier nicht länger aus dem Weg gehen.’ Aber die Tiberia nahm sich vor, sich Zeit mit der Platzwahl zu lassen, in so fern der Maiordomus nicht eine feste Sitzordnung verfolgte. Sie ließ ihre beiden Großtanten an ihr vorbei gehen und reihte sich dann in die Menschenmasse mit ein, die ins Triclinium strömte.