Beiträge von Tiberia Septima

    Septima schaute sich noch immer ein wenig misstrauisch um. Es waren reichlich wenig Damen anwesend und Septima hatte noch immer das Gefühl am falschen Platz zu sein. „So... einfach mit machen, ja?“ sprach sie gegen den Lärm an und da Celsus recht abgelenkt wirkte und schon eins mit der wogenden und schreienden Masse geworden war, zupfte sie ihn kurz am Ärmel seiner Toga. „Und für wen mitmachen?“ brüllte sie ihm fast schon ins Ohr. Sie standen hier offensichtlich mitten zwischen den Anhängern der Factio Veneta, da der überwiegende Teil der Menschen in blau gekleidet war, oder blaue Wimpel schwang, also wäre es besser ebenfalls für die blauen zu sein, spekulierte Septima.


    „Purgitius Macer ist aber Anhänger der Roten!“ rief sie ihrem Vetter noch zu, ohne das sie erwähnte, dass der Purgitia ihr angeboten hatte, sich beim Rennen zu ihm zu gesellen. ‚Komm schon, Septima. Das hier ist bestimmt lustig.’ versuchte sie sich selbst aufzumuntern. Interessiert beobachtete sie, was ihr Vetter und die anderen Verrückten weiter veranstalten würden. Und Arvinia? Wie verhielt sie sich in dieser schreienden und ausgelassenen Menschenmenge?

    Nur für einen kurzen Bruchteil sah Septima, wie einer der ihr nicht weiter bekannten Männer herüber schaute. Schnell lehnte sie sich gegen die Säule. Wie sehr war ihre Frisur zerstört? Vorsichtig tastete Septima ihr Haar ab, was es womöglich nur noch schlimmer machte, also ließ sie die Hand ganz schnell wieder sinken. Einer der Skalven, zu dem ihr Steckkamm geflogen war, bückte sich und hob ihn auf. Wieso brachte er ihn ihr nicht? Septima fing grimmig den Blick des Sklaven auf und befahl ihn durch einen kurzen Wink zu sich. Immer noch gut durch die Säule verdeckt, fragte sie ihn in barschen Ton. „Bist du aus dem Hause der Aurelier?“ Kurz wartete sie die positive Antwort ab. „Dann bring mich sofort zu einer Ornatrix.“ forderte sie den Nubier auf und wollte so schnell wie möglich mit ihm das Atrium verlassen. Viel zu peinlich war ihr die Situation. Aber trotzdem wand sie sich hinter der Säule her, noch kurz an ihren Vetter. „Bitte entschuldige mich, Celsus. Ich stelle dir Prisca gleich vor wenn ich wieder zurück bin.“ sprach sie mit freundlicher Stimme, ganz anders als gerade eben noch mit dem Sklaven, der sie hinaus begleiten soll.


    Aus dem Augenwinkel bekam Septima noch mit, wie ihr Onkel zu der Gruppe von Männern ging und irgend etwas mit ihnen besprach. Dabei schaute er sich suchend um. ‚Oh nein… das wird doch wohl nicht...!’ Septima versuchte Luft zu sein und auf schnellstem Wege mit dem Nubier zu verschwinden. Erst als sie aus dem Atrium verschwunden waren, atmete Septima auf und ließ sich in den hinteren Teil des Hauses führen.

    Wie bitte? Dieser Aurelier war schon älter? Sollte sie etwa an einen Greis verheiratet werden? Würde sie das selbe Schicksal treffen wie Laevina? Nicht das Septima ihren Onkel nicht mochte, aber jemanden in seinem Alter als Ehemann zu bekommen? Nein, dass war ganz und gar nicht nach ihrem Geschmack. Sie fühlte sich jung und bereit das Leben in allen Zügen zu genießen. Unweigerlich lief ein Schauer über ihre Haut.


    „Manius meinte, er sei ein junger, ambitionierter Senator. Aber… vielleicht ist er nur aus seiner Sicht jung?“ Dies war mehr eine rethorische Frage, denn eine Antwort wollte Septima lieber nicht hören. Genauso verschwieg sie Macers, dass Durus auch noch gesagt hatte, der Aurelier sei nicht hässlich. Was tat das auch groß zur Sache, wenn ihr Herz schon längst an einem anderen Mann hing?


    Noch immer lagen die Hände der Liebenden ineinander und Septima schöpfte sehr viel Kraft aus dieser Berührung, weshalb sie sich auch traute Macer zu fragen. „Was meinst du mit, du würdest nichts unversucht lassen? Macer, was hast du vor?“ forschend blickte sie ihn an. Was hatte der Octavier geplant? Wie wollte er eine Verbindung, eine Ehe zwischen dem Aurelier und ihr verhindern?

    Septima verstand es, unglaublich herzerweichend süß zu lächeln, und genau so ein Lächeln bekam nun Purgitius Macer von ihr zu sehen. Aber sie ging nicht weiter auf seine Schmeichelei ein, obwohl es ihrer geschundenen Seele immer wieder gut tat und ihr jedes Kompliment mehr Selbstbewusstsein schenkte.


    „Ähm… Ja, eigentlich war ich mit Manius hier her gekommen.“ bestätigte Septima zaghaft und schaute in die Richtung, wo sie ihren Onkel zu letzt gesehen hatte. Er war von einem Senator am Eingang aufgehalten worden. „Merkwürdig, ich kann ihn nirgends sehen. Hm… vielleicht war es etwas dringendes, weshalb er die Naumachie sofort wieder verlassen musste.“ mutmaßte sie und zuckte kurz mit den Schultern. Ein kurzer Wink und Baldemar trat zu seiner Herrin. „Hat dir vielleicht ein Sklave eine Botschaft hinterlassen wohin der Senator wollte?“ fragte sie ihren Leibwächter. Dieser schüttelte den Kopf und verneinte. Septima überschlug kurz die Dauer des Geschehens auf dem Wasser.


    „Purgititus, meinst du es bleibt noch genügend Zeit bis zum Ende der Vorführung, damit ich meinen Sklaven los schicken kann, um sich zu erkundigen wohin mein Onkel ist?“ Wenn es etwas knapp würde, dann müsste Septima ohne Begleitung nach Hause gehen, was nicht unbedingt ungefährlich sein konnte, und ihr Unbehagen bereitete. Also wartete sie auf Macers Antwort, ehe sie Baldemar fort schicken würde.

    Septima sah sichtlich betreten drein, als sie vom Tot des Mannes, sowie des Kindes von Petronilla erfuhr. Wie alt das Kind wohl geworden war? Trotz der vielen Ärzte, war die Kindersterblichkeit noch immer sehr hoch, weshalb das Schicksal der Mutter kein Einzelschicksal war.
    „War dein Bruder älter oder jünger als du?“ erkundigte sich Septima und versuchte so, auf das Alter der Schwägerin von Lucianus zu schließen.


    Erfreut stellte Septima fest, das Serrana und der Senator Germanicus zu ihnen herüber kamen. „Ein wirklich berauschender Abend, nicht wahr?“ begrüßte sie die beiden fröhlich.


    An Senator Vinicius gewandt meinte sie dann noch. „Ja, wir kennen uns bereit. Serrana ist schon fast so etwas wie eine Freundin für mich, nicht wahr Serrana?" Septima zwinkerte der jungen Frau kurz verschwörerisch zu, was diese bestimmt auch falsch interpretieren konnte. "Und Senator Germanicus habe ich bereits bei einer Cena zu den Ludi Romani kennen gelernt. Ein hübsches Haus hast du, Germanicus. Und zum Glück wurde die Feuervorstellung draußen gegeben.“ versuchte Septima einen kleinen Scherz und lachte ungezwungen. Je natürlicher sie sich gab, um so weniger konnte Sedulus bei ihr Verdacht schöpfen, dachte sich Septima.

    Fast schon ertappt schaute Septima in die schönsten blauen Augen der Welt. Hatte Macer ihre Gedanken gelesen? Hatte er ihren Plan erraten, dass sie sich nicht völlig dieser aufgezwungenen Ehe ergeben wollte, sondern jede Möglichkeit nutzten würde, um mit ihm, mit dem Mann ihres Herzen zusammen sein zu können? Wie? Wie nur hatte er das erraten können? Oder war es ein Wink des Schicksals?


    Es war ihr fast schon unangenehm, hier vor Macer über den Mann sprechen zu müssen, den sie in Zukunft ehelichen sollte. Aber Septima gab sich einen Ruck. Der Octavier hatte ein Recht zu erfahren, wen sie eines Tages gemeinsam betrügen würden. (Vorausgesetzt Septima brachte den Mut für ein solches Unterfangen tatsächlich auf.) „Sein Name ist Aurelius Ursus. Er ist Senator. Mehr weiß ich bisher nicht über ihn. Und kennen, geschweige denn gesehen, hab ich ihn auch noch nie.“ erwiderte sie wahrheitsgemäß. Betreten senkte Septima wieder ihren Blick. Es war ein ständiges Auf und Ab der Gefühle.

    Völlig überwältigt von der Offenheit seiner Gefühle, schaute Septima Macer verliebt an. Ein Lächeln ließ sie noch hübscher erscheinen, denn es kam tief aus ihrem Herzen. Inzwischen waren ihre Augen trocken und strahlten den Geliebten offen und ehrlich an.


    „Ach Macer, es könnte alles so schön sein.“ träumte auch Septima kurz von einer glücklichen Zukunft an der Seite des Octaviers. Aber es war ein Traum ohne Zukunft, der zerplatzte, noch bevor er richtig Gestalt annehmen konnte.


    Wieder ergriff die Frustration Besitz von der jungen Frau. Sie schaute auf ihrer beider Hände, die ineinander verschlungen waren. „Wir können nichts tun, Liebster… Mein Onkel wird keiner anderen Verbindung zustimmten. Glaub mir… ich hab es versucht.“ Ihre Stimme war leise, als ob es dadurch weniger schlimm für sie beide wäre. Und Septima hatte es auf unterschwellige Art und Weise versucht ihren Onkel umzustimmen, oder wenigstens einen Aufschub der Hochzeit zu bekommen, aber Durus war alleine dabei schon ungehalten geworden, so dass es Septima lieber auf keinen weiteren Versuch ankommen lassen wollte.

    Septima schaute um die Säule herum zu Celsus. „Aber ich stehe doch neben dir!“ meinte sie gespielt entrüstet. „Na gut, nichts soll uns trennen außer einer Säule im Atrium.“ witzelte sie anschließend weiter. Wie gut das sie sich inzwischen einen anderen Platz gesucht hatte, sonst würde Celsus wer weiß was von ihr denken und er sprach sogar etwas davon aus. Und dabei lag er mit seiner Vermutung gar nicht mal so falsch, nur das sie die Warzen nicht im Gesicht gehabt hatte. Schnell schüttelte Septima die unangenehmen Erinnerungen an ihre Kindheit wieder ab. Dabei flog ein Kämmchen mit silbernem Aufdruck aus ihrem Haar und fiel klirrend zu Boden. Erschrocken schaute Septima hinter ihrem Haarschmuck her. ‚Verdammt noch mal, Frija… Konntest du meine Haare nicht ordentlich stecken.’ fluchte sie ihm Geist auf ihre Serva. Wer hatte dieses Missgeschick mitbekommen? Eine Haarsträhne löste sich aus ihren kunstvoll hochgesteckten Haaren und fiel auf ihre Schulter herab.

    Albina interessierte sich also nicht so sehr für Wagenrennen. 'Ob es mir gefallen wird?' fragte sich Septima unweigerlich. 'Vielleicht ist dies eher ein Sport nur für Männer?' Aber Durus hatte ihr nicht verboten zum Wagenrennen zu gehen, als sie ihn gefragt hatte, ob er denn mitkommen würde. Also war es für die Tiberierin in Ordnung und sie freute sich darüber, dass sie sich an einen Kennern des Sports hängen konnte. „Danke, Purgitius, dass ist sehr nett von dir. Und wenn ich dich zu sehr vom Geschehen ablenken sollte, dann darfst du mir das auch ruhig sagen.“ bot sie ihm direkt an ehrlich zu ihr zu sein, bevor sie es sich mit ihm verscherzte.

    Ein gutaussehender junger Mann erschien kurz nach ihr im Triclinium und noch bevor Septima sich selbst vorstellen konnte, trat auch schon Durus ein und erledigte das für sie beide. „Salve Aulus.“ grüßte sie ihn mit leiser, lieblicher Stimme, die ein Fremder durchaus als schüchtern interpretieren konnte. Sein Kompliment schmeichelte ihr und Septima nickte Celsus lächelnd zu, dann wurde ihr Gesichtsausdruck mitleidiger. „Mein Beileid wegen deiner Eltern.“ Ehrliche Anteilnahme schwang in ihrer Stimme mit. Als Septima ihre Mutter verloren hatte, tat ihr das mehr weh als beim Vater, somit konnte sie sich gut vorstellen, wie der junge Mann sich fühlte.


    „Manius, schön dich zu sehen.“ begrüßte sie auch ihren Onkel und nahm wieder auf der Kline Platz. „Weiß Laevina denn schon von ihrem plötzlichen Familienglück?“ erkundigte sich die junge Tiberia schelmisch.

    Manius schien durchaus erfreut zu sein, über ihr Interesse an der Politik. Allerdings wurde seine Mine immer finsterer als der Name der Germanica fiel. Wie es schien, war seine Abneigung sehr groß.


    „Ja, gehört habe ich von ihm, aber irgendwie muß ich ihm auf dem Fest der Fontinalia aus dem Weg gegangen sein. Sei es nun mit Absicht oder nicht.“ Ein neckisches Lächeln begleitete ihre letzten Worte. „Sie sind Plebejer, was erwartest du von ihnen?“ fragte sie mit einem arroganten Unterton in der Stimme. Nun gut, Septima kannte nicht den Werdegang der beiden Männer, aber wenn ihr Onkel sie ablehnte, würde sie zumindest auch erstmal seiner Meinung sein, bis sie sich persönlich vom Gegenteil überzeugen ließ. „Lehnen denn die Senatoren der Germanicer generell alles ab, was du im Senat vorbringst? Oder seid ihr auch mal einer Meinung?“ Septima hatte absolut keine Ahnung, wie es im Senat vor sich ging. Hielten die Familien immer zusammen? Gab es feste Fronten?


    "Germanicus Sedulus habe ich allerdings schon zwei mal getroffen. Er ist als Mensch gesehen sehr nett, allerdings kenne ich nicht seine politische Einstellung. Was für eine einfache Arbeit hat er denn verrichtet? Und wie hat er es dann in den Senat geschafft?" Septima war sehr gespannt, was ihr Manius alles erzählen konnte und vor allem, würde.

    „Ja, ich werde auf jeden Fall zum Wagenrennen kommen, denn immerhin ist mein Onkel der Ausrichter.“ lachte Septima freudig und schaute Macer von der Seite her an. „Darf ich mich dann an dich halten?“ fragte sie den Mann ihrer Cousine mit lieblicher Stimme. „Dann kannst du mir vor Ort erklären was ich wissen muß.“ fügte sie noch hinzu. Ja doch, der Purgitier war ein durchaus angenehmer Mensch, der sie nicht mit Missachtung strafte, nur weil sie sich mit den Regeln und Gepflogenheiten eines Wagenrennens und seiner Factios nicht auskannte, oder womöglich einfach nur eine Frau war, die dort nichts zu suchen hatte. "Wird Albinia dich zum Wagenrennen begleiten?"


    Ein Knacken und Knirschen war vom Schlachtfeld auf See zu hören und Septima blickte wieder gebannt auf die Seeschlacht. Eines der augustischen Schiffe hatte seinen Rammsporn in eines der antonischen Schifffe gerammt, was dieses widerliche Geräusch von berstendem Holz ausgelöst hatte. Der Kampf war noch lange nicht zu ende und die junge Frau konnte sich nur schwer entscheiden wem oder was sie mehr ihre Aufmerksamkeit schenken solllte. Purgitius Macer und dem bevorstehenden Wagenrennen ihres Onkels oder der Schlacht auf dem Wasser?

    Zusammen mit Celsus und Arvinia betrat Septima den Circus Flaminius und sie kamen gerade noch rechtzeitig um dem Vorlauf zu folgen. Allerdings hatten sie somit nicht groß Zeit sich einen besonders schönen Platz zu suchen und landeten in der Fankurve der Blauen. Septima schaute sich ein wenig befremdlich um. „Ähm... Celsus? Könnten wir uns nicht einen anderen Platz suchen?“ fragte sie ihren Verwandten und deutete auf eine Horde schreiender und hüpfender Männer in blauen Kleidern. Bewußt hatte die junge Tiberia ein Kleid in einem orangefarbenen Farbton ausgewählt, so dass sie niemand, nur wegen ihrer Kleidung, auf eine der Factios festnageln konnte. Ihre Palla war in einem dunklen Braunton gehalten, was sie wiederum recht unscheinbar aussehen ließ. Außerdem war Septima nicht sonderlich geschminkt. Lediglich ihre Lippen leuchteten rot, wie immer.


    „Müssen wir jetzt auch mit schreien?“ fragte sie Arvinia und Celsus mit einem frechen Grinsen. Dies war Septimas erstes Rennen und sie starrte fasziniert einen Mann an, der gerade ein Loblied auf einen Tolimedes sang. Erst dann richtete sie ihr Augenmerk auf die Rennwagen mit den jeweils vier Pferden. Die Atmosphäre im Circus war unbeschreiblich und langsam aber sicher kroch das Adrenalin durch ihre Adern und sie ließ sich vom Enthusiasmus der anderen Anhänger anstecken.

    Der Senator lehnte ihre Aufforderung zu einem Spaziergang nicht ab. Leider waren sie inzwischen bei den Klinen angekommen, so dass Septima ihre Antwort auf später verschob. 'Oder ich halte einfach mal auf dem Forum nach ihm Ausschau.' dachte sie still grinsend bei sich und sprach Durus sowie Lepidus an.


    „Bitte entschuldigt, dass ich euch Senator Flavius entführt habe. Worüber habt ihr gerade gesprochen?“ erkundigte sie sich bei Durus und versuchte somit, in ein eventuelles, politisches Gespräch integriert zu werden. Da es leider nichts politisches war, worüber der Consul und sein Sekretär gesprochen hatten, war Septima ein, was Furianus ihr anvertraut hatte. „Senator Flavius überlegt, erneut für das Amt eines Praetors zu kandidieren. Sind das nicht erfreuliche Neuigkeiten?“ Septima wußte, dass ihre Onkel sehr enttäuscht gewesen war, als Furianus wegen seiner Krankheit die Kandidatur zum Mitconsul von Durus abgelehnt hatte. Sie erhoffte sich mit ihrer Aussage, dass das Gespräch ein wenig in Schwung kommen würde.


    Septima spürte die Augen des Flaviers auf sich ruhen und schaute zu ihrer Rechten, um in anzusehen. Sie bekam gerade noch mit, wie eine Weintraube in seinem Mund verschwand und sein anschließendes, verschmitztes Lächeln. Sie war sich ziemlich sicher, dass sie, wenn sie nicht noch unberührt gewesen wäre, diesen Mann ohne weiteres in eines der vielen Zimmer der Villa hätte schleifen können. Er würde ihr folgen wie ein treues Hündchen. ;)


    Sie erwiderte sein Lächeln recht offen und ließ sich einen Teller von einem der Sklaven geben. Darauf legte sie eine Auswahl der Leckereien, welche auf silbernen Platten auf dem kleinen Tisch standen. Genüsslich biss sie in einen Fleischspieß. „Du solltest die Lammspieße kosten, Senator Flavius. Sie sind sehr verführerisch.“ Erneut verschwand der Spieß in Septimas Mund. Nur ein Mann mit nicht reinen Gedanken konnte sich bei diesem Anblick durchaus etwas anderes vorstellen.

    Endlich nahm Macer sie in seine Arme, was leider dafür sorgte, dass Septima die Tränen nicht länger zurück halten konnte und somit statt der zwei vereinzelten Tränen, ein ganzer Fluss über ihre Wangen lief. Sie schlang ihreseits die Arme um den mageren Körper des Octavier und schluchzte leise. Was für ein schöneres Zeichen seiner Zuneigung hätte es geben können?


    Als Macer sich von ihre löste, spürte sie kurz darauf seine Lippen auf ihrer Stirn. Septima schloss für einen Moment die Augen und spürte dieser sanften Berührung noch nach. Ihre Hände glitten, ausgelöst durch die vorherige Umarmung, an seinen Armen hinab und in Macers Hände hinein. Sie wollte ihn spüren, berühren, mit ihm gemeinsam in ihre Zukunft schauen.


    Macer widerholte, was er ihr bereits im Hortus der Casa Germanica gestanden hatte. Schmetterlinge tanzten in ihrem Bauch umher und ein Kribbeln ging durch Septimas Körper bei diesen Worten und dieser Stimme. Ja, sie liebten sich, aber es war eine verbotene Liebe, eine nicht erwünschte. Aber wer konnte schon Einfluss auf die Liebe nehmen? Sie nicht. Septima auf keinen Fall. Obwohl sie es nicht beabsichtigt hatte, war die Liebe wie ein Orkan über ihr hereingebrochen.


    Sie brauchte einen Moment, um Macer eine Antwort auf seine Frage bezüglich Durus zu geben. Dabei blickten ihre Augen unverwandt in die seinen. „Nein, Manius ist ein sehr guter Mensch. Aber wenn es um die Traditionen geht, da läßt er nicht mit sich reden. Ich denke... er ist der Überzeugung, dass die Liebe nach der Heirat schon noch kommen wird.“ Septima unterbrach sich kurz. „Aber... niemals könnte ich das einem anderen Mann gegenüber empfinden, was ich für dich empfinde.“ Sie unterstrich ihre Worte mit einem sanften Druck seiner Hände.


    Obwohl es sie viel an Überwindung gekostet hatte, Macer ihre Liebe zu gestehen, fühlte sich Septima erleichtert, befreiter.


    Langsam aber sicher reifte ein Plan in der Tiberia, den sie vorläufig aber für sich behielt.

    Der Senator verzieh Septima ihren kleinen Fehltritt und sie lächelte ihn dafür dankbar an. „Oh ja, ein Spektakel war es. Ich kommen nicht umhin, unsere Gastgeberin um ihre schöne Singstimme zu beneiden.“ fügte die junge Frau lachend hinzu. Septimas Eltern hatte nie viel Wert darauf gelegt, dass ihre Tochter gut singen konnte. Das hässliche Kind wurde lieber vor allen versteckt und Septima selbst füllte die Leere in sich mit dem Wissen aus Büchern und dem, was ihr der Magister lehrte. Ob sie selbst eine annehmbare Stimme zum Singen hatte, wusste sie somit nicht.


    „Erzähl mir etwas mehr über deine Schwägerin, Vinicia Petronilla. Wenn ich ihr dann später begegnen sollte, habe ich einen kleinen Vorteil.“ Septima zwinkerte dem Senator zu und hoffte, dass er es im dunklen Garten erkennen konnte. Sie wollte damit nur erreichen, auf nette Art und Weise, etwas mehr über die Familie der Vinicia zu erfahren.


    Septima sah Serranas Lächeln und erwiderte es erneut. Die junge Iunia schien sich blendend in der Begleitung des Germanicer zu amüsieren.

    Septima gewann immer mehr den Eindruck, dass Octavius Macer sich über die Maße entspannt hatte, denn er reagierte überhaupt nicht darauf, dass sie ihn angesprochen hatte. Der junge Mann starrte vor sich hin, nachdem er sich neben sie auf die Kline gelegt hatte. ‚Sehr merkwürdig.’ dachte die junge Tiberia bei sich, widmete sich aber zunächst dem Gespräch der Frauen.


    Prisca schien, ähnlich wie Septima, keine weiteren Geschwister zu haben, was die junge Tiberia mit der hübschen Aurelierin in gewisser weise verband. Septima lächelte freundlich, machte aber sofort eine abwehrende Handbewegung, als Prisca ihr anbot, ebenfalls das Reiten zu erlenen. „Oh nein, ganz bestimmt nicht! Ich habe großen Respekt vor Pferden und sie sollen schön da bleiben, wo sie in Ruhe ihr Gras oder Heu fressen können, aber ganz bestimmt setzte ich mich nicht freiwillig auf einen Gaul.“ lehnte sie sehr bestimmt Priscas freundliches Angebot ab. Dann fügte sie etwas leiser hinzu. „Aber ich gönne euch den Spaß eines Reitausfluges und werde meinen Mund darüber halten.“ Immerhin war es eine doch etwas verruchte Beschäftigung und einer Patzizierin nicht unbedingt angemessen. Und wenn Septima eines war, dann sehr darauf bedacht, dass nichts und niemand ihrem Ruf schaden konnte, welchen sie gerade versuchte in Rom neu aufzubauen. Sie wollte endlich den Schatten des hässlichen, kleinen Mädchens los werden.


    Während sie sprachen wurde die Vorspeise herein getragen. Kurz lauschte Septima dem Gedicht des alten Mannes über den Vesuv, ehe sie sich Clara zu wand.


    ‚Britannia also.’ stellte Septima erstaunt fest. „Rennpferde? Das heißt sie sind auch noch besonders schnell?“ Septima schaute kurz zu Prisca. Zum Glück hatte sie das Reitangebot abgelehnt, denn noch lag ein leicht erschrockener Ausdruck auf ihrem Gesicht. Dann wand sie sich wieder Clara zu. „Heißt das, du stellst Pferde für Wagenrennen zur Verfügung? Oh… das ist ja sooo aufregend!“ konnte die junge Tiberia ihre Begeisterung nicht weiter zurück halten. „Ich war leider noch nie bei einem Wagenrennen, hoffe aber sehr darauf, hier in Rom bald mal an einem teilnehmen zu können. Also… nur als Zuschauer versteht sich.“ Ein verlegenes Kichern folgte, denn Septima hatte mehr als deutlich gemacht, dass sie sich nicht auf den Rücken eines Pferdes setzten würde. Zumindest nicht alleine.


    Während sich Prisca und Clara über ihre Sklaven unterhielten, nahm sich Septima von den mit Kaviar gefüllten Langusten und ließ sich etwas Wein nachfüllen. Worum ging es bei den beiden Sklaven? Beim Essen versuchte sie aus den Worten von Prisca und Clara schlauer zu werden.


    Einen letzten Versuch unternahm Septima noch mal und stupste den Octavier neben sich mit dem Ellenbogen an. „Hey, Macer!“ versuchte sie den jungen Mann aus seiner Gedankenwelt zu holen und lächelte ihn, mit leicht verfärben Zähnen vom Cavier, freundlich an.
    Edit: Nur Tipfehler

    Wie es schien, hatte ihr Onkel etwas mit einem der ihr nicht bekannten jungen Männer zu besprechen, da Durus mit Orestes ein Stück bei Seite trat. ‚Ob das Arvinia’s Verlobter ist?’ fragte sich Septima, ohne zu ahnen, dass dies die richtige Schlussfolgerung war. ‚Oder gar meiner?!’ durchfuhr es sie anschließend und sie machte sich noch kleiner hinter Celsus Rücken. ‚Oh könnte ich doch nur Luft sein!’


    Celsus war ein sehr angenehmer Gesprächspartner und Septima musste leise lachen als er wegen ihrer ausweichenden Antwort zu seinem Aussehen auf den verwandtschaftlichen Nachteil hinwies. Aber auf den Mund gefallen war ihr Cousin nicht. Das machte den Spaß dieser Unterhaltung aus. „Um deinen Intellekt mache ich mir keine Sorgen, Celsus, allerdings kann es nie schaden noch ein wenig üben.“ Ihr freches Grinsen konnte er zu Septimas Glück nicht sehen, dazu hätte sich Celsus umdrehen müssen. Aber bestimmt klang ihre Stimme entsprechend amüsiert.


    Das Ausweiden des armen Lammes verfolgte Septima nur mit halben Auge. Zwar bekam sie, wie fast alle Anwesenden, große Augen als der Haruspex von KEINEN guten Omen sprach, aber der Priester rückte gleich alles wieder zu Recht und deutete sogar SEHR gute Vorzeichen. Puhh… Ein erleichtertes Ausatmen.


    Langsam kam sich Septima, beim Versuch immer hinter Celsus versteckt zu bleiben, ganz schön albern vor. Deshalb wechselte sie die Position und ging auf die andere Seite der Säule, wo sie, dank der Säule, noch immer zum Teil verborgen war, den weiteren Vorgängen im Atrium aber gut folgen konnte.


    Inzwischen hatten auch zwei weitere, ihr bekannte Damen das Atrium betreten und Septima stellte diese nun ihrem Verwandten aus der Entfernung vor. Dieses mal deutete sie nicht mit dem Finger auf die Personen, sondern beschrieb lieber deren Kleidung mit, damit Celsus auch die richtige Person anschaute. „Die hübsche Dame in der hellblauen Palle ist übrigens die Frau von Aurelius Corvinus, Flavia Celerina. Ich kenne sie noch nicht so gut, hoffe aber auf der heutigen Feierlichkeit etwas mehr mit ihr ins Gespräch zu kommen.


    Dann haben wir da noch Aurelia Prisca, die junge Dame mit den schwarzen Haaren. Sie ist eine äußerst angenehme Gesprächspartnerin. Wenn du willst stelle ich sie dir später noch persönlich vor.“ schlug sie Celsus vor und schaute um die Säule herum, um besser in seinem Gesicht lesen zu können, ob Prisca seinem Frauengeschmack entsprach. An sich fand Septima, dass sie und Prisca sich recht ähnlich waren, zumindest vom Wesen her. Sie konnte die Aurelia sehr gut leiden.


    Möglichst unauffällig versuchte Septima anschließend, durch dezente Handzeichen, ihre Großtante Arvinia zu sich zu winken. Wenn sie von möglichst vielen Menschen umgeben war, konnte sie Durus auch nicht so schnell aus der Konversation zerren und ihrem Versprochenen vorstellen. Dieser Gedanke ließ die junge Frau einfach nicht zur Ruhe kommen, geschweige denn diesen Tag in vollen Zügen zu genießen. ‚Wie sich Laevina wohl fühlt.’ Septima nahm sich fest vor, die Braut bei Gelegenheit und unter vier Augen, zu fragen.

    Fröhlich stimmte Septima in das Lachen ihres Onkels ein. Selbstverständlich wären Tänzerinnen undenkbar, aber wenn sie Durus so zum Lachen brachte, war ihr das sehr angenehm. Durus war überhaupt so ganz anders wie ihr Vater. Kaum zu glauben das sie wirklich Brüder waren.


    Als sich beide wieder beruhigt hatten, schaute Septima den Tiberia interessiert an. „Hast du denn Feinde in der Curia?“ fragte sie ernster nach. Das Durus nicht besonders gut auf die Germanicer zu sprechen war hatte sie mitbekommen, als es darum ging, ob sie alle gemeinsam zur Feier der Fontinalia in die Casa Germanica gingen. Durus hatte sehr bestimmt abgelehnt Aber wen gab es noch, der für Gegenwind in der Politik sorgte? „Oder sagen wir so; Wer gibt dir denn den politischen Gegenwind?“ Septima ging zu einem der Stühle vor Durus Schreibtisch und setzte sich. Wenn es nach ihr ginge, könnte diese Unterhaltung ruhig länger dauern. Seid ihrer Ankunft in der Villa Tiberia, war dies das erste längere Gespräch, welches sie mit ihrem Onkel führen konnte.

    „Was bleibt mir anderes übrig als mich zu fügen?“ fuhr Septima Macer härter an als sie gewollt hatte. Was verlangte er von ihr? Das sie sich gegen ihren Vormund, ihren Onkel, den Consul auflehnte? Durus hatte all ihre Versuche, ihn manipulativ in eine andere Richtung zu bringen, abgeblockt. Nein, sie würde sich nicht offen gegen Durus stellen. „Das… das kann ich nicht, Macer.“ gab Septima kleinlaut zu. „Ich kann nur versuchen das beste aus meiner… unserer Situation zu machen, und so wie ich das sehe, ist es am besten wenn Durus nichts von dem Zwischenfall in der Casa Germanica erfährt. Vielleicht… vielleicht kann ich dich ab und zu besuchen kommen?“ fragte sie hoffnungsvoll nach. „… wenn mein Mann mich läst?“ Wenn sie es geschickt anstellen würde, so könnte sie den Octavier ab und an sehen, ohne das jemand dabei war oder es mitbekam. Diese kleinen Momente des Glücks würden ihr gewiss helfen, die schwere Bürde einer arrangierten Ehe zu tragen.


    Aber Macer gab keine Ruhe und er wollte von ihr wissen, ob sie ihn liebte. Diese Frage sorgte für weitere Unruhe in der jungen Frau. Ihre Hände knetend, kullerte wieder eine Träne über ihr Gesicht als sie in diese wundervollen, blauen Augen auf schaute.


    „Ego amo te.“ sprach Septima leise. Doch diese drei Worte würden sie nicht vor dem bewahren, was der Wille ihres Onkels war. „Aber was bringt uns das?“ fragte sie zurück und auch die zweite Träne bahnte sich einen Weg über ihre Wange.