Den Blick von Phaeneas nahm Cimon zwar wahr, doch er richtete noch ein wenig, bis er langsam seine Hände zurück zog. Er wollte nicht unhöflich sein. Der Anblick der so geschafften, wenn auch minimalen Ordnung gefiel dem Nubier. So sah er seinem Gegenüber direkt ins Gesicht und zeigte dabei durchaus auch die Freude über das eigene Dasein in diesen Räumlichkeiten. Die Ruhe tat ihm gut. Hinzu kam die gute Gesellschaft sowie die Aussicht auf neues Wissen.
Was er damit meinte? Manchmal wusste er das selber nicht, in letzter Zeit. Doch er wollte sich bemühen es zu erklären. Dabei dachte er über seine eigenen Gedanken nach und verlor sich in einem durchaus warmen Lächeln.
"Du klangst so betrübt, vorhin...und ich wollte mit meinem Vergleich nur Zeigen, wie andere Menschen leben. Ich persönlich werde alles tun, um zu verhindern jemals wieder...so an meiner Umgebung vorbei zu leben."
Der Nubier wusste nicht, wie ausreichend seine Worte sein würden, doch es wäre nicht schlimm, sollten sie ungenügend sein. Er sah in Phaeneas einen sehr verständnisvollen Gesprächspartner. Das der andere Sklave so wenig zu wissen glaubte und was er zu berichten hatte, ließ Cimon schier staunen. Es dauerte einen kurzen Moment, doch dann zeigte er leuchtende Augen, die von einem freundlichen Nicken unterstützt wurden.
"Allein das ich eben dies nicht gesehen habe, Phaeneas zeigt doch, wie belesen du bist. Ich habe viel gelesen, lesen müssen... aber nur selten habe ich darüber wirklich nachgedacht. Mein Herz war oft bei meiner Mutter."
So ehrlich hatte er es bis jetzt noch niemals ausgesprochen gehabt. Allerdings tat es ihm gut und dies wollte er mit Mimik und Gestik auch durchaus ausdrücken. Das Lachen was Phaeneas nach außen trug, steckte Cimon an. So musste auch er kurz auflachen und konnte anschließend sein Lächeln kaum mehr bändigen. Die Aufforderung ruhig nach zu fragn begegnete der Nubier mit einem offen wirkenden Gesicht sowie einer leichten Andeutung eines Nickens. Eben so, wie er es bei ihrem ersten Aufeinandertreffen versucht hatte.... mit kleinen Gesten und Mimik... Cimon war dabei allerdings wieder kurz davor loszulachen.
Phaeneas' Fragen ließen Cimon sehr nachdenklich wirken. Aber keineswegs negativ. Er wollte einfach richtig und ehrlich antworten, nur dazu brauchte er einige kurze Momente. Die Stille durchbrach er schließlich mit seiner ruhigen Stimme, die zeigte, wie sehr es ihm gefiel über seine Mutter nach zu denken.
"Ich mich als Nubier? Nun, Phaeneas, meine Mutter sagte es oft...ich solle stolz sein...und ja, da es das einzige ist, was ich noch von ihr habe, nenne ich mich einen Nubier. Von meinem Vater weiß ich kaum etwas. Meine Mutter konnte auch nicht sicher sein...sie behauptete immer sie wüsste genau welcher ihrer...Kunden...mein Vater gewesen sei...aber das ist doch unmöglich, nicht war? Er soll jedenfalls ein Soldat gewesen sein. Aber kein Römer..einer von den Hilfstruppen...manchmal behauptete sie sogar er sei ein Offizier gewesen...aber das sicher nur, um mich glücklich zu machen. Ich war sehr jung...nun, nachdem ich einmal einen..Kunden meiner Mutter niedergeschlagen hatte, hatte unser Herr wohl genug von mir. Meine Mutter sagte zum Abschied, das es gut für mich sei, das ich nicht bleiben würde, um für dieses Scheusal Geld einzubringen...damals habe ich es nicht verstanden...oder wollte es nicht. Doch heute weiß ich, das ich selbst mit dem was folgte noch Glück gehabt haben musste."
Er sprach ohne Groll, ohne Hass...etwas Trauer und viel Nachdenklichkeit zeigte sich in seiner Stimme. Aber er merkte, je mehr er sprach, wie leichter es wurde. Dankbar für seine Fragen strahlte der Nubier danach Phaeneas an.
Dann musste Cimon grinsen. Er brauchte nicht aufzuräumen? Fast lachend nickte er als Antwort und rückte nocheinmal kurz eine Tafel zurecht, die eigendlich schon ganz gut lag. Nur um zu zeigen, das es ihm nichts ausmachen würde. Seine Augen sahen schon ein wenig neugierig aus, doch er wagte es nicht nachzufragen. Und hineinschauen würde er niemals. Das schienen doch recht private Tafeln zu sein, so ließ er sie danach auch lieber in ruhe, aus Respekt, dem Verfasser gegenüber.
Erfreut über den Vorschlag den Anfang selber zu lesen, formten seine Lippen ein tonloses 'Ja, gerne', und der Nubier sah dabei Phaeneas neugierig an. Als der andere um den Tisch herum kam und sie nun nebeneinander saßen wollte Cimon schon die Hände ausstrecken. Ließ sich dann aber die Schrift auf den Schoß legen und sah genau hin, wo der Bithynier hinzeigen mochte. Seine Augen folgten dem und er nickte begeistert. Schon nach kurzer Zeit waren seine Augen, seine Gedanken, sein Selbst in der Schrift gefangen. Er sah die Sonne und all die Herrlichen Dinge. Die Götter...und doch dieser Zwiespalt. Cimon wurde immer unruhiger. Seine Augen wollten weiterlesen, er wollte wissen wie es weiterging. Doch er konnte nicht. Gedult... ja, in Gedult üben war nicht leicht. Aber er mochte es schaffen. Langsam sah er auf und löste sich somit aus einer anderen Welt. Wie verträumt mussten seine Augen wirken, als er Phaeneas ansah.
"Der Anfang gefällt mir sehr gut. Die Sonne... ja, sie läßt so einiges wärmer erscheinen, als es ist... aber die Götter..was da steht. Ist das nicht eine Kritik am Glauben? Ich verstehe das nicht.... ich möchte so gerne etwas glauben, nur weiß ich nicht was. Ich bete so oft, und weiß doch nicht zu wem. Bitte.... kann ich...oder willst du?..Ja, liest du es weiter vor?"
Seine Worte mussten ja fast schon kindlich wirken. Aber das war Cimon gleich. Viel zu gespannt war er auf das was folgen mochte. Diese Schrift gefiel ihm, auch wenn sie ihn so sehr zum nachdenken brachte. Oder grade weil sie dies tat.