Beiträge von Aulus Tiberius Ahala Tiberianus

    Ahala vertrieb sich die Wartezeit damit, unauffällig die übrigen Anwesenden ein wenig zu beobachten und Mutmaßungen über deren Anliegen aufzustellen und stellte mit einiger Belustigung fest, dass er derweil seinerseits ebenso unauffällig taxiert wurde. Auf diese Weise gingen die Minuten doch einigermaßen kurzweilig vorbei, und schließlich war es an ihm, an den Herrn des Hauses heranzutreten.


    "Salve Senator Vinicius Hungaricus, danke, dass du mir die Gelegenheit zu einem Gespräch einräumst. Ich bin Tiberius Ahala Tiberianus, der Adoptivsohn von Tiberius Durus, deinem Klienten, und wollte mich gern persönlich bei dir vorstellen und dir meinen Respekt zollen." Natürlich wollte er auch noch etwas anderes, aber ganz so plump mit der Tür ins vinicische Haus zu fallen, bot sich wohl eher nicht an.

    "Salve, Flavius. Vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst mich zu empfangen." erwiderte Ahala die Begrüßung seines Gastgebers, nachdem er in dessen Officium angekommen war und nahm dann wie angeboten Platz.


    "Nun, es ist so, dass ich mich nach einiger Überlegung dazu entschlossen habe, dem politischen Vorbild meines Vaters zu folgen und bei den nächsten Wahlen für das Amt des Vigintivirs zu kandidieren." erklärte er und nahm dankend das Glas Wein aus der Hand des Sklaven in Empfang, bevor er sich wieder dem Senator und Pontifex zuwandte. "Und ich dachte, es sei eine gute Idee, zunächst einmal die Freunde meines Vaters aufzusuchen und sie um ihre Meinung in dieser Sache zu bitten. Von meinem Tirocinium fori bei Aurelius Corvinus einmal abgesehen bin ich politisch ja noch sehr unerfahren und daher für jeden kompetenten Rat dankbar."

    Ahala warf dem Aurelius für dessen prompte Unterstützung einen dankbaren Blick zu, dann sah er hinüber zum Praefectus Urbi, der ihm, wie nicht anders zu erwarten gewesen war, direkt ans Bein gepinkelt hatte.


    "Nun, wie gesagt, liegt meine Präferenz beim Amt des Decemvir litibus iucandi, sollten die hier anwesenden patres conscipti jedoch befinden, dass ich als Tresvir viarum curandum besser geeignet bin, dann werde ich selbstverständlich auch diese Aufgabe gern übernehmen." Nicht, dass Ahala sich im Übermaß für Erbschaftsangelegenheiten interessierte, aber Straßenreinigung war noch viel weniger sein Metier. Zwar hielt er sich durchaus gern und häufig auf den Straßen Roms auf, aber das vorzugsweise des nachts und mit ganz anderen Hintergedanken als deren Zustand.

    Es war soweit. Noch bis vor einer Minute, waehrend Ahala darauf gewartet hatte aufgerufen zu werden, war ihm die ganze ihn umgebene Szenerie nahezu unwirklich erschienen. Er, vor noch nicht allzu langer Zeit Tiberius Celsus, vergnuegungssuechtiger Lebemann aus Syracusae, wuerde in wenigen Sekunden vor dem versammelten Senat stehen und sich um ein Amt des Cursus Honorum bewerben. Unfassbar eigentlich, und selbst fuer einen normalerweise so dickfelligen Menschen wie den Tiberius ziemlich respekteinfloessend, so dass sich sein Puls jetzt doch merklich beschleunigte und sein Magen, den er in den letzten Tagen sicherheitshalber vom sonst durchaus geschaetzten Wein freigehalten hatte, sich unangenehm zusammenballte.
    'So, jetzt reicht es aber, reiss dich gefaelligst am Riemen.' rief Ahala sich selbst zur Raison und erhob sich schnell vom seinem Platz, bevor sich seine Nervositaet eventuell in wackligen Knieen auessern konnte.
    'Sieh das Ganze hier als ein Spiel an, denn damit kennst du dich doch blendend aus. Kein Spiel der Wuerfel diesmal sondern der Worte, aber nichtsdestotrotz ein Spiel, und all diese ehrwuerdigen Senatoren mit ihren Purpurstreifen sitzen am selben Tisch und spielen das selbe Spiel. Ob mit dir oder gegen dich, wird sich noch frueh genug zeigen, also mach dir deshalb noch keine Gedanken und kuemmere dich um deine Rede.' Ja, so funktionierte es tatsaechlich. Ahala wurde ein wenig ruhiger, raeusperte sich kurz und begann.


    "Patres conscripti, ehrwuerdige Senatoren Roms, ich moechte mich zunaechst fuer die Ehre bedanken, vor diesem hohen Haus das Wort ergreifen zu duerfen. Mir ist bewusst, dass ihr alle mit dem Namen meiner Familie weit mehr anfangen koennt als mit meinem Gesicht. Und wie koennte es auch anders sein, sitzt doch einer der ehrenvollsten und wichtigsten Vertreter meiner Gens hier mitten unter euch, mein Vater, Manius Tiberius Durus, der unserem Reich ueber so viele Jahre hinweg schon derart vorbildliche Dienste geleistet und vor nicht allzu langer Zeit sogar das hoechste Amt des Cursus Honorum, das Consulat, zu unser aller Besten bekleidet hat.
    Es erscheint mir beinahe vermessen, angesichts eines solchen Vorbilds vor euch zu treten und euch um die Gelegenheit und Ehre zu bitten, ebenfalls in den Dienst des roemischen Staates treten zu duerfen. Und dennoch tue ich es, ehrwuerdige Senatoren, denn auch ich wuensche mir sehr, einen Beitrag zum Wohlergehen unseres Reiches leisten zu koennen, moege dieser zu Beginn auch eher unbedeutend anmuten angesichts der Verdienste meines Vaters oder des verstorbenen aber nichtsdestotrotz unvergessenen Legaten Quintus Tiberius Vitamalacus. Noch sind meine eigenen politischen Erfahrungen gering, auch wenn ich die Ehre und das grosse Glueck hatte, waehrend meines Tirocinium fori viel von meinem Mentor, dem ehrwuerdigen Senator und Pontifex Aurelius Corvinus, lernen zu duerfen. Aber glaubt mir, ehrwuerdige patres conscripti, ich bin bereit und willens alles dafuer zu tun und zu lernen, um das ehrenvolle Amt eines Vigintivirs zu euer aller Zufriedenheit auszufuellen und euer Vertrauen nicht zu enttaeuschen. Meine persoenliche Praeferenz waere das Amt des Decemviri litibus iucandis, doch werde ich selbstverstaendlich mit Freuden auch jedes andere akzeptieren, das mir zugewiesen wird.
    Ich danke euch noch einmal fuer eure Aufmerksamkeit und die Ehre, vor euch sprechen zu duerfen und hoffe sehr, dass ihr mir die Gelegenheit geben werdet, mich des mir entgegenbrachten Vertrauens wuerdig zu erweisen und meinen eigenen Beitrag zum Wohl unseres Reiches zu leisten."

    So, der erste Teil war ueberstanden, jetzt waren die anderen Spieler am Zug, und Ahala blieb nichts anderes uebrig als abzuwarten und der Dinge zu harren, die noch kommen wuerden.

    Und auch wenn der Vinicius das vielleicht vermuten mochte, so war er doch nicht der letzte Teilnehmer, der zu dieser Cena stiess, denn nach ihm eilte auch noch der Sohn des Hauses ins Triclinium und gruesste in die Runde. "Salvete meine Herren, Vater....entschuldigt bitte mein spaetes Erscheinen." Ein kurzer Blick ueber die Anwesenden zeigte ihm, dass es fast die identische Besetzung war wie bei der letzten "denkwuerdigen" Cena dieser Art vor der Abreise seines Vaters nach Syria. Das konnte ja wieder ein heiterer Abend werden...

    Ah, der Senior schien bislang zufrieden mit ihm zu sein, doch war es in Ahalas Augen noch viel zu frueh, um erleichtert aufzuschnaufen, schliesslich lag der Grossteil der Arbeit noch vor ihm, ganz abgesehen davon, was alles auf ihn zukommen wuerde, wenn man ihn tatsaechlich waehlte!


    "Nun, bislang war ich bei den Flaviern und den Viniciern und natuerlich bei Purgitius Macer. Bei den Claudiern war ich mir nicht sicher, da Senator Claudius Menecrates zur Zeit als Legat in Germanien weilt, und von der restlichen Gens niemand eine wirklich wichtige Stellung bekleidet, mit Ausnahme der Vestalin Claudia Romana natuerlich. Naja, auf die Unterstuetzung der Aurelier hoffe ich natuerlich auch, Aurelius Ursus ist schliesslich Septimas Ehemann, Aurelius Lupus dein Klient und Aurelia Flora deine Verlobte. Welche Senatoren sollte ich deiner Meinung nach denn noch aufsuchen?"

    Einige Zeit nach seinem ersten Besuch fand sich Ahala erneut an der Eingangspforte der Villa Vinicia ein, diesmal in der Hoffnung auf ein Zusammentreffen mit einem weiteren Vertrauten seines Vaters, Senator Vinicius Lucianus, und klopfte an.

    Eigentlich kaum vorstellbar, dass ein anderer Ianitor noch muffeliger auftreten konnte als der tiberische, aber dieses Exemplar hier stellte tatsaechlich eine ernsthafte Konkurrenz dar. Ahala war aufgrund seiner zahlreichen naechtlichen Umtriebe jedoch dickfellig genug im Umgang mit etwas ruederen Zeitgenossen, dass ihm die Unfreundlichkeit seines Gegenuebers kaum auffiel.


    "Salve, ich bin Aulus Tiberius Ahala Tiberianus, und wuerde gern Senator Flavius Gracchus meine Aufwartung machen, falls er etwas Zeit fuer mich erbruegigen kann."

    "Oh, das hätte ich selbstverständlich gern getan." antwortete Ahala mit der gebotenen Mischung aus Betroffen- und Beflissenheit in Miene und Stimme. "Aber Aurelia Narcissa wurde auf dem Landgut ihrer Mutter bei Terentum beigesetzt, daher hab ich davon abgesehen." Das war ausnahmweise mal keine an den Haaren herbeigezogene Ausrede, doch war Ahala alles andere enttäuscht gewesen, dass aus diesem unter normalen Umständen unvermeidlichen Kondolenzbesuch nichts geworden war. Und dann kam der alte Tiberius auf das Thema zu sprechen, mit dem sein Filius schon die ganze Zeit gerechnet hatte, und oh Wunder: schon wieder konnte er bei der Wahrheit bleiben!


    "Die Wahlen? Aber natürlich weiß ich das, Vater. Sie sind für ANTE DIEM VIII ID MAI DCCCLXI A.U.C. (8.5.2011/108 n.Chr.) und ANTE DIEM VII ID MAI DCCCLXI A.U.C. (9.5.2011/108 n.Chr.) festgesetzt worden, und ich habe bereits meine Kandidatur beim Consul bekannt gegeben." Präzise gesagt genau einen Tag vor Ablauf der entsprechenden Frist, aber dieses unwichtige Detail würde Durus sicher nicht interessieren. Mit etwas Glück würde dieser stattdessen jetzt seine komplette Aufmerksamkeit auf die eventuelle religiöse Karriere der kleinen Caerellia richten, und er, Ahala, war erstmal wieder dem väterlichen Focus entschlüpft und konnte sich stattdessen genauer mit dem dekorativen Hauspersonal beschäftigen.

    Dem Rat Purgitius Macers folgend fand sich Ahala nur einige Tage später zur Zeit der Salutatio an der Villa Flavia Felix ein, um Senator und Pontifex Flavius Gracchus und falls möglich auch dessen Verwandten Flavius Piso seine Aufwartung zu machen. Frisch rasiert und angetan mit seiner besten Toga klopfte er wohlgemut an die Porta und wartete ab.

    "Das werde ich gern tun." nickte Ahala und erhob sich, nachdem Purgitius Macer das Gesprächsende eingeläutet hatte. "Vielen Dank, dass du dir die Zeit für mich genommen hast, deine Ratschläge haben mich auf jeden Fall ein ganzes Stück weitergebracht. Vale, Purgitius, mögen die Götter dich beschützen." Ein letztes dankbares Nicken, dann wandte Ahala sich zum Ausgang des Tablinums und verließ schließlich die Casa Purgitia. Ein erstes politisches Sondierungsgespräch lag hinter aber noch unendlich viele andere vor ihm, es gab also noch einiges zu tun.

    "Das ist gut, dann werde ich am besten in der Villa Flavia anfangen und schauen, ob die beiden Herren Zeit für mich haben." entgegnete Ahala erfreut darüber, dass er zumindest mit einem der beiden flavischen Senatoren bereits mehr als ein paar Floskeln ausgetauscht hatte. "Und was die Sache mit dem Praefectus Urbi betrifft...." er runzelte die Stirn und zuckte dann leicht mit den Schultern. "Irgendwas wird mir schon einfallen, wie ich ihn am besten kennenlerne, ohne dass er sich gleich an die Unstimmigkeiten mit meinem Vater erinnert fühlt." Das Wörtchen "Unstimmigkeiten" war vielleicht ein bisschen geschmeichelt angesichts der Tatsache, dass sein rüstiger Senior den Sturz des Präfekten plante, aber nun gut, es war auch nicht falsch und klang deutlich unverbindlicher als die Alternativen, die sich sonst anboten, und von denen Ahala keine Ahnung hatte, wie Purgitius Macer darauf reagieren würde. Nein, der junge Tiberius war zwar ein Spieler, aber soweit gingen Wagemut und Sorglosigkeit dann doch nicht, zumindest nicht, wenn es um das Wohl und die Zukunft seiner gesamten Familie ging. "Im Grunde kommt da nur ein öffentlicher Termin in Frage, privat verkehren wir in absolut unterschiedlichen Kreisen." Vescularius Salinator genoss zwar auch den Ruf eines Weiberhelden, aber nach allem, was Ahala bislang über dieses Thema aufgeschnappt hatte, ließ der Praefectus sich seine Pferdchen nach Hause liefern und kehrte nicht bei ihnen ein, wie er selbst das tat. Aber gut, Salinator hatte auch keinen griesgrämigen Durus daheim sitzen, dem er Theater vorspielen musste oder eine angehende Vestalin, deren moralisches Empfinden es zu schonen galt.


    Ad
    Consul Marcus Vetilius Trigeminus
    Casa Vetilia
    Roma, Provincia Italia


    Sei gegrüßt, ehrenwerter Consul Vetilius,



    Ich, Aulus Tiberius Ahala Tiberianus, Sohn des Manius Tiberius Durus, gebe hiermit für die kommenden Wahlen meine Kandidatur zum Vigintivir bekannt. Bevorzugen würde ich das Amt des Decemvir litibus Iucandis, doch nehme ich selbstverständlich auch jedes andere Amt, das der Senat für mich auswählen könnte, mit Freuden an. Ich bitte, in dieser Angelegenheit zur rechten Zeit vor den Senat treten zu dürfen, um mein Anliegen persönlich vorbringen zu können.


    Mögen die Götter stets ihre schützende Hand über dich halten!


    [Blockierte Grafik: http://i839.photobucket.com/albums/zz312/Inpa67/ahala.gif]

    Ein kurzes dankendes Kopfnicken, dann war der Sklave auch schon wieder verschwunden, und Ahala blieb im Atrium sich selbst überlassen. Gedankenverloren zupfte er ein wenig an seiner Toga herum und richtete sich dann auf eine längere Wartezeit ein, schließlich war er ja bei weitem nicht der einzige Besucher während dieser Salutio.

    Ahala hatte gerade den Mund geöffnet, um seinem Senior einen kurzen Überblick über die letzten Monate zu geben, als Faustina ins Atrium kam und Durus für eine Weile erstmal mit Beschlag belegte. Nicht, dass das Ahala gestört hätte, auf diese Weise konnte er sich wenigstens in Ruhe mal wieder ihre niedliche Sklavin anschauen, die sie praktischweise mitgebracht hatte. Schade, dass er die Kleine immer nur umringt von zig Familienmitgliedern oder irgendwelchen Besuchern antraf, aber da ließ sich sicherlich auch mal ein Zusammentreffen in etwas kleinerem Rahmen arrangieren... Ahala zwinkerte der jungen Frau unauffällig zu, konzentrierte sich dann jedoch wieder auf Durus und dessen Frage.


    "Neuigkeiten hier in Rom? Nun, was die Familie betrifft, ist die wichtigste Neuigkeit wohl, dass unsere Caerellia hier in die engere Auswahl für die Aufnahme bei den Vestalinnen gekommen ist. Flavius Piso war vor einiger Zeit hier und hat uns die gute Nachricht gebracht." Ahala hoffte, diese Ansage mit einem glaubwürdigen Maß an Begeisterung an den Senior gebracht zu haben und beschloss, ein weiteres Thema gleich anzuschließen, auch wenn es einen Menschen betraf, der erst in absehbarer Zukunft zur Familie gehören würde. "Leider gibt es auch bedauerliche Neuigkeiten, die Zwillingsschwester deiner Verlobten ist vor einiger Zeit tödlich verunglückt, und wie man so hört, hat es Aurelia Flora ziemlich hart getroffen."

    Die Vorstellung, stundenlang mit seinem alten Herrn über dessen Reden gebeugt und fachsimpelt zu verbringen, löste in Ahala nur mässige Vorfreude aus, zumal er die von Macer empfohlene Akribie bislang nur im Bereich der körperlichen Ertüchtigung hatte walten lassen. Aber einen Versuch war es wert, schließlich war Durus ein erfahrener Redner, und ihm, Ahala, würden in sowohl in naher als auch fernerer Zukunft noch eine Menge öffentliche Reden bevorstehen, daher nickte er zustimmend.
    An die Flavier und Vinicier hatte er selbst bereits gedacht, zumal Vinicius Hungaricus als Patron seines Vaters ohnehin ganz oben auf der Liste der kontaktierenden Politiker stand. Und wenn er schon einmal dort war, konnte er dessen Verwandten Lucianus vielleicht auch gleich aufsuchen..."Von den Flaviern kenne ich bislang nur Flavius Piso, der ebenfalls ein Arvalbruder ist, näher, aber ich hoffe, dass Flavius Gracchus mich trotzdem empfangen wird. Und Germanicus Avarus ist mir nur aus den Erzählungen meines Vaters bekannt, offenbar ist das Verhältnis der beiden nicht gerade über die Maßen freundschaftlich." Ahala begann unwillkürlich zu grinsen, als er an den Wutausbruch seines Seniors dachte, nachdem er diesem von seiner neuen Thermenbekanntschaft erzählt hatte. "Ich hab ja auch schon daran gedacht, Germanicus Sedulus aufzusuchen, den ich aus den Thermen kenne, aber ich bin mir nicht sicher, ob Vater das gutheissen würde..." Ahalas Grinsen verbreiterte sich, doch als Purgitius Macer dann die letzte Person erwähnte, wurde der junge Tiberius schlagartig wieder ernst. "Der Praefectus Urbi? Hm...Sinn macht das natürlich, aber das wird nicht leicht sein, Vescularius Salinator ist ja nicht gerade als großer Freund der Tiberier bekannt."

    Wie überaus günstig, dass die Rückkehr des Hausherrn diesmal frühzeitig angekündigt worden war, denn das hatte Ahala die Möglichkeit verschafft, in diesem Moment gestriegelt und gespornt und natürlich das Attribut "vorbildlicher Sohn" aus jeder Pore atmend das tiberische Atrium zu betreten und seinen Senior mit einer angemessen begeisterten Reaktion zu begrüßen. Nicht auszudenken, wenn er mal wieder, wie in letzter Zeit häufiger mal, mit dickem Schädel, unrasiert und mit einer Weinfahne um die Ecke gekommen wäre...


    "Vater. wie schön, dass du unversehrt zurückgekehrt bist." sagte er mit ausgestreckten Armen auf Durus zuschreitend und der kleinen Caerellia kurz zuzwinkernd. "Ich hoffe, du hattest eine angenehme Reise und bist wohlauf."

    Wie jetzt, gleichzeitig? GLEICHZEITIG? Ahala kostete es jetzt schon etwas mehr Mühe, seinen entspannt unbeschwerten Gesichtsausdruck beizubehalten und er suchte vergeblich für ein paar Sekunden im Gesicht des Purgitiers einen Hinweis darauf, dass dessen Empfehlung nur ein Scherz gewesen war. Ja, war denn das Klinkenputzen, das ihn die nächsten Wochen und Monate unentrinnbar begleiten würde, nicht schon schlimm genug? Natürlich war es das, und Ahala war sich doch mehr als sicher, dass er das nur mit der Aussicht auf einen abendlichen Krug Wein (oder auch zwei oder drei) in williger und vor allem billiger weiblicher Runde würde ertragen können. Andererseits konnte er ja auch denen mal zur Abwechslung ein kleines Gedicht aufsagen, so quasi als Auftakt oder Abschluss und kleine Hommage an den purgitischen Vorschlag. Ja, das wäre doch ein netter vorläufiger Kompromiss, und sollte er die Wahlen tatsächlich überstehen, konnte er immer noch seine offiziellen Studien weitertreiben! Ahala spürte, wie der Schreck allmählich wieder nachließ und lehnte sich mit einem kleinen Seufzer zurück. "Ja, du hast natürlich Recht, jetzt muss ich mir nur noch überlegen, mit wessen Reden ich mich als erstes näher beschäftigen will. Vielleicht sollte ich direkt bei Vater beginnen, wenn einer in den letzten Jahren im Senat bedeutsame Reden gehalten hat, dann er, und er würde sie sicher mit mir besprechen, wenn ich ihn darum bitte." Im Grunde hatte Ahala nicht die geringste Ahnung, welcher Art und Qualität die öffentlichen Reden seines Seniors in der Vergangenheit gewesen waren, da ihn Politik früher immer herzlich wenig interessiert hatte. Aber ein ehemaliger Consul musste einfach die eine oder andere wichtige Rede gehalten haben, also lag er mit diesem Vorstoß vermutlich auf der sicheren Seite, zumal Purgitius Macer als Freund seines Vaters kaum etwas sagen würde, selbst wenn der alte Durus wider Erwarten allgemein als grottenschlechter Rhetoriker bekannt wäre.


    "Dürfte ich dich ganz offen fragen, welche Politiker du an meiner Stelle als erstes aufsuchen würdest?" hakte er dann, diesmal mit mit echtem Interesse nach. "Es ist mir klar, dass ich die Vertreter aller wichtigen Gentes hier in Rom werde aufsuchen müssen, aber vielleicht gibt es ja in deinen Augen bestimmte Empfindlichkeiten oder Erwartungen, die ich dabei berücksichtigen sollte."

    "Nun, ehrlich gesagt, bin ich froh das zu hören." Die Erleichterung in Ahalas Stimme war vermutlich kaum zu überhören und resultierte nicht nur aus der zu erwartenden Besorgnis um den erfolgreichen Start in eine politische Karriere sondern auch aus seinem nur mäßigen Interesse daran, sich erneut den Tücken und Mühen einer Ausibildung zu stellen. Nicht, dass er es bei dem Aurelier über Gebühr schwer gehabt hätte, nein, eigentlich war dieser ein recht moderater Mentor gewesen. Aber schließlich wusste man ja nie, was nachkam, ein alter Knochen mit der spaßfreien Gesinnung seines Vaters, und schon wäre er für einen unabsehbaren Zeitraum für alle interessanten Dinge des Lebens aus dem Verkehr gezogen. Eine politische Kandidatur war natürlich auch weit von wirklichen Erfreulichkeiten entfernt, aber zumindest würde das etwas sein, das er bis zu einem gewissen Grad selbst würde steuern können. "Denkst du, dass ich meine Studien noch vertiefen sollte, bevor ich mich zur Wahl stelle? Bislang habe ich ja noch keinen Abschluss in Rechtswissenschaften oder Rhetorik... Oder wäre es besser, mich zunächst einmal bei den politisch einflussreichen Männern dieser Stadt bekannt zu machen?"