Beiträge von Aulus Tiberius Ahala Tiberianus

    Während der Praetor laut seinen neuen Namen verkündete (du liebe Güte war der lang....), hielt Celsus die Luft an und horchte einen Moment in sich hinein. Fühlte sich irgendetwas anders an als vorher? Nein, erfreulicherweise nicht, auch wenn er zu seiner großen Überraschung ein nicht unerhebliches Maß an Rührung gepaart mit guten Vorsätzen fühlte, als er sich dem Mann, der von nun an sein Vater sein würde, näherte und ihn umarmte. Dann wandte er sich den weiblichen Mitgliedern seiner Familie zu und verteilte auch hier kurze Umarmungen und Wangenküsse. Aus Celsus war Ahala geworden.


    "Vielen Dank." sagte er an den Praetor gewandt. "Ich werde mein Bestes tun."

    Der scheidende Consul war bereits bei der Umformung des Strafkatalogs angelangt, als auch ein ziemlich abgehetzter Celsus endlich auf der Rostra ankam und sich einen Weg nach vorn bahnte. So unauffällig wie möglich platzierte er sich neben der scheinbar wirklich interessiert zuhörenden Septima, setzte den für öffentliche Ereignisse dieser Art passenden Gesichtsausdruck auf und versuchte dann, seine etwas verspätete Ankunft durch besonders frenetischen Beifall wieder auszugleichen. Wie hatte er diesen Termin nur vergessen können? Gut, dass einer der Haussklave ihn daran erinnert hatte, sonst wäre die Nummer ziemlich peinlich ausgegangen...

    Diese Frage war nun erfreulicherweise leichter zu beantworten, denn Celsus hatte sie seit seiner Ankunft schon einige Male gehört.


    "Nun, mein Vater Tiberius Celus hat es vor seinem frühen Tod bis zum Quaestor gebracht, und ich habe mich entschlossen seinen Weg zu folgen und ihn nach Möglichkeit noch ein wenig weiterzugehen." Naja, strenggenommen, hatte seine Mutter das beschlossen, aber so etwas konnte man einem gestandenen Legionskommandanten ja nicht auf die Nase binden. Zumal das Amt eines Quaestors ja sogar für jemanden wie ihn ein erreichbares Ziel darstellte. Mit den politischen Errungenschaften seines künftigen Adoptiv-Vaters sah es da leider schon ganz anders aus.
    Celsus schob diesen unerquicklichen Gedanken wie immer gekonnt zur Seite und machte einem der Sklaven ein Zeichen, ihm den ersten heissen Guss zu verpassen. Als das heisse Wasser auf seine verspannten Rückenmuskeln traf, seufzte er kurz geniesserisch auf und wandte sich dann wieder seinen beiden Nachbarn zu.


    "Und was ist mit dir? Bist du auch politisch aktiv?" fragte er den Germanicus. Blöde Frage eigentlich. In den großen römischen Familien schienen, von ihm persönlich einmal abgesehen, alle Männer irgendwie das Bedürfnis zu haben, sich im Cursus Honorum so weit wie möglich nach oben zu arbeiten.

    Puh, kaum hatte er die Begrüßung hinter sich gebracht, da wurde es auch schon wieder schwierig. Seit seiner Ankunft in Rom hatte Celsus es sich immer wieder vorgenommen, sich endlich mal in Ruhe mit dem Familienstammbaum zu beschäftigen, aber irgendwie hatten sich stets Sachen gefunden, die deutlich spannender für ihn gewesen waren. Der Name, den Livianus ihm genannt hatte, war Celsus zwar schwach vertraut, aber wirkliche Kenntnisse besaß er über diesen Verwandten nicht.


    "Ja, wir sind miteinander verwandt, allerdings habe ich ihn bislang noch nicht kennenlernen können. Ich bin in Sicilia aufgewachsen, und bin bislang nur mit den Familienmitgliedern vertraut, die zur Zeit in der Villa Tiberia leben. Der Consul Tiberius Durus hat mich dort freundlicherweise aufgenommen." beantwortete Celsus die Frage des Decimers. Der Mann war also nicht nur Senator sondern auch noch Legionskommandant. Erstaunlich, wen man in den Thermen so alles kennenlernen konnte. Vielleicht entpuppte sich der Germanicus ja noch als Pontifex Maximus oder etwas in der Art...Naja, sollte sich tatsächlich so etwas in der Art heraustellen, dann konnte er die hohe Messlatte mit seinen bislang null Erfahrungen auf militärischer und auch politischer Ebene prima wieder ausgleichen.

    Celsus hatte gerade den Mund geöffnet, um auf die Frage des Praetors zu antworten, als Durus ihm in gewohnt schnittiger Weise zuvor kam. So beschränkte sich sein eigener Redebeitrag auf ein wesentlich weniger schnittiges "Öhm, ja, genau...", bevor der Praetor wieder das Wort ergriff und ihn recht unverblümt über die rechtlichen Konsequenzen der bevorstehenden Adrogatio aufklärte. Der Fluchtinstinkt des jungen Tiberiers nahm kurzfristig Dimensionen an, wie er sie nicht mehr erlebt hatte, seit er von drei bewaffneten Gläubigern gleichzeitig durch die nächtlichen Straßen Syracusaes gejagt worden war. Oh, süßes Sicilia, wie reizvoll streckte es doch gerade mal wieder seine Arme nach dem verlorenen Sohn aus....
    Celsus haderte kurz mit sich und seinem Schicksal, dann war die Entscheidung gefallen. Er hatte in den letzten Wochen seit seiner Ankunft bereits sovielen Menschen erfolgreich Theater vorgespielt, dass er aus dieser Nummer jetzt nicht mehr herauskommen würde, ohne sich, und vor allem seine neue Familie vor der ganzen Stadt furchtbar zu blamieren. Und so schmerzfrei er in vielen Dingen auch sein mochte, so etwas konnte und wollte er weder Durus noch seinen weiblichen Verwandten freiwillig antun. Und was sollte auch schon groß passieren? Bislang hatte er sich schließlich auch immer irgendwie durchs Leben schlängeln können, warum sollte ihm das in Rom nicht auch gelingen?


    Der junge Tiberier schluckte kurz, räusperte sich vernehmlich und sagte dann: "Ja, das ist mir bewusst, und ich werde meine Pflichten meinem neuen Vater gegenüber selbstverständlich nach besten Wissen und Gewissen erfüllen." Ja, so hörte sich das gut an, und wer wusste es schon, vielleicht würde er es ja tatsächlich irgendwie hinbekommen...


    "Nun, dann werde ich mich einfach mal überraschen lassen." grinste Celsus und wandte sich auf Chaereas Hinweis dann den beiden "Lockvögeln", einer hübschen Dunkelhaarigen und deren Begleiter zu. "Nein, leider hatten wir bislang nicht das Vergnügen. Freut mich, euch beide kennenzulernen, Germanica Calvena und Quintilius Valerian. Ich bin Tiberius Celsus, und die Dame an meiner Seite ist meine Cousine Septima, aber vielleicht seid ihr ja bereits miteinander bekannt."


    Mittlerweile war es Centho offenbar aufgefallen, dass er ein paar seiner Gäste im Eifer des Gefechts "übersehen hatte und war zu ihnen zurückgekehrt um sich für seinen Fauxpas zu entschuldigen. Celsus klopfte dem Iulier kräftig auf die Schulter und grinste von einem Ohr zum anderen. "Nun mach dir mal keinen Kopf, Centho, ist ja logisch, dass du komplett verpeilt bist, jetzt wo es endgültig ernst für dich wird..." Dann drehte er sich wieder Chaerea zu und bemühte sich, sein Grinsen in ein Lächeln abzumildern, das mit etwas gutem Willen noch als charmant durchgehen konnte.


    "Oh, keine Sorge, ich nehme Centho das nicht übel, er ist schließlich ein feiner Kerl. Allzu lang kennen wir uns noch nicht, wir sind uns bei einem Wagenrennen über die Füße gelaufen. Und selbstverständlich kannst du stolz auf dich sein, so eine große Feier zu organsieren, ohne dass die Ehrengäste was davon mitbekommen, ist schließlich ganz schön viel Arbeit." Ja, Celsus war durchaus bereit, die Arbeit und Mühen anderer Leute anzuerkennen, vor allem dann, wenn keine Gefahr bestand, dass er selbst irgendwie eingebunden wurde. Wobei er in Chaereas Fall vielleicht sogar ein gewisses Maß an Hilfsbereitschaft an den Tag legen würde, schließlich konnte die junge Frau nicht nur auf ihr Organisationstalent stolz sein...

    Normalerweise war Celsus durch feierliche Ereignisse aller Art nicht allzu leicht aus der Ruhe zu bringen, aber heute hatte er sogar so etwas wie einen Kloß im Hals, der bereits eine recht beachtliche Größe erreicht hatte, als der junge Tiberier im Kreise seiner neuen Familie die Basilica Ulpia betrat. Kaum zu glauben, aber wenn er dieses altehrwürdige Gebäude wieder verließ, würde zumindest rein rechtlich ein Anderer sein. In seinem tiefsten Innern war sich Celsus nach wie vor nicht sicher, ob ihm dieser Gedanke wirklich so gut gefiel, aber diese Zweifel und den damit verbundenen nicht unerheblichen Fluchtinstinkt verdrängte er einfach kurzentschlossen. Schließlich hatten ihn die römischen Tiberier mit offenen Armen in ihren Reihen aufgenommen und das Versprechen, das er seiner Mutter auf deren Sterbebett gegeben hatte, war ihm nach wie vor heilig, auch wenn er keine Ahnung hatte, wie er all die hohen Erwartungen auch nur ansatzweise erfüllen sollte.


    Ausnahmsweise mal ohne Grinsen im Gesicht und ein wenig kleinlauter als gewöhnlich ließ Celsus seinen Blick über die anwesenden Verwandten, Durus, Laevina, Arvinia und Septima gleiten, und konzentrierte sich dann voll und ganz auf die bevorstehende Prozedur.

    "Vielen Dank, das ist nett von euch." bedankte sich Celsus für die freundliche Einladung der beiden und ließ sich mit einem Seufzer auf einem freien Platz nieder, bevor er sich den beiden Männern wieder zuwandte . Ein Decimus und ein Germanicus also, es wurde wirklich dringen Zeit für ihn, sich endlich mal genauer mit den wichtigen Familien der römischen Gesellschaft zu beschäftigen.


    Der junge Tiberier musterte neugierig die Männer, die beide älter zu sein schienen als er selbst und bedankte sich bei Sedulus mit einem Kopfnicken dafür, dass er ihm ihre Namen genannt hatte. Du liebe Güte, der eine war sogar ein Senator, dem hatte er selbst ja herzlich wenig entgegenzusetzen..


    "Freut mich sehr, eure Bekanntschaft zu machen. Ich bin übrigens Tiberius Celsus." Wie oft er wohl noch die Gelegenheit haben würde, sich mit diesem Namen vorzustellen? Am besten nutzte er die Gelegenheit, wann immer sie sich bot.

    Vitamalcus, Vitamalcus....sollte der Name ihm irgendetwas sagen? Dummerweise tat er das nicht, und dass obwohl der Verblichene sogar ein Kriegsheld gewesen war. Irgendwie kam ihm der Name sogar vertraut vor, vermutlich hatte seine Mutter mal von ihm geschwärmt und er, wie üblich, auf Durchzug geschaltet.
    Da Celsus den Verblichenen nicht gekannt hatte, hielt sich seine eigene Trauer sehr in Grenzen, aber allein der Anblick der völlig aufgelösten Arvinia reichte schon, um ihn trotzdem betroffen zu machen.


    "Das tut mir wirklich leid." sagte er aufrichtig und legte ganz kurz die Hand auf Arvinias Schulter.


    Unter normalen Umständen hätte sich seine Begeisterung für eine Reise nach Mantua massiv in Grenzen gehalten, aber in dieser Situation war es sogar für Celsus selbstverständlich, seine eigenen Interessen hinter die der Familie zurückzustellen.


    "Ja, natürlich mache ich das. Wo genau müssen wir denn vorsprechen, um ihn abholen zu können?"

    Er mochte ja ein großer Staatsmann und Consul sein, aber als begnadeter Frauenversteher würde Durus wohl kaum in die Geschichte Roms eingehen...Auch Celsus hielt sich auf diesem Gebiet nicht für allzu begnadet, aber selbst ihm war Laevinas unverblümte Verabschiedung unangenehm.


    "Vale, Laevina, und viel Vergnügen mit deiner Cousine." verabschiedete er sich nach kurzem verlegenen Räuspern von der jungen Frau und wandte sich dann wieder Durus zu, der ganz offensichtlich keine Anstalten machte, ihr Gespräch wegen des Weggangs seiner Frau zu unterbrechen oder gar zu beenden.


    "Nun, das klingt ja wirklich relativ unkompliziert." sagte er fast ein wenig überrascht, denn er hatte sich einen solchen Gesetzesakt irgendwie feierlicher vorgestellt. "Welcher Termin schwebt dir denn so vor?"

    Offenbar hatte er es mit dem Sportprogramm in den letzten beiden Tagen ein wenig übertrieben. Celsus' Rücken- und Nackenmuskulatur schmerzten unangenehm, und auch sein restliche Körper fühlte sich derart steif und unbeweglich an, dass vermutlich nur noch eine ordentliche Massage Abhilfe schaffen konnte. Wäre es ihm nur um das Bad gegangen,dann hätte er das auch daheim in der Villa Tiberia erledigen können, aber entweder hatten die dortigen Sklaven keine Ahnung, wie man beim massieren richtig zupackte, oder sie waren auf die Bedürfnisse von älteren Herren wie seinem künftigen Papa eingestellt. Nein, da versprachen die Thermae Agrippae schon einen etwas größeren Effekt.
    Nachdem er sich umgezogen hatte, bewegte sich Celsus gemütlich durchs Caldarium zu der Stelle, an der man den einen oder anderen heissen Guss verabreicht bekommen konnte. Zwar hielten sich in diesem Bereich bereits zwei Männer auf, aber da der Tiberier auch Unbekannten gegenüber recht aufgeschlossen war, sah er kein Problem damit, sich zu den beiden zu gesellen.


    "Salvete, die Herren. Störe ich gerade ein privates Gespräch, oder darf ich dazukommen?"

    "Ach, meine liebe Septima, es ist doch ein beruhigender Gedanke, eine derart tugendhafte Blüte an meiner Seite zu wissen. " entgegnete Celsus und behielt nur mit Mühe seine Gesichtszüge unter Kontrolle. "Zumal ich wirklich meine Zweifel habe, ob ich als selbstloser Retter in der Not die optimale Besetzung wäre..." Mit seiner bevorzugten Lebenshaltung "Leben und leben lassen" war der Tiberier zwar bislang ganz bequem durchs Leben gekommen, fühlte sich als Anstandswauwau für seine nur gerinfügig jüngere Cousine jedoch eher unterqualifiziert.


    Mittlerweile waren sie an das Ehrenpaar des heutigen Abends herangetreten und Celsus' Blick blieb für einen Augenblick bewundernd auf der roten Haarpracht der hübschen Braut liegen. Sieh mal einer an, da hatte der gute Centho doch tatsächlich einen verdammt guten Griff getan und sich reelle Chancen auf hübsche Nachkommenschaft bewahrt, dachte der Tiberier und grinste bei der Erinnerung an die Unterhaltung, die er in den Thermen mit dem Iulier und dem ebenfalls anwesenden Aelius Archias geführt hatte.


    "Salve, Furia Calliphana, es freut mich sehr dich kennenzulernen und wünsche dir alles Gute für deine Zukunft mit diesem Gesellen hier." sagte er lächelnd. Eigentlich wäre jetzt Centho an der Reihe gewesen, aber der marschierte plötzlich mit seiner Verlobten im Schlepptau davon. Celsus sah den beiden einen Moment lang überrascht hinterher und zuckte dann mit den Schultern. Wenn sich das glückliche Paar lieber woanders amüsieren wollte, bitte sehr! Die attraktive Blondine hatten sie ja freundlicherweise zurückgelassen, sonst hätte sich Celsus viermutlich ein bisschen mehr geärgert.


    "Es ist mir eine Ehre, Sergia Chaerea. Diese Feier hat bereits sehr vielversprechend begonnen, ich bin wirklich sehr gespannt, was sie noch für uns alle bereit hält." Celsus zwinkerte Chaerea zu und ließ dann kurz den Blick über die anwesenden Gäste schweifen. Ja, da drüben stand tatsächlich Claudia Romana, die Celsus irgendwie sympathisch war, auch wenn sie seiner Meinung nach zum Teil mehr als verschrobene Ansichten besaß. Er grüßte die Claudia mit einem Kopfnicken und einem Lächeln und wandte sich dann wieder der Gastgeberin zu. "Darf ich fragen, wie du auf die Idee gekommen bist, diese nette Fest zu organisieren?"

    Oh, da hatte er wohl scheinbar in einem ungünstigen Moment gestört. Celsus quittierte Ursus' bösen Blick mit mit einem fröhlichen und ungerührtem Grinsen. Jetzt hatte der gute Mann schon so viele Jahre auf die geeignete Ehefrau gewartet, da kam es auf die zwei Minuten doch wohl auch nicht mehr an, oder?
    Kaum hatte sich Septima jedoch mit der schönen Prisca genähert, da rückte der nette Aurelier doch merklich in den Hintergrund des Interesses, denn Celsus konzentrierte sich jetzt wesentlich lieber auf dessen Cousine.


    "Mein liebe Aurelia Prisca, es ist mir eine große Ehre und ein noch größeres Vergnügen. Ich war schon kurz davor, die Hoffnung auf deine Bekanntschaft aufzugeben." sagte er lächelnd und deutete mit dem Kopf eine kleine Verbeugung an. "Und dein Vetter kann sich selbstverständlich gern zu uns gesellen, schließlich besteht ja kein Grund, warum er weiter dort hinten allein rumstehen sollte wie ein falscher Sesterz. Es sei denn natürlich...." an dieser Stelle ging das Lächeln in ein Grinsen über,"....meine Cousine möchte sich lieber mit ihm allein die überaus spannenden Fruchtbarkeitsrituale anschauen, die gerade stattfinden. Man weiß ja schließlich nie, wofür man das später mal brauchen kann, nicht wahr, Septima?"

    Celsus erwiderte Septimas Lächeln und nickte dabei leicht mit dem Kopf, um ihr zu signalisieren, dass er ihren kleinen Sieg in dieser Angelegenheit durchaus anerkannte. Zumal man in seinem Fall auch kaum von einer Niederlage sprechen konnte, schließlich gab es wahrlich unangenehmere Dinge, als mit einer schönen jungen Frau gemeinsam zu baden. Natürlich wäre das ganze ohne einen ebenfalls nackten Durus im Becken deutlich reizvoller gewesen, aber diese Grube hatte er sich ja nun leider selbst geschaufelt. Da hatte er sich wohl ein wenig von den Gegebenheiten seiner servilischen Familie daheim in Sicilia lenken lassen, denn da waren gemeinsam eingenommene Bäder im Kreis der Familie kein Thema gewesen und hatten ihm selbst, aufgrund des mangelnden Unterhaltungswertes und auch der sich in Grenzen haltenden Attraktivität seiner weiblichen Familienmitglieder, auch in keinster Weise gefehlt.


    Als das Gespräch jetzt auf Wagenrennen kam, leuchteten die Augen des jungen Tiberiers erwartungsfroh auf und er wandte sich Durus zu, als dieser von dem Rennen anlässlich des Latinerfestes erzählte. Endlich mal wieder etwas interessantes! Aber bevor sich das Gespräch in dieser Richtung ein wenig vertiefen konnte, griff Septima ganz tief in die Mottenkiste und erkundigte sich bei Romana nach den Aufgaben einer Vestalin. Ja, wer, um alles in der Welt, wollte denn sowas wirklich wissen? Celsus unterdrückte ein Stöhnen, zauberte mit Müh und Not einen gebührend erfürchtigen Ausdruck auf sein Gesicht und drehte sich dann wieder in Richtung der Claudia.


    "Ja, erzähl doch mal. Wann haben wir schon mal die Gelegenheit, uns mit einer waschechten Vestalin zu unterhalten? Von dem ehrwürdigen Pontifex hier unter uns mal abgesehen..."

    Der Brautzug und die damit verbundenen recht derben Spottlieder waren schon eher nach Celsus' Geschmack als die steife Festtagstafel zuvor und so sang er aus vollem Hals und eher ambitioniert als wohlklingend mit, während der Zug der Gäste sich allmählich der Villa Tiberia näherten.


    "Im Senat als Consul, im Cubiculum als Stier,
    hart muss Durus ran,
    sonst wird das nichts hier..."


    Die Türrituale nach der Ankunft waren nun wieder weniger spannend, und der junge Tiberier vertrieb sich ein wenig die Zeit, indem er erst Ursus und Septima beobachtete, die zusammen ein doch ganz schönes Bild abgaben, und dann den Blick über die übrigen Gäste schweifen ließ. Für einen Moment lang dachte er schon, Aurelia Prisca sei nicht mehr unter den Anwesenden, aber dann entdeckte er sie zu seiner nicht geringen Freude ganz in seiner Nähe, und siehe da, sie schaute ihn gerade an. Was für schöne Augen diese Frau doch besaß...
    Celsus warf wieder einmal einen drängenden Blick auf Septima und versuchte deren Aufmerksamkeit für einen Moment von ihrem zukünftigen Mann abzulenken. Wenn sie jetzt immer noch nicht aus den Pötten kam und ihn der Aurelia vorstellte, dann musste er die Dinge eben selbst in die Hand nehmen.

    Da die Nachricht von Lukios sich ausgesprochen dringend angehört hatte, machte sich Celsus, der normalerweise ein eher gemütlicheres Tempo bevorzugte, so schnell wie möglich auf den Weg ins Tablinum, wo er, wie erwartet Durus, aber auch Arvinia vorfand.
    Der alte Tiberier machte einen ziemlich angegschlagenen Eindruck und seine junge Verwandte war in Tränen aufgelöst, was sogar ihm einen ziemlichen Schrecken einjagte.


    "Was ist denn los?" fragte er besorgt, nachdem er den Raum betreten hatte und auf die beiden zugegangen war.

    "Hätten wir nicht lieber wieder zum Wagenrennen gehen können?" fragte Celsus Septima in leicht nörgelndem Ton und registrierte mit leichtem Unbehagen all das Blumen-Gedöns um ihn herum. "Für so einen Romantik-Kram bin ich wirklich nicht geeignet, vielleicht hättest du lieber Arvinia oder Laevina mitbringen sollen."


    Zum ersten Mal, seit sie ihre wärmende Oberkleidung an der Porta abgegeben hatten, warf Celsus nun einen genaueren Blick auf seine Cousine und schnalzte dann anerkennend mit der Zunge.


    "Nett hast du dich hergerichtet, Cousinchen, da werd ich wohl ziemlich gut auf dich aufpassen müssen, damit dich der gute Ursus auch am ganzen Stück bekommt und nicht irgendein anderer Kerl schon eine Portion abbeisst..."


    Auch der junge Tiberier warf jetzt einen prüfenden Blick in die Runde und wollte Septimas Frage schon mit einem Kopfschütteln verneinen, als er plötzlich doch noch ein bekanntes Gesicht erkannte.


    "Nun, um die Wahrheit zu sagen, kenne ich bislang nur unseren gemeinsamen Bekannten vom Wagenrennen, Centho. Den hab ich übrigens kurz darauf auch nochmal in den Thermen wiedergetroffen, er ist wirklich ein netter Kerl. Ja, lass uns mal zu den beiden rübergehen, dann haben wir den formalen Teil gleich hinter uns." Zumal die schöne Blondine neben Centho und seiner Frau auch eine durchaus reizvolle erste Anlaufstation darstellte...

    Gerade war er zu der Erkenntnis gekommen, dass sein Gehör ihm wohl doch einen Streich gespielt hatte, als aus der Dunkelheit des Gartens heraus plötzlich eine fremdartige aber sehr wohlklingende Melodie ertönte. Celsus kniff die Augen zusammen und wandte sich in die Richtung, aus der die leisen, aber dennoch deutlich vernehmbaren Pfeiftöne kamen. Saß da nicht jemand auf der Steinbank zwischen den Büschen? Aber wer sollte das sein um diese Zeit, bei diesen Temperaturen und ganz allein?


    "Wer ist denn da?" fragte er leise und bewegte sich neugierig einen Schritt auf die mit der Dunkelheit verschmolzenen Person zu.

    Celsus atmete erleichtert auf, als sich Durus ohne weiteres mit der kürzeren Namensversion zufrieden gab, denn das würde ihm die Umstellung auf einen neuen Namen doch deutlich versüßen.
    Und was war das jetzt? Die Ehe sollte wunderbar sein?


    "Naja, wenn du das sagst." erwiderte Celsus ein wenig zweifelnd auf diese mehr als optimistische Behauptung und konnte sich einen weiteren kleinen Seitenblick auf die frischgebackenen Eheleute nicht verkneifen. So wirklich euphorisch sahen die ja alle beide nicht aus, aber vielleicht hoben sie sich die ganz große Begeisterung ja für die stillen Stunden zu zweit auf.


    Seiner eigenen bescheidenen Meinung nach konnte eine Ehe gar nicht spät genug kommen, aber da Celsus das Gefühl hatte, mit einer derartigen Argumentation bei Durus nicht punkten zu können, hielt er lieber seinen Mund und nickte stattdessen wenig überzeugend. Durus hatte gut reden, schließlich hatte der als alter Sack noch eine junge und schöne Frau abbekommen, da musste er ja angetan sein. Aber wer wusste denn schon, was man ihm, Celsus, für ein Exemplar zuschanzen würde? Wenn er richtig Pech hatte, dann blieb er auf jemandem wie seiner verpickelten und nörglerischen Cousine Vitula hängen und das für etliche Jahrzehnte...
    Celsus verzog bei dieser unerfreulichen Vorstellung gequält das Gesicht und wünschte sich nicht zum ersten Mal ins ferne Sicilia zurück. So, wie es zur Zeit aussah, blieb ihm wohl nichts anderes übrig, als das Ganze in Ruhe auszusitzen und darauf zu vertrauen, dass sich nicht allzu schnell eine geeignete Kandidatin im Städtchen finden würde.


    Immerhin versorgte ihn Durus jetzt mit einem geeigneten Stichwort, um dem unerquicklichen Thema Heirat für ein Weilchen zu entfliehen und Celsus ergriff den rettenden Strohhalm sofort.


    "Wie genau läuft denn so eine Adrogatio ab?" fragte er eifrig.