Beiträge von Aulus Tiberius Ahala Tiberianus


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    Stechisorus



    Da die Villa dieser Tage nur von Domina Arvinia und dem jungen Celsus, ach nein, Ahala hieß er ja jetzt, bewohnt wurde, genoss Stechisorus eine Periode angenehmen Nichtstuns und ließ nur ab und dann den einen oder anderen ominösen Gast des jungen Herrn ins Haus.
    Wer es wohl diesmal sen würde?
    Mit nur mäßiger Arbeitswut öffnete der Ianitor die Porta, legte jedoch sofort deutlich mehr Energie an den Tag, als er die junge Herrin Septima erkannte, die vor noch nicht allzu langer Zeit in die Villa Aurelia zu ihrem Ehemann gezogen war.


    "Salve, domina Septima. Wie schön, dass du unser Haus mal wieder mit deinem Besuch beehrst. Komm doch bitte herein." begrüßte er sie und öffnete die Tür ganz, damit die junge Herrin bequem eintreten konnte.

    "Freut mich euch kennenzulernen. Da werden wir sicher noch das eine oder andere miteinander erleben."Ahala nickte dem Aurelier und dem riesigen Duccier (hoffentlich musste er sich mit dem niemals anlegen...) freundlich zu und konzentrierte sich dann auf den Weinhändler, den der Aedil offenbar zu seiner ersten Testperson erkoren hatte. Nur mit Mühe konnte er sich ein breites Grinsen verkneifen, denn ein Schauspieler erkennt den anderen und dieser Händler war in jedem Fall ein Betrüger. Ahala hüstelte kurz und setzte dann einen der Situation angemessen Gesichtsausdruck auf, der sich zu gleichen Teilen aus Ernst,Wichtigkeit und einem angemessenen Maß an Interesse zusammensetzte.

    Ahala konnte sich angenehmere Beschäftigungen für den Vormiitag vorstellen als eine mittelspannende Markt-Inspektion, aber irgendwo und irgendwann musste er ja schließlich auch mal anfangen. Zur vierten Stunde also, hoffentlich kam er da nicht wieder zu spät.


    "Ja, das werde ich tun." bestätigte er Corvinus' Anordnung mit einem leichten Kopfnicken. "Und selbstverständlich werde ich auch an der Inspektion teilnehmen."

    "Ach naja, ich hoffe doch, dass mir nebenbei noch ein paar Möglichkeiten bleiben um mich anderweitig ein wenig abzulenken. "grinste Celsus erneut und räkelte sich ein wenig auf seiner Steinbank, bevor er dem Sklaven das Zeichen für einen erneuten heissen Guss gab. "Selbst in Syracusae gab es die eine oder andere Ablenkung, da kann ich mir kaum vorstellen, dass Rom so ein langweiliges Pflaster ist." Nein, Celsus war ja durchaus guten Willens, seinem künftigen Adoptiv-Vater für dessen Großzügigkeit in der einen oder anderen Weise ein wenig entgegen zu kommen, aber übertreiben musste man es ja nun auch nicht.


    "Ach, ich habt eine Pferdezucht in Germania?" fragte er dann erstaunt nach. "Ich dachte da oben gibt es nur wilde Barbaren und Schnee." Nein, diese Provinz besaß für den sonnenverwöhnten Tiberier, für den Rom sein bislang nördlichster Aufenthaltsort bedeutete, nicht allzu viel Reiz ganz abgesehen davon, dass sich sein Wissen über diese Region des Römischen Reiches auch massiv in Grenzen hielt.


    "Und dir ist die Decke daheim auf den Kopf gefallen? So beengt kannst du doch als Senator und Mitglied einer bekannten und einflussreichen Gens doch gar nicht wohnen, oder? Oder hast du etwa Krach mit deiner Frau?" fragte Celsus unbekümmert und ohne allzu viel Rücksichtsnahme auf gesellschaftliche Etikette nach. Bislang hatte Sedulus einen recht entspannten und lockeren Eindruck auf ihn gemacht, da würde er eine solche Frage wohl auch nicht übelnehmen. Und in seinem Alter war er ja garantiert verheiratet, daher war es gar nicht so unwahrscheinlich, dass Celsus mit seiner Theorie richtig lag.

    Ahala entging die überraschte Reaktion seines Gegenübers nicht, aber da er bis heute selbst nicht nachvollziehen konnte, warum sich Durus ausgerechnet ihn freiwillig ans Bein gebunden hatte, überraschte sie ihn auch nicht weiter.


    "Nun ja, ähm, das hat er." entgegnete er ein wenig verlegen. "Meine Mutter hat ihn auf ihrem Sterbebett um seine Hilfe gebeten, aber mit einer derartigen Großzügigkeit hatte wohl auch sie nicht gerechnet." Nein, das hatte Servilia Caesonina ganz sicher nicht getan, sonst hätte sie einen derartigen Brief vermutlich schon wesentlich früher aufgesetzt und alles dafür getan, dessen Früchte selbst noch erleben zu dürfen.


    Corvinus wirkte nicht allzu abgeneigt, und Ahala atmete erleichtert auf. Eine Absage hätte ihm vermutlich kaum das Herz gebrochen und die Möglichkeit eröffnet, in aller gebotenen Ruhe nach einem neuen Lehrmeister zu suchen. Aber allmählich hatte sogar der junge Tiberier das Gefühl, dass es an der Zeit war, bei seinem Adoptiv-Vater das eine oder andere Erfolgserlebnis vorzuweisen. Zumal ihm ein zweiter Lehrling durchaus zupass kam, denn der bedeutete im Idealfall sowohl weniger Aufmerksamkeit als natürlich auch weniger Arbeit für ihn selbst.


    "Oh, das ist kein Problem für mich." antwortete er und bemühte sich, sich seine Freude nicht allzu deutlich anmerken zu lassen. "Ich werde gern mit deinem Verwandten zusammenarbeiten, und abgesehen davon würde es mich freuen, ein paar Männer meines Standes und Alters kennenzulernen." Nicht, dass ihn die Standeszugehörigkeit seiner Freunde und Bekanntschaften bislang in irgendeiner Weise interessiert hätten, aber ein paar Dünkel hier und da ins Gespräch eingestreut hörten sich sicher ganz überzeugend an.

    Mit dem, wonach ihm der Sinn stand, hätte Celsus eine ganze Menge Unterhaltungen bestreiten können, aber vermutlich würde es sich nicht gerade mit dem decken, was der Germanicer sich darunter vorstellte. Gleich zwei Senatoren, und der eine von ihnen auch noch ein altgedienter Kommandant, - vermutlich wäre es für den weiteren Verlauf dieser Unterhaltung einfacher gewesen, zu ein paar Peregrini ins Becken zu hüpfen.


    "Nun, so ganz genau weiß ich das ehrlich gesagt noch nicht, Senator Germanicus." antwortete er Sedulus und zuckte leicht mit den Schultern. "Meine Familie daheim erhofft sich für mich natürlich eine politische Karriere und mein Gastgeber hier in Rom vermutlich auch. Vielleicht stoße ich bei der Arbeit für den Senator ja auf einen Bereich, der mich besonders interessiert." Vielleicht eine Art Sachverständiger für das Gaststätten- und Unterhaltungsgewerbe, das hätte doch mal was...Vermutlich würde der alte Durus auch nichts dagegen haben, wenn sein künftiger Sohn eine Karriere bei der Armee anstrebte, aber das hörte sich in dessen Ohren falls überhaupt möglich noch anstrengender als das Dasein eines Politkers an. Dann doch lieber das Dasein eines Weltenbummlers wie der Decimer, vorzugsweise natürlich ohne die Arbeit in der Legion!


    "Oh, nach Hispania würde ich auch mal gerne reisen." Sein Grinsen reichte jetzt von einem Ohr zum anderen. "Da soll es doch besonders schöne Frauen und Pferde geben, nach allem, was man so hört." Und da man sich mittlerweile ein wenig warmgeplaudert hatte, beschloss Celsus das Gespräch von der doch eher ermüdenden Zukunftspläne lieber wieder in seichtere Gewässer zu lenken. "Und was hat euch beide heute hier in die Thermen getrieben, wenn ich das fragen darf? Ich persönlich komme ja ganz gern wegen der Sportmöglichkeiten hierher, aber in eurem Fall sind es vermutlich auch die Klienten, oder?" Wichtig genug schienen die beiden älteren Herren ja zu sein und beide waren ganz offensichtlich so wohlhabend, dass sie mit Sicherheit auch ein eigenes Balneum daheim ihr eigen nennen konnten.

    "Nun, ganz entschieden ist das noch nicht, aber vermutlich werde ich das Tirocinium fori wohl beim Senator Aurelius Corvinus ableisten." erklärte Celsus, der froh war, zur Abwechslung mal etwas halbwegs konkretes über seine berufliche und politische Zukunft erzählen zu können. "Der Senator ist wohl ein Freund der Familie und besonders meines Gastgebers, daher lag diese Lösung eigentlich nahe, zumal er in der kommenden Amtszeit als Aedils tätig sein wird."


    Celsus streckte sich kurz aber gründlich, dann musterte er seine beiden Sitznachbarn neugierig. "Da es sich bei euch um altgediente Senatoren handelt, vermute ich mal, dass ihr im Gegensatz zu mir immer schon in Rom gelebt habt, richtig?"

    Wenn man ohnehin schon spät dran war, dann machte es noch deutlich weniger Spaß auf einem überfüllten Marktplatz nach einem bestimmten Gesicht zu suchen. Da Ahala dank seines ausgedehnten regelmäßigen Sportprogramms jedoch relativ schnell zu Fuß war und durch ständige Obacht vor irgendwelchen Gläubigern oder sonstigen ihm nicht allzu gut gesinnten Mitmenschen ein gut trainiertes Auge besaß, hatte er Aurelius Corvinus relativ schnell ausgemacht und eilte auf diesen zu. Auf Zubehör gleich welcher Art hatte er spontan verzichtet, dieses zu organisieren hätte ihn nämlich gleich noch ein wenig mehr Zeit gekostet. Die beiden anderen Männer kannte Ahala bislang noch nicht, aber er war sich ziemlich sicher, beide beim Hochzeitsempfang seiner Cousine Septima gesehen zu haben.


    "Salvete die Herren." begrüßte er die Anwesenden fröhlich. Das Wort "Marktkontrolle klang in den Ohren des Tiberiers ja bestenfalls mittelspannend, aber schließlich hatte er ja Besserung gelobt und musste jetzt hier durch.

    "Hm? Wie? Ja, genau der...." antwortete Ahala reichlich geistesabwesend, da zur Zeit ein schwanzloser Hahn deutlich mehr von seiner Aufmerksamkeit besaß als der sieche Adoptiv-Vater in seinem Urlaubsdomizil. "Aber mach dir da mal keine Gedanken. Mein Vater liegt mit einem gebrochenen Bein in seiner Villa in Baiae und wird von der ganzen Sache hier garantiert nichts mitkriegen." Der Gedanke, sich mit über zwanzig nochmal an eine väterliche Überwachung zu gewöhnen, hatte dem Tiberier ohnehin noch nie gepasst, daher kam ihm Durus' unfreiwilliger Krankenstand im Grunde ganz recht.
    Und so sehr es ihn auch in den Finger juckte endlich anzufangen, die beiden Hähne sahen wirklich alles andere als vertrauenserweckend aus, und daher schüttelte auch Ahala nach kurzer Überlegung den Kopf.


    "Ich werde auch auf die nächste Runde warten. Bei diesen beiden hier könnte man eher darauf tippen, welcher als erster von alleine umfällt."


    Zum Trost nahm auch er sich einen der Weinkrüge vom Tablett und prostete dann grinsend zurück.


    "Darauf trinke ich gern!" Ah, da war auch der gute Centho wieder! "Na Centho, schon fertig mit den beiden Damen? Hoffentlich investierst du bei deiner künftigen Gattin ein bisschen mehr Zeit, sonst geht dir die ganz schnell wieder laufen..."

    Der Übergang von der kontemplativen Phase zur Tiefenmeditation war fast geschafft, als ein Sklave dazwischenfunkte und Ahala sich notgedrungen erheben und diesem zum Hausherrn folgen musste. Während der paar Schritte hin zu dessen Sessel bemühte sich der Tiberier, einen einigermaßen wachen und respektvollen Ausdruck auf sein Gesicht zu zaubern und erwiderte dort angekommen den Gruß des Aureliers oder des Gesichtsschönsten, wie Ahala diesen seit der Hochzeit seines Adoptiv-Vaters in Gedanken nannte. Komisch, dass ihn die entsprechende Bemerkung seiner Cousine Septima immer noch ein wenig wurmte, aber der Tiberier war leider immer schon ein wenig eitel gewesen.


    "Salve, Aurelius Corvinus und vielen Dank, dass du Zeit gefunden hast mich heute zu empfangen." begann er mit der notwendigen Ehrfurcht in der Stimme. "Und du hast recht, wir wurden einander bislang noch nicht offiziell vorgestellt. Ich lebe seit der Ankunft aus Sicilia im Haus meines Adoptiv-Vaters Tiberius Durus und dieser hat mir ans Herz gelegt, dich darum zu bitten, mein Tirocinium Fori bei dir absolvieren zu dürfen, da er große Stücke auf dich und deine politischen Leistungen hält." Das hatte sich jetzt doch gar nicht mal so schlecht angehört. Die Gabe, ohne viel nachzudenken einigermaßen klangvoll vor sich hinzuschwafeln war doch wirklich nicht zu unterschätzen...

    Das eintönige Rumpeln des Reisewagens hatte etwas einschläferndes an sich, doch irgendwie fand der sonst bemerkenswert schmerzfreie Ahala es unpassend, ein Nickerchen zu machen, während seine junge Verwandte weiterhin so traurig durch die Vorhänge des Wagens hinaus auf die langsam vorbeiziehende Via Clodia schaute. Eigentlich hatte er sich ja schon seit längerer Zeit gewünscht, die ausgesprochen sympathisch wirkende Arvinia ein bisschen besser kennenzulernen, aber der Umstand, dass sie gerade dabei waren die sterblichen Überreste ihres Bruders nach Rom zu holen, bot nicht gerade den optimalen Rahmen dafür.


    "Geht es dir einigermaßen, Arvinia?" fragte er aufrichtig besorgt nach. "Wenn du magst, können wir mal eine kurze Pause einlegen und uns ein bisschen die Beine vertreten."

    Da es offenbar noch ein Weilchen dauern konnte, bis Corvinus für ihn Zeit hatte, fläzte sich Ahala ein wenig auf dem ihm angewiesenen Sitzplatz herum und betrachtete dabei nur mäßig interessiert die anwesenden Klienten. Einer langweiliger als der nächste, ob er wohl auch so eine einschläfernde Wirkung auf andere Leute hatte?
    Der junge Tiberier gähnte herzhaft. Schade, dass er in diesem Haus in der nächsten Zeit einen guten Eindruck hinterlassen musste, sonst wäre die Gelegenheit jetzt recht günstig für ein kleines Vormittagsschläfchen gewesen.

    Tja, damit war der morgendliche Ausflug in die Thermen wohl gelaufen... Aber egal, wenn er sich schon einmal aufgerafft hatte, dann war es wohl auch das beste, die verbliebene Restenergie möglichst produktiv über den Tag zu retten.


    "Danke, das macht nichts." erwiderte Ahala kurz und folgte dann dem Jungen, der ihn zu seinem Bestimmungsort in der Villa Aurelia führen würde.

    Ahala war im Moment durch das Geräusch der Würfel und den Anblick der Kampfarena derart voller Adrenalin, dass er die Annäherungsversuche der Damen kaum wahrnahm und eine von ihnen ungeduldig wegwinkte, als sie sich ihm nähern wollte. Nicht, dass er jemals ein Problem damit gehabt hätte, sich mit leichten Mädchen einzulassen, aber jetzt wo es ans Spielen ging, hatte er für nichts anderes mehr Augen. Es war einfach viel zu lange her...
    Sein Blick ruhte gebannt auf dem improvisierten Rund zwischen den gröhlenden Männern und auch die Frage des Aeliers wäre fast an ihm vorbeigegangen.


    "Wie? Ach so..., nun diesen Namen habe ich auf Wunsch meines Adoptivvaters angenommen, Tiberius Durus hat mich großzügigerweise an Sohnes statt angenommen." erklärte Ahala ein wenig verlegen, denn er wollte bei den anderen Männern auf keinen Fall den Eindruck eines statusverliebten Patrizier-Schnösels hinterlassen.


    "Wann geht es denn hier los? Und wer nimmt die Wetten entgegen?" fragte er dann schnell, um das Thema wieder zu wechseln.


    Sim-Off:

    sorry, ich dachte, ich sei noch nicht dran...

    Ach, es war schon zum Mäusemelken...selbst zum Hochzeitsempfang seiner eigenen Cousine (und das mittlerweile sogar ersten Grades) kam er mit Ach und Krach noch pünktlich. Und dummerweise konnte er das noch nicht mal auf seine weibliche Begleitung schieben, denn Arvinia war schon lange vor ihm aufbruchbereit gewesen. Allerdings war die am heutigen Tag auch deutlich besser in Form als er selbst, der irgendwann im Morgengrauen mit einem dicken Schädel auf einem der Büffettische im Triclinium aufgewacht war.
    Und da er dank der morschen Knochen seines Adoptiv-Vaters heute auch noch als offizieller Vertreter der Gens Tiberia auftreten musste, hatten sich mehrere Sklaven einiges an Mühe geben müssen, um aus seinem leicht fahlen und stoppeligen Gesicht wieder ein einigermaßen ansprechendes Antlitz zu rekonstruieren.
    Aber erfreulicherweise hatte er ja seine schöne Verwandte dabei, die würde mit etwas Glück die Aufmerksamkeit der anderen Gäste so lange ablenken, bis er wieder einigermaßen in Form war.


    "Nun, meine Liebe, was meinst du? Sollen wir direkt zum Brautpaar vorstoßen und den offiziellen Teil hinter uns bringen?" fragte Ahala an Arvinia gewandt und warf dann einen Blick Richtung Getränkebuffet, nachdem die beiden Tiberier das Atrium betreten hatten. Wie war noch mal die goldene Regel beim Bekämpfen von Katern? Achja, mit der selben Sache anfangen, mit der man am Vorabend aufgehört hatte. Blöd nur, wenn man sich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern konnte, was das gewesen war...

    Irgendwie schien der aurelische Ianitor über bessere Umgangsformen zu verfügen, als sein chronisch verschnupftes Pendant in der Villa Tiberia...


    Und da Ahala heute zur Abwechslung auch mal einen guten Eindruck hinterlassen wollte, räusperte er sich kurz und warf sich dann in Positur.


    "Salve. Mein Name ist Aulus Tiberius Ahala, ich bin der Adoptivsohn des ehemaligen Consuls Durus und würde gern wegen einer persönlichen Angelegenheit mit dem Senator Aurelius Corvinus sprechen. Ich habe leider keinen Termin, aber vielleicht kann er ja trotzdem ein paar Minuten für mich erübrigen." Den Beinamen "Tiberianus" ließ Ahala der Einfachheit halber bei der Vorstellung unter den Tisch fallen, schließlich konnte man von keinem Sklaven verlangen, sich einen derartigen Rattenschwanz von Namen zu merken.

    Nachdem er sich auf die Nachricht von Durus' Unfall hin erstmal ein paar Tage gegönnt hatte, um die unerfreulichen Nachrichten ein wenig sacken zu lassen, hatte sich Ahala gestriegelt und gespornt auf den Weg zur Villa Aurelia gemacht, um bei Aurelius Corvinus wegen seines Tirocinium fori vorzusprechen.


    Natürlich war angesichts der Abwesenheit seines neuen Vaters die Versuchung groß, noch ein paar Tage Erholung von was auch immer anzuhängen, aber am heutigen Tag fühlte sich der junge Tiberier ausnahmsweise mal motiviert und voller Tatendrang auch was weniger interessante Dinge betraf, und so hob er kurzentschlossen die Hand und klopfte an die Porta. Falls der Aedil heute keine Zeit für ihn haben sollte, konnte er sich ja immer noch mit einem spontanen Besuch in den Thermen trösten...

    Nein, mit wirtschaftlichen Erwägungen hatte sein Umzug nach Rom nun wirklich nichts zu tun gehabt. Bislang war sein Onkel Corbulo für seinen nicht allzu bescheidenen Lebensunterhalt aufgekommen, und von nun an würde das halt Tiberius Durus übernehmen. Wobei Celsus das ungute Gefühl beschlich, dass der alte Senator nicht ganz so anstandslos und ohne weitergehendere Erwartungen sein Geldsäckel hervorziehen würde...


    "Ähm, nun ja, danke sehr...." reagierte er ein wenig verlegen auf Sedulus' Lob. Hätte seine Mutter auf dem Sterbebett nicht den guten alten Onkel Durus aus dem Hut gezogen, dann wäre Celsus mit Sicherheit nie auf die Idee gekommen, auch nur einen Fuß nach Rom zu setzen. Zumindest nicht, um in die Politik zu gehen. Die hiesigen Wagenrennen hätte er sich früher oder später sicher mal ansehen wollen, aber dafür hätte ja auch eine kleine Vergnügungsreise ab und an gereicht.


    Ach, du liebe Güte, noch ein Senator....Und für was es hier in Hauptstadt alles Verantwortliche gab. Da hatte er wohl noch einen langen und steinigen Weg vor sich.


    "Oh, das hört sich aber interessant an." sagte er mit gebührend beeindrucktem Gesichtsausdruck. "Von derartigen politischen Höhen bin ich selbst natürlich noch weit entfernt, ich werde in den nächsten Tagen erst mein Tirocinium fori beginnen." Celsus seufzte bedeutungsschwer auf, dann fiel ihm wieder ein, dass er schon seit einigen Tagen in der Villa Aurelia bei Aurelius Corvinus hätte vorsprechen sollen. Naja egal, morgen war ja auch noch ein Tag...

    "Ach, das erkläre ich euch später in Ruhe." wiegelte Ahala Archias' verständlicherweise verwirrte Frage wegen seines neuen Cognomens ab. Zum einen waren ihre Namen hier und heute ohnehin ohne Belang, und zum anderen hatte er irgendwie keine Lust, sich selbst durch die Erwähnung seines neuen über Fehl und Tadel erhabenen Vaters die Laune verderben zu lassen.
    Da bot die neue Bekanntschaft mit dem Iulier doch eine angenehme Ablenkung.


    "Noch ein Iulier? Meine Herren, ich bin immer wieder erstaunt, wieviele Mitglieder Centhos Sippschaft doch hat. Scheinbar wachst ihr auf den Bäumen..." feixte Ahala und grinste Casca an. "Und der gute Centho wird in Bälde wohl dazu beitragen, dass die Gens noch ein bisschen größer wird, nicht wahr, Kumpel?"


    Dann betraten die vier Männer jedoch die taberna virosa und Centhos Fortpflanzungsfähigkeiten verloren in den Augen des Tiberiers schlagartig jedes Interesse. Ein Wirrwar aus Gerüchen und Dünsten verschiedenster Art schlug in dem kleinen überfüllten Raum über ihm zusammen, und Ahala zog geniesserisch die Luft ein, als säße er in einem mit kostbaren Duftölen bestückten Dampfbad. Ach, war das herrlich... Der Tiberier schlängelte sich hinter seinen Begleitern durch die sich anrempelnden und pöbelnden Gruppen und verlor für einen Moment den Anschluss, als er von dem vertrauten Geräusch fallender Würfel angezogen, plötzlich stehenblieb. Ein bekanntes Kribbeln stieg langsam Ahalas Wirbelsäule empor und sammelte sich auf seiner Kopfhaut. Oh Götter, wie lange hatte er eigentlich schon nicht mehr gespielt?
    Mit Müh und Not riss er sich schließlich von dem Anblick der Würfelrunde los und folgte den Übrigen hinaus in den Hinterhof. Die frische Luft ernüchterte in ein bisschen, aber spätestens beim Anblick der improvisierten Kampfarena kehrte das Kribbeln wieder zurück.


    "Oh Mann, für die kulturelle Empfehlung hast du echt einen bei mir gut." sagte er anerkennend und mit leicht belegter Stimme zu dem Aelier.

    Bestens gelaunt und ein fröhliches Liedchen pfeifend schlenderte der junge Tiberier, den Rom für kurze Zeit als Celsus kennengelernt hatte durch die dunklen Straßen der Subura und hielt Ausschau nach Archias und Centho. Seine Adrogatio lag erst wenige Tage zurück und wie hätte man die besser feiern können als im Kreise netter Kumpel? Zumal sein neuer Vater gerade nach Baiae abgereist war, und er es guten Gewissens ein paar Tage ruhig angehen konnte, bevor der Ernst des Lebens in Form des Tirocinium fori losging.
    In Sachen Tarnkleidung hatte er es bereits daheim in Sicilia zu ziemlicher Perfektion gebracht und hatte aus seinem reichhaltigen Repertoire für den heutigen Abend den hart arbeitenden Töpfermeister ausgewählt, der seinen sauer verdienten Tagesverdienst unters Volk brachte. Sowohl die schon leicht fadenscheinige Tunika aus groben Stoff, als auch seine Hände wiesen Tonspuren auf, und zur Abrundung des Ganzen hatten auch seine Haare ein paar unauffällige Sprenkler abbekommen. Eigentlich war ja die Rinderzüchter-Tarnung sein heimlicher Favorit, aber die damit verbundene Geruchsbildung machte das Schließen neuer Bekanntschaften immer ein wenig schwierig und man konnte ja nicht wissen, was dieser Abend in dieser Hinsicht an Möglichkeiten bringen würde.


    Kaum war er um die letzte Ecke gebogen, da nahm er auch schon drei männliche Gestalten wahr, von denen ihm zwei durchaus bekannt waren.


    "Centho und Archias, prima, dass es so schnell geklappt hat." begrüßte er den Aelier und den Iulier mit einem breiten Grinsen und griff nach deren Armen, bevor er sich dem dritten im Bunde zuwandte.


    "Ich glaube, wir zwei kennen uns noch nicht, ich bin Tiberius Cel....äh Ahala, freut mich dich kennenzulernen."