Ad
Sextus Aurelius Lupus
Villa Aurelia
Roma
Italia
Salve, werter Vetter!
Dunkle Zeiten sind es, die wir Aurelier durchleben müssen. Von Narcissas Tod wurde mir bereits berichtet, ihre Mutter schickte mir einen Boten. Von der Tiefe meiner Trauer kann ich kaum berichten. Noch dazu, weil dies nicht der einzige Verlust ist, der uns getroffen hat. Vor einigen Tagen brachte man einen Toten zur Castra, der auf der Straße nach Norden zu Tode gekommen war. Höchstwahrscheinlich wurde er ermordet. Ich kann Dir nicht sagen, welch ein Schock es für mich war, zu sehen, daß es sich um unseren lieben Vetter Cotta handelte! Wegen der Seuche konnte ich ihn nicht zu euch bringen lassen. Ich mußte ihn verbrennen, doch seine Asche werde ich mitbringen, wenn ich nach Rom komme, um meine Familie zu holen.
Sextus, es fällt mir schwer, die richtigen Worte zu finden. Ich darf der Trauer nicht erlauben, mich zu übermannen, denn meine Männer brauchen einen starken Kommandanten! Es fällt mir so schwer, so unendlich schwer. Ich muß aufhören, darüber zu schreiben, sonst verliere ich die Kraft, das Weitere durchzustehen.
Die Seuche läßt nach. Wir hatten schon zwei Tage keine neuen Erkrankungen mehr. Ich denke, wir haben es geschafft. Doch kann ich immer noch nicht fort, es ist sehr viel zu tun, zumal die Magistrate ihre Posten verlassen haben, entweder wegen Krankheit oder weil sie Angst hatten.
Was die Todesursache bei Narcissa angeht, so bin ich Deiner Meinung. Wir sollten den Fall von einer Leiter angeben, sollten wir gefragt werden. Und Flora... Vielleicht sollte ich mit ihr reden, wenn ich nach Rom komme. Mit Avianus werde ich dann ebenfalls sprechen, denn Du hast Recht, es wird allerhöchste Zeit, daß er sich vermählt.
Bitte bestelle Deiner Frau meine allerherzlichsten Grüße. Ich freue mich sehr für euch beide. Endlich wieder neues Leben, wo uns doch so viele Verluste getroffen haben. Was Deine Wahl angeht, so werde ich tun, was ich kann. Das ist von hier leider nicht so sehr viel, doch was möglich ist, will ich veranlassen. Ich wünsche Dir viel Glück und bedaure es, daß ich Dich nicht direkt im Senat unterstützen kann wegen meiner Tätigkeit hier.
Die Ablehnung des Claudiers bei den Saliern bestürzt mich geradezu. Wie konnte so etwas geschehen? Die Claudier sind uns eng verbunden, meine Mutter war ja schließlich eine Claudia wie Du weißt und ich versuche gerade, die Beziehung zwischen unseren Gentes wieder zu festigen. Und nun so etwas? Kann es nicht sein, daß der junge Claudier ein paar Dinge mißverstanden hat? Daß es ihm an Erfahrung fehlt? Seine Formulierungen schlicht ungeschickt waren? Ich kann mir einfach nicht vorstellen, daß er uns mit Absicht beleidigt hat und möchte Dich bitten, ein direktes Gespräch mit ihm zu suchen und diese Angelegenheit zu klären. Vielleicht kann eine erneute Vorstellung und Wahl stattfinden, wenn die Mißverständnisse ausgeräumt wurden. Am liebsten würde ich ihn selbst zu einem Gespräch einladen, doch die gegenwärtige Situation erlaubt so etwas leider noch nicht. Es ist auf jeden Fall in unser aller Interesse, ein gutes Verhältnis zu den Claudiern zu pflegen. Wir Patrizier stehen zur Zeit genug unter Beschuß, wir müssen uns nicht noch gegenseitig zerfleischen.
Tu mir bitte noch einen Gefallen: Trommel die Familie zusammen und dann bringt ein großes Opfer dar. Unsere Familie braucht dringend den Beistand der Götter. Tut es, bevor es heißt, die Götter würden uns zürnen! Ein solcher Ruf wäre für uns auch mehr als schädlich.
Bitte laß bald wieder von Dir hören und grüße alle anderen von mir.
Mögen die Götter sich unserer Familie wieder zuwenden und euch alle beschützen.
Vale,
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