Iulia erreichte das Kapitol. Sie ging an einigen Tempeln vorüber und bemerkte, wie sie immer unsicher wurde. Sie wollte Priesterin werden. Doch was, wenn die Götter sie gar nicht als Priesterin haben wollten? Unentschlossen sah das Mädchen sich um und erspähte dabei per Zufall den Platz der Auguren. Eine kleine Schlange löste sich gerade auf, sodass ihr freier Blick auf die Auguren gewährt wurde. Einer Eingebung folgend trat sie auf diese zu. "Salve. Ich würde gerne euren Rat einholen, wenn das möglich ist."
Beiträge von Iulia Musa
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„Ein Bär? Bei den Göttern! Das klingt wie ein wahrgewordener Alptraum.“ Mitleid mit dem Tier konnte sie nicht empfinden, wohl aber mit dem Schrecken. Entgeistert schüttelte das Mädchen den Kopf. „Sind viele Menschen zu Schaden gekommen damals?
„Nein, nur noch meinen Onkel.“ Der Kloß in ihrem Hals ließ sich nur mühsam verschlucken. „Und außer ihm die vielen Familienmitglieder natürlich, die ich zwar größtenteils noch nicht kennengelernt habe… Aber es genügt zu wissen, dass sie da sind.“
Furias Erzählung hörte sich an wie eine großartige göttliche Fügung. „Wenn das so ist, seid ihr wohl füreinander bestimmt. Es ist wichtig, Dinge zu lieben, die einander verbinden.“ Das machte den Alltag lebendiger und der Partner blieb länger spannend, hatte ihre Mutter ihr immer erzählt. Mein Thema lesen räusperte Mictio sich. „Nun, ich kann lesen, jedoch tu ich es nicht gerne. Es ist so still und mühsam. Gesang oder das Spielen eines Instrumentes hingegen vertreibt die Stille. Das bevorzuge ich eher. Es ist schön, wenn ich auf den Gesichtern meiner Zuhörer lesen kann, dass es sie berührt und gefällt.“ Sie lächelte. „Gerne werde ich euch bei Gelegenheit etwas vorsingen. Vielleicht aber besser erst, wenn ich diesen überaus interessant klingenden Kurs absolviert habe. Das werde ich mir einmal genauer ansehen. Vielen Dank für diesen Hinweis.“Sie nickte. „Es ist bestimmt eine zeitaufwendige Aufgabe. Leider weiß ich auch noch nicht sehr viel über den Alltag als Priesterin. Wenn du möchtest und Centho nicht dagegen hat, können wir ja zusammen zu den Tempeln gehen. Du lässt dich informieren und ich melde mich zum Dienst an den Göttern. Ich möchte allen Dienen, im Speziellen jedoch Fortuna oder Iuno.“
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Musa nickte lächelnd. Ihre Heimat war wirklich ein von den Göttern gesegnetes Land, und ja, sie war hierher gekommen, weil sie dort keine familiären Bande mehr vorzuweisen hatte. Traurig, aber wahr. „So ist es. Meine Mutter hätte es zudem nicht gern gesehen, dass ich auf mich allein gestellt bin.“ Sie war vermutlich nicht halb so tough wie ihre freundliche Begleiterin.
„Das wünsche ich dir ebenso, Decima.“ Sie gingen kurz schweigend, erreichten die Tempel beinahe. Es war Zeit sich zu verabschieden. „Es war schön dich kennen zu lernen. Ich bin mir sicher, von dir könnte ich noch so einiges lernen. Ich bete zu den Göttern, dass wir uns einmal wieder begegnen, und sie dich auf deinem Weg beschützen.“
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Musa nickte verstehend. „In die Politik zieht es dich. Natürlich. Ich hoffe, du wirst es weit bringen.“ Auch sie lächelte. „Wann stehen die nächsten Wahlen denn an? Du weißt, hätte ich eine Stimme, so würde ich sie dir und keinem anderen geben.“
Sie nippte an ihrem Becher. Damit kamen sie ja schon auf den Punkt. „Decima Valeria. Kennst du sie? Eine Frau, vermutlich in ihren Vierzigern, allem Anschein nach ausgezehrt und müde. Ich frage mich, welches Schicksal eine hübsche Frau wie sie so zeichnete…“ Kurz driftete ihr Blick in die Ferne. Erst im Nachhinein war Iulia die Kühle, die in dieser Frau zu herrschen schien, aufgefallen. „Nun, wir sind gemeinsam zu den Tempeln gegangen. Ich wollte dafür danken, dass ich wohlbehalten hierher und in den sicheren Schoß der Familie gekommen bin. Dort haben sich unsere Wege getrennt. Du weißt ja, wie das ist. Sie wollte opfern, ich ebenso, und dabei muss man sich ja nicht unbedingt im Wege stehen, wenn man sich noch nur unzureichend kennt.“
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„Aus Misenum?“ Musa kostete einen stark verwässerten Schluck. Sie konnte keinen großen Unterschied zu anderem Wein schmecken, was vielleicht daran lag, dass ihre Becher immer mit viel Wasser und nur ganz, ganz wenig Wein befüllt wurden. Und Wasser schmeckte weithin bekannt immer gleich. „Ich kenne leider nicht viele Weine, aber dieser hier hat einen guten Geschmack.“ Sie stellte den Becher weg, um sich auf das Gespräch konzentrieren zu können.
„Darf ich fragen, welchen beruflichen Pflichten du nun hier in Rom nachgehst oder nachgehen möchtest?“ Sie wollte nicht zu neugierig erscheinen, lächelte dann. „Ich habe mich schnell hier eingelebt. Es ist hier keine Fremde für mich, ich kenne das Haus und die Umgebung. Nur viele der neuen Bewohner des Hauses kenne ich nicht. Wir sind eine große Familie, wird mir immer wieder dann deutlich, wenn ich einem neuen Gesicht begegne, das zu unserer geliebten Familie gehört.“ Sie nickte. „Es gefällt mir von Tag zu Tag besser hier. Heute habe ich die Bekanntschaft einer Decima gemacht. Eine sehr freundliche und interessante Frau. Wie es die Götter so wollten, hat sie vor Jahren in den Tempeln gedient und so habe ich mir ihr angeschlossen, weil unserer beider Wege dasselbe Ziel hatten. Stell dir vor, sie wäre dereinst beinahe zur Ponitfex Minor ernannt worden.“
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Musa beobachtete Livilla. Sie schien den Abschied von Germanien noch nicht verwunden zu haben. Doch sie konnte ihr nachfühlen. Auch für Musa war gerade die Zeit des Heimweh.
„In Mogontiacum? Ist es dort nicht viel zu dunkel und zu kalt? Ich habe gehört, es mag vielleicht nur eine Geschichte gewesen sein, dass die Bäume dort viel dichter stehen als in Italia und die Sonne daher nur selten bis auf den Boden scheint. Ist das wahr? Wenn dem so ist, stelle ich mir das Leben dort äußerst frostig und freudlos vor.“
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„Sehr gerne. Meine Ortkenntnisse sind mangelhaft, trotz der vielen Besuche, die ich der Stadt geleistet habe.“ Eine Stadt wie Rom musste man unbedingt besser kennen, erst recht, wenn man jetzt hier lebte.
„Wer weiß. Es ist eine lange Reise in meine Heimat und dort wartet nun niemand mehr auf mich.“ Etwas Wehmut verspürte sie schon, wenn sie daran dachte, dass es nicht sicher war, ob sie jemals wieder in Achaias Gärten flanieren würde. Aber Furia hatte recht; es gab hier noch so vieles zu entdecken, dass sie Achaia bestimmt nicht so schnell vermissen würde.Musa dachte kurz nach und lächelte milde. „Bestimmt bist du eine der glücklichsten Frauen Roms. Es muss wirklich ein sehr gutes Gefühl sein, den Mann zu heiraten, den du liebst. Ich habe mit Proximus noch nicht darüber geredet, doch wird er sicherlich ein Wörtchen mitreden wollen bei der Wahl eines Mannes.“ Das war wahrscheinlich auch wirklich besser so. Er kannte viel mehr Männer als sie und wohl auch ihre Charaktere. „Wie habt ihr euch denn kennen gelernt?“
Musa lächelte erfreut. Eine Frau mehr im Haus. Das konnte nur gut sein. Wenn sie so tüchtig war, wie sie den Eindruck machte, dann würde sie ein beträchtlicher Zugewinn für die Casa sein. Für die Casa und für deren Bewohner. Hoffentlich blieb dann auch Nachwuchs nicht zu lange aus. Kinder waren so niedlich anzusehen. Ihre Mutter würde ihnen bestimmt häufig vorlesen, bei solch einem Beruf.
Sie wurde etwas nervös, als sie gefragt wurde, was sie interessierte. „Da gibt es einiges. Überwiegend Dinge, bei denen ich kreativ sein kann. Meinen Namen bekam ich, weil ich schon als kleines Kind gerne sang. Zu dem nehmen die Götter einen hohen Stellenwert in meinem Leben ein. Ich möchte Priesterin werden, weißt du?“ -
Musa nickte. „Das ist richtig. Ich habe den besten Tutor, den man sich nur wünschen kann.“ Sie lächelte Livilla an und wartete, bis sie sich vorstelle. Zwischenzeitlich war Saturninus dazu gekommen, ein gutaussehender Mann besten Alters. „Salve, Saturninus, es freut mich deine Bekanntschaft zu machen. Ich bin Iulia Musa, Proximus‘ Nichte.“ Dann wandte sie sich wieder der anderen Iulia zu. Sie schätzte sie ungefähr gleichaltrig ein, was sie ihr gleich sehr sympathisch machte. „Wo warst du denn zuvor?“ Es erschien ihr als ein gutes Thema, mit Livilla eine Konversation in Schwung zu bringen. Vielleicht würden die Männer sich einmischen.
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Nach Centho sprach noch ein Mann, dann gesellte sich ein weitere zu ihnen und es wurde etwas bestimmt sehr Wichtiges besprochen. Da kam mit einem Mal auch Bewegung in die Zuschauer der Vereidigung. Man warf einen Blick nach rechts und links, um Kontakte zu pflegen und zu knüpfen. Musa wandte sich mit einem Lächeln den Zuspätgekommenen zu. Alle drei hatte sie bereits mal gesehen, nur mit einer hatte sie sich jedoch bislang erst unterhalten.
Die junge Musa ließ ihrem Onkel den Vortritt, die Angehörigen zu begrüßen, dann erst sprach sie selbst. “Salve, Furia! Gut siehst du aus – ich freue mich auch, dich zu sehen.“ Sichtlich froh war sie, Centhos Verlobte wieder zu sehen. Dann wandte sie sich den beiden bekannten Gesichtern zu. “Salvete. Wir kennen uns noch nicht. Ich bin Iulia Musa, die Nichte Proximus‘ und erst seit einige Wochen in Rom.“
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Für Musa war das der erste Kontakt mit der Öffentlichkeit nach ihrer Ankunft in Rom. Vor Nervosität war sie früh erwacht und hatte die Zeit genutzt, um sich fein herausputzen zu lassen. Nun trug sie einen hellblaue Tunika und darüber eine indigoblaue Stola. Eine Palla in gleicher Farbe war ihr locker über den Kopf gelegt, die dunkelbraunen Haare darunter modisch frisiert.
Um die Rostra herum scharten sich die Angehörigen und Fürsprecher der neuen Magistrate, die gerade ihre Eide leisteten. Sie bedachte Centho mit einem Lächeln, als er nun an die Reihe kam. Er machte seine Sache ganz toll, befand sie.
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Mit einem Lächeln folgte das Mädchen der Einladung seines Onkels und setzte sich auf die ihr angebotene Kline.
„Wenn das verdünnter Wein ist, dann trinke ich gerne einen Becker. Von den Trauben werde ich auch naschen. Danke.“ Nun nahm sie sich zwei Trauben und kurz die Zeit, sich etwas im Zimmer ihres Onkels umzusehen. Sie fand, dass man einen Menschen gut kennenlernte, wenn man beobachtete, wie er sich wohnlich einrichtete. Proximus hatte einen, wie sie fand, unaufdringlichen anspruchsvollen Stil. Er war alles, nur bescheiden war es gewiss nicht.
„Schön hast du es hier.“ Sie sah ihren Onkel wieder an und erwiderte sein Lächeln. „Ich möchte mich ein bisschen mit dir unterhalten. Aber zuerst mich nach deinem Wohlergehen erkundigen. Ich hoffe, dir geht es gut?“
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Musa müsste glücklicherweise nicht lange auf die Einladung in das Cubiclum warten und kam dieser auch sogleich nach. Sie erblickte ihren Onkel auf einer Kline. Offensichtlich hatte er es sich gerade gemütlich gemacht. Die Schüssel mit den Trauben sowie der Becher waren noch randvoll.
„Salve, Onkel. Störe ich?“
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Nachdem Iulia von den Tempeln zurückgekehrt war, ging sie in ihr Cubiculum um sich umzuziehen. Währenddessen ging sie das Gespräch mit Valeria noch einmal in Gedanken durch und freute sich sehr, ihre Bekanntschaft gemacht zu haben.
Kurze Zeit später suchte sie Proximus' Cubiculum auf. Dort angekommen klopfte sie höflich und wartete, ob er sich melden würde.
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Musa schüttelte nur den Kopf, den Verwalter hatte sie noch nicht kennengelernt. „Nein, nicht dass ich wüsste. Vielleicht ist er mir schon begegnet und ich erinnere mich nicht dran. Es fällt doch leichter das Lächeln an einem Menschen in Erinnerung zu behalten, als seine Trostlosigkeit. Wenn ich ihn treffe, werde ich ihn mal ein bisschen ausquetschen.“
Das junge Mädchen versuchte sich ein mit Gold überzogenes Pferd vorzustellen, aber es gelang ihr trotz Zuneigung für Calliphana nicht so recht. Sie hatte einfach keinen Bezug zu Pferden. Sie waren so groß, ja, ein bisschen angsteinflößend auch. „Dann lerne ich Charea hoffentlich bald einmal kennen.“
„Sag das meinem Onkel, dann kann er vielleicht mehr Zeit dafür aufbringen, sich umzusehen.“ Das junge Mädchen faltete die Hände und legte sie auf ihrem Schoß ab, während sie leise kicherte. „Natürlich, frag nur. Ich bin 15 Jahre alt und geboren und aufgewachsen in Achaia. Mein Vater heiratete dort, aber wir waren häufig zu Besuch in Rom. In den letzten Jahren, nachdem mein Vater starb, leider nicht mehr. Nun wird es vermutlich anders herum sein: Ich lebe in Rom und besuche meine Heimat nicht mehr. Aber ich werde mich nicht beschweren.“
Die junge Iulia geriet über die Erzählungen zur Terminfindung für die Hochzeit ins Staunen und schüttelte amüsiert den Kopf. „Lohnt sich ein Umzug denn? Du wirst doch hoffentlich bei Centho in dieser Casa hier wohnen, wenn ihr erst einmal durch die Ehe miteinander verbunden seid?“ Musa konnte nur ahnen, dass Furia viel Stress hatte. Man sah es der jungen Frau vielleicht auch ein bisschen an. Sie schien ja einen wirklich abwechslungsreichen Tagesablauf zu haben. „Curatrix… Was sind da deine Aufgaben? Und welche Kurse kannst du mir empfehlen?“ Aufmerksam sah sie Furia an und lächelte dann. „Bevor ich einen krummen Rücken bekomme, möchte ich mich lieber fortbilden.“
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"Das hoffe ich und ich vertraue voll und ganz auf sein Urteil." Wie sie Proximus kannte, würde das schon schief gehen. Im Zweifelsfall konnte sie ihn sicherlich ein bisschen bezirzen - er war seinem Bruder, Musas Vater, in vielen Dingen ähnlich.
Musa schüttelte leicht ihren Kopf. "Richtig erkannt. Ich stamme aus Achaia. Mein Vater wurde in Rom geboren, zog im Laufe seines Lebens nach Achaia und ehelichte eine Griechin. Dort wurde zuerst mein Bruder, später ich geboren. In meiner Heimat scheint die Sonne nicht weniger heiß als hier in Rom. Allerdings sah meine Mutter es nie gerne, wenn ich allzu lange in der Sonne war, also war ich überwiegend ans Haus gebunden. Es hat mich häufig bekümmert. Achaia ist ein schönes Land, nicht so wie Hispanien, aber auf eine andere ganz eigene Art und Weise, und ich habe so wenig davon zu sehen bekommen. Es reicht kaum aus, um seine besten Vorzüge zu beschreiben, fürchte ich." Sie seufzte leise und zuckte dabei leicht mit den Schultern. Offenbar bedauerte sie die Haltung ihrer Mutter, hatte sich jedoch damit abgefunden. "Ich werde einer Frau entsprechend viel gesehen haben, nehme ich an. Nicht mehr, als ich sehen sollte, aber auch nicht weniger, als ich kennenlernen musste." Sie lächelte, gar ein wenig schelmisch. "Wenn du einen hübschen und gebildeten Mann suchst, würde sich eine Reise dorthin vielleicht lohnen."
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"Die Götter bewahren!" Musa lachte amüsiert auf. "Nicht, dass ich mir meinen Ruf mit der Aufhaltung der Familienangehörigen verdiene."
"Ich wäre auch sehr gerne dabei gewesen. Verlobungs- und dann auch noch Überraschungsfeste sind neben den Hochzeiten, denen zweifelsohne noch mehr Glanz anhaftet, meist besonders schön. Entweder die Brauteltern oder die Brautleute selbst sorgen dafür." Bedauern lag in ihrer Stimme, denn nach allem, was sie gehört hatte, musste es wirklich ein mitreißendes Fest gewesen sein. Nun lächelte sie aber bereits wieder. "Sehr gerne. Wie heißt deine Freundin?"
Jetzt schüttelte sie den Kopf und schob den Webtisch demonstrativ etwas von sich weg. Mictio wollte gar sofort herbeieilen, um das schwere Ding wegzuschaffen, doch Musa brauchte nur eine knappe Handbewegung in des Sklaven Richtung zu tun, dass er augenblicklich wieder einfror. "Nein, keine Sorge, ich webe zum Zeitvertreib und muss nichts fristgerecht fertigstellen." Sie lächelte, sichtlich froh darüber, das Weben unterbrechen zu können. Dann weiteten sich ihre Augen. "Reiten? Nein, das kann ich nicht. Meine Mutter hätte es nicht gern gesehen und wir hatten die letzten Jahre nicht mal mehr Pferde in unserem Stall. Aber verrat mir: Wie ist es, zu reiten? Bestimmt ermüdend und schweißtreibend, nicht?"
So war es nun einmal. Die Eltern starben und ließen ihre Kinder allein zurück. Es war tröstlich zu hören, dass sie mit diesem Schicksal nicht alleine war (so egoistisch war sie allerdings bei Weitem nicht und hatte natürlich auch vorher gewusst, dass das der Lauf der Dinge war). "Dann sind unsere Mütter etwa zur selben Zeit gestorben. Auch mir tun deine Verluste leid." Musa pausierte respektvoll kurz, hielt sich dann jedoch an die tugendhafte Würde. "Mögen Sie in Frieden Ruhen. Uns beiden sind noch viele glückliche Jahre hier bestimmt. Dir in der Ehe und mir mit meinem Webrahmen." Zwinkernd seufzte das junge Mädchen, aber sie hoffte, dass sie so ihren Beitrag in diesem Gespräch dazu geleistet hatte, die Fröhlichkeit nicht unter Trauer und Wehmut zu verschütten.
"Tut er das? Ich muss gestehen, dass ich davon ausgegangen bin, dass er hier lebt. Aber jetzt, wo du es sagst… Ich habe ihn die letzten Tage gar nicht gesehen." Dem würde sie mal auf den Grund gehen, später dann. "So, nun aber genug von mir und meinen Versäumnissen." Sie lächelte. "Erzähl, bei wem wohnst du gegenwärtig? Ich kenne mich in Rom nicht sonderlich gut aus, eine Casa Furia habe ich noch nicht besucht. Und weshalb fehlt dir die Zeit solch Dinge von elementärer Wichtigkeit im Frauenalltag, wie es das Weben ist, auszuführen?"
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Sich damit begnügend, Valeria zu mustern, während ihre Gedanken vielleicht gerade um Hispanien kreisten, lächelte Musa gut gelaunt und somit ein wenig darüber hinwegtäuschend, dass sie ihren eigenen Gedanken nachhing, die im fernen Achaia weilten.
Mictio war ein guter Mann. Ein wenig gluckenhaft zwar, aber stets nur darauf bedacht, dass sein junger Schützling sich im besten Licht präsentierte. „Natürlich, Priester dienen nicht nur einem Gott, wie naiv von mir. Wenn ich jedoch einem festen Tempel zugeteilt werden würde, würde ich mir ebenfalls Iuno wünschen oder Fortuna.“ Das Mädchen nickte und strich sich ihr Haar hinters Ohr, als die ersten Tempel in Sicht kamen. „Es wird wohl wirklich das Beste sein, wenn ich mich an fachkundiger Stelle beraten lassen. Eine Abmachung treffen werde ich so ohne weiteres eh nicht können ohne die Zustimmung meines Onkels.“
Voller Überraschung musste Musa sich zusammenreißen, nicht allzu entgeistert auszusehen. „Du bist eine so hübsche Frau. Ich kann gar nicht verstehen, dass dich noch kein Mann erobert hat.“ Unglaublich! „Deine Kinder werden hübsch sein.“ Jetzt lächelte sie wieder.
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Natürlich träumte auch sie davon mehr zu sehen, als ihre Rolle als Frau in einer von Männern geborenen Welt ihr angedachte. Aber mehr als Träumerei würde es nie sein. "Das klingt himmlisch. Du scheinst Sehnsucht nach deinem Land zu haben. Vielleicht solltest du es mal wieder besuchen?" Vorsichtig musterte Iulia Valeria, denn was die eine noch als Aufmerksamkeit belobte, war der anderen an Neugier schon wieder zu viel.
Zu Valerias grob umrissenen Spuren ihrer Reisen sagte Musa nichts. Sie dachte sich aber eine ganze Menge. Medizin lehren? Darüber musste das Mädchen sich erst einmal Gedanken machen, schwor sich aber bei Gelegenheit, wenn Ihnen der Gesprächsstoff ausging oder sie ihre Gedanken kundtun wollte, zurück zu diesem Thema zu kommen.
Götter! Nur schon der Zufall, dass sie einer ehemaligen Priesterin über den Weg lief, hätte ausgereicht. Nun stellte sich auch noch heraus, dass sie beinahe einen sehr hohen Rang bekleidet hätte. Zunächst sprachlos blinzelnd, sah sie sie an und nickte dann dabei leicht, bestätigend, dass sie das römische Bürgerrecht hatte. "Bedauerlich, dass deine Bemühungen nicht ausreichten, dich für den Rang des Pontifex Minor zu qualifizieren. Der Stolz der Männer…“ Musa lächelte amüsiert. Von Mictio kam ein Räuspern, das der jungen Iulia verriet, dass sie sich für diese Aussage zurück in der Casa wohl eine Rüge abholen konnte. „Welchem Gott dientest du?"
Valerias nächste Frage ließ die junge Frau leicht erröten. „Ja. Nun darf mein Onkel sich mit diesem Thema auseinander setzen. Wer ist dein Mann, wenn ich fragen darf?“
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"Nein, du bist das erste Lebewesen, das an diesem Vormittag durchs Atrium ging." Musa schüttelte freundlich lächelnd den Kopf, während in ihrer Stimme ein leiser Vorwurf mitklang, und sah Calliphana zu, wie sie sich setzte und ihre Tasche weglegte. Die junge Verlobte schien etwas irritiert darüber zu sein, dass man über sie redete und das konnte Musa auch wirklich verstehen. Sie schmunzelte leise, als die junge Frau sich zu ihr lehnte und fragte, was man sich denn über sie erzählte. "Natürlich nichts Schlimmes, ganz im Gegenteil. Das Fest muss traumhaft gewesen sein, das Essen vorzüglich und die Gäste gut gelaunt. Das meiste Gerede gab es wohl über dich, denn du sollst in deinem Kleid umwerfend ausgesehen haben. Ich hörte ein paar wenige neidische Worte, sonst jedoch nur Verzückung und Lob."
Herzlich musterte die junge Iulia ihr Gegenüber mit der Hoffnung, sie wieder beruhigt zu haben. Sie würde sehr gut zu Centho passen was das Äußere anbelangte. Sie war nicht mehr ganz die Jüngste, doch das tat ihrer Erscheinung gar keinen Abriss. Im Gegenteil. Es ließ sie vielleicht sogar etwas erhabener wirken, als so manch junges Mädchen von Musas Alter das tat.
Ihre nächste Frage brachte das Lächeln auf Iulias Gesicht zum Schmelzen. Es floss tatsächlich scheinbar einfach weg, wie von einem Strom mit sich gerissen. Das Mädchen senkte dabei ihren Kopf, atmete einmal ruhig und tief ein und hob den Blick wieder, um Furia anzusehen. "Leider nein. Meine Eltern und auch mein einziger Bruder sind tot." Diesen Satz hatte sie schon so häufig gesagt, dass er ihr inzwischen leicht von den Lippen ging und nicht mehr wehtat. Vor gar nicht allzu langer Zeit hatte er sie jedes Mal Überwindung gekostet. In angebrachter Weise lächelte die junge Iulia aber sogleich wieder. "Ich gehöre jetzt hier her und zu meinem Onkel Proximus. Kennst du ihn?"
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Ein zukünftiges Familienmitglied. Die erste Frau etwa ihren Alters, der sie hier begegnete. „Bei Iuno – meine Glückwünsche! Dann bist du also die Glückliche, die seit einigen Tagen schon das Gesprächsthema hier ist.“ Überrascht lächelte sie ihre Gesprächspartnerin an. Das war also der Gesprächsstoff der letzten Tage gewesen und sie hatte nicht heraus gehört, dass es dabei um den sympathischen und großherzigen Centho gegangen war. Wie beschämend.
Furia schien ebenso erfreut endlich einer Frau innerhalb der Mauern der Casa Iulia zu begegnen. Offenbar kannte sie die Familie schon sehr gut, vermutlich sogar viel besser als Musa sie bislang kennengelernt hatte.„Ich wohne jetzt hier.“ Dann deutete sie auf einen Schemel, der ganz in der Nähe stand. Mictio sprang augenblicklich auf und rückte ihn näher zu Musa heran. „Bitte, setze dich doch einen Moment zu mir, Calliphana, wenn du dir eine Verspätung bei unserm guten Centho erlauben kannst. Ich würde mich wirklich freuen, dich ein bisschen besser kennen zu lernen.“ Sie lächelte warmherzig und wohl auch ein bisschen flehend, immerhin fehlte ihr der Kontakt zu anderen Frauen seit ihrer Ankunft fast gänzlich, nur wenige Bekanntschaften hatte sie zwischenzeitlich gemacht.