Beiträge von Iulia Cara

    Am frühen Morgen, noch bevor die Sonne über den Horizont geklettert war, waren sie von der Casa Iulia aufgebrochen. Sechs vermummte Gestalten im Morgengrauen. Lucius hatte es sich nicht nehmen lassen seine Verwandten höchstpersönlich zu Stadttor zu bringen, wo bereits eine Kutsche auf die beiden Iulias wartete und auch Lucia, Coronas Mutter, hatte sie begleitet, um sich von ihrer Tochter zu verabschieden. Das Gepäck hatte man bereits während der Nacht gebracht, weil es einfach unmöglich gewesen war die schweren Truhen von zwei Sklaven von der Casa bis hierher schleppen zu lassen. So waren sie inzwischen sicher auf der Kutsche fest gezurrt. Aber nicht nur die Truhen waren bereits fertig zum Aufbruch. Lucius hatte Wort gehalten. Neben den zwei Reittieren für die Sklaven hatte man auch für die beiden jungen Frauen Pferde herbei geschafft. Pax stand Huf scharrend angebunden hinter der Kutsche und schien es gar nicht erwarten können, dass es endlich los ging. Der Anblick des pechschwarzen Hengstes hob Caras Stimmung zumindest etwas. Nur sehr widerwillig, hatte sie sich Lucius´ Anordnung, nach Mogontiacum zu ihrer Mutter zurückzukehren, gefügt. Was blieb ihr auch anderes übrig? Natürlich hätte sie sich weigern können. Aber was hätte das gebracht? Bisher hatte es noch niemandem gut getan, sich gegen die eigene Familie zu stellen.
    So stand Cara nun also hier – klamm – und sah dabei zu, wie Lucia ihre Tochter umarmte und ihr eine gute Reise wünschte. Der finstere Blick, den die Pompeia ihr selbst dabei zuwarf, entging der jungen Iulia nicht. Verübeln konnte sie es ihr nur schlecht. Lucia hatte Corona nach Rom gebracht, um sie hier an einen ehrenwerten Mann zu verheiraten – und jetzt wurde sie ins tiefste Germanien zurückgeschickt, um eine Frau zu besuchen, die sie selbst offenbar nicht leiden konnte.
    „Seit anständig!“, richtete Lucius das Wort an sie und bedachte sie mit einem besonders strengen Blick. >Glaubt er, ich lege die Stadt in Schutt und Asche?< Aussprechen tat Cara diesen Gedanken nicht, stattdessen nickte sie, umarmte den Verwandten und auch die Pompeia flüchtig und stieg, ihr Gewand dabei raffend, in die Kutsche. Erst drei Meilen nach dem Stadttor war es ihnen erlaubt auf die Pferde zu wechseln. Das war Lucius Bedingung gewesen. Corona glitt neben sie und schob den Vorhang etwas beiseite, um ihrer Mutter noch ein letztes Mal zuzuwinken, als sich die Kutsche ruckelnd in Bewegung setzte und sich in die Reihe der wartenden Gefährte einreihte um die Stadtgrenze zu passieren. Schon jetzt verspürte Cara wenig Lust auf diese unendlich lange Reise. Der Schatten der Mauer huschte über sie hinweg. Rom lag hinter ihr.


    Schon Tage, Wochen waren sie unterwegs. Ein Einerlei bei sich stetig verändernder Landschaft. Morgens standen sie früh auf, noch bevor die Sonne aufging und verließen die Stadt oder das Gasthaus in welchem sie die Nacht verbracht hatten. Drei Meilen entfernt wechselten die Mädchen auf die Pferde. Bis zum Mittag hielten sie nicht an, nahmen dann eine eher bescheidene Mahlzeit zu sich und brachen dann wieder auf. Kamen sie an eine Stadt, rutschten die Iulias wieder vom Pferderücken und bestiegen die Kutsche. Nachmittags stand eine weitere kurze Rast an, ehe sie weiter reisten. Es war ein langer Weg und es galt die Reise nicht durch unnötige Pausen in die Länge zu ziehen. Die Landschaft hatte sich indessen entgegen aller täglichen Routine massiv verändert. Waren sie zu Anfang noch über recht flaches Land, geprägt durch trockene Graslandschaften, gekommen, hatte die Steigung des Grunds mittlerweile stark zugenommen. Zu ihrer linken erhob sich das steile Massiv der Alpen (sie hatten sich dafür entschieden den Weg um das Gebirge herum zu nehmen). Cara saß wieder auf Pax´ Rücken und ritt gedankenverloren neben Corona ein Stück weit vor der Kutsche. Sie konnte nicht einmal genau sagen, an was sie dachte, denn ihre Gedanken waren so unstet wie Aprilwetter. Mal dachte sie an Kaeso, dann an ihre Mutter, an Lucius Befehl, der sie nach wie vor wütend machte, oder daran wohin sie unbedingt reiten müsste, wenn sie schon einmal in Mogontiacum war; Sie fragte sich, wie es wohl Nestor ging und all ihren anderen Freundinnen, die sie in Germania zurück gelassen hatte und was es wohl zu essen geben würde (letzteres war tatsächlich von großer Wichtigkeit, sie hatte nämlich schon wieder Hunger). Hin und wieder driftete sie aber auch ganz ab und spürte wie ihr Bewusstsein in seichtes Nichts abtauchte.
    „Wirklich ein hübsches Tier…“, Die Stimme Coronas drang in sie.
    „Äh ja…Kaeso hat ihn mir geschenkt…“ Im nächsten Moment bereute sie das gesagt zu haben, denn sie sah Coronas Brauen in Überraschung nach oben schnellen.
    „Als eine Art Entschuldigung…“, schob Cara etwas zu hastig nach. Das traf es eigentlich nur zur Hälfte.


    Dunkle Nadelbäume ragten zu beiden Seiten in die Höhe und verwehrten den Blick auf das dahinter.
    „domina! Ihr solltet etwas langsamer reiten!“, erschall von hinten ein besorgter Polyciedes. Als Cara einen Blick über die Schulter warf, konnte sie sehen, dass der Ägypter ziemliche Mühe hatte, sich auf dem trabenden Pony zu halten und mächtig durchgeschüttelt wurde. Ein breites Grinsen machte sich auf Caras Lippen breit. Sie hatte nämlich absolut nicht die Absicht dem Drängen des Maior domus Folge zu leisten. Stattdessen gab sie Pax die Zügel frei. Der Hengst streckte sich und griff, beflügelt durch die neue Freiheit, weiter aus. Cara spürte die Kraft seiner Muskeln, seine Energie, dem Wind der Geschwindigkeit in ihrem Gesicht.
    „dominaaaaa!“, Der Ruf der Sklaven klang schlingernd und leiser werdend….

    Das Atrium lag ruhig und unberührt. Kein Wunder. Es war kurz nach Mitternacht und stockdunkel. Die Schatten hatten die Macht ergriffen und lediglich dort, wo spärliches Mondlicht – am Himmel hing die zunehmende Sichel eines noch ausgehungerten dürren Mondes - die Möbelstücke traf ließen sich die Einrichtungsgegenstände erkennen. Cara bewegte sich wie eine Katze vorsichtig zwischen den Klinen hindurch auf eine ganz bestimmte Stelle des Raumes zu. Ihre Augen hatten sich unlängst an die Dunkelheit gewöhnt und dennoch unterdrückte sie einen allzu lauten Fluch, als sie mit dem Schienbein – RUMS – an eine der Klinen stieß und ein stechender Schmerz, so einer, bei dem man förmlich spüren konnte, wie die Haut sich blau verfärbte, ihr Bein hoch jagte. Die junge Iulia umschloss den Griff des kleinen Weidenkörbchens noch etwas fester und strebte weiter voran. Hoffentlich würde keiner der Sklaven auf sie aufmerksam werden und sie für einen unbefugten Eindringling halten. Der Maiordomus gab in der Dunkelheit bestimmt eine imposante Figur ab – oder noch schlimmer: Lucius tauchte auf einmal wie aus dem Nichts aus! Undenkbar!
    Mit Bedacht umrundete sie das Wasserbecken in der Mitte des Atriums und gelangte endlich zu ihrem eigentlich Ziel: Dem Hausaltar der gens mit der Statue der Venus. Sie kniete sich auf die Stufe und nahm die Gegenstände aus dem Korb, die sie extra mitgebracht hatte, Honigkuchen, Blumen, Kerzen und Feuersteine, und legte sie nebeneinander auf das Tischtuch, das den Altar bedeckte und in der Dunkelheit weiß leuchtete. Den Korb stellte Cara neben sich und griff nach den Feuersteinen. Sie rieb sie über der Kerze. Der Docht fing Feuer und eine kleine bescheidene Flamme flackerte auf, welche die Dunkelheit ein Stück zurück trieb und Caras Gesicht in sanftes, goldenes Licht tauchte. Die brennende Kerze in der Hand, entfachte sie noch eine und noch eine dritte, bis schließlich ein Dreieck auf dem Altar brannte, in dessen Mitte sie ihre Gaben legte. Aus einem Tiegel, der vor der Statue stand, nahm sie eine Prise Gewürz. Der Geruch von Lavendel stieg ihr bitzelnd in die Nase, als sie die Körner über die Kerzen streute und sie zischend verbrannten. Ihr Blick glitt hinauf zum Abbild der schneeweißen Göttin. Zweifelsohne war sie schön: schlank, wohlproportioniert mit feinen Gliedern, festen weißen kleinen Brüsten, einem hübschen klaren Gesicht, langen wallenden Haaren; Ihre Scham bedeckte sie mit dem Zipfel eines steinernen Tuches, das sich zu ihren Füßen ausbreitete...Kein Wunder, dass sich die Urväter der plebejischen gens genauso wie die der patrizischen die Liebesgöttin zur Stammesmutter auserkoren hatten. Venus´ Einfluss war groß. Eine Göttin, um deretwillen schon Kriege gefochten worden waren.
    „Mögest du meine Schritte auf sicherem Wege führen und uns sicher nach Mogontiacum zurückbringen...“, flüsterte Cara in die Dunkelheit der Nacht, den Blick unverwandt auf das Gesicht der steinernen Schönheit. Der Kerzendocht knisternde leise und in der Stille konnte sie ihr eigenes Blut im Ohr pulsieren können. „Mögest du mir dabei helfen meine wahre Liebe zu finden und mir die nötige Standhaftigkeit und den Mut schicken, die ich beide brauche, um ihr zu folgen...“, Der Wunsch war nicht mehr als ein Wispern. Cara holte tief Luft, die Flamme erzitterte und erlosch Rauchsäulen ringelnd zu Finsternis.

    Ein Sklave huschte unbemerkt zum Zimmer des Iuliers, sah sich einmal verstohlen nach recht und links um und legte schließlich eine kleine wachserne Schreibtafel auf den Boden vor die Tür. So schnell wie er gekommen war, verschwand der hagere Mann.


    Angenommen



    ....stand darauf.

    Cara stand in ihrem Zimmer und beobachtete wie zwei kräftige Sklaven die schwere Truhe hinaus trugen, die sie auf ihrer Reise zurück nach Mogontiacum begleiten würde. Zurück. Das Wort katapultierte ihren Unmut in ungeahnte Höhen. Zurück. Dabei war sie ihrem Gefühl nach doch gerade erst angekommen. Gerade erst hatte sie begonnen all die Eindrücke aufzusaugen, zu sammeln, wie ein Schmetterlingssammler und sie zu verdauen – Zurück. Sechs Buchtsaben stellten sich ihr in den Weg. Lucius, der gerade einmal ein paar klagliche Winter älter war als sie, hatte ein Machtwort gesprochen, gegen das sie sich nicht wehren konnte, egal wie sehr sie aufbockte. Mehr denn je spürte sie ihre eigene Machtlosigkeit. Es war diese Ohnmacht gegen die sie sich wie gegen eine Wand mit ihrem Trotz warf. Wohlwissend, dass sie nicht einmal erzittern würde. Und das machte sie wütend.
    Krachend stießen die beiden Sklaven mit der hinteren Ecke der Truhe an den Türrahmen.
    „Pass doch auf!“, schalt der vordere und warf der Iulia, die mit verschränkten Armen da stand einen ungewissen Blick zu, als fürchte er gleich ein Donnerwetter. Cara indessen hatte sich inzwischen darauf verlegt blind in den fast leeren Raum zu starren und achtete nicht weiter auf die beiden Sklaven.
    >Immerhin hat es Lucius einiges gekostet...<, ging es ihr grimmig durch den Kopf und verschaffte ihr zumindest etwas Genugtuung. Der Iulier hatte ihnen tatsächlich einiges zugestehen müssen. Müssen deshalb, weil die Iulia diese Gelegenheit natürlich nicht hatte verstreichen lassen können. Das Fest, das großzügige Reisetaschengeld – und sie durften zu Pferde reisen! Er war ihnen so sehr entgegen gekommen, dass es sie eigentlich stutzig machte: >Es muss ihm viel daran liegen uns aus Rom rauß und nach Germania zu schicken...< Seine Gedanken verbarg er jedoch meisterhaft – oder sie interpretierte tatsächlich zu viel...>Vielleicht doch nur Mutter....womöglich geht es ihr doch sehr schlecht...<Ein bisschen hatte Cara ja schon ein schlechtes Gewissen, dass sie ihm unterstellte, die gesundheitlichen Probleme ihrer Mutter als Grund vorzuschieben. Und nicht nur ihm gegenüber – auch gegenüber ihr. In der Tat war sie ihr keine gute Tochter. Das wurde ihr neben Corona immer bewusster. Und damit im Grunde auch keine Zierde ihrer Familie. Die Verwandte hatte bestimmt keinen Augenblick gezögert zu ihrer Mutter zu eilen. Sie seufzte. Es half nichts.
    In dem Wirrwarr ihrer Gedanken tauchte eine neuer auf.
    >Pax...ich muss ihn unbedingt mitnehmen....< Freilich würde sie das Tier micht die ganze Strecke über reiten, um es zu schonen. Verzichten wollte sie auf den Hengst allerdings nicht. Schon jetzt war er ohr ans Herz gewachsen. Noch immer konnte sie es nicht so recht glauben, dass dieser Kaeso zu so einer Geste fähig gewesen war! Und dann auch noch ohne Haken!
    >Ob er mich locken möchte?< Sie verharrte misstrauisch. Pax. Friede.
    Sie beide waren nicht die Wurzel des Konflikts, der zwischen den Familienzweigen entbrannt war. Dennoch fochten sie unerbittlich. >Glaubt er, er könne – so großartig dieses Geschenk auch ist – das alles ungeschehen machen?< So dämlich konnte nicht einmal er sein, anzunehmen, sie ließe sich einlullen. Trotzdem hatte sie den Waffenstillstand akzeptiert – vor allem deshalb, weil sie neugierig war, was er damit genau bezweckte. >Was will er?< Schond eshalb war es schade, dass sie nun für einige Zeit weg sein würde. Sollte sie ihm eine Nachricht zukommen kassen? Aber eigentlich war schon allein, dass sie den Hengst nicht zurück schickte Antwort genug...Na vielleicht....
    "domina? Bist du bereit?“ Die Stimme Tsuniros riss sie aus ihren Gedanken. Zerstreut sah Cara auf. Die ägyptische Sklavin steckte den Kopf zur Tür herein. >Bereit?< Ja richtig...der Aufbruch. Sie reckte sich und hob den Kopf. Lucius Befehl mochte ihr nicht gefallen, aber immerhin würde sie ihn mit Würde tragen.
    „Ich komme...“, sagte sie und ließ ihr neues Zuhause hinter sich.

    Mit einer Mischung aus zäher Wut und unaufhaltbarer Neugierde betrat Cara, vonihrem cubiculum her kommend, den Hof - und blieb abrupt stehen.
    "Das...das gibts doch gar nicht!", murmelte sie und ihre Augen wurden groß aus Überraschung. Da stand doch tatsächlich ein pechschwarzes Pferd, dessen Stirn ein kleiner weißer Stern schmückte. Unruhig scharrte das Tier mit den Huf, sodass sich die kräftige Muskulatur zart unter dem glänzenden Fell abzeichnete.
    >Das kann nicht wahr sein...geht einfach nicht....da muss irgendein Trick dabei sein...das...< Zögernd trat sie näher heran und sah sich dabei unauffällig nach Kaeso um. Man konnte ja schließlich nie wissen. Iulius Caesar war immerhin auch von einem nahestehenden Verwandten hinterlistig gemäuchelt worden....
    "dominus Kaeso hat mir aufgetragen dir dieses Pferd zu übergeben...", informierte sie den Mann, der neben dem Hengst - es war zweifelsohne ein Hengst - wirklich ziemlich klein aussah. Das Tier war groß, wirkte aber nicht schwerfällig. Sie streckte die Hand aus und sah zu, wie der Hengst die Nüstern blähte, um ihren Duft aufzunehmen.
    "Er kommt direkt aus Hispania, domina. Vier-jährig. Sein Name ist Pax..."
    "Pax...", wiederholte Cara leise, als sie neben den Kopf des Pferdes trat, eine Hand auf seine Gamasche legte und mit der anderen sanft über das schwarze Nasenbein streichelte. Sie verstand die Botschaft, die Kaeso ihr geschickt hatte nur zu gut. Unbewusst registrierte sie, wie ihr Herz eine Spur schneller schlug. Natürlich hatte er gewusst, dass er sie mit einem solchen Geschenk erreichen konnte. Schon immer waren Pferde eine ihrer großen Leidenschaften gewesen. Als kleines Kind hatte sie Kaeso und ihrem Bruder immer neidisch hinterher gesehen, wenn diese auf dem Rücken zweier Pferde sitzend vom Hof geprescht waren. Und jetzt hatte er ihr dieses Pferd geschickt. Pax. Es musste ihn ein Vermögen gekostet haben! Mit dem bloßen Blick konnte man erkennen, von welch edler Abstammung das Tier war. Und dann auch noch aus Hispania! Ein feines Lächeln kräuselte ihre Lippen. Ja, dieses Mal hatte Kaeso gewonnen....

    „Ich kann verstehen, weshalb der gute Kaeso nicht selbst einkaufen geht – diesem Zweig der Familie ist der Geschmack leider vollkommen abhanden gekommen...“, Zwar hatte auch Cara jegliche Lust am bummeln verloren, dafür hatte sie jedoch bereits wieder ihre Angriffslust gefunden. An irgendeinem musste sie ja ihren Unmut auslassen, auch wenn dieser jemand gerade nicht zu gegeben war. Es war wirklich erstaunlich wie oft dieser Iulier ihre Gedanken aufrieb. Sie konnte Corona ansehen, dass sie von Caras Feindseligkeit gegenüber Kaeso wenig hielt. Wie sollte sie es auch verstehen, da sie die Hintergründe nicht kannte? Bei Gelegenheit, so nahm sich die junge Iulia vor, würde sie die jüngere aufklären.


    Sie traten an einen Stand mit Herrentuniken heran. Nur mühsam schluckte Cara einen weiteren kritischen Kommentar hinunter >Schwarz – das würde die Finsternis seiner Seele unterstreichen< Stattdessen: „Wir könnten ihm ja zwei in weiß mitbringen, sozusagen als Basis. Und zwei bunte für besondere Anlässe...“, schlug sie vor und befühlte sogleich en Stoff einer smaragdgrünen Tunika in ihrer Nähe, indem sie ihn zwischen den Fingern rieb.


    Obschon Corona sehr leise sprach, hörte die Iulia ihre gemurmelten Worte. Sie kam nicht umhin, der Verwandten beruhigend die Hand auf den Arm zu legen. „Weißt du, ich glaube nicht, dass Rom gefährlicher ist, als irgendeine andere Stadt des Imperiums. Aber weil wir erwarten, dass sie sicherer als alle anderen ist, erscheint sie uns hinterher sogar noch gefährlicher zu sein...“ Sie lächelte aufmunternd. „Na komm...wir lassen uns die Tuniken einpacken und machen uns auf den Rückweg. Ich könnte jetzt eine kleine Erfrischung gebrauchen...“

    Sim-Off:

    verzeih!...Ich hatte die letzten zwei Wochen zu viel mit einem Theaterstück und der Organisation einer Fotoausstellung zu tun, ich hab mich deshalb für die letzten zwei Wochen abgemeldet - bin jetzt aber wieder...sagen wir ab morgen....voll da=)!!!!


    Cara war während des Gesprächs immer ruhiger geworden. Die Aussicht darauf, dass Centho sie sogar extra mit einem kleinen Vermögen für diese Reise versah, brachte ihre eingefrorene Stimmung allenfalls auf Sparflamme, konnte aber kein loderndes Feuer in ihr erzeugen. Sie bekam das Gefühl nicht los, dass da mehr dahinter steckte. Sie auf diese gefährliche Reise über die Alpen zu schicken...Andererseits... >Wenn es Mutter nicht gut geht - dann ist es eine Selbstverständlichkeit, dass er mich zu ihr schickt. Und wer bin ich, dass ich meiner kranken Mutter nicht zur Hilfe eile? So sehr verabscheue ich sie doch gar nicht...< Sie seufzte, während sie dem Gespräch ihrer Verwandten schon gar nicht mehr folgte. Gerade noch so am Rande bekam sie mit, dass Centho es inzwischen geschafft hatte, zumindest eine von ihnen in Enthusiasmus zu versetzen. Er konnte tatsächlich gut manipulieren...>Vermutlich dichte ich zu viel hier rein...ganz bestimmt...<
    "Cara, warum sagst du denn nichts mehr...?"...Verwundert hob sie den Kopf und blickte in das Gesicht ihrer Verwandten. Corona...man hatte ihr diesen Namen zu Recht gegeben. Der Ring um ihre dunklen Pupillen strahlte hell. "Um ehrlich zu sein...ich habe dem nichts mehr hinzuzufügen. Centho hat seine Entscheidung getroffen - um sie mir nun gefällt oder nicht. Dass er uns seinen Maior Domus mitschickt ist das mindeste, das er für unseren Schutz tun kann..." Sie erhob sich, und richtete ihre tiefblauen Augen nun auf ihren Verwandten, der versuchte sie zu beruhigen. Sie konnte nicht leugnen, dass seine Geste, ihnen die Hand auf die Wange zu legen, eine gewisse Wirkung bei ihr zeigte. Dennoch, dass Gefühl "verbannt" zu werden blieb trotz aller logischer Argumente an ihr haften. "Zum Wohle der Iulia...wie?!"...Ganz konnte sich die junge Iulia einen bitteren Unterton nicht verkneifen. "Mit dem Versprechen, dass wir ein Fest nach unserer Rückkehr ausrichten....", nagelte sie ihn mit dieser Bedingung fest und wandte sich dann mit einem "Ich gehe und überwache das packen meiner Sachen!"

    Müde und erschöpft schritt Cara in einer kobaldfarbenen Pala, die einen wunderbaren Kontrast zu ihren roten Haaren gab und die Farbe ihrer Augen aufgriff, den Gang zu ihrem cubiculum entlang. Der Sommer stand vor der Tür und sendete seine ersten heißen Vorboten durch den Türspalt und das Schlüsselloch herein. Die junge Iulia, die sonst kältere Gefilde gewohnt war, hatte mit dieser Hitze zu kämpfen, denn sie war es schlichtweg nicht gewohnt.


    Schon von weitem sah sie das Bündel, das vor ihrer Tür auf dem Boden lag. Kritisch die Stirn kräuselnd trat sie näher heran. Die Tuniken! Eine Welle der Wut überspielte sie. >Dieser unverschämte Kerl wagt es!...<
    Sie bückte sich, um die beiliegende Nachricht aufzusammeln.


    >I. Tunika: Zu groß....II. Tunika: Schreckliche Farbe...?!.....<"Dieser elende Hund!", knurrte sie und umgriff das zarte Pergament fester, dass es knitterte. Sie kochte vor Wut und vergaß überdies sogar ihre Schwierigkeiten mit der Stadtrömischenhitze.
    Sie konnte förmlich Kaesos hämisches Gesicht sehen, wie es auf den Bogen blickten und diese Zeilen bannte. Natürlich wollte er sie nur ärgern. Das war ganz uns gar offensichtlich. >Eventuell könntest du noch einmal auf den Markt gehen?...?!<"Pah! Dir werde ich nochmals einen Geflallen erweisen. Du undankbarer, idiotische, vorlaute...ARGH!" Ein Sklave der an ihr vorbeiglitt warf der Iulia einen irritierten Blick zu.
    "Was schaust du so?!", schnauzte sie ihn an, ehe sie nochmals auf die Nachricht blickte....
    >Hinter diesem Etwas kann auch nur wieder eine Gemeinheit stecken...< dachte sie schnaubend. Dennoch, das musste sie sich eingestehen, war sie neugierig. Kaeso hatte seine Spitzen dieses Mal nicht so extravagant ausgefeilt, wir es sonst zu tun pflegte...Sie ließ die Schriftrolle abfällig auf die Tuniken fallen und machte sich schließlich in besonders würdevoller Haltung auf den Weg in den Hof....

    >Langsam, Schritt für Schritt näherte sich Roxana dem Rücken ihres dominus. Er stand vor einer der schneeweißen Statuen im hinteren Teil des hortus. Was er dort suchte, wusste sie nicht. So vieles, war ihr unbekannt von dem, das diesem Mann durch den Kopf ging....<


    „...Iulia Cara?“, Die junge Iulia fuhr aus den Zeilen auf, die sie soeben verschlungen hatte und schreckte zusammen angesichts der Stimme, die ihren Namen rief. Der erste Gedanke: Sie war nicht mehr allein. Ein dunkelhaariger Mann stand mitten in der bibliotheca. Seine klatschnasse Toga hing wie ein nasser Sack schwer an seinem Körper. Der zweite Gedanke: >Woher kennt er meinen Namen?< Verlegen ordnete sie ihre Beine und erhob sich dann so hoheitsvoll, als wollte sie damit den ersten, etwas weniger wohl erzogenen Eindruck zerstreuen. „Salve“, erwiderte sie lächelnd die Begrüßung des Mannes und ließ jene Schriftrolle, in welcher sie soeben noch gelesen hatte, unauffällig auf den Weidenkorb fallen. „Nun, nicht direkt bei mir. Diese Sammlung gehört Iulius Proximus. Es ist sein Geschäft. Aber wenn ich dir behilflich sein kann...“ Cara hielt einen Augenblick inne und musterte den armen, durchnässten Kerl. „Oder kann ich dir etwas warmes zu trinken anbieten?“

    „Mütter wollen immer nur das Beste“, erwiderte Cara bitter. „Und vor allem im Bezug auf ihre Töchter. Als wären wir fragile Amphoren.“ Vielleicht war das a die einzige Aufgabe, die sie für sich beanspruchen konnten. Was taten Frauen denn schon. Weben, Nähen...Kinder erziehen. In patrizischen Familien nicht einmal das. Da war es die einzige logische Konsequenz sich auf irgendetwas zu konzentrieren, um sich nicht vollkommen nutzlos zu fühlen. Wenn sie die Beziehung zu ihrer eigenen Mutter mit Coronas Maßstäben maß, nun, dann hatte sie wohl in der Tat kein gutes Verhältnis zu ihr. Cara hatte stets alles dafür getan, ihr aus dem Weg zu gehen. Bis nach Roma hatte es sie getrieben. Nun, nicht nur...aber schon....


    Die flache Hand des Mannes hing für den Hauch eines Wimpernschlafs in der Luft, bereit die ägyptische Sklavin mit aller ihr gebietender Stärke zu schlagen. Dann ging alles reichlich schnell. Wie aus dem Nichts tauchte auf einmal ein zweiter Mann hinter ihm auf, packte den Arm des Trunkenbolds, dreht ihn herum und beförderte ihn mit einem gezielten Tritt in die Kniekehle zu Boden. Der arme Kerl merkte nicht einmal wie ihm geschah, da schmeckte er schon Staub auf der Zunge. Noch einen kurzen Moment lang starrte die junge Iulia auf den am Boden knienden Mann. Der würde ihnen keinen Ärger mehr machen. Viel interessanter war...sie sah auf und suchte einen Blick auf jenen Mann zu erhaschen, der den ungehobelten Kerl dorthin befördert hatte, wo er hingehörte. Erstaunlich groß war er – viel zu groß für einen Römer - mit einem markant geschnittenen Gesicht. Unverhohlen taxierte er die beiden Iulias, murmelte eine eher unkonventionelle Begrüßung und verschwand mit einem Schmunzeln auf den Lippen so plötzlich wie er aufgetaucht war. Cara sah ihm noch einen Moment nach und wusste nicht so recht, was sie von dieser Einlage halten sollte, die ihr wie eine maßgeschneiderte Szene aus einem Epos vorkam. Der Held – der Antiheld – erscheint aus dem Nichts auf der Bildfläche, tut etwas, dass er eigentlich nicht tun möchte, aber dennoch hinter sich bringt, weil er durch gewisse Umstände dazu gezwungen wird; Die Frauen seufzen angetan und blinzeln ihn bewundernd an „Heirate mich! Heirate mich!“, doch der Held entschwindet ohne auch nur einen Buchstaben seines Namens hinterlassen zu haben auf Nimmerwiedersehen. Fest stand jedenfalls, dass er wohl des Öfteren Raufereien hinter sich brachte. Etwas anmutiges hatte seinen Bewegungen inne gewohnt. Etwas, dass man nur mit einiger Übung gewann.
    >Zu Schade<, ging es ihr durch den Kopf. Sie konnte nicht leugnen, dass dieser kurze Auftritt einen gewissen Eindruck – und Interesse – bei ihr hinterlassen hatte. Und offensichtlich nicht nur bei ihr. Schmunzelnd wandte sich Cara an ihre Verwandte.


    „Nein, ich habe ihn noch nie zuvor gesehen....“ Der Trunkenbold zu ihren Füßen rührte sich wieder. Unter einigem Stöhnen und unschönen Fluchen, versuchte er sich aufzurappeln.
    „Lass uns hier lieber weg gehen...“, wisperte Cara Corona zu und fasste die Iulia beim Arm, um sie sanft zurück auf die Straße zu schieben. Es gab schließlich noch genug andere Stände auf dem Mercatus. Allerdings wollten die Auslagen sie nicht mehr so recht ansprechen. Der kleine Zwischenfall hatte ihre Einkaufslust merklich gedämpft. Auch ihre Gedanken huschten immer wieder zu dem Gesicht des Namenlosen zurück.
    „Wir sollten für Kaeso noch nach ein paar neuen Tuniken schauen...“


    Tsuniro bereitete sich innerlich bereits auf die Ohrfeige vor. Zurückweichen würde sie nicht. Niemals. Nicht für diesen versoffenen Kerl. Das gebot ihr Stolz. Dann kam aber doch alles ganz anders: Der Schlag blieb aus. Stattdessen war es der Hund, der auf dem Boden zu ihren Füßen landete. Sie kam nicht umhin, ihm mit der Fußspitze noch einen leichten Tritt gegen das eingeknickte Bein zu geben. Niemand beleidigte eine Ägypterin! Dann erst sah sie sich imstande, sich dem durch Gelegenheit zu ihrem Retter gewordenen Mann zuzuwenden und stellte fest, dass es sich dabei um einen doch attraktiven Kerl handelte. Vielleicht etwas zu hellhäutig für ihren Geschmack, aber durchaus hübsch anzusehen. Er grüßte in Richtung der beiden Iulia und verschwand. Tsuniro sah den dunklen Blondschopf in der Masse verschwinden. Etwas, das bei seiner Statur eigentlich ein Ding der Unmöglich hätte sein müssen. Aber er brachte es tatsächlich fertig.

    Zitat

    Original Lucius Iulius Centho
    Ein Urbaner
    Er selbst war ja schon nicht grade klein und schmächtig aber vor ihm hatte sich ein Klotz von einem Nubinder aufgebaut. Und fragte im Name einer Iulia Cara nach einem Miles der Prätorianer. Die Frau war sehr hübsch und wenn die zwei nicht vom Namen nach schon verwandt gewesen wehren wehre er neidisch gewesen. „Ja und weist du auch wo der Mann dient Centuria und Cohrte wehren nicht schlecht.” Hier lagen tausende Miles der Garde und den Urbanern einen einzelnen Miles suchen war wie die berühmte Suche der Nadel im Nadelhaufen.


    Der Soldat sprach viel zu schnell, sodass Wonga nur etwa ein Drittel dessen verstand, was der Mann eigentlich von ihm zu erfahren wünschte. Waren sie nun abgewiesen worden? Das konnte gar nicht sein. Dafür schaute der Mann eindeutig zu freundlich drein...Besser er rief die Iulia zur Hilfe:
    "domina!"
    Cara, die einige Schritte hinter dem custodes stand und dem Geschehen keinerlei Aufmerksamkeit beigemessen hatte, fuhr aus ihren Gedanken auf. "Wie bitte?", Der Sklave schaute sie entschuldigend an und sie verstand, was er von ihr wollte. Lächelnd trat sie vor und richtete nun ihrerseits das Wort an den Urbaner. "Verzeih. Sein Latein ist nicht das beste...Was sagtest du?"
    "Ah, verstehe...", entgegnete sie, als er seinen Hinweis wiederholt hatte. "Er dient bei der Cohorte...."

    BARCHIAS
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    Der Handlanger erreichte Barchias, als er gerade mit einem Einkauf zum Haus seines Herrn zurückkehrte. Der hoch gewachsene Germane, der selbst Männer seines Volkes für gewöhnlich um einen Kopf überragte, wusste schon, was die eingesunkene Gestalt ihm zu sagen hatte, als er auf ihn zukam. Sie war da! Wartete auf ihn in jenem düsteren Etablisement im Herzen der Subura. Sein Herz begann zu flattern, sein Gesicht jedoch blieb so regungslos wie Stein.
    „He du da! Ich soll...“
    „Ich weiß schon...“, unterbrach er den Kerl, der eine fleckige, zerrissene braune Tunika am ausgehungerten Körper und eine Kappe auf dem Kopf trug, unter welcher schmutzige Haare hervorlugte. Seit einiger Zeit hatte das grobschlächtige Gesicht wohl auch kein Rasiermesser mehr gesehen. Alles in allem machte der Mann keinen sonderlich vertrauenswürdigen Eindruck. Dennoch kam Barchias nicht umhin so etwas wie Mitleid für die Gestalt zu empfinden. Die Armut war ihm mit stumpfen Messern tief ins Gesicht geschnitten worden.
    „Geh voran...“, wies er ihn an und klang bei all der Aufregung, die er empfand, selbst in seinen eigenen Ohren überzeugend ruhig. Das war eine der Stärken des Germanen. Wenn er nicht wollte, dass jemand ihn las, dann konnte er seine Emotionen und Gedanken meisterhaft tarnen. Der Kappenmann nickte und tat wie ihm geheißen. Verstohlen huschten Barchias Augen nach links und nach rechts, vergewisserten sich, ob ihn auch ja niemanden von der Casa aus beobachtete oder sonst irgendjemand ihn sah, dann folgte er dem Handlanger dorthin, wo seine Liebste bereits auf ihn wartete...


    Auch auf den zweiten Blick hin wirkte die Untergrundtaverne „Ad lupo“ alles andere als einladend. Rein äußerlich fügte sich die taberna nahtlos in die Reihe der Häuser ein, die es umgaben. Der perfekte Platz um sich zu verbergen. Nicht der Ort, an dem er gehofft hatte, seine Sophie wieder zu sehen. Sophie! Hinter diesen Mauern wartete sie auf ihn. So nah, nach all der Zeit, dass er sie förmlich spüren konnte. Für einen Moment schloss er die Augen und atmete tief durch. Wenn er erst einmal dort drin war, musste es schnell gehen. An eine Umkehr war nicht mehr zu denken. Sie würden eine Stunde in dem Zimmer bleiben, das sich Sophie inzwischen genommen hatte. Ein Ablenkungsmanöver, um bei den Gästen den Anschein zu erwecken, es handle sich bei ihnen beiden um ein „unerlaubtes“ Liebespärchen und nicht um zwei Flüchtlinge. Danach würden sie sich beeilen müssen, um die Stadt noch vor Sonnenuntergang zu verlassen. Es musste heute geschehen, denn bald schon würden ihre ehemaligen Herren Verdacht schöpfen und womöglich die Cohortes urbanae informieren. Das würde ihre Flucht schließlich reichlich erschweren, wenn nicht sogar unmöglich machen.
    Barchias schlug die Augen auf. Keinen Atemzug mehr wollte er vergeuden.


    „Wie viel hat sie dir versprochen, Mann?“, wandte er sich an den Kerl, der immer noch neben ihm stand.
    200“, Er zuckte nicht einmal mit der Wimper, als er Barchias ins Gesicht log. Blöd war der Germane jedoch nicht. Ihm war klar, dass der Kappenmann die Summe mindestens verdoppelt hatte. Er ließ ihn jedoch ohne eines Kommentars gewähren, holte den Geldbeutel seines Herrn hervor und zählte das geforderte Geld heraus. Zum Glück befand sich noch etwas mehr in dem Ledersäckchen, sodass es ihn nicht allzu sehr schmerzte. Vorsichtig mussten sie dennoch sein. Schließlich brauchten sie jede Münze...Der Mann verneigte sich dankend, zog noch ein Lückengrinsen und war auf und davon.


    Barchias sah ihm nicht nach, als er um die nächste Ecke verschwand, sondern betrat die Taverne, in der düsteres Zwielicht herrschte. Viele Gäste gab es nicht gerade, aber das war auch umso besser. Weniger Zeugen, die man fragen konnte. Bestimmt strebte er dem Tresen zu, hinter dem ein grimmiger Wirt stand und ihm misstrauisch entgegen sah. Selbst für einen Sklaven war Barchias gut gekleidet. Sein Herr war ein wohlhabender, einflussreicher Mann gewesen, der auf seinen Ruf und damit auch auf das Erscheinungsbild seiner Sklaven achtete. Zum Glück war sein Latein nahezu perfekt. Wenn er nun nicht allzu komplizierte Sätze formte, würde er durchaus den Anschein aufrechterhalten können, bei ihm handle es sich um einen Römer.
    „Ich suche eine Frau...Dunkle Haare...“, sprach er den dicken Wirt an. Die kurzen schwarze Haare umrahmten seinen Schädel wie einen Helm.
    „Zimmer zwei...“, antwortete der Mann knapp und musterte Barchias von oben nach unten. Ein unangenehmes Gefühl überkam den Germanen dabei. Aber auch dieses Mal schaffte es niemand ihn zu durchdringen.
    „Danke...“, mimte Barchias die einsilbige Antwort nach und wandte sich dem Treppenaufgang zu. Er musste sich zusammen reißen, die Stufen nicht hinauf zu springen. Nur noch ein paar Meter. Irgendwo hier wartete seine Sophie. Barchias spürte sein Herz mit jedem Schritt den er tat stärker gegen seinen Brustkorb schlagen. Der Treppenabsatz kam dunkel vor ihm in Sicht, dann tauchte der grünliche Flur auf und da war es. Eine gelbe II war auf das Holz der Tür gepinselt....



    Ein Klopfen an der Tür riss Sophie aus ihren Zweifel und Gedanken. Sofort war sie wieder da. Die Furcht, die nagende Angst. Ihr Puls schnellte in die Höhe. Sie spürte das Blut in ihrer Schläfe pochen. „Ja? Wer ist da?“, Sophies Stimme klang heller als sonst, aber sie brachte er fertig nicht verängstigt zu wirken.
    Ohne eine Antwort zu geben, wurde die Türklinke hinunter gedrückt. Aber die Tür ging nicht auf, weil sie sie von innen verschlossen hatte. „Wer ist da?“, wiederholte sie und trat nun mit einer schlecht geschmiedeten Bettpfanne hinter die Tür. Auch wenn das vielleicht nicht sonderlich effektiv war, sie würde sich in jedem Fall zur Wehr setzen, falls es nötig war.
    „Sophie?...Ich bin es, Barchias...“ Ihr Herz machte einen Sprung. Ihr Handgelenk zuckte schon nach vorn, um den Schlüssel herumzudrehen – dann hielt sie jedoch inne. Das war keine Gewähr. Auch wenn die Stimme irgendwie vertraut klang, so konnte das Holz sie verfärben. Außerdem hatten sie sich seit zwei Jahren nicht mehr gesehen. Sie konnte sich täuschen. Auch der Kerl vor der Tür schien zu diesem Schluss zu kommen.
    „Vor zwei Jahren“, begann er zu erzählen. „Da sind wir uns auf dem Sklavenmarkt dieser Stadt begegnet. Wir wurden beide von einem bärtigen Kerl mit Turban verkauft. Du hattest eine Wunde am Schienbein...“
    Sophie riss die Tür auf. Im Türrahmen stand ein blonder, hoch gewachsener Mann.
    „Barchias!“ Es war nicht mehr als ein Hauchen, das ihr über die Lippen kam. Scheppernd fiel die Bettpfanne zu Boden.
    „Barchias!“, Noch einmal, jetzt lauter. Dann fiel sie ihm schon in die Arme, drückte sich an ihr, vergrub die Finger in seinen Haaren, atmete seinen Duft ein. Diesen herrlich Duft! Während ihr Herz überschäumte vor Freude und Glück. Sophie löste sich ein Stück weit von ihm, um ihm ins Gesicht zu sehen. „Ich habe dich so vermisst...“, wisperte sie und spürte, wie sich Tränen ihren Weg in ihre Augen bahnten und ihren Blick verschleierten. Er nickte stumm, wortlos, da ihm die Kehle wie zugeschnürt war und senkte seine Lippen auf die ihren.


    Sie hatten nicht viel Mühe in dieser Stunde ein „unerlaubtes Liebespaar“ zu spielen. Nachdem sie sich angekleidet hatten, verließen sie das kleine, unsaubere Zimmer, das unwissend zu ihrem Refugium auserkoren worden war, bezahlten den Wirt und machten sich zu einem der Stadttore auf. Jetzt musste es schnell gehen...

    Von Lucius´ schlechtem Gewissen bemerkte Cara herzlich wenig. Wie auch, schließlich wusste sie nicht um den wahren Grund dieser Reise, der so gar nichts mit ihrer Mutter zu tun hatte.
    „Uns nach ´Germania´ zurückschicken, nennst du also den Sommer auf dem ´Land´ verbringen?“, So ganz nachvollziehen konnte sie Lucius´ Logik diesbezüglich dieses Mal nicht. Für sie war alles, das außerhalb der befestigten Mauern Roms lag „Land“. Da konnte er es wesentlich einfacher haben. Eine Reise nach Germanien war stets mit einem großen Aufwand verbunden. Fast einen ganzen Monat würden sie unterwegs sein – und das nur um die vermeintlich erkrankte Cretica zu besuchen. Was wohl Pompeia dazu sagen würde, wenn sie erfuhr, dass Lucius ihre Tochter zurück in die wildeste Wildnis schickte? Sie warf ihrer Verwandten einen raschen Seitenblick zu und erbat ihren Beistand. Und tatsächlich, wie erwartet, war Corona nicht sonderlich begeistert.


    „Sind die Worte meiner Mutter so geheim?“, widersetzte sie mit einem Hauch von enttäuschtem Zynismus in der Stimme, auch wenn sie ihm zumindest hinsichtlich seines Postgeheimnisses Recht zugestehen musste. Reichlich verdächtig machte er sich dennoch. Warum hatte Cretica nicht ihr, ihrer Tochter geschrieben? Manchmal verstand sie ihre Mutter einfach nicht. Einerseits ließ sie ihr zuweilen fast keine Luft, andererseits meldete sie sich aber auch nicht bei ihr. Dass Lucius ihr den Brief aber nicht zeigen wollte, konnte nur bedeuten, dass sie ihm Informationen oder Anweisungen übermittelt hatte, die sie, Cara nicht lesen durfte. Vielleicht ging es ihr ja tatsächlich schlecht und sie hatte Lucius explizit gebeten, sie nicht zurückzuschicken, um ihr Dahinsiechen nicht mitzuerleben. Und jetzt entschied sich der Iulier doch dafür.


    „Das sagen alle Erwachsenen, wenn sie weder gute Argumente noch Geduld haben!“, sagte Cara grimmig. Es war eher wie das letzte Aufbäumen eines Wildpferdes, das bereits begonnen hatte zu akzeptieren, das es fortan nicht mehr frei über die Ebene preschen konnte, aber noch zu viel Energie hatte, um schon klein bei zu geben. Lucius letzter Satz verfehlte seine Wirkung nicht. Cara nahm nicht einmal wahr, wie er sie manipulierte. Er tat wirklich sein bestes, um die beiden Mädchen zu besänftigen. Schließlich gestand er ihnen auch noch ein Fest zu. Das beinhaltete, dass er sie zurück erwartete und dass die Zeit in Germania begrenzt war. Cara atmete unmerklich durch. Nein, sie würden nicht in der Provinz stecken bleiben. Die zwei, drei Monate würden schon vorbei gehen...irgendwie...Und immerhin, in Mogontiacum konnte sie Nestor wieder sehen...

    Eigentlich hatte Cara Kaesos Bitte, ihm neue Tuniken vom Markt mitzubringen ignorieren, verdrängen wollen - jetzt stand sie doch mit einem Bündel Stoff vor der Tür zu seinem cubiculum. Rein logisch betrachtet...war es vollkommen unlogisch gewesen, ihm die Tuniken zu kaufen. Er war ein Schurke, ein elender Hund, jemand, den sie am liebsten nicht sehen und schon gar nicht in ihrer Nähe wissen wollte. Aber sie stand hier. Der Stoff fühlte sich weich und fein an. Natürlich war es beste Qualität, die sie zusammen mit Corona gewählt hatte. Trotz allem war Kaeso, auch wenn er dessen vielleicht unwürdig war, ein Iulier. Und Iulier liefen nicht wie Lumpen durch die Gegend.
    Die junge Frau hob die Hand, um an die Tür zu klopfen, ließ sie aber sogleich wieder sinken. Geben wollte sie ihm die Tuniken nicht persönlich, witterte sie schließlich wieder eine Erniedrigung seinerseits. Sicherlich würde Kaeso sie aufziehen und sie fortan wie ein Dienstmädchen behandeln. Jetzt regte es Cara doch auf, dass sie seiner Bitte nachgekommen war. >Das hat der Kerl gar nicht verdient!< Mit einem grimmigen Gesichtsausdruck legte sie die Tuniken vor seine Tür, drehte sich auf dem Absatz herum und verschwand unbemerkt, um sich zum Briefe schreiben ins Atrium zurück zu ziehen...

    Die Iuliae fanden Lucius hinter dem Schreibtisch sitzend in seinem officium vor. Phocylides stand wie ein drohender Schatten hinter ihm, als glaubte er, von den beiden Mädchen ginge eine bedeutende Gefahr für seinen Herrn aus >Ein Schiedsgericht...<, ging es Cara befremdet durch den Kopf. >Was schaut Lucius denn so ernst drein?<...Die beiden setzten sich in zwei Weidenkörbe, die der Hausherr ihnen zuwies. Er kam dann auch sogleich zur Sache.
    Ihre Mutter. Sie sollte sie besuchen. Den Brief, ein eng bekritzelter Papyrus hielt er zwischen seinen Fingern. Gerade einmal ein paar Monate war es her, dass sie den Weg über die Alpen genommen hatte. Schnee und Eis, Kälte und eine allzu behütende Mutter hatte sie hinter sich gelassen. Froh war sie darüber gewesen. Froh und neugierig darauf, was dort in Rom auf sie warten mochte. Das konnte unmöglich sein Ernst sein! Unwillen bäumte sich in ihr auf wie ein junges, bockendes Pferd. >DAS KANN NICHT SEIN ERNST SEIN!<
    „Aber-“, wollte Cara schon zu einer Widerrede ansetzen, aber er hob die Hand und brachte sie somit zum Verstummen.


    Mit ihren blauen Augen starrte die junge Iulia ihn an, wie er ihr seinen Plan zu Füßen auslegte. Einen Plan, der, schloss man aus dem Tonfall, in welchem er ihn vortrug, unumstößlich war. Ein Glimmen lang regte sich eine misstrauische Seite in ihr, als er von der externen Unterbringung sprach. Was machte es für einen Sinn, dass sie woanders unterkam, wenn der Grund ihrer Reise doch eigentlich war, ihre Mutter zu besuchen? Aber der Gedanke verschwand rasch hinter dem Ärger darüber, dass Lucius sie überhaupt zurückschicken wollte. Anscheinend hatte er auch schon alles in die Wege geleitet. Möglichst schnell, sodass sie möglichst wenig Zeit hatte, um Einwände dagegen zu erheben. Jetzt war auch das Rätsel, um die zahlreichen Kisten, welche der Maiordomus von einigen Sklaven aus einer der Abstellkammern hatte tragen lassen, gelöst. Was Cara aber all dem am meisten erzürnte war, dass er Corona einspannte. Auch ihre Verwandte war noch nicht sehr lang in Rom und sollte nun – wegen ihr! – zurück in das kalte Germanien. >Wegen mir...< Ein schlechtes Gewissen trieb ihr die Röte auf die Wangen. Ein schlechtes Gewissen und Wut.


    „Es ist nicht gerecht uns vor vollendete Tatsachen zu stellen, Lucius“, erklärte sie mit kühler Beherrschung. „Ich bin mir sicher, dass du in die Zeilen zu viel interpretierst und es Cretica fabelhaft geht. Sie hat schon viele harte Winter auf dem Buckel und ist nicht allzu leicht aus dem Gleichgewicht zu bringen.“ Sie streckte die Hand aus. „Darf ich den Brief lesen? Sie ist schließlich meine Mutter, ich werde sie am besten kennen...“ Vielleicht gelang es ihr, ihn doch noch davon zu überzeugen, dass der Aufwand einfach nicht gerechtfertigt war. Hinter seinem Angebot, dass ihr Herz in der Tat einige Frequenzen höher flattern ließ, roch sie jedoch die Finte. So leicht war sie nicht zu täuschen: Er hielt ihr das Zuckerchen hin, dass sie doch noch von sich aus Cretica besuchte.

    Ohne Lucius Bescheid zu geben, hatte sich Cara eigensinnig auf dem Weg zum Castra Praetoria gemacht, um einem nahen Verwandten einen Besuch abzustatten. Bereits einige Zeit befand sie sich nun hier in Rom, hatte Lucius Iulius Antonius aber noch nicht einmal gesehen. Dahingehend schien er sogar noch mehr in seine Pflichten eingespannt zu sein, als der Hausherr der Iulia selbst. Nachdem Lucius ihr Pläne offenbart hat, sie erneut nach Mogontiacum zu schicken, um dort ihre kranke Mutter zu besuchen, hatte sie für sich beschlossen, dass es nun endlich Zeit wurde, ihren Cousin aufzuschen, wenn der schon nicht von selbst in die Casa kam.
    Schon früh am Morgen war sie daher in Begleitung Wongas, des Torwärters der Casa Iulia, zur Castra aufgebrochen und stand nun vor dem Porta des Lagers. Neugierig musterte sie die wachhabenden Männer. Von ihrer Bewaffnung ließ sie sich nicht einschüchtern.


    "domina Iulia Cara", erklärte Wonga unterdessen einer der Wachen. "Wir miles Lucius Iulius Antonius suchen..."

    Bisher hatte Cara noch nicht das Vergnügen gehabt, auf Coronas Mutter zu treffen. Sie kannte Lucia nur aus den vagen Erzählungen ihrer eigenen Mutter Cretica. Und die hatten geschwankt zwischen Verehrung, einer Art Sehnsucht, Enttäuschung, Verachtung, Wut, Trotz. Kurzum, sie waren kaum zu verwerten. Coronas Hinweis ließ jedoch tief auf den Charakter der Lucia blicken. Sie musste eine sehr selbstbewusste, bestimmte Frau sein, die, wusste sie erst, was sie wollte, nicht locker ließ und Durchhaltevermögen bewies.
    Sie nickte und stellte lächelnd fest: „Du scheinst sehr gern für andere auf die Pirsch zu gehen – möchtest du nicht auch für dich etwas suchen, Cousine?“ Arm in Arm schritten die beiden durch die Menge, auf einen Schmuckstand zu, der zwischen einem Stand für Bänder und einem mit allerlei Tiegelchen verschiedenen Inhalts sein Lager aufgeschlagen hatte. „Hast du ein gutes Verhältnis zu deiner Mutter?“, fragte Cara beiläufig weiter, während sie den Blick über die Silber – und Goldschmuckstücke gleiten ließ. Spangen, Fideln, Ohrringe, Ketten, Ringe...das meiste für ihren Geschmack viel zu protzig und ausschweifend.


    Überrascht hob die junge Iulia die Brauen, als Corona von einem Brief ihrer Mutter berichtete. Es klang beiläufig, fing jedoch sofort ihre Aufmerksamkeit. >Warum hat sie...?!< Bevor sie den Gedanken laut äußern konnte, erklärte Corona bereits ihrerseits, dass sich ihre Mutter nur in knapper und vor allem rätselhafter Weise zu der Epistel geäußert hatte.
    „Das klingt in der Tat nicht danach, als wäre deine Mutter begeistert gewesen...“, bemerkte Cara, sich nach wie vor still über den Grund des Schreibens wundernd. „Cretica hat sich bezüglich Lucia nur sehr selten und wenn, dann nur widersprüchlich geäußert“, Sie hob die Schultern. „Ich hatte aber den Eindruck, dass sie die Nähe zu deiner Mutter suchte und enttäuscht darüber war, dass sie sich ihr entzogen hat...“


    Corona lenkte ihre Aufmerksamkeit auf eine geschwungene Haarspange aus Bronze. Zierliche grüne Steinchen waren in der Mitte eingearbeitet und folgten der Form. Es blieb aber nicht genug Zeit, das Schmuckstück eingehend zu inspizieren. Cara sah auf und bekam gerae noch so mit, wie Tsuniro die Hand erhob und dem unverschämten Kerl eine schallende Ohrfeige verpasste. Zornig begann sie auf einer Sprache, die Cara nicht verstand auf ihn einzuschimpfen. Eines musste die junge Iulia ihr lassen: Mut hatte sie. Der Trunkenbold, wollte sich das aber nicht gefallen und sich schon gar nicht von Coronas Mahnung beeindrucken lassen. „Du vorlautes Miststück!“, schnauzte er und holte nun seinerseits zum Schlag aus...

    Unzählige Male hatte Cara „Benimm dich wie eine Iulia!“ aus dem Munde ihrer Mutter gehört. So oft, dass sich ihr sogar der Tonfall der alten Cretica eingeprägt hatte. Eine Iulia. >Du solltest mehr nähen, mehr weben!....Deine Arbeiten sind schrecklich!....Sei zarter, zurückhaltender!....Als Frau hast du stets hinter dem Mann zu gehen...<, die Stimme hallte in ihrem Kopf wider. Immer und immer wieder. Und je öfter Cara sie hörte, desto mehr versteifte sie sich in ihrer Haltung und Widerstand.


    Lucius Grinsen wurde noch eine Spur breiter. Allerdings ließ er sich deutlich von ihrem bösen Blick einzuschüchtern. Leises Unwohlsein huschte über seine Züge, auch wenn es ihn immer noch zu amüsieren schien. Cara sah ein, dass es wohl ihr eigener Fehler gewesen war.
    „Nun, ich habe mich wohl selbst verraten...“, Lächelnd hob sie die Schultern. Anders hätte sie wohl aber kaum reagieren können. Zu viel hatte sie preisgegeben. Zu viel von dem, was mit gängigen Erwartungen und Normen kollidierte. Es gab so vieles in ihrer Persönlichkeit, dass nicht zu dem allgemeinen Sittenkodex passen wollte. Sie musste einfach vorsichtiger sein. Auch deshalb, weil ihr nichts ferner lag, als ihrer Familie Schaden zuzufügen. Hier zumindest war sie voll und ganz Lucius´ Gnade ausgeliefert. Wie immer war sie auf die Männer um sie herum angewiesen...
    „Es freut mich zu hören, dass auch Calliphana reitet. Dann werde ich sie einmal um einen Ausritt bitten“, Das nahm sie sich ganz fest vor. „Und ich bin froh, dass du mir deswegen nicht zürnst, Cousin!...Ich kann nur wiederholen: Ich möchte der Iulia nicht schaden. Ihr seid doch meine Familie!“

    Iulius Drusus hatte kaum von seinem Bruder gesprochen und hatte er es in einer Weinlaune dann doch getan, dann hatte er sich zumeist reichlich schlecht über Clemens ausgelassen. Von daher wusste Cara nicht inwieweit ihre Informationen der Wahrheit entsprachen. Obschon sie ihren Vater vergöttert hatte, so blauäugig war sie dann doch nicht, jedes seiner Worte für bare Münze zu nehmen. Auch Drusus hatte seine Schwächen besessen. Wenn sie nun aber all das, was sie über den alten, dahin geschiedenen Clemens gehört hatte, filterte, dann stand am Ende eine Erkenntnis: Der Mann war kein guter Mensch gewesen, hatte über jeden und alles schlecht geredet und hatte mit teilweise unverhältnismäßigen Reaktionen geglänzt. So war sie sich sicher, dass in Kaesos Erwiderung tatsächlich ein Fünkchen Wahrheit glimmte. Einfach hatte der junge Mann es wohl nicht gehabt. Dennoch...>Wie soll man etwas verderben, das schon verdorben ist...<, ging es ihr grimmig durch den Kopf. Coronas Kommentar bewahrte sie jedoch davor, diesen Gedanken laut auszusprechen. „Ihr benehmt euch wie kleine Kinder!“, sagte sie und schürte damit Caras Trotz (auch deswegen, weil ihr ein Stimmchen mit zwei Flügeln an den Ohren zuwisperte, dass die Iulia damit durchaus Recht hatte). Ihr war es absolut ernst. Hier in Rom war nicht genug Platz für sie beide und sie ahnte schon, dass auch er dieser Meinung war und jede Gelegenheit beim Schopfe fassen würde, um sie an die Decke gehen zu lassen. Ein Blick in sein Gesicht, auf dem sich ein Zug der genüsslichen Genugtuung breit gemacht hatte, bestätigte ihr Vermutung. Wenn er aber glaubte, sie würde klein bei geben – dann DANN! hatte er sich getäuscht.
    Ich sage dazu nur: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, mein lieber Cousin...“, erwiderte sie mit einem Zuckerlächeln und fing dabei den strengen Blick ihrer Verwandten auf, der sie dazu ermahnte, doch etwas netter zu Kaeso zu sein. Schließlich durchlebte dieser eine besonders schwere Zeit. Beeindrucken ließ sich davon nicht. „Wenn du mich fragst, dann sieht er nicht gerade „verletzt“ aus und hat überraschend viel Kapazität für negative Energien...“, erwiderte sie, als stünde der Betreffende nicht neben ihr, sondern dreißig Meter weiter entfernt außer Hörweite.


    Seinen Hinweis bezüglich ihres Verhaltens ignorierte sie schlichtweg. So lange sie beide so nah beieinander waren, würde es immer zu solchen Streitigkeiten kommen. In ihren Augen war es daher schon „schlechtes Benehmen“ zu versprechen, sich zu bessern, zu ändern. Es würde nicht geschehen und das wusste Kaeso genauso gut wie sie selbst.
    >Bin ich seine Dienstmagd?!< Eine steile Falte zeichnete sich zwischen ihren Brauen ab. Ihr blick glitt zu Kaeso >Der macht Scherze – soll er doch seinen Dreck-< und sie öffnete schon den Mund, um ihm eine wütende Antwort entgegen zu schleudern – doch die mahnende Anwesenheit Coronas hielt sie davon ab. Trotzig schob sie das Kinn vor. „Das sehe ich...“, entgegnete sie.
    „Du solltest dich schämen...als ein Iulius solltest du etwas mehr Wert auf deine Erscheinung legen....überhaupt, rasieren könntest du dich auch mal wieder...“, Cara strich ihm zum Zeichen mit dem Handrücken über die Wange. Anders als er wohl erwartete, sagte sie nichts weiter auf seine Bitte – lehnte aber auch nicht explizit ab, sondern ließ ihn einfach stehen. „Gehen wir zu Centho“, Sie hackte sich bei Corona ein, ohne Kaeso noch eines Blickes zu würdigen. „Dann können wir ihn auch fragen, was denn das mit dem Sklaven sollte. Na?
    Gemeinsam schritten sie von dannen...