Beiträge von Iulia Cara

    Zitat

    ]Original von Albin:
    "Leute, schaut her! Feine Stoffe, bestes Leder, glänzende Schmuckstücke, edelste Glaswaren, gemütliches Schuhwerk! Ob Römer, Germane, oder Kelte, hier wird jeder fündig! Kauft bei der Freya Mercurioque, kauft Qualität! Hier ist für jeden was dabei!"


    Eine ganze Weile ließ sich die junge Iulia treiben, nachdem die Wege der beiden Frauen sich wieder getrennt hatten, ließ die Umgebung auf sich wirken und betrachtete die Auslagen der Kaufleute entspannt, ohne das Gefühl zu haben unter Hektik zu stehen, obschon der Custodes hinter ihr mittlerweile einen etwas gequälten Eindruck machte. Typisch Mann eben. Hielten nichts aus. Ein blonder Kerl – wie sollte es sonst sein; Alle – die meisten – Germanen waren schließlich Blondschöpfe – sprang zwischen den Ständen umher und pries sein Angebot an. Auch der jungen Iulia war die Freya Mercurioque bekannt und bisher hatte sie mit dem Handelskonsortium nur positive Erfahrungen gemacht. Ein Grund, der sie veranlasste, auch dieses Mal näher zu treten und Waren auf dem Tisch vor sich genauer in Augenschein zu nehmen. „Salve!“, lächelte sie den Mann vor sich an. „Ich suche ein Vasen für verschiedengroße Sträuße, auch einzelne Blumen, eine oder zwei große Vasen für den Boden und ein paar Schüsseln....“

    „Du solltest dir ein paar Augenblicke nehmen, die Stadt zu sehen...die Zeit verändert die Dinge rasant. Vieles was gestern war, gilt heute schon nicht mehr...“, entgegnete Cara beiläufig. >Die Neunte...so so...Dann hat er gewiss den Germanienkrieg miterlebt...< Vor diesem Hintergrund war seine Äußerung, er hätte von der Provinz schon einiges gesehen, fast schon sarkastisch. Was hatte er gesehen? Mord und Todschlag? Sie behielt den Gedanken für sich. Zu provokativ mutete er ihr für einen Mann an, den sie gerade einmal ein paar Atemzüge kannte. Und selbst dieses Wort war eigentlich zu viel.


    Die junge Iulia folgte seiner Geste und blickte hinein in einen langen Gang, der von Türen gesäumt war. Im Grunde war es nichts besonderes, weißer Stein auf Stein. Sein officium, was wirklich interessant gewesen wäre, schien der Legat jedoch wie ein Geheimnis hüten zu wollen – er konnte ja nicht ahnen, dass er damit unbewusst ihre Neugierde weckte.


    „Nein...“, lächelte sie. „Ich habe hier mein ganzes Leben verbracht. Hier wurde ich geboren“, Jeden Stein kannte sie, jedes Sandkorn auf der Straße. Sie kannte die Heiden und Wälder rund um Mogontiacum, die verschlungenen Wege und Pfade. „Mein Vater war Tiberius Iulius Drusus, im Jahre 858* nach Gründung Roms Präfekt dieses Castells, bis er ein Jahr darauf an Fieber starb“, Ruhig und gefasst sprach Cara es aus. Aber der Schatten, der dabei über ihr Gesicht huschte gab einen leisen Einblick in den Abgrund, der sich mit dem Tod ihres heiß geliebten Vaters aufgetan hatte. Sie war keine typische Tochter gewesen; hatte sich eher wie ein Sohn an ihrem Vater orientiert anstatt an ihrer Mutter, die es ihr heute zuweilen noch vorhielt. Doch der Eindruck verschwand, so schnell wie er gekommen war und machte wieder einem feinen Schmunzeln Platz. „Doch, doch – wir sind überall“, erklärte sie dem Legaten. „Auch mein Bruder Saturninus wurde hier geboren. Die Familie folgt eben dem Vater – und meines Vaters Leben war die Zweite...“

    Sim-Off:

    *105 n. Chr.

    Ihr Gastgeber schien ein großzügiger Mensch zu sein. Nicht, dass es im Hinblick auf ihre Bitte ein besonderes Maß an Großzügigkeit bedurft hätte. Aber die Erlaubnis ein paar Dinge zu verändern war ein aus ihrer Sicht großes Zugeständnis gewesen – ebenso, dass er die beiden Iulierinnen aufgenommen hatte, um ihnen so etwas Ruhe vor einer allzu aufdringlichen Mutter zu geben, und das obschon er in seiner Position sicherlich nicht die Zeit und die Nerven hatte, sich um zwei lebhafte neugierige junge Frauen zu kümmern. Oder hatte ihm Lucius etwas im Gegenzug versprochen? >Was könnte er einem solchen Mann – einem Senator und Gesandten Roms – bieten. Etwas, dass er nicht, aber dafür Lucius besitzt?.< Geld, Ehre, Anerkennung, Unterstützung und Macht hatte er wohl ja genug. Allerdings mochte ihr seine Versetzung nach Mogontiacum nicht so recht ins Bild passen. >Vielleicht ist er meinem Verwandten etwas schuldig?< Wer konnte schon wissen, in welche Untiefen Menschen fielen. Zuweilen war es unmöglich innere Abgründe mit dem bloßen Auge zu erkennen. Nicht einmal große Männer waren davor gefeit zu stolpern und sich in den Fängen der Unehre wieder zu finden. Besonders große Männer nicht. Oft war es so, dass, der Glorienkranz um ihre Köpfe nur deshalb mehr und mehr an Leuchtkraft gewann, weil die Schatten hinter ihnen sich vertieften, schwärzer wurden und sich zu Schlünden auswuchsen. Die junge Iulia ließ ihre Gedanken fürs erste stehen, sich insgeheim wundernd, was ihr an einem solch herrlichen Ort nur in den Sinn kam. Der wohlbekannte Duft von Lavendel stieg ihr in die Nase. >Wer kann schon wissen...<, Entspannt sah sie einem zitronengelben vorwitzigen Schmetterling nach, der neugierig ihre schlicht im Nacken hochgesteckten Haare inspiziert hatte und sich jetzt daran machte, eine der Säulen zu erklimmen. >Ja, das hier ist ein Ort, an dem man sich tatsächlich vergessen kann....<


    „Verstehe...“, sagte sie nun, indem sie zu ihm aufblickte, „Das erklärt einiges....“ Der Name war ihr durchaus bekannt. Schließlich war es nicht allzu lang her, dass sie nach Roma aufgebrochen war. Dennoch überraschte es sie, dass sich die Gegebenheiten hier so schnell geändert hatten.
    „Dann hattest du wohl auch noch keine Zeit, dir die Stadt richtig anzuschauen? Du bist bestimmt immer sehr von deiner Arbeit eingenommen“, Langsam machte sie Anstalten, zurück zum Tor zu schreiten.

    Es schien nicht nur so – Cara waren diese Blüten tatsächlich bekannt. Botanik war so ziemlich die einzige ihrer Leidenschaften, die sie ohne Hemmung auch nach außen hin ausleben konnte, ohne das es jemand als „unschicklich“ für eine junge Frau bezeichnen konnte. So vieles blieb dagegen unter der Oberfläche, wo es dann und wann, wenn es weit genug nach oben gespült wurde, durch die Fassade der Tugenden hindurch blitzte. Natur. So vielen Menschen war sie fremd. Und selbst diese herrlichen Beete waren nur ein blasses Abbild dessen, zu was Mutter Natur tatsächlich fähig war. Dennoch, wer auch immer diesen kleinen Garten angelegt hatte und wer sich nun auch darum kümmern mochte, sie hatten wirklich gute Arbeit geleistet. Kenner mussten hier am Werk gewesen sein und waren es noch immer.


    „Ich glaube nicht, dass du dir jemand anderes suchen musst“, entgegnete sie lächelnd und ordnete dabei eine Falte ihrer dunkelblauen Stola, ein Stück, das sie sich, ebenso wie den breiten ledernen Gürtel, den sie um die Hüfte trug und der ihre Figur dezent betonte, noch in Roma zugelegt hatte. Decimus war inzwischen näher gekommen; Dass er sie einige Atemzüge lang beobachtet hatte, war ihr ganz entgegen. Natürlich, schließlich hatte sie der Anblick des Peristyliums ganz in seinen Bann geschlagen. Wieder war ihr seine Annäherung ganz entgangen. „Unter deinen Sklaven muss sich jemand befinden, der sich mit Botanik auskennt…So schön diese Blumen auch sind“, sanft strich sie mit den Fingerspitzen über eine weiße Hibiskus Blüte, „So empfindlich sind sie auch. Ich würde mich wirklich gern einmal mit den zuständigen Sklaven unterhalten…“ Ihr Blick glitt noch ein weiteres Mal über das Beet. „Wenn du schon deinen Vorgänger ansprichst, wann hast du dieses Amt angetreten?“

    Cara nickte. Insgeheim hatte sie gegenüber ihrer Verwandten immer noch ein schlechtes Gewissen. Ihretwegen hatte Lucius Corona mit nach Mogontiacum geschickt, dessen war sie sich sicher. Damit sie sich nicht allzu allein fühlte. Als ob sie hier Gelegenheit dazu hätte! Immerhin war das ihre Geburtsstadt. In jeder Ecke duftete es nach Erinnerung und sie ahnte schon, dass Cretica sie von nun an verfolgen würde. Für Corona jedenfalls musste es wie ein Rückschritt anmuten, jetzt da sie gerade erst in Roma angekommen und den Tiefen Germanias entkommen war. Schon jetzt hatte sie der Iulia viel zu danken, hatte sie sie doch den ganzen Weg über mit ihrer leichten, erfrischenden Art bei Laune gehalten.


    In Gedanken versunken folgte sie Decimus´ Geste. Sie kamen auf eine Tür zu, die weit offen stand. Ein heller Lichtstreifen fiel auf den Boden und durchschnitt messerartig die Schatten. Noch zollte Cara dem keinerlei Aufmerksamkeit, war sie doch noch zu sehr mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt. Und immerhin hatte sie das Haus ja schon einmal gesehen – das nahm die junge Iulia zumindest an.
    Erst als sie unter dem Türbogen standen und hinausblickten in den breiten, hellen Säulengang, der sich zu ihren Füßen aufbaute, kehrte Caras Bewusstsein mit einem Schlag zurück in die Gegenwart.
    „Das ist doch nicht möglich!“, kam es ihr atemlos über die Lippen >Wie habe ich diesen Teil des Hauses auslassen können?!<, Sie, die von Sonne und Pflanzen und Luft und Natur angezogen wurde wie die Motte vom Licht! Der Decimer war für einen Moment vergessen. Fast schon traumwandlerisch tat sie einige Schritte hinein zwischen die Säulen, die von wilden Rosen umrankt waren. Aber nicht nur Rosen gab es hier, die einfach unwiderstehlich dufteten, sondern auch Hibiskus und Lavendel, Schmetterlingsstrauch. Blut-Seidenpflanzen und Engelstrompeten....>Wie kann das sein?< Dieses Peristylium stand im harten Kontrast zum Rest des Hauses. Cara wandte sich zu ihm um. Schmetterlinge tanzten zwischen den Blüten.
    „Wirklich wunderschön! Und all diese exotischen Pflanzen...es muss ein Vermögen und Leidenschaft gekostet haben! Wer ist für die Pflege verantwortlich?“ Sie musste unbedingt mit dieser Person sprechen...Vielleicht konnte sie etwas lernen!

    Mit großer Wahrscheinlichkeit war sich der Decimer seines Zugeständnisses nicht bewusst gewesen, als er Cara erlaubt hatte, einige kleine „dezente“ Veränderungen vorzunehmen, um der Praetoria ein wenig mehr Wohnlichkeit einzuhauchen. Das ließ sich die junge Iulia natürlich nicht zweimal sagen.
    Begleitet von einem Sklaven des Decimers und Nicocholus machten sich die beiden Iulias am nächsten Tag zum Markt auf. Da Caras Nähkünste nach wie vor eher zu wünschen übrig ließen, war sie froh, dass die Verwandte sie begleitet hatte. Sie hatte eben doch den besseren Blick und würde sagen können, welche Stoffe sich am besten für ihr Vorhaben eigneten.


    Sich leise unterhaltend ließen sie das Castellum gegen die Mittagszeit hinter sich und schlugen den Weg zum Forum ein. Die Sonne war zu dieser Zeit angenehm warm ohne zu brennen. Entspannt streckte sie die Nase in das Sonnenlicht und genoss die frische Luft. Das gute Wetter hatte auch zahlreiche Einwohner Mogontiacums auf die Straßen gelockt. Jetzt, da sie einige Monate in der Ewigen Stadt verbracht hatte, kam sie ihr gerade zu wenig vor und sie fragte sich, wie diese Stadt ihr jemals als ausreichend zum Leben hatte vorkommen können. Nun ja, so ganz gerecht war das nicht. Hier war sie geboren; Hier war sie aufgewachsen und egal was die Menschen über Germania Inferior und deren Hauptstadt sagen mochten…es war schön hier. Nur eben alles etwas kleiner, weniger, ruhiger. Aufmerksam betrachtete sie die Menschen, die sie umspülten. Man konnte nie wissen, ob nicht doch wie aus dem Nichts ein Gesicht auftauchte, das man kannte.


    Das Forum eröffnete sich vor den beiden jungen Frauen. Umstanden wurde es von zahlreichen offiziellen Gebäuden: die Kurien von Mogontiacum und Germania, eine basilica, die Regia, die thermen…Zielsicher steuerte Cara auf die basilicia zu, die der Stadt als Markthalle diente. „Wie wäre es, wenn wir uns aufteilen und uns in einer halben Stunde wieder hier treffen?“, schlug Cara vor, als sie unter einem der Eingänge stehen blieben und über die Dächer der Stände hinweg blickten. Der Markt war erstaunlich groß. Nickend stimmte die Verwandte zu. „Gut, dann bis später…“, sagte sie und verschwand mit dem griechischen Sklaven. Cara sah ihr noch einen Augenblick nach. „Dann wollen wir mal…“

    Cara lächelte als er den Vorhang beiseite schob und ihr Platz machte. „Ich bin mir sicher, dass alles in Ordnung ist“, erwiderte sie, indem sich die Iulia halb umwandte, um auf Decimus zu warten. Von dem schlechten Gewissen, das insgeheim in ihm aufwallte, ahnte sie nichts, konnte sie seine Miene nicht recht deuten. „Vermutlich packt sie ihre Kleider aus. Sie ist wirklich begabt und schafft wunderbare Kleider. Denen tun Falten natürlich nicht gut. Wir können sie ja einfach fragen...“, schlug sie fröhlich vor.

    Die junge Iulia las eher weniger die Acta. Wenn sie ihr denn einmal in die Hände fiel, dann überflog sie zumeist nur oberflächlich die Zeilen, um sie dann eher gelangweilt beiseite zu legen und sich anderen Dingen zu widmen. So gesehen stand sie Decimus vollkommen neutral gegenüber. Etwas überrascht nahm sie seine Offenheit zur Kenntnis. Obschon sie im Grunde eine Antwort provoziert hatte, fiel die Erwiderung des Älteren sehr ehrlich aus. Im ersten Augenblick irritierte sie es und Cara wusste nicht so recht, was sie ihm erwidern sollte. Zumindest schien er es nicht allzu schwer zu nehmen, auch wenn es ihn verändert zu haben schien. Ihr Blick folgte dem seinen hinüber zum Altar. >Manchmal geschehen Dinge, die erschüttern einen Menschen in den Grundfesten<, rief sie sich ein Zitat aus einem Buch zurück ins Gedächtnis, das sie einst gelesen hatte. Der Titel war unlängst verblasst. Cara wandte sich wieder Decimus zu. Ein freundliches Lächeln war auf sein Gesicht zurückgekehrt und hatte nichts mehr übrig gelassen, von jenem Schatten. Es war eigenartig. Einerseits erschien der Gastgeber der jungen Iulia ein recht offener, liberaler Mensch zu sein und andererseits war er nicht greifbar. >Wie alle Männer eben...< Vielleicht wollte sie auch lieber nicht wissen, was diese Augen schon gesehen hatten.
    Dankbar nahm Cara dann auch seinen Themenwechsel an, nachdem sie es ja erst gewesen war, die sie in diese Situation hineinmanövriert hatte.
    „Ja, warum nicht...“, meinte sie lächelnd. Zwar war sie sich sehr sicher, schon das meiste des Hauses gesehen zu haben, aber auf diese Weise würde sie sich die Lage noch etwas besser einprägen. „Ich möchte nachher auch noch einmal nach Corona sehen...Ist für heute Abend eine cena anberaumt oder hast du zu viel zu tun, Decimus?“

    Für den Hauch eines Augenblicks schien dem Legaten die Sprache zu entgleiten. Der Mann verschluckte sich und räusperte sich ein paar Mal, ehe er wieder zu seinen Worten zurückfand. Seine Reaktion bewirkte, dass ein zerknirschter Ausdruck über Caras Gesicht flackerte. Subtil registrierte sie seinen Versuch das Thema zu wechseln. „“Man“ hat es mir nicht gezeigt...“, entgegnete sie und beobachtete sein Gesicht. Sie hatte den Sklaven nicht einmal die Gelegenheit gelassen und hatte sich sogleich eigenständig auf Entdeckungsreise gemacht. Es lag ihr nicht zu warten, bis jemand sie abholte. Da sie aber etwas ganz anderes beschäftigte, ließ sie den Aspekt fallen. So leicht wollte sie den Legaten dann nämlich doch nicht entlassen...“Es tut mir Leid, wenn ich dir zu nahe getreten bin?“, erklärte Cara und verwies damit auf ihre Aussage, dem Haus fehle eine weibliche Hand. Wie es sich herausgestellt hatte, hatte sie mit ihrer Vermutung richtig gelegen: Der Legat war entweder unverheiratet oder geschieden. Was es war, war im Grunde egal, denn das Produkt war dasselbe. Nur war sie mit ihrer Äußerung offenbar in ein Bienennest getreten. Das Thema schien dem Decimer unangenehm zu sein, was sie zu der Frage brachte, weshalb. >Vielleicht ist seine Frau ja gestorben...<, ging es ihr durch den Kopf. Immerhin war es höchst ungewöhnlich auf einen Mann zu treffen, der bis ins hohe Alter – und von ihrem Blickwinkel aus, gehörte er zu den älteren Menschen – der bis dato nicht zumindest einmal verheiratet gewesen war. Natürlich gab es auch diverse Spaßvögel, die tatsächlich behaupteten, mit ihrer Arbeit verheiratet zu sein. Vielleicht war es aber auch gar nicht der Umstand, dass er unverheiratet war, der ihn so aus dem Tritt gebracht hatte. Vielleicht, diese Möglichkeit bestand, hatte es ihn pikiert, dass sie seine Wohnstatt, in der er sich ja offensichtlich wohl fühlte, als kalt empfand und etwas ändern wollte. Dann wiederrum wäre sein Angebot reiner Gastfreundlichkeit erwachsen. So schnell der Gedanke jedoch aus dem Nichts aufgetaucht war, verwarf die junge Iulia ihn wieder. Der Legat war definitiv kein Mensch, der sich wegen einer solchen Äußerung auf den Schlips getreten fühlte. So gut, meinte sie ihn jedenfalls schon einschätzen zu können.

    Im sanften goldenen Halbdunkel der Kerzen sah Cara, wie sich seine Lippen schmunzelnd verzogen. „Schon gut...“, entgegnete sie freundlich und als wäre das die Antwort auf alle Fragen dieser Welt: „Gewohnheiten...“ und hob die Schultern.
    Mochte ihm das Anschleichen – denn aus ihrer Sicht hatte er das getan - zu eigen sein, den Göttern zu huldigen gehörte nicht dazu. Cara konnte nicht sagen, woher sie diese Vermutung nahm. Vielleicht war es der weiche Staubfilm auf dem Altar gewesen, die fehlende Gewürze, die man gewöhnlich für Opferungen bereit hielt, die Art, wie er sich ihr genähert hatte oder wie er sie nun betrachtete. „Du scheinst nicht oft hierher zu kommen...“, bemerkte sie ruhig und frei von jedwedem Vorwurf.


    Einen Moment lang herrschte Stille im Altarraum, dann ergriff Decimus das Wort erneut. „Mach dir darüber keine Gedanken, die Pflicht geht vor...“, winkte sie ab. Immerhin war sie es schon gewöhnt. Schließlich hatte sie einen älteren Bruder, der in der großen weiten Welt seiner Karriere nachging und der ihr sehr m Herzen lag. Es tat weh, wenn er auf einmal verschwand, um irgendeiner Aufgabe nachzukommen, aber man gewöhnte sich daran. Man musste sich daran gewöhnen. Wenn sie jedoch ganz ehrlich mit sich selbst war, dann haderte sie noch heute damit, dass Saturnius stets so fern war. Auch wegen ihm war sie nach Roma gekommen, nur um fest zu stellen, dass er bereits wieder abgereist war. >Dieses bescheuerte Fieber aber auch!< Für einen Moment lang driftete ihre Gedanken ab; Sie spürte wie der Gram in ihr aufkochte, ehe sie ins Hier und Jetzt zurückkehrte. Ob die Zimmer in Ordnung waren, hatte er gefragt.
    „Sie sind sehr schön geschnitten und wirklich großzügig – gar nicht zu vergleichen mit den Gästezimmern in der Casa“, erwiderte die junge Iulia, lächelnd. >Soll ich ihn vielleicht bitten...Ob er es mir böse nehmen wird?< Ihr Blick huschte über sein Gesicht, ehe sie entschied, es einfach zu versuchen. Zögerlich sagte sie: „Mit deiner Erlaubnis würde ich allerdings gern ein paar Veränderungen vornehmen...Diesem Haus fehlt ein wenig die Hand einer Frau...“ Das war es, was sie im Grunde störte. Diese militärische Geradheit. Gleichzeitig warf es neue Erkenntnisse und fragen auf. Wenn hier die Hand einer Frau fehlte, dann womöglich deshalb, weil.... Der Decimer hatte ihnen auch noch nicht seine Gattin vorgestellt. >Er ist unverheiratet oder geschieden...<, ging es ihr durch den Kopf. Wieder fügte sie dem Bild, das sie sich soeben von ihrem Gastgeber machte, ein Puzzelteil hinzu.

    "bona dea!", Erschrocken fuhr die junge Iulia zusammen, als sie des Decimers gewahr wurde und griff sich mit der Hand ans Herz. In ihrer Andacht versunken, hatte sie gar nicht bemerkt, wie er den kleinen abgetrennten Raum betreten hatte. Jetzt stand er vor ihr. Doch schon im nächsten Moment entspannten sich ihre Züge. Amüsiertheit blitzte in ihren blauen Augen auf und ein Lächeln kräuselte ihre Lippen.
    "Schleichst du dich immer so an nichtsahnende Personen heran, Legat?", tadelte sie ihn spielerisch und überbrückte schließlich die wenigen Schritte zwischen ihnen. Natürlich diente das lediglich dazu ihre eigene Unachtsamkeit zu vertuschen. Aufmerksam musterte sie den Mann. Sie war neugierig, wie sie immer neugierig war, wenn sie sich plötzlich in der Gesellschaft von Menschen wiederfand, die sie nicht kannte. Dass er das Amt eines Legats und Senators begleitete kam schließlich nicht von ungefähr. Selbst sein leiser Schritt, mit dem er sich dem Hausaltar bis auf wenige Meter genähert hatte, verwies auf eine Ausbildung, die wohl auch zum Einsatz gekommen war - andernfalls hätte er sie wohl kaum so perfektioniert. Und war es nicht sinnvoll ihn zumindest ein wenig kennen zu lernen? Immerhin würden sie jetzt einige Zeit mit ihm unter einem Dach leben...

    Eine halbe Stunde später näherte sich Cara in eleganter aufrechter Haltung langsamen Schrittes dem Hausaltar, auf dem die Miniaturen verschiedener römischer Gottheiten aufgereiht standen. In ihrer Hand ein kleines Säckchen mit getrocknetem Lavendel und ein paar Küchlein, die sie in der culina gefunden hatte und der Göttin darbringen würde. Länger als gewöhnlich hatte sie gebraucht, um sich des Gebäudes zu besehen. Kein Wunder, immerhin war dieses Haus auch wesentlich größer, als jene, in welchem sie bisher gelebt hatte. Ihr erster Eindruck jener Sparsamkeit, die ihr bereits in ihrem eigenen cubiculum begegnet war, hatte sich verhärtet. So gesehen hatte lediglich das große balneum sie wirklich begeistert. Andererseits hatte diese Askese auch ihre Fantasie angeregt und sie hatte einen festen Plan, wie sie der kahlen Härte ganz unauffällig den Garaus machen würde. In der üblichen Manier ließ sie sich auf der untersten Stufe nieder, legte die Küchlein auf den Altar und entzündete schließlich die zwei Kerzen, in deren Flammen sie den Lavendel streute. Zischend und rauchend verbrannten die getrockneten Blüten und erfüllten den Raum mit ihrem schweren, unvergleichlichen Duft. Tief atmete Cara ein und schloss für einige Augenblicke die Lider. >Diese Gaben widme ich dir, Venus…zum Dank für unsere glückliche Überreise…<richtete sie das Wort in Gedanken an die Schutzpatronin ihrer Familie. Schließlich erhob sich die junge Frau, verharrte dann aber doch noch einen Moment schweigsam auf die Miniaturen blickend und raffte ein wenig ihr Gewand, ehe sie von der Stufe herabstieg.
    >Vielleicht sollte ich so langsam Mal nach Corona sehen...und einen Brief an Lucius schreiben, dass wir gut angekommen sind...<


    Sim-Off:

    edit: Link eingefügt

    Die Szene kam ihr bekannt vor. Es war rein äußerlich das Spiegelbild jener Aufbruchsszene in Roma: Cara stand, die Hände in die Hüfte gestemmt, in der Mitte jenes cubiculums, das der Hausherr ihr zugewiesen hatte und beobachtete, wie zwei kräftige Sklaven die einzige Truhe hereintrugen, die sie aus Roma mitgebracht hatte. Phocylides hatte sich ziemlich überrascht gezeigt, als sie zum Gesamtgepäck lediglich dieses Stück beigetragen hatte. Sie hatte sein Erstaunen mit einem schlichten Lächeln quittiert. Für den Rückweg würde eine einzige Truhe freilich nicht ausreichen. Nein, die junge Iulia hatte vor ihren Bestand an Gewändern, Schmuck und Stoffen hier in Germania aufzustocken. Da sie hier in Mogontiacum geboren worden war, wusste sie, dass es hier qualitativ hochwertige und seltene Ware zu günstigen Preisen zu erwerben gab, wenn man nur wusste, wo man zu suchen hatte. Immerhin hatte ihr Lucius eine großzügige Reisekasse zugestanden. Wenn der Iulier sie schon hierher gezwungen hatte, dann würde sie die Annehmlichkeiten, die er ihnen als Beruhigungsmittelchen zugespielt hatte, auch gehörig ausnutzen. Allerdings war das nicht ihr vorstelliger Gedanke. Dieser Raum. So sehr man sich auch Mühe gemacht hatte, den Schleier des unbenutzten Gästecubiculums zu lüften, der Hauch des Unpersönlichen haftete ihm nach wie vor an. Es fehlten Blumen, Luft, die Hand des Weiblichen. Letzteres wurde nicht nur in diesem Zimmer vermisst. In der ganzen Villa – eine Villa! Einen Moment hatte ihr Herz vor Aufregung geflattert, als sie auf das Gebäude zugekommen waren - herrschte eine kerzengerade, konsequente Askese. Verwunderlich war das nicht. Immerhin befanden sie sich in einem Castell. Männer legten auf so etwas einfach keinen Wert. Ein Seufzen brach über ihre Lippen. >Hier muss ich eindeutig etwas tun<, nahm sie sich vor. >Ein paar frische Blumensträuße, neue Vorhänge….<


    „Können wir noch etwas für dich tun, domina?“, fragte einer der Sklaven. Seine Stimme riss die junge Iulia aus ihren Gedanken. Die Truhe stand inzwischen sicher zwischen den beiden Männern auf dem Boden. Aus erster Verwirrung entflammte ein Lächeln.
    „Nein danke…ihr könnt gehen.“ Die Sklaven nickten synchron, wandten sich um und ließen die junge Frau allein zurück.


    Caras Blick glitt zu der Truhe. >Auspacken?< Ihr hübsches Gesicht verzog sich vor Unlust. Dazu war auch noch später Zeit. Zuerst wollte sie den Rest des Hauses erkunden. Die Neugier war einfach stärker. Vielleicht konnte sie bei dieser Gelegenheit in der Küche ein paar Honigkuchen für den Hausaltar mitnehmen, um Venus für ihre glückliche Reise zu danken. Dabei konnte sie auch gleich sehen, wo sie hier im Haus unbedingt ein paar –dezent – Veränderungen bewirken musste.


    AD
    Lucius Iulius Centho
    Casa Iulia
    Roma, Italia


    Salve Lucius,


    Es wird dich freuen, zu hören, dass Corona und ich wohlbehalten in Mogontiacum angekommen sind. Die Reise war gewohnheitsgemäß lang und glücklicherweise ereignislos. Dein Maior domus hatte zwar hin und wieder Mühe mit uns beiden mitzuhalten, aber er hat sich sichtlich darum bemüht. Vielleicht solltest du ihm das nächste Mal ein größeres Reittier zur Verfügung stellen. Das kleine Pony, auf welchem er hin und her holperte, wurde ihm irgendwie nicht ganz gerecht.


    Mutter fanden wir – erstaunlicherweise – wohlauf in der Casa vor. In der Tat machte sie auf mich einen etwas kränklichen Eindruck, was sie aber nicht daran hindert den Haushalt fest im Griff zu haben. Dementsprechend geht es ihr ganz gut. Schon jetzt versucht sie Corona und mich unter ihre Fittiche zu zwingen.


    Der Legat hat uns nun heute an der Casa abgeholt, um uns mit einer Eskorte in seine Villa in der castra zu geleiten. Ich weiß ja nicht, was ich davon halten soll. Es erscheint mir ein wenig viel Protz. Da der Legat selbst aber zu Fuß kam und sogar auf eine militärische Uniform verzichtete, glaube ich eher, dass das auf Phocylides Mist gewachsen ist, denn der Decimer erschien mir als recht bodenständig. Um ganz ehrlich zu sein, bin ich froh darüber, ein wenig außer Reichweite meiner Mutter zu sein. Dahingehend bist du uns wirklich entgegengekommen – wenn du uns schon nach Germania zwingst. Cretica jedenfalls sieht in dem Mann nur wieder einen potentiellen Ehemann. Es wird mich einige Mühe kosten, um ihr das auszureden.


    Lass mich wissen, was in Roma vor sich geht und bestelle deiner Frau viele liebe Grüße! Mutter sendet ebenfalls welche - und ich soll mich in ihrem Namen bei dir beschweren, dass du sie über deine Hochzeit nicht ins Bilde gesetzt hast. Sie gratuliert euch beiden herzlichst!


    Cara


    Sim-Off:

    Einmal Familienwertkarte der Iulia bitte=)

    Die Iulierinnen tauschten sich noch eine Weile über dieses und jenes aus, wobei sich Cara eher zurückhielt und sich darauf verlegte, die Situation mit Katzenaugen zu beobachten, als schließlich ein Sklave meldete, dass das balneum bereit sei. Das ließ sich die junge Iulia natürlich nicht zweimal sagen. Immerhin waren sie über Wochen und Monate unterwegs gewesen und hatten den Staub der Straßen aufgesammelt. Ein Bad kam ihr da gerade Recht. Wohl auch deshalb, weil sie so der Nähe ihrer Mutter entkam. Begeistert nahm sie Corona bei der Hand – vor der Verwandten schämte sie sich nicht – und ließ die alte Cretica erst einmal für die nächsten zwei Stunden hinter sich. Den Rest des Abends verbrachten die drei Damen zusammen im Triclinum, wo man ihnen germanische Spezialitäten wie Honigwein kredenzte.


    Das war gestern gewesen. Auch heute saßen sie zusammen, als man meldete der Legat und Senator Marcus Decimus Livianus stehe vor der Tür, wie es ihnen Phocylides bereits am Abend zuvor angekündigt hatte. Ein Freudenstrahlen huschte über Creticas Gesicht: „Der Legat. Was sagt man denn dazu, hm?“, flötete sie begeistert, fast schon wie ein junges Mädchen, das einem der Rennfahrer im Circus Maxmius hinterher schwärmt. Eigentlich hätte das Cara an dieser Stelle misstrauisch werden lassen. Andererseits hatten bereits vergangene Erfahrungen gezeigt, dass Cretica grundsätzlich in jedem Mann, der nicht bei drei auf dem Baum saß und ein entsprechendes Vermögen inklusive Ruf vorzuweisen hatte, einen potentiellen Ehemann für ihre Tochter. Das war wohl etwas, das alle Mütter gemein hatten.
    „Na huschhusch ihr beiden! Ihr solltet den Mann nun wirklich nicht warten lassen, wenn er denn extra von der castra herüber kommt, um euch abzuholen...“ Eilig – erstaunlich behände – erhob sich die ältere Frau aus ihrem Weidenkorb und trieb die beiden Mädchen vor sich her aus dem Atrium hinaus und ins Freie.
    Dort wartete eine ganze Eskorte auf die Iulias.
    Der Tross, obschon wohl nur als „kleiner militärischer“ zu bezeichnen, hatte auf den Straßen für reichlich Aufsehen gesorgt, sodass sich dem militärischen auch ein kleiner ziviler angeschlossen hatte und die Nachbarn aus den umliegenden Häusern die Köpfe zu den Fenstern herausstreckten, um die Ursache für diese Unruhe zu erkunden.
    Überrascht hob Cara die Augenbrauen. Sogar zwei Sänften hatte der Legat mitgebracht. Und ihr Erstaunen wuchs, als sie den Blick auf der Suche nach dem Legaten über die Soldaten schweifen ließ und sie an einem Mann in einer schneeweißen Toga mit Purpurstreifen hängen blieb. >Zu Fuß...Ohne Rüstung...< Ein Lächeln kräuselte ihr Lippen. >Na das ist doch mal untypisch...< Er war ein älterer Herr, der sich über die Jahre hinweg, die würdige Ausstrahlung und Haltung eines Senators und Militärs angeeignet hatte. Nach wie vor war es ihr ein Rätsel, weshalb Lucius sie ausgerechnet in seine Obhut gegeben hatte und sie nicht in der Casa hatte einquartieren lassen. Und jetzt dieser Aufwand. >Römischer Protz?<, ging es ihr durch den Kopf. >Nein, das ist bestimmt auf Phocylides Mist gewachsen...denn dieser Mann da scheint mir ganz geerdet zu sein...< Sie warf dem Maior domus einen raschen Blick zu, ehe sie alle Vorbehalte von sich abwarf. Immerhin würden sie nun einige Zeit unter dem Dach des Decimers leben und noch war offen, wie viel sie überhaupt mit ihm zu tun bekommen würden. Cretica, da war sie sich sicher, würde sie beide gewiss für sich beanspruchen.
    Das tat sie schließlich auch schon jetzt. Die ältere Frau ließ es sich nicht nehmen, die beiden Mädchen vorzustellen.
    „Salve Legat Decimus Livianus! Es ist schön dich hier zu sehen und es freut mich, dass du dir Zeit genommen hast, die Mädchen persönlich abzuholen...“, Von dem Unmut des Sklaven nahm sie nichts war und auch die misstrauische Frage Coronas nahm sie nicht zur Kenntnis.
    „Wenn ich vorstellen darf...Iulia Corona, Tochter des Tiberius Iulius Marius...und meine eigene Tochter...Iulia Cara...“, deutete sie zuerst auf Corona und dann auf Cara.
    „Sei gegrüßt Senator...“, Lächelnd neigte die junge Iulia etwas den Kopf. „Es ist sehr freundlich von dir, uns bei dir aufzunehmen...“, erklärte sie so zurückhaltend, wie man es in dieser Situation von ihr als wohlerzogene junge römische Dame erwartete. >Immerhin etwas Luft...<

    Cara las Übereinstimmung in Coronas Blick. Auch ihre Verwandte schien verwirrt zu sein. Später würde sich sicherlich Gelegenheit ergeben, sich auszutauschen. Wo wollte man sie eigentlich unterbringen?
    „Mutter bist du dir ganz sicher...?“, Vorsichtig legte sie eine Hand auf die zierliche Schulter der Älteren. In der Tat sah sie kränklich aus. >Lucius hatte wohl doch Recht...< Eine Welle des schlechten Gewissen überrollte sie.


    Scheppernd kehrte Crates zurück. Geschickt balancierte er ein Tablett mit einem Krug und drei Bechern auf einer Hand herein.
    „Setzt euch doch, dominae...“, bot er den Mädchen mit einer angenehm schwingenden Stimme an und wies auf zwei Weidenkörbe. „Ihr seid bestimmt müde...“ Während sich die Julierinnen daran machten, sich zu setzen, nutzte Cretica den Moment, sich ebenfalls zu ordnen und Corona unbemerkt zu mustern. >Sie sieht ihr so ähnlich...<
    „Ich bedaure euer beider Verlust. Es ist wahrlich nicht einfach den...“, Für den Hauch eines Atemzugs glitten ihre blauen Augen hinüber zu dem Griechen, „Ehemann und Vater zu verlieren.“ Sie nahm die Hand ihrer Tochter und drückte diese. „Ihre Begeisterung kann ich mir vorstellen. Ich selbst hatte Cara ja nach Roma geschickt, damit sie dort eine anständige Partie fände...“ Ihre Tochter wusste ja nicht, dass das der eigentliche Grund für ihre Reise gewesen war. Sie schien auch noch nichts davon zu ahnen. >Ich muss nur meine Rolle spielen...< „Aber ich glaube, es war eine gute Entscheidung euch zumindest über die Sommerhitze aus Rom fort zu schicken – und ich freue mich wirklich, wirklich meine Cara zu sehen...“ Sie nahm ihren Kopf und zog sie zu sich heran, um sie, entgegen des zuerst noch widerwilligen Ausdrucks auf ihrem Gesicht, an sich zu drücken. „Wer weiß, wann ich dich das nächste Mal wieder sehe, Tochter...“, kommentierte sie, während sich Cara mit sanften Druck wieder aus ihrer Umarmung löste. Die junge Iulia zog es vor, darauf besser nichts zu sagen. Die Neuigkeit um Lucius überraschte die alte Aquilia dann doch.
    „Seine Frau? Er hat geheiratet? Das ist ja mal ein Ding! Er kündigt euch mir an und verpasst dann ganz und gar von sich zu schreiben. Typisch Männer – haben immer so viel Krimskram in ihren Köpfen, dass sie die Hälfte vergessen. Zu welcher Gens gehört sie?“

    Die Iulia warf Corona ein Lächeln zu. Sie mochte die Verwandte. Zumindest ein gutes hatte diese Reise gebracht: Sie waren sich näher gekommen und hatten sich besser kennen gelernt. Vieles teilten sie, waren dabei aber auch ganz und gar Individuen, die sich gegenseitig halfen und ergänzten. Während der Reise, wenn sie des abends in ein Gasthaus eingekehrt waren, um die Nacht geschützt zu verbringen, hatten sie manchmal die Köpfe zusammen gesteckt und Cara hatte sich geduldig von ihrer Verwandten Nachhilfestunden im Nähen geben lassen. Mit Coronas Hilfe hatte sie sich nicht einmal mehr so dumm angestellt.


    Ah ja natürlich! Salve! Komm nur näher!“, winkte Cretica die Iulia heran und sog dann erschrocken die Luft ein. „Bona dea! Bist du groß geworden – und hübsch!“ Sie lachte auf und schüttelte über sich selbst den Kopf. „Das hörst du vermutlich fast jeden Tag, was? Ja, ich weiß…wir Alten…aber lasst euch gesagt sein, Mädchen…das Altern merkt man natürlich daran, dass einem das Gehen schwerer fällt, die Gelenke schmerzen und“, an dieser Stelle musste sie tatsächlich husten, was einige Bedienstete im Hintergrund dazu veranlasste besorgt einen Schritt näher zu kommen, „man wird öfter krank. Aber, wirklich erkennen tut man es nur an den Jungen um einen herum, die heranwachsen zu schönen Blumen und stattlichen Bäumen…Jaja…“ Eigenmächtig nahm sie Coronas Hand, tätschelte sie und sah mit ihren Wasserblauen Augen zu der jungen Frau auf, als suche sie irgendetwas in ihrem Gesicht. „Wie geht es dem guten Lucius, Mädchen…und deiner Mutter, Corona?“


    Das Gespräch wurde von einem Räuspern unterbrochen. Automatisch wandte die Aquilia den Kopf in die Richtung, aus der das Gespräch kam. Ein junger Mann stand dort. Offensichtlich ein Sklave. Um ihn zu erkennen, musste sie jedoch die Augen zusammen kneifen, so gut waren sie dann schließlich auch nicht mehr. Das Gesicht kam ihr bekannt vor. Kantig, mit einer schmalen, ausgeprägten Nase. Aber wo? Wo nur hatte sie es schon einmal gesehen? Während sie noch darüber nachsann, entließ Corona ihn, damit er sich ausruhen konnte. Die Erkenntnis traf sie wie ein Blitz. Für einen Augenblick hatte sie das Gefühl, als verlöre sie den Boden unter den Füßen. Er war es. Lucia hatte den Mann überall mit hin geschleppt. Ihr wurde ganz schwindlig. Er in der Nähe ihrer Tochter!


    „Mutter, geht es dir gut?“, Caras Gesicht erschien vor ihr. Ein besorgter Ausdruck lag darin. „Du bist ganz bleich…“
    „Nein – nein! Schon gut…“, Cretica zwang ein Lächeln auf ihre Lippen und straffte sich. „Nur der Kreislauf…Crates“, wandte sie sich an einen blonden Mann, der ihr am nächsten stand. „Bitte bringe mir etwas zu trinken. Und auch den beiden jungen Damen und ihrer Reisegesellschaft. Ich bin mir sicher nach der langen Reise können sie einen Schluck Wasser gut gebrauchen.“ Der Mann nickte und entfernte sich.


    Cara unterdessen war von der Schauspieleinlage ihrer Mutter nicht sonderlich überzeugt. Irgendetwas schien sie zu beunruhigen. Etwas, das mit Nicocholus zu tun hatte. Sie nahm sich vor, Corona, der sie nun mit gehobenen Brauen einen Blick zu warf, der signalisieren sollte „Ich weiß auch nicht was sie hat“, später danach zu fragen, wie sie an den Griechen gekommen war. Vielleicht hatten sie sich ja bereits schon früher einmal getroffen – was zwar nicht erklärte, warum ihre Mutter so merkwürdig reagiert hatte, aber sie zumindest einen Schritt weiter bringen würde.

    In der Tat war es eine großzügige Geste von dem Iulier gewesen, ihr ein solches Pferd als eine Art Friedensunterpfand zu schenken. Noch immer war Cara ganz verwirrt darüber. Einerseits freute sie sich natürlich – aber andererseits…So ganz konnte sie den Gedanken nicht aus ihrem Geist verbannen, dass es ein Köder sein konnte, um sie hinterher nur noch tiefer demütigen zu können. Aber konnte sie einem Iulier jegliches Ehrgefühl absprechen? >Eigentlich nein<. Selbst er, Kaeso, musste einen Funken Anstand im Leib haben.
    Den Kommentar ihrer Verwandten beantwortete sie zunächst mit einem leisen Lächeln. Es war unmöglich zu leugnen, dass dieser Mensch ihre Seelenruhe aufrieb und sie konnte es nur schwer verbergen mit diesem Gesicht, das ihre Gefühle offenbarte. Noch einen Moment zögerte sie, dann sprach sie ihre Gedanken aus: „Es ist ein wunderbares Geschenk, in der Tat. Aber ich vertraue Kaeso nicht.“


    Corona tauchte wie aus dem Nichts auf ihrer braunen Stute auf. Hinter sich hörte sie Nicocholus entsetzt rufen. Der Grieche saß viel besser im Sattel als der Maior domus und passte seine Bewegungen geschmeidig denen seines Pferdes an. Offenbar steckten zahlreiche Talente in ihm >Woher sie den Mann nur hat?<
    Sie musste lachen. Der Maior domus gab, wie er auf dem Rücken des Ponys hing, tatsächlich eine lustige Figur ab. Irgendwie erinnerte sie der Ägypter an einen Frosch. Allerdings schuldete die junge Iulia ihm noch etwas. Zwar hatte er Sophie nicht finden können, aber er hatte sich doch sehr darum bemüht die entflohene Leibsklavin der Iulia wieder zu finden. So gab sie, wenn auch widerwillig, tatsächlich nach und nahm Pax zurück, ließ ihn auslaufen, sodass Nicocholus und Polyciedes sie einholen konnten. Eigentlich war es schon amüsant, wie die beiden wie zwei Glucken den Mädchen hinterher jagten.
    „Na, seid ihr auch endlich da?“, spöttelte Cara mit einem Lächeln auf den Lippen. Der Ägypter sah tatsächlich ziemlich mitgenommen aus und musste sich erst einmal sammeln. Womöglich für eine Moralpredigt.
    „Wo hast du gelernt so zu reiten?“, wandte sich Cara an Nicocholus.


    Sim-Off:

    Ich würde auch nicht wagen, ihr mehr in den Mund zu legen;)

    Die Worte des Maiordomus rissen Cara aus ihren Gedanken.
    "Ist gut...", gab sie nickend zur Antwort. Etwas anderes blieb ihr ja auch nicht wirklich übrig.
    Coronas Sklave, ein Mann mit einem äußerst griechisch klingenden Namen, klopfte schließlich am Tor der Casa an, als Phocylides schon verschwunden war und meldete die Mädchen an. Etwas flau war es Cara schon im Magen. Wie würde das Wiedersehen mit ihrer Mutter werden? Und vor allem >In welchem Zustand, werde ich Mutter antreffen?< Die angeblich schlechte gesundheitliche Verfassung war es immerhin gewesen, die Lucius erst veranlasst hatte, sie nach Mogontiacum zu schicken. Die ganze Reise über hatte sie sich den Kopf darüber zerbrochen, ob das nur ein Vorwand gewesen sein könnte. Doch sie war einfach nicht schlau darauß geworden. Nicht einmal als sie den Leibsklaven Lucius´ Phocylides ausgefragt hatte, hatte sich irgendetwas ergeben, dass ihre These unterstützt hätte. Wenn auch widerwillig, so langsam glaubte sie tatsächlich daran, dass Creticas Gesundheit der Grund war.


    Ihre Mutter saß im hellen Atrium in einem gemütlichen Weidenkorb, eine Decke über den Knien. Als sie die Schritte der Ankommenden hörte, wandte sie den Kopf halb über ihre Schulter und warf ihrer Tochter ein Lächeln zu, als sich diese klamm näherte. Schon von Weitem suchte Cara nach Anzeichen irgendeiner Veränderung in Creticas Antlitz. Konnte aber nichts erkennen. Seitdem sie sie zurückgelassen hatte, war ihr einst dunkles Haar nicht grauer geworden, als es ohnehin schon gewesen war, als sie sie verlassen hatte. "Mutter...", sagte Cara und versuchte ihr Lächeln zu erwidern. "Wie geht es dir?",
    Im Licht wirkte ihr Gesicht nun doch ein bisschen fahl, als Cara den Stuhl, den man ihr heranschob ablehnte und sich stattdessen neben die alte Frau kniete. Ihre Hand war auch ganz kalt...
    "Ich bin so froh, dass du wieder da bist!",
    "Sicher...", erwiderte Cara knapp, den inneren Widerstreit ignorierend. Sie hatte eigentlich nicht kommen wollen. Jetzt, da sie ihre alternde Mutter sah, überkam sie dann doch ein schlechtes Gewissen.
    "War deine Reise gut?", Die junge Iulia spürte den sanften Druck ihrer Hände. Diese Hände konnten vieles sein. Sanft, grob, überzeugend, überredend...Im Moment erinnerten sie daran, dass Cara noch eine Antwort schuldig war. Schon jetzt versuchte Cretica wieder das Heft an sich zu reißen. >Sie ignoriert meine Fragen....<
    "Wunderbar..."
    "Und du hast jemanden mitgebracht! Wie schön!...." Sie hatte Corona entdeckt, die sich die Zeit über taktvoll im Hintergrund gehalten hatte, um Tochter und Mutter Zeit für Wiedersehensrituale zu geben.
    "Ja...Das ist Iulia Corona", erklärte Cara, indem sie sich erhob und die Hand ihrer Verwandten ergriff, als suche sie damit nach Unterstützung. "Du erinnerst dich bestimmt noch an sie. Sie ist die Tochter Pompeia Lucias..." Sie erinnerte sich noch sehr gut daran, was Corona ihr einst auf dem Markt eröffnet hatte. Die Reaktion Lucias auf den mysteriösen Brief ihrer Mutter. Vor langer Zeit einmal musste sie sehr gute Freundinnen gewesen sein. Doch irgendetwas hatte diese Freundschaft zerstört. Aufmerksam suchte sie nun im Gesicht ihrer Mutter nach einem Hinweis.

    Ankunft
    ________________


    Die Casa Iulia ragte vor ihr in den Himmel. Das Haus befand sich im Herzen Mogontiacums, in einem Viertel in welchem viele römische Familien mit germanischen Wurzeln lebten. Rein äußerlich hatte es sich die charakteristischen Eigenheiten eines römischen Heimes bewahrt, wenn man auch deutliche Einflüsse der germanischen Kultur daran entdecken konnte. Hier hatte Cara ihre Kindheit verbracht, hatte mit den Nachbarsjungen Fangen und Verstecken und aller Hand andere Kinderspiele gespielt, war aus dieser Tür ihrem Vater entgegen gelaufen, um ihm in die Arme zu fallen. Ja, hier war sie groß geworden und war schließlich geflohen, um im fernen Rom Abenteuer und die Welt kennen zu lernen. Jetzt stand sie wieder vor den weißen Mauern. Viel früher als erwartet und hörte ihr Blut in den Ohren pochen. Cara war nervös. Warum wusste sie nicht, aber ihr Körper sandte unverwechselbar die Symptome einer inneren Unruhe.
    „Tja…da sind wir…“, meinte sie mit einem hoffnungsvollen Lächeln zu ihrer Verwandten Corona….