Beiträge von Sextus Aurelius Lupus

    Abgesehen von Senator Claudius, der sich scheinbar mit nichts weniger als einer vollständigen Abschaffung des diskutierten Paragraphens anfreunden konnte, kamen noch einige in Sextus' Augen sehr produktive Ergänzungen. Allen voran, dass definitiv erwähnt werden sollte, dass es um öffentliche Spenden hierbei ging und nicht um jedes kleine As, das man beim Gang durch die Straßen vielleicht doch einmal einem Bettler zusteckte – also, nicht er, aber manche Zeitgenossen, die offenbar zuviel Geld hatten. Über die Möglichkeit einer nachträglichen Meldung musste Sextus hingegen erst nachdenken. Intuitiv erschloss sich ihm nicht, wieso es Probleme geben könnte, zeitig vor einer Spende den Aedilen eine formlose Wachstafel übermitteln zu lassen. Aber konnte er ausschließen, dass es diese Probleme geben könnte? Und wären diese Gründe so derartig abwegig, dass sie vernachlässigbar wären?
    Generell war Sextus viel mehr als in früheren Jahren um Kompromisse bemüht, daher überlegte er noch, wie ein sinnvoller Kompromiss aussehen könnte, während die anderen Senatoren schon fleißig weiterdiskutierten. Die meisten schienen die nachträgliche Meldung eher abzulehnen. Nicht unbedingt aus Notwendigkeit, sondern eher aus politischem Kalkül dem Purgitius gegenüber, versuchte sich Sextus aber einmal an einer Kompromisslösung, mit der hoffentlich ebenfalls alle Beteiligten leben konnten.


    “Insgesamt bin ich ebenfalls der Meinung, dass eine Meldung im Vorfeld einer Spende den Regelfall darstellen sollte, ebenso, dass eine solche Meldung, da sie formlos erfolgen könnte, keine besondere, bürokratische Hürde darstellt. Daher sollte aus den bereits genannten Gründen der besseren Überwachbarkeit, Planbarkeit und Einfachheit diese vorangehende Meldung die bevorzugte Verfahrensweise darstellen.


    Allerdings ist es ja mitnichten so, dass die Aedilen hierdurch weniger die Märkte zu kontrollieren brauchen, da sie ja dennoch vor allen Dingen das kontrollieren müssen, was nach wie vor nicht gemeldet wird, da ja vor allem dieses einen Verstoß darstellt. Daher ist die Kontrollierbarkeit durch die Aedilen für mich ein recht schwaches Argument, da diese ja dennoch vor allen Dingen die Dinge kontrollieren müssen, die sich außerhalb von Gesetzen ereignen und weniger diese, die sich innerhalb jeglicher gesetzlicher Rahmenbedingungen abspielen.


    Da ich aber nun nicht ausschließen kann, dass es hin und wieder doch Fälle geben kann, in denen eine vorherige Meldung sich als schwierig gestaltet, stellt sich mir die Frage, ob die einzige Lösung hierfür wirklich nur sein kann, von Gesetzes wegen diese Spenden zu verbieten oder aber in die Illegalität zu drängen. Daher möchte ich meinen werten Mitsenatoren einmal folgenden Gedanken als möglichen Kompromiss vorstellen:


    Wir reden ja generell ohnehin nur von jenen Spenden, die genehmigungsfrei getätigt werden könnten und lediglich einer Anmeldung bedürften. Wäre es da nicht einfach, dass wir festlegen, dass generell eine Anmeldung VOR der jeweiligen Spende zu erfolgen hat, aber eine Nachmeldung gegen Gebühr möglich ist? Eine solche Möglichkeit würde es säumigen oder vergesslichen Spendern ermöglichen, legal dennoch zu spenden, und würde den Aedilen dennoch die genauen Ermittlungen weitestgehend abnehmen. Gleichzeitig wäre durch die Gebühr quasi die Strafe wegen eines geringen Vergehens gegen die Marktordnung gleich abgegolten, wenngleich unter anderem Namen und ohne den faden Beigeschmack, gegen ein Gesetz verstoßen zu haben und nun bestraft zu werden.
    Üblicherweise würde ein solcher Verstoß mit 5% der Vermögenssumme des Straftäters geahndet. Dieses Vermögen ist natürlich für jeden Spender individuell und somit zur Berechnung einer Strafe gerecht und sinnvoll, als Grundlage einer Gebühr aber so nicht tragbar. Daher würde ich im Fall, dass der Senat meinem Gedanken nach einem Kompromiss folgt, vorschlagen, die Spende als Grundlage für Überlegungen zur Höhe herzunehmen. Sofern wir meinem ersten Vorschlag folgend von 500 Sesterzen als genehmigungsfreie Grenze ausgehen, wären 5% hiervon im Höchstfall 25 Sesterzen. Meiner Meinung nach könnte man aber auch – eben weil das Vermögen der Person, die eine solche Spende tätigt, tendenziell eher höher sein wird – bis zu 50 Sesterzen veranschlagen.
    Bei einer Anmeldung der Spende VOR ihrer Ausführung müsste diese Gebühr selbstverständlich entfallen. Hierdurch sollte mehr als ausreichend Anreiz geschaffen sein, zuerst eine Mitteilung an die Aedilen zu übersenden und hernach tätig zu werden, und dennoch wäre es vergesslichen oder terminlich eingespannten Zeitgenossen nicht gänzlich verwehrt, doch noch gesetzeskonform zu handeln.“

    Insofern Tiberia Corvina dank des "Scherbenhaufens" keine andere Bleibe schon in Aussicht hat, darf sie sich gerne daran erinnern, dass die Aurelii und die Tiberii eine sehr lange Freundschaft pflegen und in der Villa Aurelia um zwischenzeitliches Asyl ersuchen

    Eigentlich hatte Sextus angenommen, dass der Flavier, der diese Debatte ja immerhin gestartet hatte und dem es ein Anliegen war, besagte Gesetze zu ändern, sich wenigstens minimal an der Diskussion beteiligen würde. Stattdessen lehnte der junge Mann sich zurück und ließ die älteren Senatoren scheinbar einfach mal machen, ohne sich selbst weiter zu rühren.
    Ich werde mich nicht über Kleinigkeiten aufregen wiederholte Sextus im Geiste sein selbstauferlegtes Dogma und vertrieb alle Gedanken daran, was er getan hätte, würde er sich zutrauen, genügend Stimmen für ein eigenes Aedilat zusammen zu bekommen. Stattdessen tat er einfach, was er getan hätte, wäre er der Aedil und nicht der Flavier. Nämlich seinen eigenen Vorschlag anpassen und ausformulieren.


    “Die Senatoren Purgitius und Claudius haben durchaus Einwände eingebracht, die Gehör finden sollten. Aber wäre es hierfür nicht die einfachste Möglichkeit, wir würden ein Gesetz – meinem vorherigen Vorschlag als Grundidee folgend - wie folgt einfach formulieren.
    Erstens: Alle Sach- und Lebensmittelspenden von Privatpersonen müssen angemeldet werden.
    Ohne Genehmigung durch die Aedilen vorerst, sondern als prinzipiellen Vorgang im Vorfeld einer Spende. Da man diese ja auch zuerst selbst einkaufen muss und Helfer beim Verteilen beschaffen oder einstellen muss, sowie die Waren zu ihrem Verteilort transportieren muss, ist ein einfaches Schreiben, das bei den Schreibern der Aedilen abgegeben werden kann, denke ich kein zu großer Mehraufwand und dürfte die gesamte Verteilung nicht im Mindesten ihrer Spontaneität berauben.


    Zweitens: Sach- und Lebensmittelspenden über einem Gesamtwert von... 500 Sesterzen bedürfen der Genehmigung durch einen Aedil.


    Das entspräche dem Gegenwert zweier ganzer Rinder oder Pferde. Damit dürfte auch das Verteilen von Lebensmittelspenden aus Opfertieren, welches wir alle ja regelmäßig pflegen, noch genehmigungsfrei und damit unproblematisch sein. Auch sind allgemeine Brotspenden und kleinere Feste so gut abgedeckt. Mehr als zwei Rinder bei einem Opfer eines Privatmannes zu verbrauchen ist wohl äußerst selten, und auch die üblichen Hochzeiten in unseren Kreisen sollten mit diesem Budget reichlich ausgestattet werden können, um die weniger begüterte Nachbarschaft an den Resten noch gut teilhaben lassen zu können.


    Drittens – um Senator Iulius zu beruhigen und den Vorschlag des Senators Purgitius aufzugreifen: Sollten von einer Einzelperson in einem Jahr Sach- und Lebensmittelspenden in Höhe von 2000 Sesterzen getätigt worden sein, benötigt jede weitere Sach- oder Lebensmittelspende im selben Jahr der Genehmigung beider Aedile.


    Ich denke, auch größere und wohlhabendere Familien werden weder 4 ihrer jungen Männer gleichzeitig in die Ämterlaufbahn entlassen und dafür jeweils einen Wahlkampf ausrichten müssen, noch vier Hochzeiten feiern, so dass dieser Teil durchaus als eine Art der Reglementierung für das vernünftige Maß gesehen werden kann. Zumal sich für mehr Spenden auch erst einmal beide Aedile aussprechen müssen.“
    Das war zumindest einmal ein Vorschlag, wie ein möglicher, neuer Paragraph aussehen könnte, und Sextus war mit seinen Gedankengängen da auch recht zufrieden.


    Bevor dies aber durch die geworfene Nebelkerze bezüglich Verstößen zu sehr in eine Seitendiskussion abdriftete, fügte er doch noch ein paar Sätze an.


    "Die Vorgehensweise bei Verstößen gegen die Lex Mercatus könnte sicherlich eine eigene Sitzung Wert sein. Allerdings finde ich es nicht unbedingt zielführend, eine Diskussion hierüber unbedingt am Punkt der Spendentätigkeit festzumachen. Denn ein Verstoß gegen diesen Paragraphen ist nicht anders zu werten, als ein Verstoß gegen einen anderen Paragraphen, so dass die Strafvorschriften hierzu in ihrer Gesamtheit einer Änderung bedürften, wenn man sie denn ändern wollte, was angesichts eines bislang reibungslos funktionierenden Systems mir doch arg unnötig erscheint.“ Was freundlich ausgedrückt soviel hieß wie: Beim Thema bleiben, bitte.

    Da es ein reiner Formalakt war und die Braut ohnehin noch in Tarquinia weilte, schickte Sextus nur einen Boten mit einem kurzen Brief.



    Sen. S. Aurelius Lupo s.d.


    Ich bitte um Eintragung meiner Ehe mit Curtia Minor, Tochter von Aulus Curtius Felix und Nautia Eburna, aus Tarquinia. Die Ehe wurde confaerratisch und sine manu ANTE DIEM VII ID IUN DCCCLXVII A.U.C. (7.6.2017/114 n.Chr.) in Tarquinia geschlossen.


    Vale

    Lange Zeit hatte sich Sextus aus Roms Öffentlichkeit zurückgezogen. Er war es auch einfach leid, die ständigen Intrigen und Ränke, das andauernde Auf und Ab, die immer mehr ausufernden Feindseligkeiten. Und wofür? Damit sich irgendwelche Idioten mit vornehmlich schwachem Selbstbewusstsein einmal stark fühlen konnten? Sextus hatte nicht vor, sich in die Gemeinschaft derer zu reihen, die unter diese Definition fielen. Daher hatte er sich eine schöne, lange, ausgedehnte Auszeit genommen, teilweise in seinem lange vermissten Etruria, vor allem in Tarquinia und Volci bei entfernten Verwandten und Freunden von früher. Unter anderem hatte er dort auch eine neue Ehefrau gefunden, deren größter Vorzug neben ihrer Mitgift war, dass sie noch einige Jahre bei ihren Eltern bleiben würde, ehe sie zu ihm tatsächlich nach Rom kommen würde. Für beide Seiten ein äußerst erfreulicher Umstand.


    Die Marktgesetze – da konnte er selbst doch nicht so ganz aus seiner Haut – waren doch etwas, deren Novellierung er sich nach wie vor verpflichtet fühlte und beizeiten auch noch voranbringen wollte. Dass jetzt wiederum an Kleinigkeiten herumgeschraubt wurde, war nicht das, was er angedacht hatte, aber genug, um der Debatte interessiert zu lauschen.


    Beim ersten Punkt des Flavius musste Sextus sich schon arg auf die Zunge beißen, zeigten die wenigen Worte Scatos doch bereits, wie wenig er den momentanen Gesetzestext verstand, und noch erschreckender, wie wenig Ahnung von Marktmechanismen der neue Ädil mitbrachte. Doch zum Glück brachten auch sogleich andere Senatoren auf den Punkt, was an diesem Vorschlag so unumsetzbar war, dass Sextus nicht seine Stimme dazugesellen musste und somit seine flavischen verbündeten nicht zu verärgern brauchte.


    Insgesamt war Sextus weitestgehend der Meinung von Senator Iulius Dives, der sich seit seiner Zeit als ostianischer Hafenverwalter durchaus zum Politiker gemausert hatte. Zumindest, was den Schutz der einfachen Händler anging, den die Senatoren Flavius und Claudius geflissentlich außer acht zu lassen gedachten. Ein Schelm, wer böses hierbei dachte.
    Allerdings war die Lösung für die ganze Frage für Sextus so derart offensichtlich, dass sie vermutlich zu einfach war, als dass jemand anderes sie bislang gesehen hatte.


    Also erhob er sich, um – nach langer Zeit einmal wieder – das Wort zu erheben. “Ich muss Senator Iulius insoweit zustimmen, dass es für Händler auf den Märkten sehr wohl einen Unterschied macht, wie lange die Ware, die sie für Geld zu verkaufen gedenken, auf den Märkten umsonst zur Verfügung stehen. Während für die werte Senatorenschaft der Verlust von 30 oder 40 Sesterzen vermutlich nicht weiter ins Gewicht fallen wird, oder als wohltätige Spende für die Allgemeinheit verstanden wird, müssen wir uns dabei gewahr bleiben, dass derselbe Betrag für eine römische Familie aus der Subura der Lohn eines ganzen Monats – eines guten Monats! - ist. Der Sold eines Legionärs, der zum Schutze Roms zur Not sein Leben lässt, beträgt ebenfalls 30 Sesterzen!


    Anbetracht dieser Tatsachen sehe ich nicht, dass wir diesen Vorwurf einfach beiseite wischen können. Vielmehr denke ich, dass den Händlern durch den Gesetzestext jederzeit die Sicherheit gegeben sein muss, dass sie durch ihr Handwerk auf Dauer überleben können und auch für sie die reiche Senatorenschaft ein Beschützer, und kein Konkurrent ist.
    Daher muss eine gesetzliche Regelung ihre Bedürfnisse auch berücksichtigen, und die Möglichkeit zur Verteidigung ihres Wohlstandes muss möglichst überschaubar und leicht umsetzbar sein.


    Und da Ädil Flavius bereits selbst gesagt hat, dass sich eine Spendetätigkeit fast ausschließlich im Zuge eines Wahlkampfes oder zu hohen Feiertagen auftritt, ist ihre zeitliche Begrenzung auch sehr wohl verständlich. Immerhin gehen selbst die längsten von Roms Feiertagen keine zwei Wochen.“
    Eine kurze Redepause, um das gesagte sacken zu lassen und den Senator Iulius sich so in seiner Zustimmung sonnen zu lassen, ehe Sextus fortfuhr.
    “Allerdings – und hier muss ich den Senatoren Claudius und Flavius zustimmen – ist Großzügigkeit und Fürsorge an sich etwas, das gewürdigt werden sollte, und nicht bestraft werden. Ebenso stimme ich ihnen zu, dass eine zeitliche Begrenzung teilweise schwierig ist, denn: Was soll man tun, wenn es doch einmal tatsächlich zweiwöchige Brotspenden auf Kosten eines Magistrats beispielsweise gegeben hat, wenn dann noch gutes Brot übrig ist? Kann er wirklich nun dazu verpflichtet sein, gutes Brot wegzuwerfen, weil er es nicht einmal mehr verschenken darf, nur weil man für einen oder zwei Tage zu viel gekauft hatte?“
    Das sollte nun auch die Gegenseite etwas bauchpinseln, hoffte Sextus.


    Denn jetzt kam die Kür, die so verblüffend einfach für Sextus war, dass er sich wirklich fragte, wie diese bislang übersehen worden sein konnte.


    “Anstatt also an der reinen Länge einer Spendetätigkeit dieses Gesetz festmachen zu wollen und hierüber zu diskutieren, warum ein neues Gesetz zu Spenden nicht davon unabhängig formulieren und statt den Tagen der Spende nicht vielmehr ihre Höhe überwachen? Ich hielte es für das am einfachsten zu überwachende, wenn wir den bisherigen Vorgang einfach umkehren:
    Anstatt von den Ädilen zu verlangen, Kalender zu führen über die Länge einer Spende, warum nicht einfach beschließen, dass Spenden in ihrer Höhe, und vielleicht noch dem Grunde nach einfach beim Ädil angemeldet werden und von diesem genehmigt werden müssen? Ob ich nun sechshundert Brote an zwei Tagen oder an zwanzig Tagen verteile, ist doch kaum entscheidend, es bleiben immer sechshundert Brote.
    Die Notwendigkeit, dies bei den Ädilen im Vorfeld zu melden und eine Genehmigung einzuholen, ermöglicht eine hinreichende Marktkontrolle, so dass ausgeschlossen werden kann, dass die Spendentätigkeit tatsächlich den Händlern die Grundlage entzieht, da der Ädil die Menge notfalls auf ein vernünftiges Maß reduzieren kann. Ebenso können Händler ihre Klagen auch an den Ädil richten, so dass dieser bei der Genehmigung von Spenden diese auch berücksichtigen kann. Ebenso wird auffallen, wenn eine Person wiederholt sehr viel zu spenden gedenkt, da es nun in den Aufzeichnungen der Ädile protokolliert werden würde. Dies würde zu mehr Transparenz führen.


    In den Gemeinden außerhalb Roms könnten dies natürlich die örtlichen Ädile durchführen, so dass sich die Überprüfung nicht allein auf Rom konzentriert.


    So wäre die Länge einer Spendentätigkeit irrelevant geworden, dennoch würde den Händlern ein Instrument der Sicherheit an die Hand gegeben, da diese ja jederzeit bei den Ädilen die Listen zur Spendentätigkeit einsehen und gegebenenfalls Einwendungen erheben könnten.


    Und sollte diese einfache Möglichkeit dem Senat noch nicht präzise genug sein, könnte man sogar eine Höchstsumme in das Gesetz einfügen, bis zu der eine Privatperson Waren spenden kann. Beispielsweise bis zu einer Höchstgesamtsumme von zweitausend Sesterzen pro Jahr, wobei ich diese Restriktion für nicht unbedingt notwendig erachte, ihre Möglichkeit aber auch erwähnen möchte.!

    Die Einwände konnte Sextus gut nachvollziehen, wenngleich er nicht ganz so kompliziert gedacht hatte. “Ich würde meinen, dass alle Städte oder jede in ihrem Ermessen tätig werden kann, da ohnehin die Städte als ausführende Organe des Staates, wenn man so will, sich tunlichst an die Standardpreise zu halten hätten. Da bereits das Angebotsverhalten speziell Mogontiacums auch schon im Senat Thema war, schadet es aber wohl sicher nicht, bei der Ausformulierung des Gesetzes etwas genauer zu werden, da stimme ich dir zu.“


    Was allerdings der Consular berechnet haben wollte, was er, Sextus, nicht soeben vorgerechnet hatte, konnte Sextus nicht ganz nachvollziehen. Jedoch schien der Decimus so eine Aufgabe zugeschoben zu bekommen und auch zu verstehen, was zu tun sei, also hielt Sextus sich aus diesem Punkt heraus. Überhaupt würde er ohnehin allem zustimmen, was den Purgitier dazu bewegen mochte, den angepeilten Änderungen im Endeffekt zuzustimmen. Ob der Weg dorthin gerade oder in serpentinenartigen Schlaufen verlief, war Sextus relativ egal, solange er ans Ziel führte.


    Doch auch ehe er hierzu etwas hätte anmerken können – Schweigen wäre immerhin unhöflich gewesen – wurden sie unterbrochen. Sextus musste nicht großartig überrascht spielen, er war es in der Tat, hatte er doch nicht gedacht, dass die Zeit so schnell vorangeschritten war und seine Nichte eher etwas später erwartet. So stand er mit einem Lächeln auf und ging zwei Schritte auf seine Nichte zu, die etwas ertappt wirkte. Er musste ihr dringend noch ein herrschaftlicheres Auftreten beibringen. Sonst wirkte sie am Ende noch provinziell.
    “Ah, Corvina. Lass dich vorstellen.“ Mit einer einladenden Geste forderte er das Mädchen auf, an seine Seite zu kommen, so dass die Gäste – vor allem der Purgitier – sie besser sehen konnten. “Darf ich vorstellen, meine Nichte Corvina, die Tochter meines älteren Bruders Quintus Corvus. Corvina, dies ist der ehrenwerte Consular Purgitius.“ Eine kurze Pause, damit seine Nichte irgendwie reagieren konnte, ehe Sextus etwas weniger ausführlich auch noch den anderen Burschen vorstellte. “Und das ist sein Tiro Decimus.“ Den das Mädchen nicht zu herzlich begrüßen sollte, weshalb Sextus hier etwas schneller fortfuhr. “Meine Nichte ist erst vor wenigen Wochen hierher nach Rom gereist, um das Zentrum der zivilisierten Welt kennen zu lernen.“

    Sextus war sich nicht so sicher, dass wirklich alle Senatoren auch jetzt schon den Satz des Gesetzes so verstanden, dass sie irgendwelche Händler nicht ihr eigen nannten. Aber da wollte er dem Consular nicht dessen Illusionen rauben, die dieser trotz seiner langjährigen Tätigkeit im Senat scheinbar noch hatte.


    Eigentlich sah Sextus bei einem Gespräch seinem Gegenüber bevorzugt in die Augen. Schon allein, um jede Nuance der Mimik mitzubekommen und so vielleicht Vorlieben und Abneigungen, die unausgesprochen blieben, dennoch herausfiltern zu können. Bei der folgenden Einlassung des Purgitiers allerdings musste er doch den Gesetzestext zuhilfe nehmen, um zu verstehen, was der Mann meinte. Und selbst mit der Abschrift vor Augen fiel es ihm reichlich schwer, mitzukommen, auf was Purgitius Macer hinaus wollte.
    Sextus runzelte die Stirn und versuchte sich an einer Interpretation des gesagten. “Wenn ich dich recht verstehe, meinst du, dass die Zuständigkeiten näher benannt werden müssen?
    Nun – und ich fürchte, ich muss wohl doch wieder das Gespräch an mich reißen, was du hoffentlich entschuldigst – ich habe mir diesbezüglich auch schon einige Gedanken gemacht. Zum einen sehe ich beispielsweise keinen Sinn darin, dass Städte zwar sowohl Betriebe als auch waren erben können, gleichzeitig diese Waren nicht verkaufen können sollen, obwohl sie Teil des Staates sind. Abgesehen von Rom hätten wohl die örtlichen Aedile allerdings in der Tat Verfügungsgewalt über diese Betriebe, so dass diese ererbte – oder auch neu produzierte – Waren prinzipiell anbieten könnten. In Roma selber fiele dies wohl eher der kaiserlichen Kanzlei zu, die soweit ich informiert bin, das Pasceolus Imperialis verwaltet. Ich bin mir hierbei nicht sicher, ob hierbei allzu explizit auf die einzelnen Berechtigten eingegangen werden muss und würde hierbei eine einfache Formulierung wie... 'Städte, Gemeinden und Staatskasse' oder ähnliches favorisieren.


    Gleichzeitig habe ich mir allerdings schon Gedanken gemacht, ob die jetzige Formulierung, wann der Staat – wenn ich auf dieses Wort zurückgreifen darf – überhaupt Waren anbieten darf, ausreichend ist. Und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass der Satz in seiner jetzigen Form nicht zu einem florierenden Markt beiträgt.
    Ich würde daher sehr dafür stimmen, diesen Paragraphen dahingehend umzuformulieren. Zum einen halte ich die grenze, ab der der Staat tätig werden kann – hier erwähnt als 150 % vom staatlichen Standardpreis – für erheblich zu hoch gegriffen. Die vorgeschlagenen Stanndardpreise beinhalten bereits eine Gewinnspanne von zwanzig Prozent in Bezug auf die Produktionskosten. Hierauf noch einmal fünfzig Prozent Aufschlag als vertretbar zu halten – also nach den Regeln der Gesamtveranlagung von ganzen achtzig Prozent – halte ich für utopisch. Nicht einmal Geldverleiher nehmen achtzig Prozent ihres Verleihs als Zinsen. Warum sollte Brotbäcker mit ihrer Arbeit mehr verdienen?
    Außerdem ist der jetzige Satz einfach auszuhebeln, indem ein Händler ein einziges Teil ihrer Waren zum Standardpreis anbieten und den Rest sogar noch deutlich teurer als besagte 150 Prozent, und die Grenzen des Gesetzes wären dennoch gewahrt. Beides erachte ich als inakzeptabel.
    Und zum dritten wird die Möglichkeit, dass eine Ware überhaupt nicht zu haben ist, vollständig unbeachtet gelassen.
    Daher würde ich vorschlagen, den Satz dahingehend zu ändern, dass wenn eine Ware nicht oder nur zu mehr als durchschnittlich 125 % des staatlichen Standardpreises zu haben ist, dass dann Städte und Staatskasse besagte Waren auf den Markt zum Verkauf stellen dürfen. Die 125 % daher, da dann hier durch die Gesamtgewinnerrechnung ein Gewinn von 50 % zu den Herstellungskosten rein rechnerisch zu erzielen ist, was meines Erachtens nach ausreichend ist.“

    Sextus nahm mit einem freundlichen “Danke“ die Abschrift des Gesetzeskommentars entgegen, war aber höflich genug, nun nicht gleich zu lesen und weiter zu debattieren. Im Nachgang dieses Gespräches würde ohnehin viel zu tun übrig bleiben und einiges zu recherchieren und nachzuarbeiten sein, so dass er dies ebenfalls dann tun könnte – oder eben nach ausdrücklicher Aufforderung seines Gastes, so dieser jetzt darüber sprechen wollte. Allerdings stellte dieser doch eine grundlegendere Frage, die auch ohne nähere Lektüre beantwortet werden konnte.
    “Bevor das Gesetz als Ganzes in seiner Neufassung dadurch gefährdet wäre, würde ich notgedrungen zustimmen. Allerdings wäre es primär mein Ziel, die engere Fassung zum Gesetz zu erheben. Sofern nicht weitere, historische Hinweise dafür beigebracht werden können, dass die Landwirtschaft von unseren ehrwürdigen Ahnen tatsächlich sehr viel weiter gefasst wurde, als du und ich uns hier gedacht haben.
    Wobei ich allerdings ganz klar eine Grenze ziehen würde bei reiner Handelstätigkeit, selbst wenn diese sich auf landwirtschaftliche Produkte erstrecken sollte. Die Einfuhr von Luxusgütern kann meines Erachtens nach auch bei weitreichenderer Definition von landwirtschaftlichen Betrieben nicht gerechtfertigt werden, selbst wenn Weihrauch tatsächlich aus Bäumen gewonnen wird.“

    Über Spinnereien und Bäcker konnte man ja noch verhandeln, wenn es unbedingt sein musste. Aber einige, engere Grenzen mussten nach Sextus' Dafürhalten einfach sein, wollte man sich nicht ganz lächerlich machen. Sonst hätte man gleich sämtliche Tätigkeitsfelder für Senatoren und Patrizier öffnen können, und das hatten die römischen Urväter ganz gewiss niemals im Sinn gehabt.


    “Von meiner Seite aus wäre damit auch zu diesem Punkt alles gesagt. Um das Gespräch allerdings nicht zu sehr an mich zu reißen, möchte ich nun dich erst einmal fragen, ob du zu diesem oder den nächsten Paragraphen eigene Vorstellungen oder Wünsche hast?“

    In der Tat kannte Sextus diesen Kommentar nicht. Er hatte zwar durchaus selbst auch ein wenig Recherchearbeit im Vorfeld betrieben, aber er selbst war weder ein Jurist, noch ein Historiker, noch hatte er ein außerordentliches Interesse in eben jenem Bereich, als dass er da jeden Kommentar zu einem diesbezüglichen Gesetzestext kennen würde. “Wenn du zufällig eine Abschrift erübrigen kannst, wäre das in der Tat sehr hilfreich für mich. Denn wie gesagt bin ich Laie, was diese juristischen Spitzfindigkeiten angeht und daher um jede Hilfe dankbar. Wenn du meinst, dass wir dazu einen Historiker oder Juristen...“ Sextus stoppte mitten im Satz, was für diejenigen, die ihn kannten – was zugegebenermaßen auf niemanden in diesem Raum zutraf – wohl ein ungewöhnliches Zeichen darstellte, da er im Üblichen zuerst nachzudenken und dann zu sprechen pflegte. Doch ab und an einmal geschah es auch ihm, dass die Götter ihm einen Geistesblitz eingaben, an den er so bislang nicht gedacht hatte, der seine zuvor sorgfältig gewählte Formulierung unterbrach. Also entstand ein kurzes Schweigen, gefolgt von einem ins nichts gesprochenen “Iulius....“.
    Kurz flackerte Sextus Blick, dann lächelte er seinem Gast entschuldigend zu. “Oh, verzeih, Consular. Ich hatte nur gerade eine wie mir scheint treffliche Idee. Kennst du Senator Iulius? Nicht den Alten, ich meine Iulius Dives. Er ist...“ Sextus überlegte zunächst eine möglichst diplomatische Formulierung, entschied sich dann aber doch für ein kurzes Lachen und die Wahrheit, da diese ihm hier hilfreicher erschien als salbungsvolle Worte. “Um ehrlich zu sein ist er ein ziemlicher Pedant und Erbsenzähler, allerdings denke ich, dass wir bei Nachforschungen oder später auch Formulierungsfragen kaum einen geeigneteren Mann finden. Und eine Einbeziehung in unsere Vorbereitungen würden uns im späteren Verlauf der Senatsdiskussion sicher einige... einige Zwischenfragen und Abänderungsvorschläge ersparen. Und ich bin fast der Überzeugung, dass er sich freuen würde, sich durch Senatsarchive und historische Abhandlungen zu wühlen.“
    Sextus hatte ja nur kurz mit dem Iulius zusammen gearbeitet – oder vielmehr hatte der Mann für Sextus gearbeitet und bei der Organisation des Wagenrennens zu den munera des Kaisers geholfen. Dennoch glaubte Sextus tatsächlich das, was er sagte, insbesondere den Teil, dass sie sich so einige Diskussionen im Vorfeld sparen konnten. Nur hoffte er, dass der Iulier hier nicht wieder mit ähnlichem Übereifer bei der Sache sein würde wie bei der Hafengebühr damals in Ostia. Zur Not würden der Purgitius und er ihn wohl noch ein wenig einnorden müssen. Allerdings traute sich Sextus diese Aufgabe durchaus zu.
    “Sofern du also einverstanden bist, würde ich den Iulius zu unserem nächsten Treffen dann hinzubitten und ihm wohl im Vorfeld eben jene Aufgabe der Recherche zu diesem Punkt anvertrauen.“

    Das. War. Kurz.
    Sextus blinzelte kurz verwirrt und wusste nicht so recht, was er jetzt sagen sollte. Er hatte sich doch ein paar Sätze mehr erhofft, irgend etwas, das auf juristische Urteile verwies, oder wenigstens auf Hörensagen von solchen, oder einfach irgendwas, das nach mehr klang als der persönlichen Meinung irgendeines x-beliebigen Römers von der Straße. Irgend ein Anhaltspunkt, wie man weiter verfahren könnte, seinetwegen auch eine moralische oder philosophische Ansicht zu dem Thema als solches. Einfach etwas mehr als ein 'Ja, passt schon' in hübscher verpackten Worten.
    Sextus schindete etwas Zeit, indem er einen Schluck trank und seinen Becher dann sorgfältig wieder auf dem Tisch abstellte, während er seine Gedanken sammelte. “Die eigentliche Frage ist da eher: Denkst du, dass wir dies so, wie es unserer beider Meinung entspricht, folglich in einem neuen, eindeutigeren Text festhalten können und wärst du mit dieser Gesetzesneuerung einverstanden?“ fragte Sextus also nochmal etwas expliziter nach, denn genau um diesen Punkt hatte der Purgitier mit seiner im höchsten Maße diplomatischen Antwort einen weiten Bogen gemacht.

    Na immerhin brachte der Bursche das zustande, was sein... Vetter? Onkel? Was dieser Feigling in schwarzer Rüstung und dessen Vater beide nicht hinbekommen hatten: Sich entschuldigen. Das besänftigte, zumindest ein wenig, und Sextus war zumindest dem Anschein nach gewillt, es zu zeigen. “Jugend neigt zu Ungestüm. Und du bist bei Consular Purgitius, um zu lernen, und nicht, weil du schon alles weißt. Dir sei verziehen.“ Zumindest dieser Ausrutscher sei verziehen. Die Zugehörigkeit zur falschen Gens und deren Fehlverhalten wohl eher weniger.


    Dass der Consular ohne Widerworte zustimmte, war einerseits erfreulich, andererseits war sich Sextus durchaus der Tatsache bewusst, dass eine Hand die andere wusch und er damit einen gleichwertigen Gefallen schuldig war. Solange dies nun nicht in einer Angelegenheit zum tragen kam, die Sextus persönlich wichtig war, hatte er mit diesem System des Gebens und Nehmens aber auch keinerlei Problem. “Die Senatorenschaft wird dieser Schritt zugegebenermaßen weniger betreffen, da die meisten wohl mit dem jetzigen Betriebslimit völlig zufrieden sind. Allerdings betrifft die Überteuerung und die Verknappung der waren vor allem solche außerhalb des landwirtschaftlichen Rahmens, und wenn man es selbstlos nennen kann, eine Gesetz zu reformieren, von dem man nicht durch eigene Betriebsgründungsmöglichkeiten, sondern nur durch bessere Einkaufsmöglichkeiten profitiert, bin ich gerne selbstlos. Und danke dir für deine Zustimmung, Consular.


    Womit wir dann schon beim letzten Satz dieses Paragraphen angekommen wären, und hierfür hätte ich wie bereits vor einigen Tagen erwähnt gerne deine Expertise. Der jetzige, fünfte Satz über die Einschränkungen für Patrizier und Angehörige des Senatorenstandes ist meiner Ansicht nach mehr als schwammig. Und wenn es hierzu schon wiederholt Gerichtsverhandlungen gegeben hat, würde ich meine Einschätzung diesbezüglich als erwiesen ansehen. Bevor wir den Satz allerdings eindeutiger fassen können, müssten wir uns zunächst einmal klar sein, welche Betriebe wir denn selbst als unserem Stande angemessen erachten.


    Meine Meinung als absoluter Laie ist, dass die Regelung durchaus eigentlich enger gefasst sein sollte, als sie bislang stellenweise ausgeübt wurde. Ein Landgut zu besitzen, das beispielsweise Trauben anbaut und daraus auch gleich selbst Wein keltert – also alle Arbeitsschritte vom setzen des Rebstocks bis hin zur Lagerung des Weins in sich vereint – ist sicherlich als landwirtschaftlicher Betrieb zu sehen. Eine Metzgerei, die bereits geschlachtete Tiere ankauft und lediglich noch würzt und zu Würsten verarbeitet, mit der Aufzucht und Haltung der Tiere aber nicht das geringste zu tun hat, fällt meines Erachtens nach aber unter Handelstätigkeit. Von Fernhändlern, die zwar Datteln, Weihrauch und Falerner anbieten, diese Dinge aber selbst nur aus verschiedenen Ländern ankaufen und lediglich transportieren, ganz zu schweigen.


    Allerdings bist du in diesem Fall sicherlich bewanderter als ich, und bevor ich daher aus meiner laienhaften Meinung heraus etwas vorschlage, wäre ich wirklich für deine Einschätzung hierzu sehr dankbar.“

    Kurz war Sextus iritiert und hob fragend die Augenbrauen, als der Decimus sich meldete, obwohl er gar nicht angesprochen war. Er hatte sich ja noch damit abgefunden, dass der Purgitier seinen Tiro mitbringen würde, obwohl Sextus allen Grund hatte, die Decimi als Ganzes und die näheren Verwandten von Decimus Serapio im Besonderen nicht willkommen zu heißen. Aber dass jetzt ein Junge, dem grade mal ein bisschen Flaum spross, nun sich mit Senatoren auf eine Ebene stellen wollte, das war doch wirklich etwas zu viel des guten. “Wir?“ fragte Sextus kurz verwundert nach, als sich dann auch gleich sein eigentlicher Gesprächspartner zu Wort meldete Sextus blinzelte kurz und versuchte, sich auf das Gesagte zu konzentrieren.
    “Darüber hinaus ist es auch jetzt schon Rittern gestattet, eben jene Betriebe zu führen und gleichzeitig in einem Collegium aktiv zu sein. Wenn es hierbei kein Problem gibt, ist es umso unlogischer, dass bei Personen niedrigeren Standes ein höherer moralischer Maßstab angewendet werden sollte. Darüber hinaus bleibt die frage nach einer Definition dieses ominösen Cultus Deorum, denn zweifellos werden sich Prostituierte auch jetzt schon in Kultvereinen der Venus zusammenschließen. Und Schankwirte in jenen des Bacchus oder ähnlichem. Wenn nun nur höchste Collegia gemeint sind, die ihre Mitglieder ohnehin kooptieren oder aber ihre eigenen Mitglieder ausschließen können, dann muss jenes nicht in einem allgemeinen Marktgesetz verankert werden. Soviel sollte selbst der Senat diversen Collegia zugestehen. Zumal ohnehin die höchsten Ämter nur für den Ordo Senatorius zugänglich sind, der eigene Restriktionen diesbezüglich hat. Oder sie sind direkt dem Kaiser unterstellt, der da seine Wünsche und Ansichten wohl selbst verkünden kann.“
    Es war ja nicht das erste Mal, dass Sextus so eine Argumentation hörte. Vermutlich war diese aus einer Zeit übrig geblieben, in der angeblich Frauen noch in den Senat aufgenommen worden waren und es sonderbare Posten und Positionen von Staats wegen gegeben haben sollte. Aber genau deshalb hatte Sextus da sehr viel zeit gehabt, sich über diesen unsäglichen Unsinn innerlich aufzuregen und sich Argumente zurechtzulegen. “So eine Regelung schließt nicht aus, dass Collegiumsmitglieder bestimmte Betriebe unterhalten, sondern schließt bestimmte Bevölkerungsgruppen vielmehr vom Dienst an den Göttern aus, die von den eigentlichen Kultvorschriften her explizit nicht ausgeschlossen wären. Und hierfür ist ein Marktgesetz definitiv nicht gedacht.“ So oder so war der Senat nicht dafür zuständig, irgendwelche abstrusen Moralvorstellungen in seiner Bevölkerung durchzudrücken. Wo käme man denn hin, wenn man sämtliche Lupanare und Tabernae unter Druck setzte, indem man sie von göttlichen Segnungen ausschloss? Was wäre, wenn all diese Betriebe auf einmal schließen würden? Die Senatoren wären wohl mit die ersten, die ihre Hetären vermissen würden.


    So Sextus hatte sich schon viel zu sehr mit diesem Einwurf aufgehalten. Aber immerhin, so war er sicher, sollte dieser in seinen Augen unsinnige Punkt im Senat wieder aufkommen, er hätte seine Argumente, um diesen Einwurf als den Unsinn zu widerlegen, der er war.
    “Was die Sklaven angeht, da ist es natürlich richtig, dass der Eigentümer eines Sklaven für diesen haftet. Die Frage ist, ob dies explizit noch einmal ausgedrückt werden muss oder mit dem generellen Haftungsgrundsatz selbsterklärend ist, nach dem ein Sklavenhalter immer für die Taten seiner Sklaven haftbar zu machen ist. Ich bin mir gerade nicht sicher, ob es hierzu schon einen anderen Paragraphen gibt... oder ob dies nötig ist...“ Wenn es einen solchen Paragraphen bereits gab, entfiele natürlich so ein Satz hier in diesem gesetz. Allerdings kannte Sextus nun nicht alle Gesetzestexte auswendig, um zu wissen, ob es hierfür auch schon etwas gab. Er gab einem mitnotierenden Sklaven kurz einen Wink, damit dieser diese Fragestellung notierte, damit Sextus sich später daran erinnerte und Nachforschungen anstellte.


    “Und – um diesen Punkt gleich aufzugreifen – würde ich in der Tat den fünften Absatz dieses Paragraphen umschreiben. Doch, um chronologisch zu bleiben, möchte ich zunächst den vierten Satz ins Auge fassen und möchte Vorschlagen, die Anzahl der erlaubten Betriebe auf fünf zu erhöhen und die Diversifizierungspflicht herauszunehmen. Ob eine Person nun fünf gleiche Betriebe haben oder fünf verschiedene Personen einen Betrieb derselben Art, macht gesamtwirtschaftlich gesehen keinen Unterschied. Immerhin sind die Betriebe unabhängig von ihrer Anzahl an dasselbe Preisfenster gebunden, so dass man nur sich selbst Konkurrenz macht, wenn man in einen gesättigten Markt massiv einzudringen gedenkt.
    Und die Anhebung der erlaubten Betriebe auf fünf halte ich angesichts der wirtschaftlichen Landschaft für geradezu essentiell. Seit Wochen, wenn nicht Monaten, werden einzelne Produkte gar nicht oder völlig überteuert angeboten, da einzelne Personen in einzelnen Städten ein Monopol auf ihre Waren halten. Oder es eben keinen einzigen nicht-staatlichen Betrieb gibt, der eine Ware anbieten kann. Ich habe mir sagen lassen, dass Ton momentan nur aus Germania zu bekommen ist, obwohl es in Italia sicherlich den ein oder anderen geeigneten Platz für eine Tongrube geben würde. Ebenso verhält es sich mit Töpferwaren.
    Abgesehen davon hege ich die Hoffnung, dass ein wenig Konkurrenz die Betriebsinhaber dazu zwingen wird, ihre Preise wieder auf ein vernünftiges, dem Wettbewerb angemessenes Maß herunterzudrehen und nicht weiterhin gerade so eben die staatlichen Maßnahmen auszuhebeln, die auch jetzt schon dafür sorgen würden, dass der Staat eingreift.“

    Nachdem alle mit Getränken versorgt waren, gab der Purgitier auch schon scherzend das Startsignal. Sextus setzte sein häufig geübtes und gekonntes Schuljungen-Lächeln auf und gab sich amüsiert. Gut, dann konnten sie ja beginnen.
    “Nun, es ist das erste Gesetz, das ich grundsätzlich umgestalten möchte. Mangels einer besseren Erfahrung zu Vorgehensweise schlage ich vor, zunächst einmal uns an der vorhandenen Lex zu orientieren. Sobald wir einige Punkte gesammelt haben, können wir diese zwecks eines besseren Zusammenhanges ja noch immer umstellen, für die erste Übersicht halte ich es so allerdings für zielführender.
    Wenn du also keine Einwände gegen diese Vorgehensweise hast...“
    Sextus wartete die obligatorischen 2,76153 Sekunden mit Blick auf Purgitius Macer, ehe er fortfuhr “können wir denke ich beginnen.


    Ich gebe zu, dass ich nicht zu allen Paragraphen der vorhandenen Lex eine explizite Meinung habe. Ob die ersten drei so nötig sind oder nicht, beispielsweise, tangierte mich bislang wenig. Meine ersten wirklichen Änderungswünsche betreffen den Paragraphen vier, die Betriebsregelungen. Und hier sind gleich mehrere Dinge, die ich umändern würde.
    Wenn ich kurz ausführen darf: Dass Sklaven als Eigentum eines Freien kein eigenes Eigentum haben können, ist denke ich unstrittig und bekannt. Allerdings können sie durchaus Besitz haben. Einige Menschen geben ihren Sklaven ein Peculium, und dieses muss ja nicht zwangsläufig nur in Geldwerten bestehen. Wenn nun ein Herr seinem Sklaven einen Betrieb anvertraut – der natürlich rein rechtlich noch immer ein Betrieb des Freien ist und damit denselben gesetzlichen Regelungen unterworfen werden muss, was maximale Anzahl oder Art des Betriebes angeht – wer könnte ihm jenes ernstlich verbieten wollen? Ich gebe frei heraus zu, dass auch mein Landgut von meinem Verwalter, der Sklave ist, geführt wird und ich nur die diesbezüglichen Bücher überprüfe. Und ich nehme an, die Zeiten, in denen ein Senator Roms das letzte Mal eigenhändig ein Schaf geschoren oder ein Feld bestellt hat, sind schon lange vorbei. Daher ist dieser Teil völlig an der gelebten Wirklichkeit vorbei und sollte dringend dahingehend umgeschrieben werden, dass einem Sklaven ein Betrieb zur Führung durch den Herrn überlassen werden kann.“
    Punkt eins.


    “Darüber hinaus ist der Nachsatz zu Mitgliedern des Cultus Deorum meiner Ansicht nach vollkommener Unsinn. Zum einen gibt es keinerlei Definition in diesem Gesetz oder anderen, was der Cultus Deorum genau ist und welche Posten er folglich umschließt. Jeder einzelne Römer ist schließlich dem Dienst an den Göttern verpflichtet. Jeder Händler, der etwas auf sich hält, wird in einem Collegium des Mercurius organisiert sein, jeder Fischer in einem solchen für Neptun, jede Prostituierte in einem der Venus. Und die wenigsten von ihnen dürften die hier genannten Anforderungen an den Stand erfüllen.
    Wenn nun nur das Collegium Pontificum gemeint sein sollte, dann kann eben jenes für seine Mitglieder auch collegiale Richtlinien erlassen, ohne dass diese in Gesetzesform gepresst werden müssten. Sollten die Aeditui gemeint sein, so obliegt es meiner Meinung nach demjenigen, der den Aedituus einstellt und für seinen dienst bezahlt, ob er erlauben möchte oder nicht, dass dieser noch ein anderes Gewerbe betreibt als jenes der Tempelinstandhaltung. Bei großen Tempeln mag dies durchaus sinnvoll sein, bei kleineren Tempeln mit nur einer kleinen cella vor dem Standbild ist dies aber wohl etwas sehr restriktiv. Und letztlich obliegt es dem Stifter eines Tempels, was dieser erlauben möchte oder nicht. Darüber hinaus sind Tempel selbst an und für sich schon Gewerbe, verkaufen sie doch regelmäßig das Fleisch der Opfertiere. Einige weitere verdingen sich auch als Vermittler von Blumengaben oder Opferkuchen oder ähnlichem ein weiteres Zubrot.
    Mangels einer eindeutigen Definition des Cultus Deorum und angesichts der Ordnungsmöglichkeiten der einzelnen Collegia würde ich diesen Nachsatz also gänzlich entfernen.“
    Punkt zwei.


    Sextus machte erst einmal eine Pause, so dass seinen Gästen die Möglichkeit einer Rückmeldung gegeben wurde, obgleich er mit eben jenem einen Paragraphen noch längst nicht fertig war. Doch war das für den Anfang genug Argumentation, er wollte nicht wirken, als würde ihn die Meinung des Consulars nicht interessieren.

    “Danke. Wenngleich wohl das Verdienst hierfür anderen gebührt“, antwortete Sextus höflich, aber ohne Herzlichkeit auf das Kompliment zur Einrichtung. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, hatte er sich auch nie besonders darum kümmern wollen, wie die Villa nun eingerichtet war. Spätestens mit der nächsten Frau, die hier als Hausherrin Einzug hielt, würde wohl ohnehin wieder alles verändert werden, um es auf irgendeine eingebildete oder tatsächliche Mode anzupassen. Oder auch nicht, wenn er besagte holde Weiblichkeit nur gründlich genug aussuchte.
    Sextus setzte sich also auch auf die übrige freie Kline, ohne die Füße hochzulegen, und wandte sich wieder ganz dem Consular zu. Mit einem Wink erschienen hinter den Säulen dann auch gleich die Sklaven mit Getränken, um jedem der Gäste das gewünschte einzuschenken. “Wir haben einen wunderbar milden, weißen Essig, falls Posca bevorzugt wird angesichts der noch frühen Stunde“, kommentierte Sextus das Angebot. Er selbst trank Posca, wie seine Sklaven wussten und wie er nicht weiter ausführen musste. Wein würde er trinken, wenn dieses Gesetz fertig und im Idealfall auch ratifiziert war. “Ansonsten einen weißen oder einen roten Landwein aus familieneigenem Anbau.“


    Dass der Purgitius gleich eine Tasche hervorkramte, schien Sextus ein gutes Zeichen zu sein. Daher beschloss er, auch gleich in medias res zu gehen. “Um uns die Arbeit einfacher zu machen, habe ich mir erlaubt, einige Abschriften der momentanen Lex Mercatus anfertigen zu lassen. Einige der momentanen Punkte sind ja durchaus sehr sinnvoll, und als Orientierung ist die Lex sicher geeignet.“ Sextus ließ sich drei Papyrusrollen anreichen und reichte je eine an seine Gäste weiter, damit sie auch gleich arbeiten konnten. Überhaupt wäre es wohl eine gute Idee, etliche Abschriften fertigen zu lassen, wenn sie ihren Vorschlag ausgearbeitet hätten, um sie im Senat dann zu verteilen, damit alle Senatoren dann vernünftig verfolgen konnten, was sie schaffen wollten. Oder vielleicht auch nicht, da beim mündlichen Vortrag vielleicht durch die Menge an Text das ein oder andere unterging und nicht jeder Punkt einzeln besprochen werden musste. Sextus behielt den Gedanken vorerst einmal im Hinterkopf.

    Nachdem Leone – wie der Hausherr es ausgedrückt hatte – sich einfach so erdreistet hatte, frühzeitig zu sterben, hatte Caecus zusätzlich zu seinen sonstigen Aufgaben nun noch die undankbare Aufgabe des Tür-Öffnens hinzubekommen. Und so öffnete er auch jetzt die Tür nach dem Anklopfen und beäugte die Gäste aus seinem einen, noch funktionsfähigen Auge, während das andere glasig und blind vor sich hinstarrte.


    Da die Gäste ja angekündigt waren und er sogar eine Beschreibung bekommen hatte, musste er sich nicht erst mit der lästigen Frage, wer man sei und was man wolle, herumschlagen. Außerdem war der Bursche, der jetzt auch wieder dabei war und angeklopft hatte, gestern ja schon da gewesen, um den Termin noch einmal zu bestätigen. Das schränkte die Auswahl an möglichen 'Wer seid ihr?'s und 'Was wollt ihr?'s erheblich ein.
    Also machte Caecus erst einmal nur “Ah“, als Zeichen des Wiedererkennens und trat auch schon freundlich mit leichter Verbeugung einen Schritt zurück, um die Gäste durch die breite Porta ins Haus einzuladen. “Seid willkommen in der Villa Aurelia, geehrte Gäste. Consular Purgitius, es ist uns eine besondere Freude!“ Mit einem kleinen, unauffälligen Wink wurde einer der bereitstehenden Sklavenjungen losgeschickt, dem Hausherrn Bescheid zu geben, dass seine Gäste eingetroffen waren. “Mein Herr erwartet euch im Oecus. Ich werde euch persönlich hingeleiten, wenn ihr gestattet.“ Solange sollten andere Bittsteller eben an der Villa klopfen! Heute wurde niemand anderes mehr erwartet und Senator Aurelius war auch sehr deutlich gewesen, dass er keinerlei Störungen wünschte. Nicht einmal, wenn gerade der Senat abbrannte, waren seine exakten Worte gewesen.

    Sextus hatte für den Nachmittag alles vorbereiten lassen. So standen im Oucus nicht nur bequeme, einsitzige Klinen, auf denen man bequem die Beine hochlegen konnte, wenn man es wollte, sondern auch ein Esstisch mit allerlei Obst hübsch in Schalen angerichtet; aber ebenso waren noch weitere Tischchen herbeigeschafft worden, auf bequemer Höhe zu passenden, gepolsterten Stühlen. Halb hinter den Säulen verborgen warteten Sklaven mit Wein, teurem Essig, Wasser, sowie Wachstäfelchen, Stylen und sogar einem Abacus. Sollte dennoch etwas fehlen, wäre es sicher schnell herbeigeschafft.


    Den Kopf voller Ideen und sich diverse Szenarien und Argumente durch den Kopf gehen lassend, wartete Sextus bereits und betrachtete eher geistesabwesend dabei eines der Wandbilder, als ein Sklavenjunge das Eintreffen der Gäste ankündigte. Sextus blinzelte einmal, um seine Gedanken zu klären, und gab auch gleich noch einige Befehle.
    “Bitte meine Nichte in meinem Namen, sie möge mit der Köchin bezüglich des Essens heute Abend noch einmal sprechen und abklären, was noch offen sein könnte. In einer halben Stunde – und nicht eher – gehst du noch einmal los und bittest sie, in den Oecus zu kommen. Und jetzt los.“
    Der Sklave ging zügig davon, ehe kurz darauf Caecus mit Consular Purgitius, dem Decimus (der wohl leider nicht plötzlich erkrankt war oder sich schlicht nicht getraut hatte, hier zu erscheinen) und einem Jungen, den Sextus nach kurzem Blick als Sklaven identifizierte, den herrschaftlichen Oecus betraten.
    “Consular Purgitius! Es ist mir eine Freude, dich in meinem bescheidenen Heim willkommen zu heißen“, begrüßte Sextus den willkommenen Gast mit einem Handschlag und bot ihm mit einladender Geste auch gleich freundlich einen Platz an. Bei dem weit weniger willkommenen Decimus beschränkte er sich auf ein “Auch dir willkommen, Decimus“ hinter einem dennoch gekonnten Lächeln und bot auch ihm die Platzwahl an. Er selbst würde sich entsprechend des Consulars entweder ebenfalls zu einer Kline oder einem Stuhl begeben. “Darf ich euch vorab etwas zu trinken anbieten?“ gab sich Sextus auch gleich als guter Gastgeber.

    Eigentlich hätte Sextus es sich denken können, dass der Purgitier seinen Tiro mitbringen würde. Für einen Moment hatte er das nur ausgeblendet, obgleich es eigentlich nur logisch war. Allerdings war das einfach vollständige Ignorieren dieses Faktums nun nicht länger möglich. Und selbstverständlich gefiel es Sextus ganz und gar nicht, dass ein Decimus in seinem Heim herumstiefeln würde. Aber ebenso selbstverständlich war das etwas, das er keinesfalls laut aussprechen oder zeigen würde. Zumindest nicht, solange er auf die Mithilfe des Purgitiers Wert legte.
    “Nun, was wäre ein Mann ohne seinen Schatten?“ fragte Sextus also rein rhetorisch zurück. Immerhin war es bei Essenseinladungen in gehobenem Kreis durchaus üblich, dass Gäste auch einen Gast mitbrachten, der dann beim 'Schattenmahl' mit den anderen Gästen von Gästen verköstigt wurden. Nur Gäste von Gästen durften keine Gäste mitbringen. “Vielleicht hat er bis dahin auch seine Stimme wiedergefunden“, meinte Sextus zwinkernd, der durchaus bemerkt hatte, dass der Decimus nicht einmal eine ordentliche Begrüßung ihm gegenüber hatte verlauten lassen. Nicht, dass er darauf gehobenen Wert gelegt hätte, aber immerhin war dieser Umstand bemerkenswert genug, um ihn für einen Scherz zu missbrauchen.
    “Dann freue ich mich auf deinen Besuch und vor allen Dingen deine Expertise und überlasse euch bis dahin wieder diesem... Spektakel.“ Immerhin hatte Sextus nur kurz stören wollen und nicht über die gesamte Kommandoübergabe hinweg.

    Sextus war in Gedanken schon einige Schritte weiter. Nicht bei der Lex, da wusste er, was er wollte, und wusste nur noch nicht ganz, wie er alles formulieren sollte. Nein, seine Gedanken drehten sich eher um einige andere Kleinigkeiten, die er bei der Ausgestaltung des Tages mit Purgitius Macer in Angriff nehmen wollte. Sextus war kein Spieler und vertraute daher auch nicht seinem Glück. Daher bedurfte es der Planung. Das hieße in vielen Fällen zwar nur, das Wort Pech durch das Wort Fehleinschätzung zu ersetzen, dennoch war ihm das lieber.


    “Sehr gut. Mir sind beide Tage recht. Es wäre sehr nett, wenn du einen Tag zuvor einen Boten senden würdest, damit ich mich besser vorbereiten kann. Ich würde sagen, suprema? Dann haben wir noch ein wenig Zeit, vielleicht sogar schon etwas als grobe Niederschrift aufzusetzen, bevor wir vom Essen zu träge dazu sind.“

    “Ich würde ja sagen, gleich morgen, aber ich nehme an, dass dies zu kurzfristig wäre. Wie wäre es ein paar Tage nach den Equirria?“ Dann wäre das nächste Wagenrennen, das den Purgitier als begeisterten Russata-Anhänger, wie Sextus sehr wohl bekannt war, sicher in Beschlag nehmen würde, bereits vorüber. “Den genauen Tag überlasse ich gerne dir. Ich habe in diesen Tagen keine Verpflichtungen, die ich persönlich erfüllen muss und die nicht zu verschieben oder zu delegieren wären.“

    “Nunja, wenn es eine einfache Aufgabe wäre, hätte jemand anderes sie sicherlich schon ausgeführt“, meinte Sextus nur möglichst bescheiden und war schon einmal erleichtert, dass der Purgitier sich beteiligen wollte. Denn allein das schon würde die Menge an Senatsdebatten verringern. Im Gegensatz zu Sextus hatte der Consular durchaus eine treue Anhängerschaft unter den anderen Senatoren und eine Menge anderer, die auf seinen Rat hörten. Würde Sextus seine Vorschläge allein einbringen wollen, würden die Debatten sicherlich sehr viel lauter und energischer vonstatten gehen.
    “Genau deshalb würde ich eine Gesamt-Neufassung anstreben: Um mögliche Debatten möglichst zu bündeln und sich nicht wieder in zu vielen Einzeldiskussionen zu verlieren, wie es bislang der Fall war.“ Abgesehen davon, dass so durch das Große und Ganze vielleicht einige Punkte in Angriff genommen werden konnten, die bislang immer totdiskutiert und daher nie zur Abstimmung gebracht worden waren.
    “Und natürlich habe ich auch eine... nennen wir es Wunschliste an Dingen, die ich geändert wissen wollen würde. Vornehmlich natürlich das Ausmerzen der Ungenauigkeiten, die bislang zuviel Spekulationsraum offen ließen, was auch in den letzten Debatten zum Thema oder Gerichtsverhandlungen deutlich wurde. Also beispielsweise eine genauere Definition, welche Betriebe nun für Senatoren angemessen sind und welche nicht, ebenso wie die Frage, unter welchen Umständen nun Städte Waren anbieten dürfen, und zu welchen Preisen. Dazu finde ich den jetzigen Paragraphen bezüglich der Sklaven recht schwammig formuliert, denn kaum jemand würde wohl einem von einem Freien eingesetzten Verwalter das Recht ernsthaft absprechen, einen Betrieb im Auftrag des Herren zu führen, nur weil der Verwalter ein Sklave ist. Außerdem würde ich durch einige kleinere Änderungen gerne die Märkte insoweit stärken, dass wieder mehr Angebote zu finden sind. Einige Waren sind schon seit Jahren nur noch schwer oder völlig überteuert zu erhalten...
    Und noch einige Kleinigkeiten. Du hast aber sicherlich auch einige Punkte, die du besonders ändernswert hältst, und selbstverständlich möchte ich auch zu meinen Ideen gerne ausführlich deine Meinung hören.“
    Sonst hätte Sextus ja nicht fragen brauchen, wenn er nur seine eigenen Ideen durchzudrücken gedachte. “Allerdings ist wohl hier und jetzt nicht der geeignete Rahmen, das alles haarklein durchzusprechen. Am Ende werden hier noch Pferde scheu, weil jemand nur zur Hälfte mithört, und morgen verkünden die Ausrufer der Acta Diurna Dinge, die noch gar nicht spruchreif sind. Daher wäre es mir eine große Freude, dich in die Villa Aurelia einzuladen. Da haben wir es auch etwas bequemer als hier auf der Tribüne. Wenn du in naher Zukunft Zeit hast, natürlich.“
    Außerdem konnte Sextus so noch einen weiteren Plan, den er gerade entwickelte, lancieren.