Beiträge von Sextus Aurelius Lupus

    Hatte seine Braut heute noch irgendwelche dringenden Termine, von denen Sextus nichts wusste? Sie drängte sich ungeduldig an ihn, drängte seine Hand in Richtung ihres Schoßes und versuchte sich in Zweideutugkeiten, die eigentlich schon zu eindeutig waren, um noch zweideutig zu sein. Ganz offensichtlich hatte er sich umsonst bemüht, ihr irgendwelche Ängste in Bezug auf Verlust ihrer Jungfräulichkeit zu nehmen, denn er kannte keine Jungfrau, die derartig auf ihre bevorstehende Defloration reagierte. Sei es drum, war sie eben keine, das wäre nur das Tüpfelchen auf dem i gewesen, aber sicher keine Bedingung.
    Was allerdings für Sextus sehr wohl Bedingung war, war, dass ER das Tempo vorgab. Er ließ sich ungern kommandieren, schon gar nicht von einer Frau, und erst recht nicht im Bett. Sollte die Flavia dem Gedanken erlegen sein, sie könne ihn so herumscheuchen, wie sie es mit den Sklaven getan hatte, und er würde dazu waschlappenmäßig nur 'ja Schatz' sagen, dann würde sie noch einiges lernen müssen. Und die erste Lektion erhielt sie sofort.


    Anstatt ihrer Bitte zu folgen, wie sie es wohl gerne gehabt hätte, packte er mit einer flinken Drehung der Hände ihre Handgelenke und hielt sie fest. Er tat ihr nicht weh, zumindest nicht absichtlich, hielt sie aber doch in einer Art und Weise, die keine Gegenwehr duldete. “Oh, wehren kann man sich immer. Es ist nur die Frage, ob man sich dazu auch entscheidet.“ Seine Stimme nahm einen leicht bedrohlichen Unterton an. Seinen Cognomen hatte Sextus noch nicht sein ganzes Leben lang getragen, und so wurde er auch nicht ohne Grund 'Wolf' genannt.
    Er hielt ihre Hände noch ein wenig so fest, ließ die Anspannung anwachsen. Eine Frau sollte durchaus ein wenig Angst vor ihrem Mann hatte. Wenn sie sich zu sicher war, dass er ihr niemals weh tun könnte, verlor sie den Respekt vor ihm. Das hieß nicht, dass Sextus Nigrina jemals weh tun würde, nur sollte sie nie die Möglichkeit vergessen, dass er, wenn er wollte, den Willen und die Kraft hätte, es zu tun. Und diese Lektion sollte sie durchaus lernen, ehe sie meinte, ihn herumdirigieren zu können. Gefahr hatte Sexappeal, Pantoffeln nicht.
    Sextus wartete, bis er meinte, dass die Stimmung gleich umschlagen würde und sie ärgerlich werden würde. Bevor es dazu kam, drehte er sie um, ruppig und bestimmt, aber ohne grob zu werden. Jeden aufkeimenden Protest erstickte er in einem Kuss, als er sie zurück aufs Bett drängte. Sie wollte keine Verführung? Sie wollte kein zärtliches Antasten? Konnte sie haben.
    Er drängte sie auf das fein säuberlich vorbereitete Bett und stützte sich neben ihr mit den Händen ab, während sein Körper sie immer weiter auf die Matratze drängte. Als sie einigermaßen in Position gebracht war, fuhr seine Hand zu dem Gürtel und öffnete ihn mit reißenden Bewegungen. Eine Naht der Tunika riss bei diesem Vorgehen ebenfalls mit vernehmbarem Laut. Er hätte sich deutlich mehr Zeit mit all dem gelassen, aber er ließ sich sicher nicht von einem Weib bitten.

    Zumindest war sie nicht vierzig. Und häßlich eigentlich auch nicht, nur etwas sehr groß und etwas zu flach für seinen Geschmack, aber ansonsten durchaus ansprechend. Die restlichen Proportionen waren durchaus überall da, wie sie auch hingehörten und Freude zum Ansehen machten. Sextus also ließ dieses feine, wölfische Lächeln sehen, ehe ihm auffiel, dass er just diese weißgewandete Herausforderung schon kannte. Die war doch mit der Untersuchungen zu Nemi betraut? Zum Glück hatte er ein sehr gutes Gedächtnis für allerlei Informationen, so dass ihm auch ihr Name nach der ersten Sekunde des Überlegens wieder einfiel.
    “Salve, Claudia. Welch Zufall, dass gerade du mir hier öffnest, oder sollte ich in dem Falle schon Fortuna selbst dafür verantwortlich machen? Nachdem unser letztes Treffen mir leider keine Gelegenheit gegeben hat, mich dem Vergnügen der Konversation mit dir zu widmen, scheint mir die Göttin einen Gefallen schuldig geworden zu sein, den sie auf so entzückende Weise eingelöst hat.“
    Vielleicht ein bisschen sehr blumig, aber gegenüber Frauen musste das so sein. Die musste man endlos mit Komplimenten beharken und ihnen ihre unsterbliche Schönheit versichern, bis man ans Ziel gelangte. Wollte umgekehrt eine Frau nur ein schnelles Vergnügen mit einem Mann, konnte sie ihn auch direkt danach fragen und erhielt auch prompte Antwort. Wenngleich die meisten Frauen da auch unendlich viel subtiler vorzugehen pflegten.


    “Fast schäme ich mich, zu sagen, dass mich die Arbeit hierher führt, wo das Vergnügen deiner Gegenwart doch so viel höher einzuordnen ist. Da bin ich mir nicht sicher, ob es Segen oder Qual ist, hier nun das Notwendige mit dem Schönen zu verbinden. Doch bräuchte ich Auskunft über ein paar Verstorbene. Besser gesagt darüber, ob sie hier Testamente hinterlegt haben.“


    Sextus machte sich zwar nicht die größten Hoffnungen, dass die Claudia nun in wilder Liebe zu ihm entbrennen würde und sich mit einem gehauchten 'Nimm mich' gegen die nächstbeste Wand lehnen würde. Aber das war kein Grund, ihr nicht dieselbe schmeichelnde Höflichkeit entgegen zu bringen, wie den anderen Damen. Solange etwas für ihn dabei heraussprang, konnte Sextus sehr charmant sein. Ein gutes Verhältnis zu den Damen, die mit ihm das nächste Jahr immer wieder zusammenarbeiten würden müssen, war da nicht zu unterschätzen. Außer natürlich, diese Vestalin hier war eine eben solche, weil sie Männern ganz und gar abgeneigt und frigide wie ein Stock war. Dann wäre seine Vorgehensweise kontraproduktiv gewesen. Aber ab und an musste man die eigenen Berechnungen durch eine Schätzung erweitern, um zum gewünschten Ergebnis zu gelangen. Und wer wusste, vielleicht ließ sich die Claudia ja doch hinreißen. Es wäre in jedem Fall eine Eroberung, die durchaus ihren Reiz hätte.

    Auch wenn sein Patron noch so oft betonte, dass jeder gehen könne, wenn er wolle, und ihm keine Nachteile daraus entstünden: Sextus konnte eben jenes nicht. Wenn Avianus hier blieb, hieß sein Gehen, er würde nicht hinter den Entscheidungen des momentan höchstrangigen Aureliers in der Villa stehen. Ganz abgesehen davon, dass sein Patron sich fragen konnte, wie es um die Treue seines Klienten denn nun stand.
    Um ehrlich zu sein, Sextus war moralisch flexibel genug, um einen Mord zu begehen. Das machte ihm ganz sicher nichts aus. Aber bitte einer, bei dem für ihn etwas raussprang und der auf lange Sicht keine nachteiligen Konsequenzen für ihn brachte. Dieser geplante Mord hier erfüllte beide Kriterien nicht, denn es brachte Sextus rein gar nichts, den Vescularier zu beseitigen. Er war weder sein Feind noch der einer seiner Freunde. Im Gegenteil, der Pompeius hatte noch hochtrabend erklärt, dessen Klient zu sein. Was natürlich Sextus nicht davon abgehalten hätte, ihn dennoch zu meucheln, wenn es ihm nur einen Vorteil gebracht hätte. Er würde im Gegenzug genauso verstehen, wenn Imperiosus seinen Patron zu dessen Ahnen beförderte, weil es ihm einen Vorteil brachte. Das war nichts persönliches, sondern rein geschäftlich.
    Aber das hier war absolut nicht geschäftlich. Das war noch nicht einmal annähernd lukrativ. Nein, das war einzig und allein moralisch. Rechtschaffen. Zwei Worte, die Sextus zwar gerne in Reden benutzte, um diese etwas polemischer und nicht ganz so trocken klingen zu lassen, deren Sinnhaftigkeit ihm jedoch völlig abging. Es widersprach zutiefst seiner Moral, sich an solche Konventionen zu halten, solange sie ihm schadeten. Und das taten diese hier ganz eindeutig.


    Der Annaeer war der erste, der ausstieg, und zwar ganz offen und ehrlich. Sextus konnte es ihm nicht verdenken, denn als Durus davon anfing, auch den Kaiser umzubringen und dessen Sohn als Marionette zu behalten, war der Aurelier sich sicher, dass sein Patron übergeschnappt war. Sextus hatte zwar nichts gegen Verrückte (zumindest nichts hilfreiches) und hätte auch mit einem wahnsinnigen Patron leben können. Nur diese Form des Wahnsinns fand er doch bedenklich.
    Wenn einer der anwesenden Herren eine Frau aus der eigenen Gens in der Hand gehabt hätte, der genug Vertrauen entgegen gebracht werden konnte, die Sache wäre anders gewesen. Ein junges, fruchtbares, kluges Ding, die man mit dem Caesar verheiraten konnte, die einen Sohn gebar, und die nicht der Versuchung erlag, sich in ihren Mann zu verlieben. Dann hätte eben jener überflüssig gewordene Imperatorensohn einen tragischen Unfall erleiden können, und das neue Kind wäre Imperator und den Herren hier wirklich ergeben, und niemand müsste eine spätere Rache fürchten.
    In der Gens Aurelia wäre aber allenfalls Prisca dafür geeignet. Doch diese war ja leider in diesen unsäglichen Flavier verschossen, und Sextus war sich recht sicher, dass er in dieser Runde sich keine Freunde machen würde, wenn er vorschlug, Piso als ersten Schritt umzubringen um seine Cousine für diesen Plan zu gewinnen. Sowohl Flavius Gracchus als auch sein Vetter Avianus könnten Einwände dagegen haben, und bei seinem verrückten Patron wusste er auch nicht so recht. Rechtschaffen und wahnsinnig war eine unberechenbare Kombination.


    Der Flavier war der nächste, der sich verabschiedete, wenngleich mit anderen Worten. Wiewohl der Vinicier noch militärische Unterstützung in Aussicht stellte und Durus seiner vollsten Unterstützung versicherte, bewies der Flavier durchaus politisches Geschick. So viel, dass auch Sextus seine Chance sah, das Thema hier an dieser Stelle zu verlassen, ohne seinen Patron damit vor den Kopf zu stoßen. Für den Fall, dass Avianus sich diesem Komplott tatsächlich anzuschließen gedachte, wäre Plan B ein Satz gewesen, wie 'Wenn ich die ehrenwerten Senatoren mich in dieser konspirativen Sitzung um ihre erlauchte Entschuldigung bitten darf... ich muss kacken.'
    So aber konnte Sextus sich ganz elegant aus der Affäre ziehen, ohne auf Avianus warten zu müssen – ja, er konnte seinem Vetter sogar eine goldene Brücke bauen.
    “So es mir als jüngstem Mitglied dieser Runde wahrscheinlich nicht zusteht, das zu sagen, so denke ich dennoch, dass Senator Flavius es gut erfasst hat. Da dies ohnehin noch keinen expliziten Plan beherbergt, sondern nur eine Absichtserklärung sei, denke ich, sollte man diese Runde vielleicht lösen, um allen Gelegenheit zu geben, sich über das Ausmaß und die Wirkung im Klaren zu werden.
    Mit deiner Erlaubnis, Patron, werde ich also ebenfalls zunächst nach Hause gehen und mich dort mit meinem Vetter beraten.“
    Und hoffentlich war sein Vetter noch nicht entschlossen, das hier und jetzt zu entscheiden, sondern hieß die Gelegenheit, zu gehen, willkommen.

    Andere Männer wären wohl berauscht gewesen von dem Fest, das in der Villa Flavia seinen Anfang gefunden hatte und hier in der Villa Aurelia nun lautstark weitergefeiert wurde. Sextus wollte lieber nicht wissen, was der ganze Aufwand da unten gekostet hatte. Andererseits, da er es nicht zahlte, interessierte es ihn auch im Grunde gar nicht. Wenn Nigrinas Vater sein Geld so freimütig ausgeben wollte, und dabei das Ansehen von Sextus im Vorbeigehen steigerte, wer wäre er gewesen, ihn davon abzuhalten?
    Andere Männer wären sicher auch nervös gewesen, diesen Moment jetzt und hier zu erleben. Nigrina stand da, den Rücken ihm zugewandt, und nahm langsam den roten Schleier ab. Ob sie nervös war, wusste Sextus nicht zu sagen, dafür kannte er sie nicht gut genug. Es würde einer jungfräulichen Braut sicher anstehen, nervös zu sein, aber zum einen wusste Sextus nicht, ob sie das war, und zum anderen nicht, ob sie eine Nervosität aus diesem Grund vielleicht nur spielen würde.
    Andere Männer wären auch sicher sehr erregt von dem Gedanken gewesen, was nun folgen würde. Eine Frau zu nehmen, ihr erster Mann zu sein. Nun, da war Sextus nicht ganz anders als andere Männer. Die Vorstellung erregte ihn durchaus. Aber nicht so sehr, als dass er sich vergessen und in dem Moment verlieren würde.


    Er blieb einfach einen Moment an der Tür stehen und sah zu ihr rüber, wie sie den Schleier abnahm. Wie sie versuchte, sich nichts von ihren Gefühlen anmerken zu lassen, egal wie diese nun aussehen mochten. Ihr kleiner Versuch, ihn mit einem Gespräch um den Finger zu wickeln und dadurch von sich abzulenken. Von dem, was wirklich in ihr vorging. Nicht, dass das Sextus wirklich interessiert hätte, denn im Endeffekt war es gleich, ob sie nervös war, ob sie erregt war, ob sie vielleicht gar verliebt war. Sie war jetzt seine Frau, ganz gleich, was weiter in dieser Nacht passieren würde.
    Angesichts dessen, dass Sextus aber diese Ehe durchaus ein wenig aufrecht erhalten wollte und durchaus plante, ihren vollen Nutzen über die Zeit auszukosten, war diese Nacht nicht ganz so unentscheidend, wie sie es von der reinen Gefühlsebene her war. Hier und heute würde er den Grundpfeiler für die gemeinsame Zeit legen. Wäre er grob zu ihr, würde sie sich von ihm abwenden. Wäre er rücksichtslos, würde sie ihm nicht vertrauen. Von daher hatte Sextus ein sehr erhebliches Eigeninteresse daran, dass Nigrina diese Nacht in positiver Erinnerung behalten würde.


    Er schritt auf sie zu, ohne ihre Frage zu beantworten, direkt hinter sie. Er nahm ihr den Schleier aus der Hand, wobei sich ihre Hände kurz berührten, und legte ihn auf den nächsten Stuhl. Er sagte kein einziges Wort, sondern stand einfach in ihrem Rücken, so dicht, dass sie seine Wärme spüren musste, doch ohne sie sonst zu berühren. Er ließ seinen Atem auf ihre Schulter gleiten, betrachtete ihre Reaktion darauf. Ganz langsam beugte er sich zu ihr vor, roch an ihrem Haar. Die Frisur war albern und hatte sicher Stunden gebraucht, aber das durfte man(n) natürlich niemals sagen. Aber sie hatte sie in irgendeinem Duftwasser gewaschen, was gut roch.
    Er fuhr mit seinen Fingern ihre Halslinie entlang, ganz langsam, und beobachtete weiterhin ihre Reaktion. Ganz langsam ließ er seine Hand tiefer gleiten, sie nur sacht berührend, bis hinunter zu dem Gürtel. Dort hakte sie sich ein und zog Nigrina leicht zu sich her, so dass sich ihre Körper das erste mal richtig berührten. Seine freie Hand fuhr an ihrer Hüfte entlang nach vorn zum Knoten des Gürtels, ohne allerdings dabei tiefer zu gleiten. Er legte seine Hand flach auf den Gürtel und zog sie noch näher, während er seine zweite in ihrem Rücken wieder aufwärts streichen ließ, diesmal kräftiger mit der ganzen Handfläche. Sie hatte einen wundervollen Körper. Erst bei ihrem Hals hielt er wieder an und strich ihr ein paar vereinzelte Haare beiseite, ehe er die Stelle mit einem sanften Biss bedeckte.
    “Nein, nur die Rollen haben sich getauscht.“ Er sprach es leise und fast ein wenig grollend aus, ehe er sie noch einmal leicht biss, diesmal mehr im Nacken, und sie mehr an sich zog. “Du musst keine Angst haben. Ich werde nichts tun, was dir nicht gefällt.“


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    Germanica Laevina
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    S. Aurelius Lupus Germanicae Laevinae s. d.


    Es ist eine traurige Sache, dir auf diesem Weg noch einmal den Tod von Lucius Germanicus Verres ins Gedächtnis rufen zu müssen. Auch wenn es keinen Trost für diesen Verlust sein kein, sei dir meines Mitgefühls über diesen tragischen Verlust versichert.


    Als Decimvir Litibus Iudicandis ist es meine Pflicht, dem Prätor Urbanus in Erbschaftsangelegenheiten zu assistieren, und ich bin mit der Verwaltung des Erbes in diesem Fall beauftragt.
    Du bist rechtlich durch Verwandschaft als erbberechtigt festgestellt, und nun musst du entscheiden, ob du das Erbe annehmen willst. Solltest du dich gegen eine Annahme des Erbes entscheiden, wird dein Anteil auf die verbliebenen Erbberechtigten aufgeteilt oder der Res Publica zugeführt.
    Bitte antworte mir bis ANTE DIEM VIII ID DEC DCCCLX A.U.C. (6.12.2010/107 n.Chr.) , ob du das Erbe antreten willst. Sollte ich bis dahin keine Antwort erhalten haben, wird dies als eine Ablehnung des Erbes angesehen.


    Möge dein Verwandter seinen Platz im Elysium gefunden haben und dort in ewigem Frühling wandeln.


    Vale bene,


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    ANTE DIEM IV KAL DEC DCCCLX A.U.C. (28.11.2010/107 n.Chr.)
    Basilica Ulpia | Officii Decimv. Lit. Iud. | Roma | Italia


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    Es war ein hochinteressantes Gefühl, sich nicht schlüssig zu sein, ob man wirklich hören wollte, was man hörte. Entweder hatte sein Patron einen Plan, den er nicht ausbreiten wollte, ehe er die ersten Reaktionen gehört hatte, oder aber er war wahnsinnig. Salinator umbringen, das klang sehr einfach. Aber das würde es ganz sicher nicht werden, denn es war ja nicht damit getan, den Glatzkopf abzustechen. Vielmehr benötigte man einen Plan, der nicht nur zum Tod Salinators führte, sondern das eigene Überleben auch beinhaltete. Denn dieses hatte für Sextus eine eindeutige Priorität. Wer tot war, konnte keine Macht ausüben. Und Sextus wollte Macht ausüben. Ob seine lieben Verwandten dabei über die Klinge sprangen, war ihm sogar recht herzlich egal. Nur ihm selbst konnte diese Sache auf den ersten Blick nur schaden.
    Auf der anderen Seite war Sextus froh, das hier nun zu hören, ebenso wie die Meinungen der Senatoren dazu. Es war immer besser, informiert zu sein und zu wissen, was vonstatten ging, als hinterher von etwas überrascht zu werden. Er hasste Überraschungen, sie brachten gut gewählte Überlegungen zunichte. Und von einem Mordkomplott seines eigenen Patrons am Praefectus Urbi wusste er ganz definitiv lieber vorher als hinterher Bescheid, um es in seine Planungen in jeglicher Weise mit einzubinden. Vor allem in eben jene, die seine eigene Stellung und sein Überleben sicherten.


    Der Annaer schien von dem Vorschlag auch nicht angetan. Avianus sorgte sich wiederum um die Familie. Der Vinicier hingegen schien mit dem Messer schnell bei der Hand zu sein und stimmte seinem Patron zu.
    Schwierige Sache, das ganze, und Sextus wusste auch nicht, ob er etwas sagen sollte. Da war auf der einen Seite sein Patron, der sicher ein wenig Treue erwarten konnte. Was nicht hieß, dass Sextus vorhatte, sich in die Klinge zu werfen, die für den Tiberier nach dieser Aktion ganz sicher bestimmt sein würde. Auf der anderen Seite war da sein Vetter, der sicher auch nützlich wäre und mit dem Sextus es sich auch nicht verderben wollte. Was nicht hieß, dass er Avianus auch nur irgendwann nach dem Maul reden würde. Er hatte durchaus eigenen verstand, den er auch reichlich einsetzte.
    “Ich weiß, als Jüngster in dieser Runde, steht es mir sicher nicht zu, etwas einzuwerfen. Dennoch stelle ich die Frage, was sein würde, wenn es uns tatsächlich gelänge? Ich muss Senator Annaeus recht geben, dass damit noch nichts gewonnen wäre.“
    Sie bräuchten zumindest militärischen Rückhalt, um Racheaktionen auszuschließen. Und selbst mit solchen wäre das Unterfangen selbstmörderisch. Kurz fragte sich Sextus, ob das auch der eigentliche Grund war, weshalb Avianus und er hier am Tisch saßen. Ursus hatte ja eine Legion unter sich. Doch eine allein reichte seiner Meinung für einen Akt dieser Größe nicht aus.
    Darüber hinaus sah Sextus auch nicht, was ihm diese Tat an Gewinn brächte. Und er war ganz sicher nicht so nobel, etwas nur zu tun, weil es richtig oder wichtig war. Ihm war es egal, wie richtig und notwendig eine Tat war, solange sie ihm keinen persönlichen Gewinn brachte. Eine Söldnerseele machte das Leben mitunter sehr einfach.

    Sextus beschränkte sich bei den meisten Gesprächen aufs Zuhören und Lernen. Er konnte beredt und charmant sein, wenn er wollte, aber zuhören lag eher in seiner Natur. Und nach wie vor hatte er nur wenig Ansatzpunkte, wann er sich bei einem seichteren Gesprächsthema einbringen und etwas beisteuern konnte. Bei Dingen, die mit dem aktuellen Tagesgeschehen im Senat zu tun hatten, hielt er vorsorglich den Mund oder stellte hier und da nur eine kleinere Zwischenfrage zum näheren Verständnis. Insgesamt aber beschränkte er sich darauf, keinen schlechten Eindruck zu hinterlassen und sich nicht zu weit aus dem Fenster zu lehnen.


    Als dann der Purgitier und der Claudier sich verabschiedeten, wollte Sextus sich bereits ebenfalls zurückziehen in der Annahme, dies sei der allgemeine Aufbruch nach Hause. Doch weit gefehlt. Sein Patron, eben noch leichtherzig charmant, wurde mit einem Mal sehr ernst und bat alle anderen, noch zu bleiben. Mehr noch, er Rang ihnen ein Versprechen um Verschwiegenheit ab.
    “Selbstverständlich, mein Patron“, meinte Sextus schlicht und setzte sich. Was immer jetzt kommen mochte, er würde diesen Raum sicherlich nicht verlassen. Denn wenn es Gefahren barg, hieß das gleichzeitig, dass es auf die ein oder andere Art und Weise lukrativ wäre. Niemand stürzte sich aus lauter Menschenliebe in Gefahren, zumindest niemand mit einem Restfünkchen Verstand.
    Sextus sammelte Informationen, wie sein Vetter Orchideen gesammelt hatte: Er hegte, pflegte und kultivierte sie, bis der richtige Moment gekommen war, sie in voller Blüte zu erleben und als Teil eines Meisterwerkes zu präsentieren. Wie hätte er da jetzt gehen können, wo sein Patron ihm so bereitwillig zu vertrauen schien, dass er heikle Informationen freimütig mit ihm teilen wollte?

    Natürlich gefiel ihr nicht, was Sextus zu sagen hatte. Liebe machte blind. Und wurde von Wahnsinn begleitet. Sextus kannte dazu sogar eine lustige, kleine Geschichte, die dieses unerklärliche (und vor allem unlogische) Phänomen zu erklären versuchte:
    Die Liebe und der Wahnsinn
    Eines Tages entschloss sich der Wahnsinn, seine Freunde zu einer Party einzuladen.
    Als sie alle beisammen waren, schlug die Lust vor, Verstecken zu spielen. "Verstecken? Was ist das?" fragte die Unwissenheit.
    "Verstecken ist ein Spiel: einer zählt bis 100, der Rest versteckt sich und wird dann gesucht," erklärte die Schlauheit. Alle willigten ein bis auf die Furcht und die Faulheit.
    Der Wahnsinn war wahnsinnig begeistert und erklärte sich bereit zu zählen.
    Das Durcheinander begann, denn jeder lief durch den Garten auf der Suche nach einem guten Versteck. Die Sicherheit lief ins Nachbarhaus auf den Dachboden, man weiß ja nie.
    Die Sorglosigkeit wählte das Erdbeerbeet. Die Traurigkeit weinte einfach so drauf los.
    Die Verzweiflung auch, denn sie wusste nicht, ob es besser war sich hinter oder vor der Mauer zu verstecken. "...98,99,100!" zählte der Wahnsinn. "Ich komme euch jetzt suchen!"


    Die erste, die gefunden wurde, war die Neugier, denn sie wollte wissen, wer als erster geschnappt wird und lehnte sich zu weit heraus aus ihrem Versteck.
    Auch die Freude wurde schnell gefunden, denn man konnte ihr Kichern nicht überhören.
    Mit der Zeit fand der Wahnsinn all seine Freunde und selbst die Sicherheit war wieder da.
    Doch dann fragte die Skepsis: "Wo ist denn die Liebe?"
    Alle zuckten mit der Schulter, denn keiner hatte sie gesehen. Also gingen sie suchen.
    Sie schauten unter Steinen, hinterm Regenbogen und auf den Bäumen.
    Der Wahnsinn suchte in einem dornigen Gebüsch mit Hilfe eines Stöckchens.
    Und plötzlich gab es einen Schrei! Es war die Liebe. Der Wahnsinn hatte ihr aus Versehen das Auge rausgepiekst. Er bat um Vergebung, flehte um Verzeihung und bot der Liebe an, sie für immer zu begleiten und ihre Sehkraft zu werden. Die Liebe akzeptierte diese Entschuldigung natürlich. Seitdem ist die Liebe blind und wird vom Wahnsinn begleitet...


    Und so war Sextus auch über ihre Frage weder verärgert noch sonderlich überrascht. Wenn sie ihm einmal vernünftig zuhören würde, das würde ihn viel eher verwundern. So aber blieb ihm nur ein wehmütiges Lächeln. “Natürlich gibt es die, Prisca. Und wenn ich mich irre, habe ich jemanden zum Freund, der schonmal getötet hat. Aber wenn ich mich nicht irre...“ Sextus ließ die Frage bewusst offen. Was wäre schon dabei, wenn Vala wirklich diesen Aelier getötet hatte? Gut, es wäre ein Risiko, und offiziell würde Sextus ihn fallenlassen, sollte es ans Tageslicht kommen und in einem Prozess münden. Sextus war ja nicht lebensmüde, und so fest war das Band ihrer Kooperation nun noch nicht. Aber welcher politisch erfolgreiche Mann hatte noch nie Pluto ein wenig Gesellschaft geschickt, aus dem einen oder anderen Grund? Und Prisca konnte ebenso sagen, was sie wollte, Frauen gefiel das. Deshalb himmelten sie auch so die Gladiatoren an und waren bei Triumphzügen die, die den Soldaten am lautesten zujubelten. Sie liebten Männer, die sich nicht davor scheuten, auch Gewalt anzuwenden. Von daher war für ihn ihre zweite Frage auch eigentlich ganz einfach zu beantworten. Mörder waren berechenbar und verlässlich. Wahnsinnige waren beides nicht und damit gefährlich. Und Gefahren schaltete man am besten großzügig aus.
    Von daher: Sextus hatte viel lieber einen Mann zum Freund, der wusste, wie man eine Leiche unauffällig entsorgen konnte, als einen wahnsinnigen zum Schwager, den man vielleicht früher oder später entsorgen musste. Freilich sagte er davon nichts.
    “Schaden würde mir wohl beides. Wobei sich eine Freundschaft weitaus einfacher leugnen lässt als eine eheliche, eingetragene Verbindung.“ Auch das war eine Wahrheit, die Sextus mit viel Geduld für seine blinde Cousine hervorbrachte.


    Aber sie sagte zu, vorsichtig zu sein. Vermutlich war sie zu stur, um sich von ihm jetzt weiter manipulieren zu lassen. Aber wenn er nun auch nur einen Grundstein gesetzt hatte, war das auch schon genug. Es würde noch reichlich Gelegenheiten geben, um Prisca weiter zu verunsichern. In jedem Fall, wenn der Flavier sich weiter so benahm. Vielleicht war er sogar wirklich wahnsinnig, wer wusste das schon? In jedem Fall sah Sextus durchaus Positiv in die Zukunft.
    “Mehr will ich auch gar nicht. Denn ob du es glaubst, oder nicht, Prisca, deine Sicherheit ist mir weitaus wichtiger als ein noch so gutes politisches Bündnis.“ Und das vermochte er mit absolut glaubhafter Ehrlichkeit hervorzubringen, als würde er es tatsächlich so meinen, wie er es sagte. Kein Zögern, kein Abwenden des Blickes.


    Er behielt diesen Moment einen Augenblick bei, ehe er sich leicht räusperte und beiseite sah. “Gut. Ich werd den anderen Morgen beim Treffen bescheid geben. Brauchst du noch bei irgendetwas meine Hilfe?“

    Die Sponsalia war herrlich, zumindest vom politischen Standpunkt aus betrachtet. Sextus hatte so viele Hände geschüttelt, soviele kleine Anekdoten getauscht, so viele falsche Komplimente verteilt wie schon eine Ewigkeit nicht mehr. Und mit jeder neuen kleinen Lüge sicherte er ein Stückchen seiner politischen Zukunft. Mittlerweile konnte er doch recht zuversichtlich auf die Wahl im Senat schauen, die in wenigen Wochen stattfinden würde. Ein kleiner Wermutstropfen, dass Corvinus und Celerina nicht teilnehmen konnten, waren sie doch beide ebenso erkältet wie Prisca (und zu diesem Zeitpunkt noch am Leben), aber Sextus war zuversichtlich, auch so genügend Kontakte geknüpft zu haben. Die Verbindung zu den Flaviern erwies sich jetz schon als durchaus brauchbar, hatte sie ihm doch auch just einen Posten im Collegium Haruspicium eingebracht. Die Ernennung durch den geflüchteten Haruspex Primus war eigentlich nur eine Frage der Zeit.


    Und so ignorierte Sextus seinen Verwandten auch nicht absichtlich. Er war schlicht noch in Gedanken beim vergangenen Gespräch und hatte ihn nicht bemerkt. Aber dafür hatte er sich ja verlobt, denn seine Zukünftige begrüßte Avianus an seiner statt. Und Sextus ließ sie sich in Ruhe einen Moment beschnuppern. Immerhin würde sie bald zusammen mit Avianus unter einem Dach leben, und so konnte Sextus besser ihren Gesichtsausdruck beim ersten Eindruck studieren. Gefühle jedweder Art offenbarten sich normalerweise in den ersten 20 Sekunden eines Kennenlernens, und um späteren, möglichen Komplikationen frühestmöglich begegnen zu können, war es also umso wertvoller, diesen Moment genau zu beachten.
    Nur beschränkte sich Avianus nicht ganz so sehr darauf, die neue Braut in der Familie willkommen zu heißen, sondern erwartete wohl weitreichendere Teilnahme am Gespräch. “Ja, der Andrang bis eben war schon enorm, da muss man jede Gelegenheit nutzen. Ich habe ja schon Befürchtung, dass mir jemand dieses wundervolle Geschöpf noch entreißen will, so wie sie von allen umschwärmt wird.“ Sextus gab ihr einen tiefen Blick und einen Handkuss. Ein wenig sich die Frau an seiner Seite noch gewogener zu machen konnte nie schaden. Frauen liebten Komplimente.
    Dass er aber ein Geschenk erhielt, verwunderte Sextus schon etwas. Zur Hochzeit hätte er das erwartet, doch zur Verlobung kannte er es bislang nur, dass die künftige Braut mit Aufmerksamkeiten überschüttet wurde. Doch würde er sicher nicht nein sagen. “Ich danke dir, Avianus.“

    In der Hoffnung, hier nun den Wohnort von Quintus Germanicus Stilo gefunden zu haben, brachte ein Bote die Post des Decemvir:



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    Quintus Germanicus Stilo
    p.a. Taberna de Lupis
    Ostia



    S. Aurelius Lupus Quinto Germanico Stilo s. d.


    Es ist eine traurige Sache, dir auf diesem Weg noch einmal den Tod von Lucius Germanicus Verres ins Gedächtnis rufen zu müssen. Auch wenn es keinen Trost für diesen Verlust sein kein, sei dir meines Mitgefühls über diesen tragischen Verlust versichert.


    Als Decimvir Litibus Iudicandis ist es meine Pflicht, dem Prätor Urbanus in Erbschaftsangelegenheiten zu assistieren, und ich bin mit der Verwaltung des Erbes in diesem Fall beauftragt.
    Du bist rechtlich durch Verwandschaft als erbberechtigt festgestellt, und nun musst du entscheiden, ob du das Erbe annehmen willst. Solltest du dich gegen eine Annahme des Erbes entscheiden, wird dein Anteil auf die verbliebenen Erbberechtigten aufgeteilt oder der Res Publica zugeführt.
    Bitte antworte mir bis ANTE DIEM VIII ID DEC DCCCLX A.U.C. (6.12.2010/107 n.Chr.) , ob du das Erbe antreten willst. Sollte ich bis dahin keine Antwort erhalten haben, wird dies als eine Ablehnung des Erbes angesehen.


    Möge dein Verwandter seinen Platz im Elysium gefunden haben und dort in ewigem Frühling wandeln.


    Vale bene,


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    ANTE DIEM X KAL DEC DCCCLX A.U.C. (22.11.2010/107 n.Chr.)
    Basilica Ulpia | Officii Decimv. Lit. Iud. | Roma | Italia


    [Blockierte Grafik: http://img231.imageshack.us/img231/7353/siegelaureliavn5.png]


    Ad:
    Lucius Annaeus Gratus
    Legio XXII Deiotariana
    Nikopolis
    Aegypten



    S. Aurelius Lupus L. Annaeo Grato s. d.


    Es ist eine traurige Sache, dir auf diesem Weg noch einmal den Tod von Gaius Annaeus Acratus ins Gedächtnis rufen zu müssen. Auch wenn es keinen Trost für diesen Verlust sein kein, sei dir meines Mitgefühls über diesen tragischen Verlust versichert.


    Als Decimvir Litibus Iudicandis ist es meine Pflicht, dem Prätor Urbanus in Erbschaftsangelegenheiten zu assistieren, und ich bin mit der Verwaltung des Erbes in diesem Fall beauftragt.
    Du bist rechtlich durch Verwandschaft als erbberechtigt festgestellt, und nun musst du entscheiden, ob du das Erbe annehmen willst. Solltest du dich gegen eine Annahme des Erbes entscheiden, wird dein Anteil auf die verbliebenen Erbberechtigten aufgeteilt oder der Res Publica zugeführt.
    Bitte antworte mir bis ANTE DIEM VIII ID DEC DCCCLX A.U.C. (6.12.2010/107 n.Chr.) , ob du das Erbe antreten willst. Sollte ich bis dahin keine Antwort erhalten haben, wird dies als eine Ablehnung des Erbes angesehen.


    Möge dein Verwandter seinen Platz im Elysium gefunden haben und dort in ewigem Frühling wandeln.


    Vale bene,


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    ANTE DIEM X KAL DEC DCCCLX A.U.C. (22.11.2010/107 n.Chr.)
    Basilica Ulpia | Officii Decimv. Lit. Iud. | Roma | Italia


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    Sim-Off:

    Familienwertkarte


    Ad:
    Octavia Varena
    Casa Octavia
    Roma



    S. Aurelius Lupus Octaviae Varenae s. d.


    Es ist eine traurige Sache, dir auf diesem Weg noch einmal den Tod von Marcus Octavius Augustinus Maior und Quintus Octavius Augustinus Minor ins Gedächtnis rufen zu müssen. Ein doppelter Schlag, da der Tod Vater und Sohn ereilte. Auch wenn es keinen Trost für diesen Verlust sein kein, sei dir meines Mitgefühls über diesen tragischen Verlust versichert.


    Als Decimvir Litibus Iudicandis ist es meine Pflicht, dem Prätor Urbanus in Erbschaftsangelegenheiten zu assistieren, und ich bin mit der Verwaltung des Erbes in diesem Fall beauftragt.
    Du bist rechtlich durch Verwandschaft als erbberechtigt festgestellt, und nun musst du entscheiden, ob du das Erbe annehmen willst. Solltest du dich gegen eine Annahme des Erbes entscheiden, wird dein Anteil auf die verbliebenen Erbberechtigten aufgeteilt oder der Res Publica zugeführt.
    Bitte antworte mir bis ANTE DIEM VIII ID DEC DCCCLX A.U.C. (6.12.2010/107 n.Chr.) , ob du das Erbe antreten willst. Sollte ich bis dahin keine Antwort erhalten haben, wird dies als eine Ablehnung des Erbes angesehen.


    Mögen deine Verwandten ihren Platz im Elysium gefunden haben und dort in ewigem Frühling wandeln.


    Vale bene,


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    ANTE DIEM X KAL DEC DCCCLX A.U.C. (22.11.2010/107 n.Chr.)
    Basilica Ulpia | Officii Decimv. Lit. Iud. | Roma | Italia


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    Mit zu seinen Aufgaben als Decemvir litibus iucandis gehörte es, regelmäßig zum Atrium Vestae zu marschieren – oder marschieren zu lassen – und zu überprüfen, ob Testamente der jüngst als verstorben Gemeldeten vorhanden waren. Heute marschierte Sextus selber. Nicht, weil ihm die pflanzenmosaiklose Wand seines Officiumm angeödet hatte, schlicht war kein geeigneter Bote gerade zur Hand, da diese von seinen Kollegen bereits in diversen Angelegenheiten in der Gegend herumgescheucht worden waren. Und man konnte Sextus sicher vieles nachsagen: Gefühlskälte, Arroganz und einen Hang zur Selbstüberschätzung, doch sicher keinen Müßiggang. Anstatt also zu warten, bis sich ein geeigneter Kandidat zum Herumscheuchen fand, marschierte er lieber selbst das kurze Stück und nutzte die Gelegenheit, sich mit dem Ort vertraut zu machen, an dem seine Cousine in nicht allzu ferner Zeit hoffentlich leben würde. Nicht, dass er sich um sie mehr sorgte als um andere menschliche Wesen, die nicht Sextus Aurelius Lupus hießen. Aber wenn er die Verbindung zu den Vestalinnen jemals nutzen wollen würde, konnte es nur praktisch sein, einmal ihre näheren Lebensumstände betrachtet zu haben. Auch wenn das hieß, von der Basilica Ulpia zum Atrium Vestae zu Fuß zu gehen. So weit war es ja nun auch nicht.


    Und so stand er dann auch mit ein paar tabulae bewaffnet am Eingangsbereich und klopfte an die Tür. Hoffentlich war die Vestalin wenigstens ansehnlich und keine vierzig Jahre alte, ewige Jungfer. Nur weil etwas Arbeit war, hier das ja nicht, dass es so unangenehm wie irgend möglich sein musste.

    Das würde interessant werden. 'Familienrat', allein das Wort stellte für Sextus ein Absurdum dar. Teile dieser Familie waren so entfernt miteinander verwandt, dass sie nicht mehr als den Gensnamen teilten. Aber gut, er würde sich dieses Sammelsurium an Meinungen sicher nicht entgehen lassen. Vor allem, da er selbst einige Dinge hatte, die er mit den übrigen Aureliern in diesem Rahmen besprechen wollte. Unter anderem seinen genialen Einfall, das Erbe von Corvinus so unter die Leute zu bekommen, wie dieser das gewollt hatte, und damit das Gesetz zu umgehen, was diesen Willen unmöglich machte. Bislang wusste nur Prisca in aller Ausführlichkeit davon. Der gute Augustus hatte vermutlich nicht im Sinne, dass ein Jahrhundert später ein kleiner Vigintivir daherkam und seine schicke, neue Reform mit einigen Tricks, bei denen jeder advocatus wohl anerkennend nicken würde, einfach aushebelte. Aber wenn ihm das ein paar tausend Sesterzen in die Kasse spülte und ihm zudem das Wohlwollen und die Anerkennung der anderen Familienmitglieder einbrachte, wer war er, das abzulehnen? Ein Geschenk der Götter abzulehnen war frevelhaft, und Sextus sah seinen Verstand durchaus als solches Geschenk an. Was diesen Einfall mit einschloss.


    Er betrat die Villa zusammen mit den anderen Aureliern. Er kannte die Räumlichkeiten recht gut, hatte Ursus ihm ja die Aufsicht über die Arbeiten aufs Auge gedrückt. Wenngleich Sextus sofort zugab, dass er dieser Pflicht nur insoweit nachgekommen war, den Architekten machen zu lassen und nur dann und wann nach dem Rechten zu sehen. Was verstand er denn auch groß von Häuserbau? Wenn das Haus im Muster eines Sternbildes angeordnet werden sollte oder im Sinne der tieferen Kosmologie erbaut werden sollte, dann konnte man nach seiner fachkundigen Meinung fragen. Und solange das nicht gewünscht war, bestand seine fachkundige Meinung darin, zu bestätigen, dass die Wände alle gerade erbaut waren und nicht einstürzten.
    Priscas Halbbruder war ebenfalls mit dabei. Sextus hatte noch wenig Gelegenheit, ihm mal auf den Zahn zu fühlen, andererseits hatte sich bis jetzt auch keine dringende Notwendigkeit ergeben. Das würde sich schon noch ändern.


    Nur mit einem Nicken und ohne große Worte – immerhin hatte man sich die letzten Tage reichlich gesehen, wenngleich nie alle gleichzeitig – betrat Sextus also den Raum und lehnte sich vorerst an eine der Säulen im Raum. Er würde sich schon gleich noch setzen, im Moment aber bevorzugte er, stehen zu bleiben. Außerdem konnten sich so die anderen so verteilen, wie sie es mochten, und er nahm dann einfach den Platz, der frei blieb.

    Sextus, du bist ein böser Mensch. Innerlich grinste der Aurelier von einem Ohr zum anderen. Äußerlich allerdings schaffte er es, diesen leicht bedauernden Gesichtsausdruck beständig beizubehalten, ja vielleicht sogar ein wenig zu bedauernd. Es tat ihm schon leid, dass Piso sich so auf seiner Sponsalienfeier derart daneben benommen hatte, denn das Verhalten des Flaviers war ein sehr deutlicher Fall für Fremdschämen. Allerdings tat es ihm nicht leid im eigentlichen Sinne des Wortes, denn das lieferte ihm einen sehr gerechtfertigten Grund, dem Flavier das Leben zum Tartarus zu machen. Und mehr noch, seine Gedanken gingen seit der Amtsübergabe noch in viel dunklere Richtungen. Es wäre wirklich eine Überlegung wert, seine Frau nach der gemeinsamen Hochzeit zur Erbin eines beträchtlichen Teils des flavischen Vermögens zu machen. Allerdings wäre das mit mehr Planung verbunden und dürfte nicht zu ihm zurückverfolgbar sein. So erwies sich die kleine Stichelei des Flaviers, die Sextus freimütig an Vala weitergegeben hatte, vielleicht als doppelt nützlich für ihn. Er würde sehen.


    Hier erst einmal galt es, Prisca weiter mit den Häppchen der Informationen zu füttern, von denen er wollte, dass sie sie bekam. Sollte sie ruhig bei Piso Rücksprache halten und noch einmal aus seinem Mund den Irrsinn der ganzen Situation hören, sollte sie hören, wen sie da zu ehelichen gedachte. Zweifel war eine oft unterschätzte Waffe, da sie so langsam wirkte. Aber Zweifel nagten sich bis an den Grund der Seele, wenn sie sich erst einmal festgefressen hatten.
    “Ein alter Freund von mir. Titus Duccius Vala. Ja, ich weiß, was du sagen wirst. Und du hast recht, er ist ein germanischer Barbar, der sich auf römischem Boden versucht. Aber er ist amüsant und ehrgeizig und auch nicht schlimmer als die restlichen homines novi im Senat.“ Indem er selber zugab, dass Vala nicht der Vorzeigegast war, nahm er Prisca hoffentlich die Spitze für ein Gegenargument. Er wusste, dass der Duccier sicher nicht der übliche Gast auf einer solchen Veranstaltung war.
    “Ich habe mich mit ihm auch darüber unterhalten, ob etwas zwischen ihm und Piso vorgefallen sei, und er erzählte mir von... naja...“ Ein leichtes Zögern, ein kleines Überlegen. Dann ein durchatmen, als sei er zu einer Entscheidung gelangt, die ihm nicht ganz leicht fiel.
    “Versteh mich nicht falsch, Prisca. Ich verstehe zwar nicht, was du an diesem Flavier findest, und ich werde es auch nie verstehen. Soviel Recht musst du mir zugestehen. Aber ich habe versprochen, meinen Teil dazu beizutragen, dass ihr heiraten könnt, und ich habe es auch gehalten. Und auch, wenn ich nach wie vor finde, dass es bessere Verbindungen für die Gens gäbe, es ist deine Entscheidung, diesen Flavier zu heiraten. Und nachdem Celerina nun ohne Erben für Corvinus gestorben ist, ist es vielleicht auch eine zusätzliche Sicherheit. Sollte Nigrina sich als so unfruchtbar wie ihre Cousine erweisen, besteht immerhin die Möglichkeit, über dich eine lebende Verbindung zu jener Gens zu schaffen.“ Das war nun eine sehr lange Rede für seine Verhältnisse, und er hoffte, dass sein Rhetorik-Unterricht sich hierbei auszahlte. Erst einmal Vertrauen schaffen und Schwächen zugeben, ehe man zum Punkt kam.
    “Nun, Vala erzählte mir, dass Piso ihn wohl beschuldigt, Aelius Archias umgebracht zu haben. Du weißt schon, derjenige, der vom tarpejischen Felsen gesprungen ist. Dass das vollkommen aus der Luft gegriffen ist, muss ich wohl nicht extra betonen. Aber... Prisca, pass einfach auf, bei dem, was du tust, ja? Den Flaviern sagt man ja nach, dass sie zum Wahnsinn neigen, und die Zeichen, die Piso gibt, stimmen mich da nachdenklich. Ich wollte dir das so nicht sagen, aber... pass einfach auf, ja?“
    Sextus, du bist wirklich ein böser Mensch...


    Simoff: Kein Thema, das passt schon so.

    Sextus hatte nicht vor, irgendjemandem außer sich selbst den Lebensabend zu finanzieren. Aber es passte in das Bild, das er mittlerweile von Prisca hatte, dass diese sich hier noch weiter aufregte und das letzte Wort haben wollte. Es war eine Selbstverständlichkeit, dass er die Kosten so gering wie irgend möglich hielt, aber das musste er seines Erachtens nach nicht extra ausführen. Lieber ließ er Prisca diesen vermeintlichen kleinen Sieg über ihn und genoss damit seine Ruhe vor dem Thema. Es so rasch und unkompliziert abhaken zu können, war ihm doch sehr, sehr recht. Alle würden bekommen, was sie wollten, sogar mehr, als der Staat ihnen zugestehen würde, und er wäre der strahlende Held, der den Willen Corvinus möglich gemacht hatte. Irgendwie gefiel ihm die Vorstellung. Und das nicht ob wohl, sondern vor allem weil er wusste, was seine wirklichen Beweggründe waren.


    So aber war das Thema mit einem einfachen, ergebenen Nicken erledigt und es kam zum weitaus interessanteren. Der Wolf in ihm schien zu grinsen, als er die Sorge der Frage zu hören glaubte, wenngleich nach Außen davon nichts zu sehen war. Seine Miene blieb ehrlich bedrückt ob der Situation, als er leicht hilflos die Arme ausbreitete.
    “Ich fürchte, das musst du ihn fragen. Ich habe keine Ahnung, warum er einen solchen Groll gegen mich hegt. Aber es muss es wohl.“ Das war sogar gar nicht zu weit von der Wahrheit entfernt. Natürlich, im Theater hatte Sextus diesem Wichtigtuer klar die Grenzen aufgezeigt, aber dass dieser wie ein Kind dann weitermachte, das war doch etwas übertrieben. Vor allem hätte Sextus jemanden auf dem weg zum Senator doch ein wenig mehr Verstand zugetraut, aber ein großer Name war nach wie vor ausschlaggebender als wirkliches Können. “Er ist auf der Sponsalienfeier seiner eigenen Schwester in Trauer erschienen und hat von mir verlangt, das Gastrecht zu entweihen, stell dir das vor. Ein Glück, dass ich das ganze mit Hilfe von Flavius Aetius noch im Rahmen halten konnte. Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, was ihn dazu bringt, sich so zum Narren zu machen und seine und vor allem unsere Gens dermaßen zu beschämen, dazu auch noch in aller Öffentlichkeit. Das schwör ich dir a lapide Iove.“ Bezeichnend hob Sextus die rechte Hand, zwei Finger zum Schwur erhoben. Er hatte zwar ein paar Theorien, dass das kindische Verhalten des Flaviers etwas mit dem Theater zu tun hatte, aber wirklich wissen tat er es nicht. Und dass Sextus wiederum kein Problem damit hatte, sollte man den Flavier eines Tages aus dem Tiber fischen, möglichst mit Flavia Nigrina als Erbin seines Vermögens, das konnte Piso nicht wissen.

    Nein, leider war der Bursche wirklich keine trauernde Witwe auf der Suche nach ein wenig Zärtlichkeit und Anteilnahme. Nichts desto trotz wurde er freundlich empfangen, wenngleich sein Auftrag sich als unglaublich knapp herausstellte.
    "Gut, dann wird es so in den Akten vermerkt und das Erbe freigegeben. Danke deinem Herrn bitte für die rasche Antwort. Kann ich sonst noch etwas für ihn tun? Oder für dich?" Gerade beim amtieren Consul empfahl es sich, doppelt höflich zu sein.

    Nachdem Sextus sich mit den Vorgängen vertraut gemacht hatte, war die Arbeit an sich eigentlich ganz einfach. Hin und wieder gab es Erbschaften, wo man regelrecht detektivische Nachforschungen anstellen musste, wer mit wem nun wie verwandt war, aber die meisten waren recht klar. Und dank der wirklich akribischen Vorarbeit seines Amtsvorgängers und seinem eigenen Talent im Ordnen von Informationen, hatte er bereits einiges abarbeiten können.


    So saß er gerade über einem dieser kniffligeren Fälle, als es an der Tür klopfte. Er markierte mit seinem Stylus eine Stelle im Wachs, an die er sich gleich erinnern wollte, und legte die Tafel dann beiseite.
    "Herein!" ließ er vernehmen und wartete, wer ihn aufsuchen wollte. Vielleicht ja eine hübsche, trauernde Witwe, die ein wenig Trost brauchte?