Beiträge von Azizos

    Eine Weile marschierten die Probati dahin; genug Platz gab es auf dem Campus ja. Dann aber erscholl der nächste Befehl des Centurio. Doch wie war das - "anima..."? Azizos verstand den ersten Teil des Befehls nicht, zum Glück aber den zweiten "ad dextram", so dass er sich gleich rechts herum wandte.


    Dort stand er dann mit beiden Beinen fest auf dem Erdboden, bis ihn der Kamerad, der neben ihm ging, mit dem Ellenbogen in die Seite stieß und so etwas wie "Los, weiter!" zuzischelte.. Erst da merkte der Syrer, dass er nach der Rechtsdrehung durchaus nicht hatte aufhören sollen zu marschieren, sondern auf der Stelle hätte weiterstampfen müssen.


    Azizos hatte noch nicht so recht verarbeitet, was da geschehen war, als auch schon das nächste Kommando des Centurio erklang, welches den Probati vorschrieb, im Gleichschritt weiterzumarschieren. Nach der Rechtsdrehung ging es jetzt also in eine andere Richtung weiter.

    Befehl um Befehl zum Erlernen des Marschierens hallte aus dem Munde des Centurios über den Exerzierplatz. Azizos musste sich dabei eingestehen, dass er doch noch die eine oder andere Schwierigkeit hatte, lateinische Kommandos nicht nur zu verstehen, sondern auch unverzüglich umzusetzen. Weil er jedoch in der Mitte der Kolonne ging, wurde er beim Ausführen der Anweisungen des Centurios gleichsam automatisch mitgeschleppt, auch hatte er fast instinktiv mit dem linken Fuß angefangen zu marschieren, während es den kleineren Kameraden ganz vorne in der Kolonne schlecht erging, die keine Vorderleute zur Orientierung hatten.


    Azizos sah mit an, wie einige dieser Kameraden ganz vorne bestraft wurden. Natürlich war er sich darüber im Klaren, dass man nicht zum Händchenhalten in die Flotte ging, hier schien ihm der Einsatz der Vitis jedoch übertrieben zu sein. Hätte sich der Start mit dem linken Fuß und der Gebrauch desselben Fußes auf den Ausruf "laevum" hin nicht sowieso schon in kurzer Zeit durch das dauernde Üben eingeschleift und wäre in Fleisch und Blut übergegangen? War der Centurio hier nicht einfach zu ungeduldig?

    Für die Herkunft seines syrisches Kameraden schien Manius Iavolenus sich nicht besonders zu interessieren, aber das berührte Azizos nicht so sehr, weil die Worte, die Manius stattdessen ausgesprochen hatte, seine Aufmerksamkeit bereits fesselten. "So, das eine war also ein Tribun. Kennst du ihn schon näher? Oder auch andere Offiziere? Wie ist die Stimmung hier so"

    Das Zählen bis zur lateinischen Zahl 22 war bald glücklich abgeschlossen, über die Herkunft seiner Kameraden war Azizos sich aber trotzdem nicht ganz im Klaren. Seine eigene Abstammung aus einer doch recht abgelegenen Stadt des Imperiums, in der er ja auch seine gesamte Jugend verlebt hatte, hatte es wohl mit sich gebracht, dass er ungeübt war im Bestimmen der reichseigenen Dialekte und Akzente, und daran hatte auch seine weite Anreise aus Palmyra nach Misenum nicht viel geändert.


    Die beiden Vorgesetzten schienen sich derweil über die Ausbildung geeinigt zu haben, so dass der eine nun vom Exerzierplatz wegging und dem Centurio, der auch schon die vorigen Befehle erteilt hatte, das Feld alleine überließ. Eine Zweierkolonne zu bilden, lautete seine nächste Anweisung. Die Probati formten diese der Körpergröße der Beteiligten nach, so dass Azizos ziemlich in der Mitte zu stehen kam, sein kleinerer Nachbar von eben dagegen weit vorne. In dieser Aufstellung erwartete man weitere Kommandos oder Erklärungen.

    Tatsächlich also hatte Azizos den Befehl des Vorgesetzten falsch verstanden. Zu seiner großen Überraschung aber wurde er von dem doch offenbar sehr aufgebrachten Offizier dafür gar nicht bestraft. Stattdessen sollte der Befehl nun so ausgeführt werden, wie er gemeint gewesen war.


    Azizos war nach seinem Zählen natürlich wieder an diejenige Stelle in die Linie zurückgetreten, an der er vorher gestanden hatte. Und da sein Nachbar gerade "tres" gesagt hatte, war es an Azizos, mit dem fälligen "quattuor" wieder seinen kehligen Akzent erklingen zu lassen, der besonders auf der zweiten Silber dieser Zahl gut zur Geltung kam.


    Ansonsten aber lauschte der Syrer aufmerksam, um sich anhand der Aussprache und der Akzente einen Eindruck davon zu verschaffen, aus welchen Teilen des Imperiums die anderen Probati so alle stammten. Oder war er hier etwa nur unter Italikern?

    Bei Manius Iavolenus hatte es im Rekrutierungsbüro auch so lange gedauert? Zeigte sich hier also ein Muster? - Jedenfalls schien bei der Flotte doch nicht alles ganz so wohlgeordnet zu sein, wie es auf Azizos im ersten Moment den Anschein gemacht hatte. "Na ja, für mich ist die Hauptsache, dass unsere Ausbildung gut und zügig durchgeführt wird - wobei: lieber gut als zu hastig. Da habe ich allerdings im Moment auch einen wirklich guten Eindruck." Dass man hier in der Flotte mit Ausbildungsplänen arbeitete, war doch immerhin ein vielversprechendes Zeichen.


    "Ach ja, ich komme aus dem fernen Palmyra", sagte Azizos noch auf die Frage des Manius Iavolenus hin und unterlegte dabei seine Worte mit einem gespielten Säuseln: Er war gespannt, wie sein Gegenüber auf die Nachricht reagieren würde, dass er, also Azizos, als Probatus der Flotte ausgerechnet aus einer Stadt mitten in der Wüste kam.

    Azizos wurde nicht viel Zeit gegeben, sich an die neuen Verhältnisse anzupassen. Denn kaum war er mit seinen zukünftigen Kameraden bei den beiden Vorgesetzten angekommen, wurde er auch schon von einem von ihnen aus der Linie herausgerufen.


    Unter den vielen Beschimpfungen, mit denen dieser, im Übrigen ziemlich unsicher wirkende, Centurio seinen Befehl versehen hatte, konnte Azizos kaum ausmachen, was er denn nun eigentlich machen sollte. Irgendetwas von "Latein" und "zählen" hatte er gehört; der Syrer kombinierte daraus, dass er wohl seine Kameraden zählen sollte. Daher drehte er sich, kaum dass auf die Aufforderung des Centurios hin aus der Linie herausgetreten war, wieder leicht zu seinen Kameraden hin und begann, sie laut durchzuzählen, angefangen bei sich selber: "Unus, duo, tres, quattuor...", immer weiter mit seinem kehligen syrischen Akzent, bis er schließlich bei den letzten ankam: "viginti, viginti unus et viginti duo". Dann drehte er sich wieder zu dem Centurio hin um.

    Azizos musste lachen, als Manius Iavolenus, wie sich der Kamerad gerade vorgestellt hatte, ihm seine gestrige nächtliche Ankunft in der Mannschaftsunterkunft in Erinnerung rief: "Ja, ich bin neu hier, und im Rekrutierungsbüro hat es gestern ein bisschen länger gedauert. Da bin ich erst im Dunkeln in den Schlafraum gekommen. - Na, wenigstens hat dadurch keiner von euch meine Ankunft verschlafen."


    Selbstironisch stieß der Syrer Luft aus seiner Nase und lächelte, was bei ihm nicht allzu oft vorkam. "Du bist ja wohl schon länger hier?"

    Für Azizos war es immer noch wie ein Wunder, so viel sauberes, klares Wasser an einer Stelle zu sehen. Fast ehrfurchtsvoll bestieg er nach den täglichen Übungen das Becken, bis er ungefähr bis zur Mitte seines Körpers im Wasser stand. Dann formte er seine beiden Hände zu einer Schale und goss damit Wasser über seinen Kopf. Einige vorsichtige Schwimmzüge brachten ihn schließlich in dem nicht allzu großen Becken an den gegenüberliegenden Rand, wo bereits an anderer Soldat mit geschlossenen Augen da stand.


    Azizos zögerte einen Moment, ihn anzusprechen, weil er ihn in seiner Ruhe nicht stören wollte. Da er aber einen Kameraden aus seiner Ausbildungseinheit in ihm zu erkennen glaubte, öffnete er endlich doch den Mund: "Salve! Warst du nicht auch heute mit mir auf dem Exerzierplatz zur Ausbildung? - Ich heiße übrigens Azizos."

    Azizos war erleichtert, dass er offenbar noch nicht allzu viel an Ausbildung verpasst hatte, jedenfalls nicht die Instruktionen über die richtige Aufstellung. Denn die herzustellen, machte den Probati einige Schwierigkeiten und verursachte ein gewisses Durcheinander, in dem es dann Azizos schließlich gelang, sich dazwischen zu schummeln.


    Gemeinsam marschierte man dann zu zwei Vorgesetzten, die sich augenscheinlich gerade über die Inhalte der Ausbildung berieten.

    Durch seine späte Ankunft am Abend hatte sich die Aufnahme Azizos' als Probatus in die römische Flotte etwas verzögert: So hatte er erst an diesem Morgen im Materiallager seine Ausrüstung erhalten und erst danach auch seinen Eid abgelegt. Es war schon beinahe Mittag, als Azizos endlich auf den Exerzierplatz gehen konnte, um seine Ausbildung zu beginnen.


    Die anderen Probati hatten offenbar gerade eine Mittagspause hinter sich und nahmen nun auf den Befehl eines Vorgesetzten hin wieder Aufstellung. Als Azizos das sah, lief er sofort los, um sich gleich unter die anderen Probati einreihen zu können

    Bald schon trat ein Offizier zu ihm und reichte ihm eine Schriftrolle, die den Text des Eides enthielt:


    OMNIA SE STRENUE FACTUROS QUAE PRAECEPERIT IMPERATOR CAESAR AUGUSTUS, NUMQUAM DESERTUROS MILITIAM NEC MORTEM RECUSATUROS PRO ROMANA REPUBLICA IURO.


    Azizos nahm in seiner neuen nautischen Militärkleidung noch einmal Haltung an. Dann sprach er die Worte des Eides laut und vernehmlich aus:


    "OMNIA SE STRENUE FACTUROS QUAE PRAECEPERIT IMPERATOR CAESAR AUGUSTUS, NUMQUAM DESERTUROS MILITIAM NEC MORTEM RECUSATUROS PRO ROMANA REPUBLICA IURO."

    "Salve Optio!", grüßte Azizos den diensthabenden Offizier, der sich ihm bald nach seinem Eintritt in das Materiallager zugewandt hatte.


    Interessiert hörte er sich an, was ihm der Optio über die unterschiedlichen Karrierewege in der Marine zu sagen hatte, während er die Ausrüstungsgegenstände, die ihm gereicht worden waren, anlegte: Alles passte wie angegossen.


    "Nautisch ist schon richtig", bestätigte Azizos dem Optio noch mündlich, während er schriftlich die geforderte Bestätigung für den Erhalt der Ausrüstungsgegenstände vornahm:



    blassblaue Tunika, mittlere standardgroeße, zwei sic.
    Cingulum, eines sic.
    Caligae, ein Paar sic
    Pugium, eines. sic.
    Lorica, eine. sic.


    Hiermit bestätige ich, Grundaustattung, nautisch, erhalten zu haben


    Azizos


    ... und die Tabula dann mit Dank zurückgab.

    Als Azizos das Materiallager betrat, war er gleich angenehm berührt von der Ordnung, die hier offenkundig herrschte. Anders hatte er es in einer Institution des römischen Militärs allerdings auch gar nicht erwartet.

    Vom Rekrutierungsbüro begab sich Azizos dem Befehl des Vorgesetzten gemäß direkt in die Unterkünfte der Probati. Da es tatsächlich schon sehr spät geworden war, musste der Syrer sich beinahe heranschleichen, denn die meisten hatten sich nach einem zweifellos anstrengenden Tag bereits zur Ruhe gelegt. Nach einigem wütenden Zischen, das diejenigen seiner neuen Kameraden von sich gaben, als er sie trotz aller Vorsicht geweckt hatte, wurde Azizos eine Pritsche zugewiesen, auf der er sich zur Ruhe legte.

    Der hochrangige Offizier, der sich nun der Rekrutierung des Azizos angenommen hatte, konnte genauso wenig wissen, dass Azizos dieses "So ist es!" von frühester Jugend an gewöhnt war, wie der Syrer ahnte, dass sein Gegenüber bereits mit Karawanen durch die Wüste gezogen war.


    Eigentlich hatte Azizos darauf gehofft, noch am selbigen Tage seine Ausrüstung in Empfang nehmen und den Eid ablegen zu können. Ein Blick nach draußen jedoch belehrte ihn, dass es in der Tat schon sehr spät geworden war und die Dämmerung bereits eingesetzt hatte; kein Wunder also, dass der eigentliche Rekrutierungsoffizier, der ihn zuerst betreut hatte, am Ende so verschlafen gewesen war.


    So war Azizos es zufrieden, für heute lediglich in seine neue Unterkunft eingewiesen zu werden und alles andere dem folgenden Tag zu überlassen. Zu dem Offizier, der zuletzt seine Worte an ihn gerichtet hatte, sagte er abschließend: "Ich danke dir! Ich werde mich jetzt in die Unterkünfte begeben und mich morgen früh im Sacellum und im Materiallager einfinden."




    /edit: Link ergänzt.

    Sim-Off:

    Danke!


    Auf einmal betrat ein weiterer Offizier den Raum. An der Reaktion des Rekrutierungsoffiziers, der bisher mit ihm gesprochen hatte, konnte Azizos sehen, dass es sich bei dem Neuankömmling um einen weitaus höheren Offizier handeln musste, auch wenn er den Rang noch nicht recht deuten konnte.


    Da Azizos ohnehin bereits stramm stand, sah er keine Veranlassung, seine Körperhaltung vor dem höheren Offizier zu verändern, auch als dieser begann, ihn zu mustern. Mit der Frage, die der Offizier dann an ihn stellte, hatte Azizos hier bei seiner Aufnahme natürlich rechnen müssen. Er bemühte sich, sie so unsentimental wie möglich zu beantworten: "Es zieht mich zur Flotte, weil ich gerne im Militär meinen Dienst für das Reich tun würde und auch, weil ich eines Tages gerne das römische Bürgerrecht erwerben würde. Das Element der Flotte", so setzte Azizos noch hinzu, "ist das Wasser, und Wasser ist für mich, der ich gleichsam in der Wüste geboren worden bin, etwas Faszinierendes."

    Sim-Off:

    Da es hier in der Classis ja jetzt an anderer Stelle schon wieder weitergeht, erlaube ich mir, mich meinerseits auch noch mal in Erinnerung zu bringen - nicht, dass das übersehen wird. Ich will nicht hetzen, würde aber wirklich gerne mitspielen. =)