Der junge Gallier versuchte gerade, seinem gekränkten Stolz gut zuzureden, damit sein Ego sich nicht mehr ganz so lädiert fühlte. Es reichte immerhin schon, wenn ihm der Kopf weh tat, da brauchte er nicht auch noch ein verletztes Selbstwertgefühl, das ihm den Tag vermieste.
Dass seine Augenfarbe sich nun so gravierend geändert hatte, war ihm nicht bewusst. Man hatte ihm zwar schon oft gesagt, dass sie ihre Farbnuancen je nach Stimmung immer ein wenig änderten, aber er selbst sah es ja nie.
"Du willst mir Lesen beibringen? Klingt verlockend." meinte Áedán und lächelte etwas schief. Er wickelte sich das Lederband um das linke Handgelenk und band es fest. "Meine Haare kriegen jetzt mal eine Pause. Ich glaube, mir tut die Beule noch mehr weh, wenn sie zusammengefasst sind." murmelte er und schloss für einen Moment die Augen.
"Das ist es nicht wirklich, was mich interessiert, Cimon. Ich würde zwar gerne wissen, ob etwas dran ist an diesen Geschichten, aber du als ganze Person bist es, die mich interessiert. Ich finde dich sehr nett. Du hast mir da auf dem Sklavenmarkt wirklich halt gegeben." erklärte der junge, rotblonde Mann seine Motive. "Ich probiere gerne einiges aus und ich kann dir nur empfehlen, auch ein wenig zu erforschen, was dir gefällt und was nicht. - Moment, es war falsch und liegt an deinem Stand? Mit welcher Frau hast du denn rumgemacht? Doch nicht etwa mit einer der Herrinnen hier?"
Mit einem Mal blickten seine mehr blau als grünen Augen den Nubier schockiert an. Hatte er gerade etwas falsch verstanden, oder hatte Cimon ihm gerade ernsthaft gesagt, dass er mit einer Frau Verkehr gehabt hatte, mit der er es nicht hätte tun sollen? "Du bist doch nicht etwa in sie verliebt, Cimon? Das wäre nicht all zu gut."
Er musste den dunkelhäutigen Sklaven sehr verwirrt haben, dass dieser nun anscheinend Dinge erzählte, die er wohl besser für sich behalten hätte. "Ja, zeig mir mal deine Narben. Es interessiert mich. Ich möchte dich sowieso besser kennen lernen. Ich glaube, dass du ein sehr interessanter Mensch bist, Cimon. Voller Geheimnisse." sagte der junge Gallier interessiert. "Ich bin kein guter Mensch. Ich habe schon viel Unfug gemacht, nur nie so großen Unfug wie diesen, der mich hierher gebracht hat. - Meine Augen sind also interessant? Ich weiß nur von meiner Mutter, dass sie Grün werden, wenn ich wütend werde. Das ist bei ihr genauso."
Er lächelte wehmütig. Seine Mutter fehlte ihm. Sie war ein herzlicher, offener Mensch. Was würde sie wohl denken, wo er jetzt war? Hatten die Römer ihnen gesagt, was er angestellt hatte? Wusste seine Familie, wo er nun wahrscheinlich war? Hielten sie ihn für tot?
"Was bringt mir die Zeit, die ich für mich haben kann, wenn ich so vieles einfach gar nicht darf?" fragte er den anderen Sklaven ernst und blickte ihm direkt in die grauen Augen. "Ich mag jung sein, aber nicht so jung und bedürftig, dass ich irgendwen nehme, der mich gerne ranlässt. Mir muss die Person auch gefallen." murrte er und überlegte, was er hier im Haus schon an Sklaven und Sklavinnen gesehen hatte. "Außerdem glaube ich, dass es bei manchen kompliziert werden dürfte, wenn die dann anfangen, sie müssten erst ihren Herren oder ihre Herrin fragen. - Das wird doch peinlich, wenn ständig irgendwer fragt, ob er einmal mit mir verkehren darf. Ich meine, stell dir das doch mal vor!"
Irritiert sah er den Nubier an. "Also... kämpfen kann durchaus entspannend sein, aber für mich sind das zwei Paar Stiefel, Cimon. Das sind zwei Sorten von Entspannung. Das ist, als würdest du Äpfel mit Birnen vergleichen." meinte er ernst. "Zur Not werde ich mich wohl erst einmal nur damit begnügen müssen. - Wer weiß, vielleicht erhitzt das Kämpfen dich irgendwann doch auch anderweitig."
Als der Nubier ihm mit der Hand seitlich gegen das Bein stieß. "Ich glaube, wir könnten gute Freunde werden, Cimon, naja, wenn... hm..."