Beiträge von Lucius Octavius Marsus

    Selbstverständlich hatte ein Scriba der Regionalverwaltung nicht die notwendigen finanziellen Mittel, um eine Casa zu bewohnen. Viel mehr musste er sich damit abfinden, in einem Mietshaus zu wohnen. Nach einigen Gesprächen mit seinen Mitbewohnern wurde Marsus schnell bewusst, dass er mit seinem Urteil, dass diese Insula dreckig, laut und eng sei, nicht allein war. So fehlte es keinem der Bewohner am Willen, das Haus zu verlassen. Im Gegensatz zu den dafür notwendigen Sesterzen.


    Es blieb Marsus also nichts anderes übrig, als die Situation zu akzeptieren und sein "Zuhause" so lang wie nur möglich zu meiden.

    Marsus war gerade auf wundersame Weise in seinem Büro eingeschlafen. Während sein Schnarchen leise genug war, um nicht die Aufmerksamkeit der Personen in den Nachbarräumen auf sich zu ziehen, senkte sich der Kopf des Scriba mit jeder Minute, in der er von den abenteuerlichsten Dingen träumte, nach vorne. Doch leider war diese Art der Erholung nur bis zu dem Augenblick schmerzlos, an dem sich der Körper des Schlafenden plötzlich und ruckartig nach vorne bewegte und damit dafür sorgte, dass der Kopf mit einer heftigen Erschütterung aufschlug und Marsus aus dem Land der Träume riss. Instinktiv fasste er sich an die Nase und bemerkte sofort, dass diese zumindest blutete, wenn nicht sogar gebrochen war.


    "Verdammte..." Ehe er den Satz beenden konnte, schoss auch schon das erste Blut aus der Nase, direkt auf einen der Berichte. Nach einer wahren Flut der roten Flüssigkeit war der Brief entstellt und unleserlich. Marsus, dessen Nase wohl doch nicht gebrochen war, versuchte zumindest Teile der Nachricht zu entschlüsseln. "August...a..Rauri..ca...Co...m..e..s...wir...alles...in...Ord...nung."
    Mehr als ein müdes Grinsen hatte der Schreiber für diese Fragmente nicht übrig. Viel wichtiger war momentan seine Nase. So nahm er seine Wachstaffel und notierte die hoffentlich korrekte Aussage des Briefes.


    Berichte der Civitates


    Argentoratum - keine nennenswerten Probleme
    Geneva - Korruption in der Stadtverwaltung
    Borbetomagus - Überfälle auf Händler
    Confluentes
    Augusta Raurica - alles in Ordnung
    Vesontio
    Vindonissa - kleinere Auseinandersetzungen zwischen K. und G.
    Mogontiacum


    Noch einen Brief hatte er zu bearbeiten. Durch seinen kleinen Unfall beeinträchtigt und nun völlig der Motivation geraubt, fixierte er sich beim Lesen des Berichts nur auf eine markante Begriffe, die ihm den Inhalt des Schreibens vermitteln sollten. "Vesontio, keine Probleme, Augusta Raurica." Augusta Raurica? Das hatte nichts mehr mit dem Bericht zu tun. Er schüttelte nur den Kopf. "Bla, bla, bla."


    Comes,


    dank seiner hervorragenden Verwaltung gibt es in Vesontio keine Probleme, die es wert sind, dich oder deine Untergebenen von der Arbeit abzuhalten. Viel wichtiger scheint es mir, dass du deinen Blick auf Augusta Raurica richtest. Die dortigen Duumvirn scheinen mit ihrer Aufgabe überfordert zu sein. Zumindest lassen dies die Berichte mir Vertrauter erahnen. Es wäre wohl das Beste, wenn du die Berichte der dortigen Stadtverwaltung


    Vale,
    Gaius Fundanius Fundulus


    Nach dem Notieren und dem erneuten Blick auf die Wachstaffel fiel ihm auf, dass Mogontiacum und Confluentes fehlten. Welch Überraschung!


    Berichte der Civitates


    Argentoratum - keine nennenswerten Probleme
    Geneva - Korruption in der Stadtverwaltung
    Borbetomagus - Überfälle auf Händler
    Confluentes
    Augusta Raurica - alles in Ordnung
    Vesontio - keine Probleme
    Vindonissa - kleinere Auseinandersetzungen zwischen K. und G.
    Mogontiacum

    Wieder waren neue Briefe angekommen. Grundsätzlich hatte Marsus auch kein Problem damit, untätig in seinem Officium zu sitzen und auf die Briefe zu warten, anstatt sie zu bearbeiten. Doch letztendlich war es nun wirklich Zeit, seine Aufgabe abzuschließen, sodass er sich daran machte, den ersten Brief mit aller Inbrunst, die ein Scriba für seine spannende Arbeit erübrigen konnte, zu lesen.


    Salve Comes,


    in Geneva hat, wie eigentlich immer, alles seine Ordnung. Die Verwaltung arbeitet effizient und fehlerfrei, die Sicherheit auf den Straßen ist gewährleistet und das Volk ist zufrieden. Dieses anständige Bild wurde leider durch einen Magistratus sowie verschiedene Scriba getrübt, die sich, wie wir vor kurzem herausgefunden haben, auf illegale Weise an der Stadtkasse bedient haben. Mit den Übeltätern wurde selbstverständlich nach den geltenden Gesetzen verfahren.


    Möge die Götter über dich wachen,
    Gaius Hortensius Lucullus


    Nach diesem Brief musste der Scriba für einen Moment inne halten. Einen gewissen Reiz hatte die Vorstellung schon, sich im großen Stil an der Provinz- oder Stadtkasse zu bedienen. Jedoch war die Gefahr, entdeckt zu werden, auf diesem Wege besonders hoch. Da war das gezielte Einnehmen von zusätzlichen Bearbeitungsgebühren deutlich sicherer und in der Regel auch lukrativer.


    Um nicht in Versuchung zu geraten, nahm Marsus schnell einen weiteren Brief.


    Salve Comes,


    wir in Argentoratum haben mit keinen nennenswerten Problemen zu kämpfen. Nur die hier stationierten Einheiten haben sich in der Stadt nicht gerade den besten Ruf erarbeitet. Immer wieder schaffen es Soldaten, die aus irgendeinem Grund viel zu oft Freigang bekommen, die gesamte Einrichtung der örtlichen Taverne zu zerlegen. Ein solches Verhalten sorgt nicht gerade dafür, dass junge Germanen oder Kelten einen guten Eindruck von der römischen Armee bekommen, geschweige denn vom gesamten römischen Reich.


    Ich wünsche dir beste Gesundheit und den Segen der Götter,
    Quintus Lutatius Cerco


    Nickend nahm er seine Wachstaffel und machte die üblichen Notizen.


    Berichte der Civitates


    Argentoratum - keine nennenswerten Probleme
    Geneva - Korruption in der Stadtverwaltung
    Borbetomagus - Überfälle auf Händler
    Confluentes
    Augusta Raurica
    Vesontio
    Vindonissa - kleinere Auseinandersetzungen zwischen K. und G.
    Mogontiacum

    Die Briefen waren verschickt und mehrere Tage waren verstrichen, ehe Marsus endlich eine Antwort auf seine Anfragen bekam. Der erste Brief, der die Regia erreichte, kam aus Borbetomagus:


    Ich grüße Mogontiacum und den Comes,


    den Göttern sei Dank ist die Lage in Borbetomagus mehr als ruhig. Besonders das steigende Handelsaufkommen, verursacht durch die deutlich bessere Straßenqualität in den Sommermonaten, sichert die gute Versorgung der Stadt mit bezahlbaren Gütern und sorgt damit für eine insgesamt friedliche Stimmung. Jedoch konnten wir auch beobachten, dass mit der steigenden Anzahl von Händlern auch die Anzahl der Überfälle anstieg, was selbstverständlich so gut wie möglich von den städtischen Vigiles unterbunden wurde.


    Vale,
    Quintus Haterius Antonius


    Nickend strich er Borbetomagus auf seiner Wachstafel durch.


    Berichte der Civitates


    Argentoratum
    Geneva
    Borbetomagus - Überfälle auf Händler
    Confluentes
    Augusta Raurica
    Vesontio
    Vindonissa
    Mogontiacum


    Ehe er einen weiteren Brief las, hielt er einen Augenblick inne. Wie würde er sich wohl als Händler schlagen? Schmunzelnd dachte Marsus an eine vergoldete Kutsche, gezogen von den schnellsten Pferden des Reiches, gefüllt mit ihm, mehreren Kisten voller Sesterzen und einer wunderschönen Frau. Dieses majestätische Gespann würde im Eiltempo über die Straßen des Imperiums jagen und jeden in schiere Ehrfurcht versetzen. Wie man als Händler ein solche Vermögen erwirtschaften könnte, wusste Marsus selbstverständlich nicht. Doch darauf kam es auch gar nicht an. Allein der Gedanke an eine solche Zukunft hatte diesen sonst so tristen Tag im Officium mehr als versüßt.


    Noch immer etwas tagträumerisch wandte er sich einem neuen Brief zu.


    Grüße aus Vindonissa!
    Die Straßen im Umland sind gut befahren, die Legion und die Stadtbevölkerung sind in bester Laune. Einzig und allein die keltischen und germanischen Barbaren neigen dazu, sich in für uns, und wohl auch für sie, unverständlichen Wortgefechten anzustacheln. Momentan kann man aber davon ausgehen, dass keine Gefahr von diesem innerbarbarischen Streit ausgeht. Wir sollten es aber nicht zulassen, dass es zu größeren Auseinandersetzungen, vorzugsweise in Tavernen, kommt.


    Vale,
    Marcus Livius Salinator


    "Aha, Kelten und Germanen." Gelangweilt nahm Marsus die Wachstafel und verrichtete seine Arbeit.


    Berichte der Civitates


    Argentoratum
    Geneva
    Borbetomagus - Überfälle auf Händler
    Confluentes
    Augusta Raurica
    Vesontio
    Vindonissa - kleinere Auseinandersetzungen zwischen K. und G.
    Mogontiacum

    Bevor Marsus mit dem Schreiben der Briefe an die Duumvirii begann, überprüfte er noch einmal den Posteingang des Comes. Auch nach einiger Zeit des Suchens konnte er keinen Bericht finden. Es schien, als würde die römische Verwaltung, zumindest hier in der Provinz, nur auf Abruf arbeiteten. Welche Unsummen an Sesterzen man bei den Beamten einsparen könnte, die den größten Teil ihrer Amtszeit mit Weintrinken verbrachten? Da Marsus erstens die Folgen einer beherzten Kritik der imperialen Strukturen kannte, und außerdem gar nicht in der Position war, Kritik an irgendetwas zu üben, hielt er von diesem Gedankenspiel wieder Abstand, obwohl es durchaus reizend war, sich vorzustellen, an welchen Stellen das Geld der Bürger, aber auch das Privatvermögen des Kaisers verschwendet wurde. Nach diesem Abschweifen setzte sich Marsus wieder an seinen Tisch und begann den Musterbrief aufzusetzen. Während er schrieb, sprach er den gerade geschriebenen Text laut mit.



    Salve Duumvir,


    wie du sicher weißt ich wende mich mit einer wichtigen Bitte an dich: Der Comes hat mich damit beauftragt, die monatlichen Berichte der Civitates einzuholen. Da ich die Kompetenz deiner Verwaltung kenne Da ich davon überzeugt bin, dass deine Verwaltung diese wichtige Aufgabe schon erledigt hat, bitte ich dich oder deine Untergebenen, mir diesen Bericht zukommen zu lassen. Falls der Bericht noch nicht angefertigt wurde, wäre es mehr als wünschenswert, wenn dies bald geschehen würde. wäre ich dir sehr verbunden, wenn eine hoffentlich baldige Anfertigung erfolgen würde.


    Vale,
    Scriba Octavius


    Und nun musste er den Text übertragen und die Briefe schreiben.


    Salve Duumvir,


    ich wende mich mit einer wichtigen Bitte an dich: Der Comes hat mich damit beauftragt, die monatlichen Berichte der Civitates einzuholen. Da ich davon überzeugt bin, dass deine Verwaltung diese wichtige Aufgabe schon erledigt hat, bitte ich dich oder deine Untergebenen, mir diesen Bericht zukommen zu lassen. Falls der Bericht noch nicht angefertigt wurde, wäre ich dir sehr verbunden, wenn eine hoffentlich baldige Anfertigung erfolgen würde.


    Vale,
    Scriba Octavius


    "Jetzt müsste nur noch jemand diesen Brief vervielfältigen." Er blickte sich einen Augenblick um und schaute demonstrativ in alle Ecke. "Das muss ich wohl auch machen!" Lachend setzte sich sich der Scriba also daran, die Briefe abzuschreiben. Danach könnte er sie aber auch schon zur Post bringen.

    Als Marsus das Officium erneut betrat hatte sich, was selbstverständlich nicht verwunderlich war, nichts an seinem Arbeitsplatz geändert. So versuchte er, auf kreative Weise etwas Ordnung in das Chaos zu bringen: Er schritt langsam zum Schreibtisch, auf dem beschriebene Wachstafel und Papyrusrollen zu finden waren, hob ihn leicht an und beobachtete wie die Arbeit eines Scriba von mindestens einem Jahr auf dem Boden seines kleinen Arbeitszimmers landete. Selbstverständlich würde er Alles wieder aufheben, doch verschaffte diese Aktion ihm erst einmal Raum zum Arbeiten.


    Mit einem breiten Grinsen setze er sich auf den Stuhl und überblickte den leeren Tisch. Während der Octavier langsam eine Wachstaffel heraus holte, murmelte er erneut leise die Namen der für ihn interessanten Siedlungen. "Argentoratum, Geneva, Borbetomagus...", er macht eine kurze Pause, "...Augusta Vindelicum, Vesontio und Vetera." Ein Kopfschüttel resultierte aus dieser Aufzählung. "Nein, Argentoratum, Geneva, Borbetomagus, Confluentes, Augusta Raurica, Vesontio und Vindonissa." Marsus kratzte sich einen Augenblick an der Nase, ehe er erneut etwas sagte. "Und Mogontiacum!"


    Das wurde nun alles aufgeschrieben.


    Berichte der Civitates


    Argentoratum
    Geneva
    Borbetomagus
    Confluentes
    Augusta Raurica
    Vesontio
    Vindonissa
    Mogontiacum


    "Nicht schlecht: Zum Durchstreichen falls ein Bericht ankommen sollte."


    Jetzt müssten die Berichte nur noch kommen. Doch dafür war der kleine Schreiber ja auch zuständig!

    Bezogen auf die Besuchte antwortete Marsus mit einem simplen "Das ist verständlich." auf die Ausführungen des Comes. Auch die Erklärung zu den Berichten war ausreichend genug, um den jungen Scriba nicht weiter darauf eingehen zu lassen. Als sein Vorgensetzer ihm eine Tabula gab, studierte er diese nur kurz und murmelte die Namen der Städte nach. "Argentoratum, Geneva, Borbetomagus, Confluentes,Augusta Raurica, Vesontio, Vindonissa." Nach einem kurzen Augenblick der Ruhe blickte Marsus wieder zu dem Purgitier. "Danke für deine Ausführungen, Comes." Er stand auf und fuhr sich durch sein pechschwarzes Haar. "Wenn du mir erlaubst, mache ich mich dann an die Arbeit."

    Aufmerksam lauschte er den Anweisungen seines Vorgesetzten. Das alles schien nicht sonderlich schwer zu sein, besonders das Verwalten der Besuche, mit denen der Comes zu kämpfen hatte. Erst als die Sprache auf das Anfordern von Monatsberichten fiel, verzog Marsus sein Gesicht etwas. Er war sich jetzt schon sicher, dass ein großer Teil der Duumviri nicht rechtzeitig antworten würden, vor allem vor dem Hintergrund, dass die Anfrage von einem einfachen Scriba kam. Doch darauf ging er nicht ein.


    "Ich gehe davon aus, dass ich dich grundsätzlich immer fragen muss, ob der Besucher eintreten darf?", sagte er mit einem fragenden Unterton, und fügte noch hinzu: "Und die Duumviri wissen, was ich meine, wenn ich von einem Monatsbericht spreche?

    An
    Marcus Octavius Augustinus Maior
    Casa Octavia
    Roma, Italia



    Salve Onkel,


    nach einer langen und anstrengenden Reise bin ich endlich in Germanien angekommen. Obwohl weder das Land noch die Leute hier den Vorstellungen eines Römers entsprechen, kann man mit aller Deutlichkeit erkennen, dass dieses Land zum Herrschaftsbereich unseres Kaisers gehört. Trotzdem ist es immer wieder erstaunlich, welchen Einfluss Barbaren jenseits der Grenzen hier in Mogontiacum noch immer haben. Besonders die
    Duccier, einer Familie von unzivilisierten Germanen, die es aus irgendeinem Grund geschafft haben, das Bürgerrecht zu erlangen, besitzen große Macht in der Provinz, doch vor allem in Mogontiacum. Es scheint, als ginge hier nichts ohne sie.


    Kommen wir zu meiner beruflichen Zukunft. Wie von der vorgeschlagen, habe ich den Comes der Regio, Lucius Purgitius Maecenas, bezüglich einer Anstellung in der Verwaltung angesprochen. Auch habe ich das von dir angefertigte Empfehlungsschreiben vorgelegt. Trotz einiger Versuche meinerseits, eine höhere Anstellung zu erreichen, schaffte ich es nicht, den Comes davon zu überzeugen, mich nicht als Scriba, sondern in einer höheren Position einzustellen. So bin ich seit kurzer Zeit Scriba der Regio Germania Superior und hoffe, dass ich in dieser Position viele neue Erfahrungen sammeln kann. Denn Sesterzen kann ich bei meiner neuen Arbeit auf keinen Fall sammeln!


    Letztendlich hoffe ich natürlich auch, dass es dir und unserer Familie weiterhin so gut geht. Ich gehe davon aus, dass sich etwas bezüglich deines erneuten Einstiegs in die Verwaltung ergeben hat? Zumindest wünsche ich es dir.


    Vale bene,
    dein Neffe Octavius Marsus


    Sim-Off:

    Überwiesen

    Nachdem der neue Scriba seinen ersten Besuch des neuen Arbeitsplatzes abgeschlossen hatte, betrat er, wie es ihm gesagt wurde, erneut das Officium des Comes.


    "Salve Comes. Ich habe alle Dinge, die ein Scriba für seine Arbeit braucht, in meinem Officium gefunden. Dementsprechend kann ich mit meiner Arbeit sofort beginnen."

    Zum ersten Mal betrat Marsus nun seinen neuen Arbeitsplatz: Das Officium des Scriba Regionalis. Langsam durchfuhren seine Augen den Raum, der zwar größer als erwartet, doch im Vergleich zu den anderen Räumen des Gebäudes noch immer relativ klein war. Auf dem kleinen Tisch, an dem er bald in aller Regelmäßigkeit arbeiteten würde, herrschte ein Durcheinander, das mit Sicherheit darauf schließen ließ, dass der letzte Scriba entweder plötzlich verschwunden war oder ohne Vorwarnung entlassen wurde. Das Arbeitsgerät eines Scriba, Wachstaffeln und Papyrus, konnte er auch erspähen. Zwar war der Großteil des Gefundenen schon beschrieben, doch würde das restliche unbeschriebene Material für den Anfang reichen.


    Nach dieser kurzen Visite seines Arbeitsplatzes, und in der Überzeugung, für den Anfang sei alles in Ordnung, ging der frisch ernannte Scriba zurück zu seinem Vorgesetzten.

    Nun war es geschafft: Er war der neue Scriba der Regio Germania Superior. Zwar war dies kein besonders angesehener, noch gutbezahlter Arbeitsplatz, doch würde es ihm die Möglichkeit geben, erste Erfahrungen in der Verwaltung zu sammeln.


    "Danke, ich werde mich nach der ersten Inspektion meines Arbeitsplatzes wieder bei melden.


    So verließ Octavius Marsus den Comes über die ihm gezeigte Tür und betrat sein neues Officium.

    Er sollte also Scriba werden. Eigentlich hatte er sich erhofft, nicht auf einer solch niedrigen Gehaltsebene zu beginnen, schließlich war die Bezahlung eines Schreibers mehr als miserabel. Jedoch musste Marsus sich eingestehen, dass es wohl illusorisch war, ohne jegliche Erfahrung in einer höheren Position eingestellt zu werden. Etwas geistesabwesend nickte er bei den weiteren Ausführungen seines wohl baldigen Vorgesetzten.


    "Comes, es wäre mir eine Ehre, in die Regionalverwaltung einzutreten und unserem Kaiser sowie dem Imperium zu dienen. Ich bin mir sicher, dass ich dich mit meinem Fleiß, Interesse und Können schnell überzeugen werde."


    Zwar entsprach das gerade Gesagte nicht unbedingt seiner wahren Meinung, doch war mehr als unnötig, dies bei einem Bewerbungsgespräch anklingen zu lassen. So beließ er es bei den üblichen Floskeln.

    Nachdem er sich hingesetzt hatte, wunderte sich Marsus etwas, als der Comes nach seinem Namen fragte. Hatte er es etwa vergessen, sich mit vollem Namen vorzustellen? Es schien so. Ohne weiter auf diese Peinlichkeit einzugehen, beantwortete er die Frage nach seinem Namen klar und eindeutig. "Korrekt. Lucius Octavius Marsus." Danach folgte das wohl übliche Prozedere. Der Comes fragte ihn nach seinen Erfahrungen. Erfahrungen, die er bis jetzt noch nicht gemacht hatte. Also musste er versuchen, seine fehlende Erfahrung bei seinen Erzählungen nicht zu stark zu betonen, um zumindest etwas geeigneter auf seinen Gegenüber zu wirken. Er holte kurz Luft und begann dann zu sprechen. "Nach einem langen Aufenthalt in Griechenland, wo ich einerseits eine grundlegende Bildung erhielt, und mich andererseits von der Lebensweise der Griechen beeindrucken ließ, bin ich erst vor einigen Monaten wieder in der Urbs aeterna gewesen. Nach reiflicher Überlegung war ich zu dem Schluss gekommen, dass ich mein Glück in der Provinz Germania suchen sollte. Nicht nur um selber erfolgreich zu sein, sondern auch um meinem Kaiser fernab der sicheren Stadt Rom zu dienen." Marsus machte eine kurze Pause. "Nun, bezüglich meiner Erfahrungen bin ich offen: Ich habe bisher in keiner Verwaltung gearbeitet. Mein Vater war jedoch in mehreren Stadtverwaltungen angestellt. Dementsprechend ist mir die Verwaltung nicht völlig fremd."