Vestinus folgte dem musternden Blick seiner Cousine und konnte über ihre Gedanken nur rätseln. Er war sich unsicher was sie dachte, allerdings konnte es nichts gutes sein. Als ihr Blick kurz auffällig auf seinen Kinn landete, war es vollkommen um ihn geschehen. Hatte er beim schlafen etwa gesabbert? Wie Peinlich! Er räusperte sich, fuhr mit der Hand zur Tarnung zum Mund und streifte dabei sein äußerst attraktives Kinn. Zum Glück fühlte es sich Trocken an. Es musste also etwas anderes sein.
„Ich habe nicht geschlafen... ich habe mich lediglich... ausgeruht.“
Vestinus konnte nur schlecht lügen, aber diese Blöße wollte er sich nicht geben. Nicht vor seiner „Lieblingscousine“. Jetzt wo er seine hübsche Cousine genauer betrachtete und sein Blick auf die rot-blonden Haare fielen, begannen die Seiten seiner Erinnerungen sich fast von alleine zu füllen. Dieses Biest hatte ihn damals in den Fischteich geschuppst. All seine Freunde waren anwesend und er hört das Gelächter noch heute in seinen Träumen. Damals konnte er noch nicht schwimmen.
Ihm kam ein schrecklicher Gedanke. Wollte seine Cousine ihn etwa umbringen lassen? Der Gedanke war so absurd, dass Vestinus sofort darauf an sprang. Natürlich! Sie kam ihn den Hortus, entdeckte den schlafenden Vestinus und sah ihre Chance gekommen. Sie rief einen verschwiegenen Sklaven zu sich, den sie womöglich die Freiheit versprochen hatte, der die Tat ausführen sollte. Kurz bevor es so weit war, erkannte sie das der Ast womöglich nicht ausreichen würde. Um ihre Spuren zu verwischen und auf eine bessere Möglichkeit zu warten, weckte sie Vestinus. Damit könnte sie auch sein Vertrauen erwecken und ihn in Sicherheit wiegen, bis es so weit war. So muss es gewesen sein!
Zum Glück verdrängte Vestinus diesen Gedanken schnell wieder, aber er würde sie im Auge behalten.
„Centho hat mich gebeten, nach dem Tode meines Vaters, nach Rom zu kommen und hier eine Stelle anzunehmen. Er meinte, du würdest dich freuen...“ Die bitter-süße Ironie in seiner Stimme konnte er sich diesmal wirklich nicht verkneifen. „Und da bin ich, Lieblingscousine Cara.“ Fast, aber nur um sie zu ärgern, hätte er seine Arme weit geöffnet und sie fest an sich gedrückt.
Vestinus wandte sich an Iulia Corona und zwängte sich genau zwischen sie und Cara, so dass Cara nur noch Vestinus seinen Rücken sehen konnte.
„Es wäre wirklich ein Jammer, wenn du dir einen Sonnenbrand einfangen würdest. Bei uns in Capua achten die hübschen Mädchen auch sehr auf ihre schöne Haut. Darf ich mich Vorstellen wie es der Anstand gebührt? Kaeso Iulius Vestinus. Ich bin mir nicht sicher ob wir uns bereits kennen, es ist schon sehr lange her, dass ich Kontakt zur Familie hatte.“
Ein ehrliches und aufrichtiges lächeln ging über seine Lippen, welches allerdings mehr davon herrührte, dass er Cara ins Abseits geschoben hatte.