Beiträge von Shayan

    Es war noch derselbe Tag, der Abend nach dem Kampf. Die Verletzungen, die Shayan davon getragen hatte, waren versorgt worden, die Waffen und die Ausrüstung verstaut, und jetzt war er hier, in der Arena, und vor ihm war ein Hutzelweibchen, das ihn tätowieren sollte. Shayan setzte sich wie geheißen und legte seine Arme auf den leicht erhöhten Klotz, der sich zwischen ihm und der Alten befand, so stumm und gehorsam wie häufig. Aber wirklich wohl fühlte er sich nicht in seiner Haut, und in seinen Augen glomm Misstrauen. Er hatte gehört, was die anderen Gladiatoren von ihr erzählten, hatte gehört, dass sie eine Zauberin sei, und dass sie Magie wirken konnte, mit ihren Zeichnungen. Und das gefiel ihm nicht. Es spielte keine Rolle, dass sie Zauber einweben sollte in die Tätowierungen, die ihm dienlich waren. Er mochte Zauberei nicht. Es war falsch. Würde es nach ihm gehen, würde er darauf verzichten.
    Aber es ging nicht nach ihm, und das war eine Lektion, die er in den vergangenen Monaten gründlich – und in aller Regel recht schmerzhaft – gelernt hatte. Nicht dass ihm das nicht vorher schon klar gewesen wäre, aber es war noch einmal etwas anderes, es ständig und jedes Mal nicht nur vor Augen geführt, sondern regelrecht eingebläut zu bekommen, dass seine Meinung weniger Wert war als der Sand in der Arena. Und so hatte er geschwiegen, als ihm erzählt worden war, dass die Alte, die ihn tätowieren sollte, eine Maga sei, hatte geschwiegen, als sie ihn in die Arena brachten, und schwieg auch jetzt, als er die Alte sah und sich bei ihrem Anblick durchaus vorstellen konnte, dass sie Zauberkräfte hatte. Er streckte einfach seine Arme aus und ließ sie machen, während um ihn herum die anderen saßen – seine Brüder, das waren sie wohl nun... Oder würden es sein, von dem Moment an, in dem er den Eid gesagt hatte. Und dass er das tun würde, stand mittlerweile außer Frage. Wenn er zurückdachte an sein erstes Gespräch mit dem Juden, an das, was er gefragt, was er ihm gesagt hatte, was ihm damals wichtig gewesen war... dann konnte er inzwischen nur noch müde lächeln. Es war naiv gewesen zu glauben, ein Leben als Sklave in Rom ließe ihm tatsächlich annehmbare Möglichkeiten. Natürlich hatte er eine Wahl – aber es war die Wahl zwischen verschiedenen, kleineren und größeren Übeln. Er konnte nicht darauf hoffen, sich seine Ehre so zu bewahren, wie er noch vor Monaten überzeugt gewesen war. Er hatte ja jetzt schon einen Teil davon aufgegeben – er sagte nur noch selten etwas, wenn die Doctores in seinen Augen zu weit gingen, und bei der Flavia sagte er gar nichts mehr, zog das doch nicht für ihn, sondern häufig auch für den Konsequenzen nach sich, den er eigentlich schützen wollte. Entsprechend aber war ein Leben als Gladiator deutlich besser als alles, was ihn bei der Flavia erwartete. Er hatte keine Angst vor dem Zorn seiner Herrin, und vor der Bestrafung, die ihm blühen würde, wenn er sich nun weigern würde, den Eid zu leisten. Aber es widerstrebte ihm, noch mehr Zeit in ihrer Gesellschaft zu verbringen. Noch öfter ihre Launen aushalten zu müssen. Noch häufiger als ihr ausführender Arm herhalten zu müssen, wenn sie Strafen verhing. Nein, es war weit besser, Gladiator zu sein. Er konnte kämpfen, hier. Er konnte kämpfen, und sich im Übrigen einfach zurückhalten... was nicht ideal war, nicht für ihn, aber immer noch besser als das, was in der Villa Aurelia von ihm verlangt wurde. Wenn er gut genug war, würde die Flavia ihn vielleicht sogar noch häufiger hierher kommen lassen. Vielleicht sogar ganz hierher bringen, wenn sie eine Chance sah, dass er sich noch einen Namen machen konnte in den Arenen.


    Das allerdings lag in der Zukunft, und im Moment saß er hier, in der Arena, die ihm so vertraut geworden war in den letzten Monaten, und als die Alte anfing mit ihrer Arbeit, hatte der Parther schon bald anderes im Sinn als sich Gedanken über seine Zukunft zu machen. Der Schmerz, der durch das Stechen entstand, war nicht wirklich schlimm. Aber er war störend, er war penetrant, und er breitete sich kontinuierlich aus, je mehr Fläche die Alte mit ihren Stichen und der Tinte bedeckte. Shayan presste die Kiefer aufeinander und rührte sich nicht, wandte sich nur seiner mittlerweile bewährten Taktik zu und zählte die Stiche, um sich abzulenken, während die Alte stach und stach und stach, die Gladiatoren sich irgendwie beschäftigten, und es um sie herum immer dunkler wurde, als die Nacht heraufzog. Bis die Frau sich schließlich aufrichtete – so weit das ihr Rücken zuließ –, die Nadeln fortlegte und nickte zum Zeichen, dass sie fertig war.

    Im Stillen dankte Shayan seinem Gott dafür, dass die Flavia nicht auf die Idee gekommen war, ihn in einer der Gladiatorengattungen ausbilden zu lassen, die eine schwerere Rüstung und ein Schild erforderten. Er mochte die Bewegungsfreiheit, die ihm dadurch blieb, nicht gegen den größeren Schutz tauschen, den Rüstung und Schild boten. Dazu kam, dass er ganz sicher Konditionsschwierigkeiten bekommen hätte. Er war nicht so groß wie sein Gegner, und er war auch kein solches Kraftpaket wie er – und an den Thraker hier oder andere Gladiatoren wie ihn würde der Parther wohl auch niemals heranreichen, egal wie viel er auch trainieren mochte. Und je erschöpfter auch er in diesem Kampf nun wurde, je mehr er spürte, wie seine Bewegungen etwas langsamer wurden, seine Reaktionen ein wenig verspäteter einsetzten, desto dankbarer war er dem Umstand, dass er nur so wenig Rüstung mit sich herumschleppen musste.
    Es ließ sich nicht verhindern, dass auch er den ein oder anderen Treffer abbekam. Aber er war immer schnell genug, um einen schwerere Wunde zu vermeiden, und im Eifer des Gefechts waren diese gering genug, dass er sie kaum beachtete, sondern weiter kämpfte, weiter, weiter. Bis der andere schließlich aufgab. Beinahe gleichzeitig mit der Hand an seinem Arm, die ihm Einhalt gebot, brach Shayan den Angriff ab, den er gerade gestartet hatte, als er sah dass der Thraker Waffe und Schild fallen ließ.


    Erst jetzt, als der Kampf vorbei war, begann langsam der Rest der Welt, den er zuvor völlig ausgeblendet hatte, wieder vehement seine Aufmerksamkeit zu fordern. Er nahm die Hand auf seinem Arm wahr, hörte die Leute rund um die Arena brüllen, spürte nach und nach jeden Kratzer, jede Prellung, die er davon getragen hatte in diesem Kampf – ebenso wie die Erschöpfung, die sich nun erst so wirklich breitzumachen begann. Und das Gefühl des Sieges. Wie der Nubier gesagt hatte, kam es einem Rausch gleich, einem Rausch, der ähnlich jenem war, den er in Schlachten verspürt hatte – und doch zugleich so anders, wie er nur sein konnte. Shayan konnte den Unterschied nicht einmal genau benennen. Da war der Triumph, der Stolz, die Leistung… Was fehlte, war das Gemeinschaftsgefühl. Was im Gegenzug hinzukam, war ein Gefühl von… Einzigartigkeit. Diesen Kampf hier hatte er geschlagen, er allein, ohne Hilfe, ohne Unterstützung. Und das war… auf eine ihm unbekannte Art berauschend.


    Er ließ seine Schwerter sinken, blieb stehen, wo er war, und wartete das Urteil ab. Es dauerte nicht lange, bis klar wurde, was die Menge wollte. Sie riefen den Namen seines Gegners, forderten lautstark, dass er leben sollte, und Shayan hatte das Gefühl, dass die kleine Arena vibrierte im Takt des Lärms, der eine gewisse Rhythmik entwickelte. Unwillkürlich schoss die Frage durch seinen Kopf, ob die Menschen auch für ihn so gestimmt hätten, würde er anstelle seines Gegners im Sand knien. Es war müßig, darüber zu spekulieren, das wusste er – zugleich konnte er sich aber nicht des Gedankens erwehren, dass es die Stimmung doch um einiges geteilter gewesen wäre. Nicht nur, weil der Thraker hier ganz offensichtlich nicht unbekannt und schon gar nicht unbeliebt war, sondern auch, weil er publikumswirksamer gekämpft hatte. Ab dem Zeitpunkt, ab dem Shayan die Arena betreten hatte, hatte er sich nicht mehr um die Zuschauer geschert, sondern sich nur noch auf den Kampf konzentriert – jetzt, im Nachhinein, fiel ihm auf, dass das bei seinem Gegner nicht ganz so der Fall gewesen war. Der Thraker war keinesfalls unkonzentriert gewesen, und er hatte auch keinen reinen Schaukampf inszeniert, der nur darauf zielte, dem Publikum etwas zu bieten. Aber er hatte immer wieder Bewegungen eingebaut, die spektakulär waren.
    Der Parther blieb, wo er war, bis sein Gegner an ihm vorbei ging, und als dieser etwas zu sagen schien, was Shayan nur halb verstand, neigte er leicht den Kopf in einer anerkennenden Geste. Nach wie vor wortlos drehte er sich dann um und ging zu dem Doctor und dem Nubier zurück. Noch bevor er die beiden wirklich erreicht hatte, ergriff letzterer das Wort, und der Parther verharrte kurz mitten im Schritt und warf einen Blick zurück in die Arena, zu den Leuten, die immer noch riefen, zu dem aufgewühlten, teils rot befleckten Sand – und dann nach unten auf seine Schwerter, deren Klingen ebenfalls rötlich glänzten. Der Augenblick nahm nur eine winzige Zeitspanne ein, bevor der Parther wieder zurücksah und ebenfalls nickte. „Vielleicht“, antwortete er – und trotz der Tatsache, dass der Nubier keine explizite Frage gestellt hatte –, in seiner typischen ruhigen Art, die keinen Triumph durchschimmern ließ. Er überwand auch die letzten Schritte zu den beiden, und nachdem er seine Rüstung abgelegt hatte, machten sie sich wieder auf den Weg in den Ludus Dacicus.

    Shayan war nicht unbedingt das, was man als klein hätte bezeichnen können. Aber gegen den Thraker wirkte er klein – und beinahe schmächtig. Die größere Wendigkeit, die ihm dadurch gegeben war, wirkte sich aber nur bedingt zu einem Vorteil für ihn aus, weil sein Gegner vielleicht nicht ganz so schnell sein mochte wie er, aber bei all seiner Masse dennoch nicht schwerfällig war. Dazu kam, dass der Mann sich nicht aus seiner Deckung locken ließ, sondern sich die meiste Zeit lieber hinter seinem Schild versteckte, und so betrachtet war es kein Wunder, dass der Nubier gesagt hatte, dieser Gegner ließe sich nicht müde machen. Wie auch, wenn er sich nur so wenig wie möglich bewegte, auf keine Herausforderung, keine Provokation – wortlos, mit blanken Klingen ausgeführt statt mit der Zunge, denn Shayan kämpfte ohne einen Laut von sich zu geben – einging.
    Dieser Kampfstil, der ganze Kampf, stellte den Parther allerdings vor ein kleines Problem: eigentlich gehörte er selbst eher zu jenen, die abwarteten, die einen Gegner kommen ließen, die nicht allzu sehr in die Offensive gingen. Im Lauf des Trainings hatte er, durchaus auf die harte Art, bereits gelernt, dass das als Dimachaerus nicht wirklich die beste Taktik war. Er hatte keinen Schild, hinter dem er sich verstecken konnte, keine schwere Rüstung, die ihn schützte, und Klingen, die kleiner waren als die seiner üblichen Gegner – die des Thrakers, um nur ein Beispiel zu nennen. Und nun stand er auch noch einem Gegner gegenüber, der ihm bislang keine Blöße geboten hatte, und sich auch nicht dazu bringen ließ, eine zu bieten.


    Der Kampf ging weiter, wogte hin und her und wurde nach und nach schneller, so dass dem Publikum auch mehr geboten wurde, aber nichts schien den Brocken dazu bringen zu können, Shayan mehr Angriffsfläche zu bieten – umgekehrt gedachte auch der Parther nicht, sich allzu ernsthaft in Gefahr zu begeben, solange er nicht wenigstens die Aussicht darauf hatte, einen guten Treffer zu landen, weshalb er zwar weiterhin Angriffe ausführte, aber leichtfüßig auswich, wann immer der Thraker ihm zu nahe zu kommen drohte. Versuch nicht, ihn müde zu kriegen, eher fällst du um, echote es dabei jedoch in seinem Kopf… und Shayan war bewusst, dass er so nicht weiter machen konnte. Sein Gegner war zu massig, zu trainiert und zu gut darin, sich so wenig wie nötig zu bewegen, als dass tatsächlich eine Chance bestünde, ihm würde vor dem Parther die Luft ausgehen.
    Das war der Moment, in dem Shayan beschloss, den zweiten Rat des Nubiers zu versuchen. In einem schön ausgeführten Bogen führte er seine Waffen von oben an den Thraker heran – und wurde, wie erwartet, wie bei sämtlichen Attacken zuvor, von seinem Gegner abgeblockt. Und beinahe zeitgleich kam das, was der Nubier vorhergesagt hatte: während er mit dem Schild Shayans Angriff blockte, führte der Gladiator mit seinem Schwert eine Attacke auf die Beine des Parthers durch. Und Shayan nutzte die Chance, die sich bot. Er löste die Klingen von dem Schild, wich dem Angriff des Thrakers aus und brachte seine Waffen noch in der gleichen Bewegung in einem doppelten Schlag nach unten, um die Lücke auf der linken Seite seines Gegners zu nutzen – und dieser schaffte es tatsächlich nicht, Schild oder Schwert schnell genug zur Verteidigung herumzureißen. Die Waffen trafen, diesmal nicht auf Schwert oder Schild, sondern seinen Gegner, und als der Parther sie zurückzog, schimmerten die Klingen rot. Und von diesem Moment an schlug der Kampf zu seinen Gunsten um. Die Verwundung des Thrakers verschaffte ihm den Vorteil, den er gebraucht hatte, um seinen Gegner mürbe machen zu können – und er nutzte ihn. Er verlagerte seine Attacken mehr und mehr nach rechts, um so die Schwäche seines Gegners ausnutzen zu können, bewegte sich – mit zunehmender Erschöpfung immer weniger leichtfüßig, aber immer noch wendiger als sein Gegner – immer so, dass der andere sein verletztes Bein mehr belasten musste, wenn er sich mitdrehen wollte, und traktierte ihn verstärkt mit Angriffen – bis, schließlich, der Kampf sein Ende fand, als der andere aufgab, und beide Gladiatoren darauf warteten, ob es nun Leben oder Tod hieß für den Unterlegenen.

    Shayan ließ sich dabei helfen, den Rest seiner Rüstung festzuzurren, als der Nubier plötzlich noch einmal das Wort ergriff, in einem reichlich lockeren Tonfall, als würden sie sich über das Wetter unterhalten. Er lauschte aufmerksam, seine Miene indes blieb dabei unbewegt, verriet nichts von dem, was er dachte. Nur sein Blick wanderte hin und wieder zu dem Gladiator hinüber, der gleich sein Gegner sein würde. Und für einen Augenblick fragte er sich, was der Nubier damit bezweckte, dass er ihm einen Tipp gab. Gut, der andere gehörte zu jenen Gladiatoren, die sich im Ludus zurückhielten, wenn es darum ging, die Neuen, die Anfänger, die Schwachen zu piesacken. Allerdings hatte sich bisher kein einziger damit hervor getan, sonderlich hilfreich zu sein, oder Tipps zu geben. Der Parther wollte sich durchaus keinen – keinen fairen, hieß das – Vorteil entgehen lassen, den er kriegen konnte, und zuvor etwas über die Kampfweise des Gegners zu erfahren, zählte zu dieser Kategorie. Aber er hatte auch nicht vor, einfach blind auf etwas zu vertrauen, was ihm gesagt wurde. Im Ludus herrschte keine Atmosphäre des Vertrauens. Die anderen Gladiatoren mochten eines Tages zu Brüdern werden, aber das hieß nicht notwendigerweise, dass sie Freunde waren – schon gar nicht jetzt schon, wo er noch nicht wirklich dazu gehörte. Dass der Nubier ihn allerdings absichtlich auflaufen ließ, noch dazu mit dem Doctor als Zeugen, wollte Shayan auch nicht so ganz logisch erscheinen.


    Nun, groß genug war sein Gegner allemal, dass er nicht so leicht müde zu bekommen war, und was die Sache mit dem hohen Angriff anging: das würde Shayan ja erleben, sobald er das erste Mal einen ausführte. Er nickte dem anderen Gladiator nur zu zum Zeichen, dass er ihn verstanden hatte, sagte aber nichts mehr, sondern setzte sich im Anschluss in Bewegung, mit ruhigen Schritten, bis er seinem Gegner gegenüber stand, der bereits wartete. Nach dem Los des Schiedsrichters allerdings war es der Parther, der zunächst abwartete. Die Worte des Nubiers klangen ihm zwar noch in den Ohren – aber alte Gewohnheiten ließen sich schwer ablegen. Shayan war Zeit seines Soldatenlebens Bogenschütze gewesen. Der direkte Zweikampf war nichts, worin einer von ihnen idealerweise verwickelt werden sollte, und wenn es doch geschah, dann lag ihr Heil selten im Angriff. Beobachten, abschätzen, warten, bis der Gegner seine Macken verriet oder gar einen Fehler beging – und dann zuschlagen, das war, was er gelernt hatte. Davon abgesehen hieß Zurückhaltung zu Beginn eines Kampfes ja nicht, dass er vorhatte seinen Gegner müde zu machen, indem er ihm zunächst das Angreifen überließ. Der Parther wartete also, geduldig, spiegelte die Bewegungen seines Gegners, wenn dieser ihn umkreisen wollte, testete selbst aus, wie der Thraker reagierte, wenn er sich mal nach hier, mal nach da bewegte. Schon bald hatten sie einige kleinere Schlagabtäusche hinter sich, klirrend hell, wenn die Klingen aufeinander trafen, dumpf, wenn eines von seinen Schwertern auf das Schild des anderen prallte. Vor allem anderen merkte Shayan in diesen ersten Momenten des Kampfes eines: all das harte Training, die endlosen Wiederholungen, der schier unmenschliche Drill hatten sich gelohnt. Der Kampfstil mit leichter Rüstung und zwei Schwertern lag ihm, weit besser als der eines Thrakers beispielsweise, aber das war ihm schon vorher klar gewesen. Nun allerdings fühlte er sich, als hätte er nie etwas anderes getan, als wären die zwei Klingen nur eine Verlängerung seiner Arme, keine von ihm getrennten Gegenstände. Und dieser Effekt war etwas, das neu für ihn war. Beim Bogenschießen hatte er immer sofort gemerkt, wenn er besser wurde im Training, nicht nur wenn er zielgenauer traf, auch wenn er größere Bogen zu spannen lernte oder den Takt und die Frequenz seiner Schüsse erhöhen konnte. Selbst bei strikt vorgegebenen Übungen, die sich immer wieder wiederholten, immer wieder die gleiche Bewegung forderten, war das irgendwann zu merken. Beim Schwerttraining hatte er zwar gemerkt, dass seine Bewegungsabläufe flüssiger und geschmeidiger wurden. Aber wie sehr sie sich eingebrannt hatten in seine Muskeln, dass er sie ohne nachzudenken abrufen konnte, dass sein Körper wie von selbst reagierte, das war etwas, was bei vorgegebenen Übungen – gleich ob gegen einen Pfahl oder gegen echten Gegner – nicht zeigte. Nicht ihm jedenfalls, der bislang noch wenig Erfahrung im Schwertkampf aufzuweisen hatte. Dieser Effekt, der sich nun bei ihm einstellte, erstaunte ihn also durchaus ein wenig – und zugleich freute es ihn auch. Er hatte nicht geglaubt, sich mit den Schwertern wirklich anfreunden zu können, und nun das Gegenteil festzustellen, versöhnte ihn für den Moment ein wenig mit allem, womit er in letzter Zeit gehadert hatte. Das hier war das, wofür er gemacht war. Er war Parther und würde es immer bleiben, daran änderte auch seine Ergebenheit in sein Schicksal nichts, und er würde einiges geben, könnte er wieder in seinem Heer kämpfen – aber dass er überhaupt wieder die Gelegenheit hatte zu kämpfen, wo er nun als Sklave in Rom gestrandet war, hatte er bis vor kurzem nicht zu hoffen gewagt.


    Wieder klirrten Klingen aneinander, und nun begann Shayan, das Tempo ein wenig anzuziehen, immer weiter austestend, welche Schwachstellen sein Gegner haben mochte. Er ging häufiger in die Offensive, mit dem Ziel, ihm Konter um Konter aufzuzwingen, um ihm keine Gelegenheit mehr zu einem eigenen Angriff zu bieten, teils bedingt durch den Ratschlag des Nubiers, nicht zu versuchen, den anderen müde zu machen – was für Shayan bedeutete, dass er eher auf ein schnelles Ende des Kampfes drängen sollte, bevor ihn selbst die Kraft verließ. Und dann war da noch der zweite Rat, den er zumindest auszutesten gedachte – wie in eben diesem Moment, als eine seiner Klingen einen blitzenden Bogen in der Luft beschrieb und von oben auf den Thraker niedersauste.

    Shayan erwiderte den Blick des Nubiers, musterte ihn, während dieser sprach, vermochte aber nicht wirklich zu sagen, was der andere wohl denken mochte. Er lächelte, aber die Art wie er es tat ließ keinen Aufschluss überdahinter liegende Motive zu.
    Was der Nubier ihm allerdings sagte, ließ in dem Parther kurzfristig ein Gefühl der Verwunderung aufsteigen. Was er nun beschrieb, was er dem Gefühl der Anspannung zuschrieb, war etwas, das Shayan eher mit dem Begriff der Aufregung verbunden hatte, nach der der Nubier ihn gefragt hatte. Aber sein Latein war nach wie vor nicht das Beste. Er hatte zwar durchaus ein paar Fortschritte gemacht, diese aber vornehmlich was das Verstehen betraf, und es gab immer noch genug Begriffe und Wendungen, die er nicht kannte oder falsch verstand – und noch deutlich mehr, die ihm beim Sprechen fehlten, von seinem parthischen Akzent gar nicht zu reden. Die beständige Schweigsamkeit tat ihr Übriges dazu zu verhindern, dass Shayan in letztem Bereich irgendwelche Fortschritte gemacht hätte. Er musste den Nubier falsch verstanden haben, denn das, was seinen Körper zittern und verkrampfen ließ, spürte er nicht, hatte er schon lange nicht mehr gespürt. Man überlebte nicht lange als Soldat, war man langsam oder abgelenkt, wie der Nubier es formulierte. Der Zustand, der sich seiner nach und nach bemächtigte, war jener wache, aufmerksame Zustand, der ihn kampfbereit machte und Höchstleistung bringen ließ.


    Aber er sagte nichts. Es war müßig, diesen Irrtum aufzuklären, meinten sie doch offensichtlich dasselbe. Ganz davon abgesehen, dass der Nubier gar keine Antwort erwartete, sondern weiter sprach. Gehorsam sah er zu dem Geschehen in der Arena hinüber, auf das der Primus Palus wies, und beobachtete für einige Momente, wie der Gladiator den Burschen durch die Arena hüpfen ließ, bis die Menge irgendwann genug hatte von dem Spiel. Reglos sah er dabei zu, wie der Junge die Klinge zu spüren bekam, wie er erschlaffte, seine Waffe fallen ließ und gleich darauf von dem Gladiator fallen gelassen wurde, der ihn Augenblicke lang gehalten hatte. Der Tod war nichts, worüber Shayan allzu intensiv nachdachte. Der Tod mochte unausweichlich sein, und nichts, was zu fürchten war, das stimmte wohl – aber das änderte nichts daran, dass Menschen leben wollten, so lange es ihnen möglich war. Die meisten jedenfalls. Und Shayan bildete da keine Ausnahme. Wenn er tatsächlich darüber nachdachte, fiel es ihm immer noch schwer, bei jenen Sterbe-Übungen einfach nur stillzuhalten, sich nicht zu wehren, obwohl er in der Lage dazu wäre. Auch wenn er sich mittlerweile gut genug unter Kontrolle hatte, um selbst dann nicht mehr zu zucken, wenn er diesen Gedanken zuließ – was er meistens ohnehin nicht tat. Er hatte sich antrainiert, in diesen Momenten einfach an gar nichts zu denken, und das gelang ihm inzwischen recht gut.
    Dennoch hatte der Nubier auch hier Recht. Dieser Junge lieferte hier eine erbärmliche Vorstellung, und vertat damit seine letzte Chance, sich als Mann zu erweisen und sein Schicksal mit Fassung zu ertragen – und seinen Göttern damit zu gefallen. Shayan wandte ihm seinen Blick wieder zu, als der Mann immer noch weiter sprach, weiter erzählte, nun vom Kampf in der Arena, von dem Gefühl, das sich einstellte bei dem, der kämpfte, der überlebte, der siegte. Und das nun war etwas, das er nicht kannte. Nie kennen gelernt hatte. Er war kampferprobt, aber nicht in einer Arena, und das war ihm immer irgendwie bewusst. Wieder wanderte sein Blick zu dem Jungen, der nun weggeschleift wurde, und der im Grunde Glück gehabt hatte – Glück, dass ihm ein schneller Tod gewährt gewesen war. Und das war auch der Vorteil der Gladiatoren. Es gab kein langsames Sterben in der Arena. Gladiatoren verreckten nicht elendig. Sie wurden im Kampf getötet, oder nach dem Kampf durch einen schnellen, sauberen Stich, aber sie wurden nicht schwer oder tödlich verletzt irgendwo liegen gelassen, oder kamen in Lazarette, in denen man sich unter Umständen mehr schlecht als recht um sie kümmern konnte.


    Shayan begegnete wieder dem Blick des Nubiers bei dessen letzten Worten. Was sollte er schon auf das sagen, was der andere ihm erzählt hatte? Er konnte zustimmen. Er konnte auflisten, was er anders sah. Er konnte das Missverständnis von Beginn aufklären. Aber letztlich hatte das alles wenig Sinn, fand er. Der andere war weit erfahrener als Gladiator denn er, und das war etwas, was Shayan respektierte – und er hatte ihn teilhaben lassen an seinem Wissen, seiner Meinung. Einen Augenblick sah er ihn einfach nur schweigend an, dann zeigte sich auch auf seinem Gesicht ein flüchtiges Lächeln. „Danke“, war das einzige, was er schließlich schlicht sagte, bevor der Doctor schon wieder herkam und erneut auf den Parther einredete. Ein weiteres Nicken, als dieser zum Ende gekommen war, dann war Shayan auch schon aus dem Käfig heraus und tat, wie ihm geheißen. Er ging die Runde, und er winkte sogar, obwohl er sich dabei dann doch ein wenig… nun ja, dämlich vorkam. Er sah in die Menge, sah die Gesichter, die zu einer Masse zu verschwimmen schienen, die teils johlten, teils buhten, als Reaktion auf irgendetwas, was angekündigt wurde, worauf Shayan aber nicht achtete. Ein Gruß zur Menge, ein weiterer zu dem Mann, den der Doctor ihm gezeigt hatte, und dann war er auch schien wieder zurück, wo er gerüstet wurde. Die Bewegungen waren fließend, waren oft genug ausgeführt worden, dass sie wie von selbst vonstatten gingen. Bis er die Schwerter in die Hand bekam. Sein erster Eindruck war gelinde Überraschung – darüber, wie leicht sie waren. Seit seinem ersten Übungskampf im Ludus, jenen zur Probe, ob er überhaupt angenommen werden würde zum Training, hatte er keine scharfen Waffen mehr in der Hand gehabt, hatte nur mit den Holzschwertern geübt – und diese waren deutlich schwerer. Probeweise ließ er die Klingen kreisen, locker aus dem Handgelenk heraus, einmal die rechte, einmal die linke, darauf achtend, dass er um sich genug Spielraum hatte, um niemanden zu treffen, während unterdessen der andere Kämpfer die Arena betrat und seine Runde machte wie Shayan zuvor.

    Die Zeit verging, während Shayan seine Tage damit verbrachte, entweder im Ludus zu trainieren oder der Flavia als annähernd ständige Begleitung zur Verfügung zu stehen – und als eine Art Mädchen für alles. Hatte sie ihn am Anfang noch testen wollen, schien es ihr inzwischen zur Gewohnheit geworden zu sein, den Parther mit den verschiedensten Dingen zu beauftragen. Sie befahl ihm keine Arbeit, die die gewöhnlichen Haussklaven erledigen konnten – aber wenn sie etwas brauchte, wenn sie etwas erledigt haben wollte, was über dem Putzen von Böden, Wechseln von Wäsche oder Bringen von Getränken rangierte, war es mittlerweile häufig er, den sie beauftragte. Ihm war nur nicht so ganz klar, ob sie da tatsächlich einen bewussten Unterschied machte – ob sie wirklich ihn auswählte, vielleicht weil sie sich an ihn gewöhnen und ihn an sie binden wollte, in irgendeiner Form, war er doch nach wie vor als ihr Leibwächter ausersehen; oder ob sie gar nicht darüber nachdachte, sondern einfach immer nur irgendeinen Sklaven wählte aus jenen, der am zuverlässigsten und schnellsten ihre Wünsche erfüllte.
    Es schien also, dass seine Herrin ihn inzwischen in den... nun... inneren Kreis gelassen hatte, sofern man das so bezeichnen konnte, denn sie behandelte diese Sklaven nicht wirklich besser als alle anderen. Dass sie – verhältnismäßig wenigstens – weniger Ärger bekamen, lag nur daran, dass sie weniger Fehler machten, und dass sie die Flavia gut genug kannten, um zu wissen, wann sie sich aus der Gefahrenzone begeben mussten, sofern sie die Gelegenheit dazu hatten. Und genau das war der Knackpunkt, denn die, die sie am häufigsten um sich haben wollte, konnten selten flüchten, wenn die Flavia wieder eine ihrer Launen hatte. Häufig blieb dann nur zu hoffen, dass irgendjemand dazu kam, kein Sklave, sondern ein Aurelier, vorzugsweise ihr Mann. Die Anwesenheit eines anderen Römers war die effektivste Methode, die Flavia dazu zu bringen, sich zusammenzureißen – und das wiederum konnte sie in solchen Situationen verblüffend schnell und gut, so gut, dass Shayan sich manchmal fragte, warum um alles in der Welt sie das nicht immer machte. Es würde nicht nur die Nerven der Anwesenden schonen, sondern auch ihre eigenen, fand er. Aber sie schien Spaß daran zu haben, ihren Launen freien Lauf zu lassen, wenn es keine unliebsamen Zeugen dafür gab.
    So oder so: er gehörte nun offenbar zu dem Kreis Sklaven, der ihr am nächsten stand. Dennoch hieß das nicht, dass sie seiner Loyalität oder Eignung völlig vertraute. Obwohl sie ihn ständig mitnahm, war er nach wie vor noch nicht ihr Leibwächter. Die Villa verlassen durfte er zwar inzwischen, aber das nur in Begleitung. Und mit ihm zu reden, wenn sie nicht gerade etwas befahl, oder gar über irgendetwas zu informieren, hielt sie ohnehin nicht für nötig. So war es dann auch nicht sie oder einer ihrer übrigen Sklaven – über deren Loyalität es keinen Zweifel gab – gewesen, sondern einer der Angestellten des Ludus, der ihn darüber informiert hatte, dass sein erster öffentlicher Kampf bevorstand. Und Shayan wusste, was das hieß. Die Neuen wurden nicht einfach so zur Probe in die Arena geschickt. Der erste öffentliche Kampf wurde für einen von ihnen nur dann angesetzt, wenn die Doctores und der Lanista den betreffenden Kämpfer für tauglich hielten, den Status des Neulings hinter sich zu lassen und als Gladiator aufgenommen zu werden. Alles was dann noch zu tun blieb, war, diesen ersten Kampf zur Zufriedenheit des Doctors zu meistern.


    Shayan lehnte locker gegen die Stäbe des Käfigs, der ihn umgab, seit sie den Ludus verlassen hatten. Er verstand zwar nicht wirklich, warum der Käfig nötig war, aber er betrat ihn widerspruchslos und so stumm wie stets. Wenn er eines hier gelernt hatte, dann das: was der Lanista und die Doctores anordneten, geschah. Mal auf die angenehme Art, mal auf die weniger angenehme, je nach Reaktion der Gladiatoren – aber es geschah.
    Den Weg hierher, zu der kleinen Arena, in der er seinen ersten Kampf haben sollte, hatte er dazu genutzt, seine Muskeln zu lockern und zu dehnen, so gut es möglich war in dem Käfig. Als sie die Arena erreichten und in die Menge eintauchten, hörte er auf damit, lehnte sich nur gegen die Stäbe und ließ seinen Blick ohne Gefühlsregung über die Menschen schweifen, während er den Tumult um sich herum ausblendete. Das Interesse der Leute richtete sich ohnehin nicht auf ihn, ganz im Gegensatz zu dem Nubier, der als Begleitung mitgekommen war. Was es für Shayan leichter machte, den Lärm einfach zu ignorieren.
    Erst, als der Doctor ihn sich noch einmal vorknöpfte, sammelte Shayan seine Aufmerksamkeit und konzentrierte sich auf seinen Trainer, der ihm ein letztes Mal einbläute, worauf er zu achten hatte – und dass er, natürlich, zu gewinnen hatte. Was sonst. Der Parther nickte nur auf die Anweisungen hin. Er war ohnehin nie geschwätzig gewesen, aber das konstant geforderte Schweigen hier – nicht nur im Ludus, auch bei der Flavia, die ungefragte Äußerungen von Sklaven ebenso wenig schätzte wie die Doctores – war ihm mittlerweile so sehr in Fleisch und Blut übergegangen wie die endlos wiederholten Übungen. So hörte er dem Doctor nur aufmerksam zu, sah ihn dabei an, damit auch klar war, dass er aufpasste – und nickte schweigend.
    Einen Moment lang sah er dem Mann noch nach, als dieser dann verschwand, und wollte dann schon wieder seine Aufmerksamkeit schweifen lassen in den letzten Augenblicken vor dem Kampf, der ihm bevorstand, als der Nubier ihn ansprach. Shayan sah ihn an. Dass dieser Gladiator mit ihm sprach, war eine Premiere. Es gab einige, die die Neuen immer mal wieder anredeten, in der Regel um sie zu verspotten – der Nubier gehörte nicht dazu. Er hatte so etwas vermutlich auch gar nicht nötig, besah man sich seinen Status, sein Aussehen, sein Können. Er war eines der Zugtiere des Ludus, einer der Publikumsmagneten, einer von denen, die die größtmögliche Freiheit hatten, die ein Gladiator haben konnte. Warum ausgerechnet er mitgekommen war, wusste Shayan nicht zu sagen.
    Über die Frage musste der Parther nicht lange nachdenken, dennoch ließ er seinen Blick kurz zur Arena hinüber schweifen, wo der Junge immer noch versuchte, dem Gladiator auszuweichen, was immer lauter werdende Buhrufe des Publikums hervorrief. „Nein“, antwortete er dann. Er spürte eine zunehmende Anspannung in sich, jene Anspannung, die er auch immer vor einer Schlacht gespürt hatte – das Kribbeln, das durch die Glieder lief, die alarmierte Aufmerksamkeit, die alles einnahm und die, wenn man nicht aufpasste, vor dem Kampf zu viel Energie verbrauchte. Shayan hatte sich immer bewusst bemüht, diese Phase vor einer Schlacht so lange wie möglich hinauszuzögern, hatte versucht, sich zu entspannen, sich abzulenken, um seine Reserven zu schonen. Im Grunde war es genau das, was er auch jetzt tat, wenn er den Lärm weitestgehend ignorierte. Aber Aufregung? Das war ein Gefühl, das im Lauf der Kämpfe und Schlachten, an denen er teilgenommen hatte, zunehmend geringer geworden war, bis es schließlich gänzlich der Spannung Platz gemacht hatte.
    Sicher war diese Form von Kampf neu für ihn – aber er hatte dem römischen Heer gegenüber gestanden, mehr als einmal, und so sehr das Training im Ludus jenes bei der Armee, das keineswegs leicht gewesen war, in den Schatten stellen mochte, so sehr übertraf umgekehrt das Wissen um eine bevorstehende Schlacht, das Erleben eines Kriegs das, was ein Zweikampf wie dieser hier bedeutete. Davon abgesehen lag sein Leben ohnehin in den Händen Ahura Mazdas. An ihm lag es nur, sein Bestes zu zeigen. „Angespannt“, fügte er noch hinzu. „Aber nicht aufgeregt.“

    Tage vergingen und reihten sich zu Wochen. Shayan kam es manchmal so vor, als ob er zwei Leben hätte, eines außerhalb des Ludus, eines innerhalb davon. Und wo dasjenige innerhalb stetig in den gleichen Bahnen verlief, ohne dass sich etwas Wesentliches änderte, traf das auf das Leben außerhalb dieser Mauern nur bedingt zu. War er zunächst einfach nur ein Sklave gewesen, der die Arbeiten erledigte, die ihm aufgetragen wurden, hatte die Flavia ihn mehr und mehr für sich persönlich eingenommen. Dass sie ihn als ihren Custos Corporis wollte, war ihm recht bald gesagt worden, dass er seine Vertrauenswürdigkeit, seine Loyalität würde beweisen müssen, ebenso, und auch dass er dann auf ein Leben hoffen konnte, das angenehmer sein würde als das eines x-beliebigen Haussklaven. Selbstverständlich war ihm das nicht von der Flavia gesagt worden, sondern von irgendeinem anderen Sklaven, der in ihrer Entourage eine höhere Stellung einnahm. Deswegen hatte es aber um nichts weniger Wirkung gehabt, und dies war eine Wahl gewesen, die ihm nicht schwer gefallen war. Er war nun Sklave. Wie sehr auch immer er hadern mochte mit seinem Schicksal, er glaubte nach wie vor, dass Ahura Mazda einen Grund gehabt hatte, ihm dies aufzubürden. Wenn dazu gehörte, eine reiche, verwöhnte Adlige zu beschützen, dann war das sicher noch einer der angenehmeren Aspekte – und selbst wenn es das nicht gewesen wäre, hätte er letztlich nicht nein gesagt, oder, was in diesem Fall die passendere Formulierung war: es darauf angelegt, sich als untauglich zu erweisen. Aber: das Leben bei der Flavia war kein leichtes. Und je mehr sie dazu überging, ihn in ihrer Nähe haben zu wollen, desto schwieriger wurde es, daran hatte sich auch nichts geändert, dass sie in der Zwischenzeit geheiratet hatte und in die Villa Aurelia gezogen war. Dort waren die Umstände für die Sklaven allgemein zwar angenehmer, aber das wirkte sich nur bedingt auf ihn aus, war er doch einfach zu dicht an der Flavia. Und sie zog ihn immer mehr in ihren engeren Kreis ein. Immer häufiger wollte sie ihn in ihrer Nähe haben, wenn er nicht gerade im Ludus war, und wollte sie es nicht, hatte er ständig auf Abruf zu stehen. Und sie schien mehr und mehr Gefallen daran zu finden, ihn auf die Probe zu stellen. Vor gar nicht allzu langer Zeit hatte sie von ihm gefordert, einem anderen Sklaven die Zunge herauszuschneiden, was er auch getan hatte. Hätte er es nicht getan, hätte sich ein anderer darum gekümmert, und er immerhin konnte dafür sorgen, dass es so schnell und sauber wie möglich geschah. Und mal davon abgesehen, dass sowohl sein Leben bei der Flavia als auch das Training im Ludus seine Auswirkungen auf ihn hatte, hatte er eine Strafe für gerechtfertigt gehalten. Der Kerl hatte seine Herrin verraten – und egal wie sehr diese das möglicherweise auch verdient haben mochte, wenn der Sklave mit ihrer Art nicht klar kam, hätte er ehrlich sein und die Konsequenzen dafür tragen müssen, aber nicht sie verraten dürfen. Und so nahm das Leben in der Villa Aurelia seinen Lauf. Noch war er nicht wirklich der Custos Corporis der Flavia, noch hatte er das Gefühl, unter Beobachtung zu stehen, insbesondere wenn die Flavia unterwegs war und er sie begleitete. Aber es nahm ab, das spürte er. Sie übertrug ihm auch verantwortungsvollere Aufgaben mit der Zeit. Bestrafungen anderer Sklaven gehörten da auch dazu – die ersten mochten vielleicht ein Mittel gewesen sein ihn auf die Probe zu stellen, aber dass sie es mittlerweile zur Regel gemacht hatte, ließ ihn schlussfolgern, dass sie in dieser Hinsicht zufrieden mit ihm war. Was ihn nicht unbedingt glücklich machte, aber er akzeptierte, was er nun war – er tat, was sie ihm auftrug, ohne Widerspruch.


    Das Leben im Ludus nahm ebenso seinen Lauf. Er wurde besser, Tag für Tag. Vor allem im Training selbst, im Umgang mit den beiden Schwertern. Er vermisste den Bogen immer noch. Zwar konnte er inzwischen, seit er sich genug Vertrauen erarbeitet hatte, auch in der Villa Aurelia vernünftig trainieren, aber noch schloss das keine scharfen Waffen mit ein, noch lange nicht, vermutete er. Aber so sehr er sich auch wünschen mochte, wieder mit einem Bogen trainieren zu können, so sehr stellte er auch fest, dass er dem Schwertkampf – nun, da er ihn gezwungenermaßen intensivieren musste – auch lag. Vor allem lag das wohl daran, dass er mit zwei Schwertern kämpfen konnte, was ein höheres Maß an Agilität erforderte, und das kam ihm zupass. Sein Körper wurde kräftiger mit dem konstanten Training, schneller, geschickter, und Shayan setzte alles daran, um noch besser zu werden. Das Training war letztlich das einzige, was er hatte, das einzige, was ihm blieb von seinem alten Leben – das einzige, was ihm in diesem Leben wirklich so etwas wie Zufriedenheit verschaffte.
    Er wurde aber auch besser in seiner Beherrschung. Natürlich unterliefen ihm immer noch Patzer, aber sie wurden deutlich weniger. Er lernte. Er lernte, sich zurückzuhalten. Den Mund zu halten, selbst dann wenn er etwas für ungerechtfertigt hielt. Er lernte sogar, nach und nach, stillzuhalten, wenn das Sterben geübt wurde – und das war mit Abstand die schwierigste Übung für ihn. Immer noch rebellierte alles in ihm, wenn er einfach so da knien und abwarten musste, den kalten Stahl im Nacken, wissend, wissend, was bevorstand. Dass er kniete, um sich umbringen zu lassen, ohne sich wehren zu können – ohne sich wehren zu dürfen. Es spielte keine Rolle, dass es nur eine Übung war – selbst wenn er sich hätte sicher sein können, dass nichts geschehen würde. Es widerstrebte ihm einfach zutiefst, sich selbst so wehrlos zu präsentieren.
    Aber er lernte nicht nur zu kämpfen wie ein Gladiator, er lernte auch zu gehorchen, lernte zu tun was ihm gesagt wurde. Lernte auch, nicht mehr zu reagieren, wenn etwas geschah was seinem Ehrgefühl zuwider lief – egal wie sehr es ihm widerstreben mochte. Er lernte.

    Jeden Tag dasselbe. Jeden Tag, den er hier im Ludus verbrachte, hieß das. Und das immerhin war ein Vorteil seines Gladiatorendaseins – es war zuverlässig. Berechenbar.
    Ganz anders als seine Herrin, deren Launen an manchen Tagen keine Grenzen zu kennen schien. Es gab Tage, an denen er völlig in Ruhe gelassen wurde, an denen er einfach nur der Arbeit nachging, die ihm aufgetragen wurde. Aber diese Tage waren eher selten. In aller Regel wollte die Flavia ihn um sich haben. Nun, das konnte er sogar verstehen, denn dass sie vorhatte ihn als ihren Leibwächter einzusetzen, das wusste er inzwischen – und dafür setzte man nicht einfach irgendjemanden ein, den man überhaupt nicht kannte und von dem man nicht wusste, ob man ihm vertrauen konnte. Er hätte es jedenfalls nicht getan, und sie schien ebenso zu denken. Zumindest vermutete Shayan das. Vielleicht hatte sie auch andere Beweggründe, vielleicht dachte sie auch gar nicht darüber nach, das konnte auch sein.
    In jedem Fall wollte sie ihn häufig in ihrer Nähe haben, und ständig in der Nähe der Flavia zu sein, war keineswegs einfach. Die die in der Nähe waren, waren es, die die Launen abbekamen, die plötzlichen und teils schwer erfüllbaren Wünsche, und auch die Wutausbrüche, wenn etwas nicht so lief wie sie wollte.
    Im Ludus war das anders. Hier wusste er stets, was ihn erwartete. Es gab keinen Augenblick, an dem nicht simples Zähne zusammenbeißen und durchhalten angesagt war, es gab keinen Moment, in dem er darüber nachdenken müsste, ob er etwas sagen sollte, konnte, durfte. Was nicht hieß, dass er sich immer daran hielt.
    Oder dass es einfach war.
    Denn das war es ganz und gar nicht. Shayan tat sich schwer damit, sich an die Abläufe im Ludus zu gewöhnen, wenn auch aus anderen Gründen wie die meisten Neulinge hier. Das Training war hart, aber damit hatte er kein Problem. Er übte verbissen, ignorierte die Schmerzen, die gerade in den ersten Tagen unglaublich schienen, und stellte mit einer gewissen Zufriedenheit fest, dass es nach und nach leichter wurde. Er wurde besser. Natürlich war zu merken, dass er tageweise im Ludus fehlte, aber das konnte er größtenteils durch zwei Dinge wieder wettmachen – zum einen dadurch, dass er nicht als völliger Anfänger gekommen war, und zum anderen dadurch, dass er auch in der Villa Aurelia trainierte, wann immer er die Zeit dazu fand.
    Womit er hingegen ein Problem hatte, war das Verhalten, das gefordert war. Nie etwas sagen, auch dann nicht, wenn man etwas für falsch hielt.
    Es war nicht bei der einen Strafe geblieben für ihn, die er sich gleich am ersten Tag eingehandelt hatte. Shayan tat sich schwer damit, zu schweigen, wenn etwas gegen sein Ehrgefühl verstieß, oder seine Auffassung von Gerechtigkeit. Weshalb er allerdings hin und wieder ungehorsam war, interessierte die Ausbilder, gelinde gesagt, einen Dreck. Und auch der Umgang mit den anderen Gladiatoren, die schon länger hier waren, war nicht einfach. Von den üblichenn Dingen, mit denen sie die Neulinge zu ärgern oder zu verschrecken versuchten, ließ Shayan sich nicht wirklich provozieren. Aber nachdem einmal klar geworden war, wodurch er sich provozieren ließ, war es für die Gladiatoren ein leichtes, auch ihn dran zu kriegen. Es gab Dinge, bei denen konnte er – vermutlich noch – nicht einfach tatenlos zusehen. Und jedes Mal zog es Konsequenzen nach sich, ob er nun einfach nur niedergebrüllt wurde oder sich die ein oder andere Strafmaßnahme einhandelte.
    Abgesehen davon jedoch, dass diese kleinen und größeren Bestrafungen bei ihm aus anderen Gründen erfolgten als bei den meisten anderen, war das nichts Besonderes. Es gehörte zum Training dazu wie so vieles andere. Shayan akzeptierte es schlicht, es blieb auch kaum etwas anderes übrig. Das Training absolvierte er mit zunehmendem Elan und Können. Die Schindereien ignorierte er so gut als möglich. Die Strafen, wenn er sich welche einhandelte, ertrug er ohne Klagen – in dieser Hinsicht war er nach wie vor Soldat genug, steckte das alte Training ihm genug in den Knochen, dass er es einfach über sich ergehen ließ. Er wurde höchstens noch schweigsamer und zurückgezogener als ohnehin schon, verlor kaum ein Wort – was aber eher von Vorteil war, galt für ihn doch immer noch das Sprechverbot, ebenso wie für die anderen Neuen. Nur innerlich begann er zu hadern. Mit sich und seinem Schicksal, vor allem aber mit seinem Gott. Sein Glaube war und blieb unerschütterlich – aber gerade deshalb begann er sich mehr und mehr zu fragen, warum es gerade ihn getroffen hatte. Was er sich hatte zuschulden kommen ließen, im Krieg oder davor, um ein Leben wie dieses verdient zu haben, was es gewesen war, für das er nun derart Buße leisten musste. Oder war es nur eine Probe, auf die er gestellt wurde? Er wusste es nicht, und das Vertrauen, das sein Glaube ihm sonst gab, das Vertrauen darin, dass es richtig war, auch wenn er den Sinn nicht erkennen konnte, wollte sich diesmal nicht so einfach einstellen.


    Und dann kam dieser Tag. Dieser Tag, an dem sie das erste Mal – nun, für die Neuen und damit auch ihn das erste Mal, jedenfalls – das Sterben zu üben hatten. Es war nichts, was unbekannt war, was geheim gehalten worden war. Insofern überraschte es keinen der Neulinge wirklich. Dennoch, davon zu hören und es zu sehen, waren zwei verschiedene Dinge. Und selbst in dieser Lage zu sein, war noch einmal etwas völlig anderes. Stumm, regungslos, mit einem Gesichtsausdruck, der nicht zu deuten war, sah Shayan sich das Schauspiel an, das vor seinen Augen stattfand. Erst einer der Neuen, ausgerechnet derjenige, der einer der Schwächsten schien, einer der am wenigsten Tauglichen. Dann einer der Gladiatoren. Und dessen Verhalten hätte keinen größeren Kontrast zu seinem Vorgänger bieten können. Kein Mucks war zu sehen, kein Laut war zu hören. Shayans Blick wanderte kurz zu dem Griechen, und seine Augen wurden einen Moment dunkler, als so etwas wie Mitgefühl in ihm aufstieg. Dass die doctores sich ihn als ersten ausgesucht hatten, war wohl Absicht gewesen. Einen größeren Effekt hätten sie nicht erreichen können mit der Darstellung des Juden, wenn sie nicht zuvor den Schwächsten malträtiert hätten.
    Kaum war der Gladiator verschwunden, ging es weiter. Einer nach dem anderen kamen die Neuen an die Reihe, mussten sich niederknien, bekamen das Schwert ans Schlüsselbein gelegt, spürten wie es weggezogen wurde, hörten wie es niedersauste. Keiner brachte es auf Anhieb fertig, nicht weg zu zucken, geschweige denn erstarrt zu bleiben wie eine Statue. Auch beim zweiten oder dritten Anlauf hatten viele keinen größeren Erfolg, auch wenn einige dann doch nicht mehr ganz so weit zuckten. Und hin und wieder bekam einer das heiße Eisen zu spüren, wenn sich so gar keine Besserung einstellen wollte.
    Die Ausbilder übten mit einem Mann, bis sie genug zu haben schienen, bevor der nächste gerufen wurde, und die ganze Zeit hatten die anderen zuzusehen. Und irgendwann war auch die Reihe an Shayan. Seine Kiefermuskeln spannten sich an, als er nach vorne trat und er dieselbe Position einnahm wie die anderen vor ihm. Er war... nicht aufgeregt. Nicht nervös. Er war bis aufs Äußerste angespannt, wie die Sehne seines Bogens, wenn er ihn für einen Kampf vorbereitet hatte.
    Er hatte keine Angst vor dem Tod. Soldaten wurde für gewöhnlich die Angst vor dem Tod recht effektiv ausgetrieben, und spätestens wenn sie sich im Krieg Auge in Auge mit ihm sahen, geschah etwas recht Endgültiges. Wenn man dem Tod auf so vielfältige und brutale Weise begegnete, wie das im Krieg der Fall war, dann zerbrach man entweder daran – oder der Tod verlor irgendwann seinen Schrecken. Nein, es war nicht Angst, die ihn hellwach machte, die seine Muskeln zum Vibrieren brachte und seinen Körper in Alarmzustand versetzte. Was ihn zum Zerreißen angespannt machte war die Tatsache, dass Stillhalten, wenn ein Gegner zum tödlichen Schlag ansetzte, für ihn bisher nie eine Option gewesen war. Er war Krieger. Er kämpfte, bis zum Tod, wenn es sein musste, aber er hielt nicht einfach still wie ein Opferlamm, solange noch genug Kraft in ihm zur Gegenwehr war. Dieses simple Aufgeben – sein Leben so völlig in die Hände eines anderen Menschen zu geben – widerstrebte ihm zutiefst. Und doch war es genau das, was von ihm erwartet wurde, hier.
    Die Anspannung, unter der er stand, nahm zu, als er schließlich kniete und das kühle Metall an seiner Schulter spürte. Stillhalten. Lautlos sagte er sich das in Gedanken vor, während er geradeaus starrte und unwillkürlich die Hände zu Fäusten ballte. Stillhalten. Immer noch lag die Schwertspitze auf seiner Haut, immer noch, immer noch... Stillhalten. Bis sie schließlich zurückgezogen wurde. Shayan wusste, mehr instinktiv denn bewusst, dass der Hieb kam, nahm das Zischen wahr, mit dem die Klinge durch die Luft sauste. Und er reagierte, bevor er sich ein weiteres Mal Stillhalten vorsagen konnte in Gedanken, reagierte, bevor er nachdenken oder sich beherrschen konnte, reagierte, wie er es jahrelang trainiert hatte. Er wartete nicht, bis der Schlag kam. Er gab seinem Gegner nicht die Gelegenheit, ihn so mühelos zu töten. Es war nichts, was er in diesem Moment bewusst hätte beeinflussen können, es war Instinkt und ein simpler Reflex, verstärkt durch ein Training, das in diesem Bereich in die genau entgegengesetzte Richtung gerichtet gewesen war wie das, das er hier im Ludus durchlief. Ein Krieger gibt nicht auf. Niemals. Nie.
    Shayan ließ sich ansatzlos nach vorne fallen, drehte sich auf die Seite, noch bevor er auf dem Boden aufgekommen war, und hob die Unterarme, in der Absicht den Schwerthieb damit von empfindlicheren Körperteilen abzulenken. Was allerdings nicht nötig gewesen wäre, war der Hieb doch nicht gedacht gewesen, tatsächlich so weit vorzustoßen. Und noch bevor Shayan dem nächsten Reflex folgen und aufspringen konnte, geschah zweierlei, und das ziemlich zeitgleich. Zum einen begriff er, dass er, wieder einmal, einen Fehler gemacht hatte.
    Zum anderen ließ ihn der Doctor das nun spüren.

    Shayan verzog seine Lippen zu einem angedeuteten Lächeln und neigte leicht den Kopf. In der Tat, für seine Lateinkenntnisse würde es weit besser sein, wenn er darauf verzichtete, sich in anderen Sprachen zu unterhalten. „Semiramis“, wiederholte er, und sein Lächeln verstärkte sich für einen Augenblick, als er dann ihres verdutzten Gesichtsausdrucks gewahr wurde. „Ja, ein Befehl.“ Seine Finger bewegten sich kurz auf den Saiten der Lyra, brachten einige Töne hervor, die zwar gänzlich unzusammenhängend waren, aber – da er nicht versuchte eine bestimmte Tonfolge zu spielen, sondern tatsächlich nur klimperte – auch nicht wirklich unmelodisch. „Und du glaubst also, das ist so nicht, dass dein Herr hat Talent? Hast du ihn gehört?“ fragte er mit einem Schmunzeln nach und stoppte damit, über die Saiten zu streichen. „Flavius Piso. Er hat gekauft.“ Und er war bislang der einzige Flavier, den Shayan hier kannte. „Wer ist dein Herr? Und wie sind sie? Die Römer, diese Familie?“

    Es war definitiv eine schlechte Idee gewesen. Er hatte gegen die wohl wichtigste Regel verstoßen, die es in einem Ludus gab, jedenfalls wenn er den Juden richtig verstanden hatte, als er das letzte Mal hier gewesen war. Er hatte nicht nur unerlaubt gesprochen, er hatte widersprochen. Trotzdem bereute Shayan nicht, dass er für den anderen interveniert hatte. Der Mann war fertig. Nicht dass es ihm viel brachte, denn er wurde genauso wieder brüllenderweise ins Training getrieben wie die anderen Neulinge und ein paar der älteren Gladiatoren, die im Training gestockt hatten, um zuzusehen, aber dennoch war er überzeugt davon, dass es einfach richtig gewesen war, etwas zu sagen. Wenigstens darauf hinzuweisen.
    Ohne sich zu wehren ließ Shayan sich auf die Füße zerren, ein paar Schritte fort von den Trainierenden, hin zu einer Vorrichtung, wo ihm mit wenigen Handgriffen die Hände gefesselt und nach oben gezogen wurden, bis er gerade noch so stehen konnte.


    Augenblicke später ging schon der erste Peitschenhieb auf seinen Rücken nieder.
    Gleich darauf der nächste.
    Und der nächste.


    Shayans Finger hatten sich um das Seil gekrampft, das seine Hände gefesselt hielt, sein Kopf war gesenkt, die Lider aufeinander gepresst, während er die Schläge zählte, ohne wirklich bewusst zu erfassen, wie oft die Peitsche ihn nun traf. Er zählte einfach nur, um sich abzulenken von dem Schmerz, der in seinem Rücken aufblühte. Zählte den Moment herbei, in dem sie aufhören würden. Ohne es zu merken, stieß er manche der Zahlen, in seiner Muttersprache, halblaut hervor, immer dann, wenn er sich nicht gerade die Lippe noch blutiger biss als sie ohnehin schon war, um einen lauteren Schmerzlaut zu unterdrücken, lauter als das Stöhnen, das er bald nicht mehr unterdrücken konnte. Und er zählte weiter, weil es das Einzige war, woran er sich wirklich klammern konnte in diesem Moment, verlor sich darin, zählte, als hinge sein Leben davon ab, und unterwarf sein Bewusstsein dem Rhythmus dieses Zählens, der wiederum den Schlägen unterworfen war. Zwang seinen Atem, sich diesem Rhythmus ebenso zu unterwerfen, Schlag, Zahl, nur den Bruchteil eines Augenblicks nachdem die Peitsche ihn berührt hatte, Ausatmen gemeinsam mit der Zahl, Einatmen, Ausatmen, Einatmen, abgehakt nur, dazu gedacht, diese winzige Pause zu füllen, ja nicht aus dem Takt kommen, der ihm half, den Schmerz zu beherrschen, und dann wieder Schlag. Zahl. Ausatmen. Einatmen. Ausatmen.


    Irgendwann kam der Moment, in dem kein Schlag mehr kam. Shayan begriff es zuerst überhaupt nicht, zählte und atmete weiter, bis auch er aufhörte, als die Schläge ausblieben. Keinen Augenblick später drangen die Schmerzen zu ihm durch, und er biss sich auf die Lippe und spannte die Muskeln an, noch mehr als zuvor, um sich zu beherrschen. Es dauerte allerdings nicht lange, bis er losgemacht und wieder durch die Gegend geschleift wurde, und bevor er es sich versah, war er irgendwo in den Ludus gebracht worden in einen Raum, wo er unsanft auf eine Liege gedrückt wurde, mit dem Bauch nach unten. Gleich darauf spürte er, wie sich jemand an seinem Rücken zu schaffen machte, und diesmal, ohne die Hilfe des Zählens, konnte er einen Schmerzlaut nicht mehr unterdrücken. Aber auch das ging vorbei. Die Wunden wurden gesäubert, das spürte er nur zu deutlich, und anschließend wurde irgendetwas aufgetragen. Shayan fragte nicht nach, was es war, oder wer ihn da behandelte. Es spielte keine Rolle, es wurde einfach gemacht, ob nun mit oder seine Kenntnis oder gar sein Einverständnis, war völlig gleichgültig. Und die Paste kühlte, linderte den Schmerz tatsächlich.
    Für einige Momente wurde er dann in Ruhe gelassen. Kein Wort fiel, in der gesamten Zeit nicht. Shayan lag einfach nur da, zwang sich, kontrolliert zu atmen, spürte den Schmerz nach und nach weit genug abebben, dass er wieder klar denken konnte, und begriff ebenso nach und nach, dass der Aufseher kaum mit seiner ganzen Kraft zugeschlagen hatte. Verständlicherweise. Letztlich war er hier, um zu trainieren, zu kämpfen, und das konnte er nicht mehr, wenn sie ihn zu Brei schlugen. Es sollte eine Strafe sein, nicht mehr und nicht weniger, und eine Strafe war effektiver, wenn er danach bald weiter machen konnte, sie noch spürend, sie vielleicht auch den anderen zeigend, aber ganz sicher nicht irgendwo herumliegend und umsorgt werdend.
    Wieder spürte er Hände auf seinem Rücken, spürte er erneut, wie etwas aufgetragen wurde. Dann öffnete sich eine Tür, und Shayan hörte einen Mann rufen: „Könnt ihn wieder mitnehmen.“
    Gleich darauf war der Parther wieder in der Arena, die Holzschwerter in der Hand, und zwang sich mühsam – und nicht von sonderlich viel Erfolg gesegnet, jedenfalls was Takt und Tempo anging –, weiterzumachen.

    Er hielt durch. Natürlich hielt er durch, etwas anderes wäre gar nicht in Frage gekommen für ihn. Er war Parther, er war edler Abstammung, aber allem voran: er war Mitglied des parthischen Heeres gewesen. Aufgeben war keine Option für ihn. Eine unausweichliche Niederlage akzeptieren, das ja – aber nicht aufgeben, solange es allein in seinem Ermessen lag, weiter zu machen. Also machte Shayan weiter, Schlag auf Schlag, bis irgendwann die Doctores das Zeichen zur Mittagspause gaben.
    Shayan wischte sich grob den Schweiß und Schmutz aus dem Gesicht, während er den anderen zur Essensausgabe folgte. Hunger hatte er nicht wirklich, aber das war etwas, was er durchaus noch gewohnt war, von der Ausbildung, und mehr noch vom Krieg. Anstrengung dieser Art ließ einem den Appetit vergehen, aber Nahrung war nötig, und so holte er sich seine Portion, ignorierte den kleinen Vorfall bei der Ausgabe, setzte sich auf den angewiesenen Platz und begann zu essen, langsam, bedächtig, aber ohne zu stocken. Nicht zu schnell essen, das funktionierte in der Regel.
    Er war zu erschöpft, um großartig auf die anderen zu achten. Dazu kam, dass einer von ihnen gar nicht aß und von den Aufsehern schließlich gezwungen wurde, was mit Geheule des Mannes einherging, das Aufmerksamkeit auf sich zog. Beides führte dazu, dass Shayan erst bemerkte, als es schon zu spät war, dass noch einer der anderen an seinem Tisch nicht so ganz damit klar kam, direkt nach dem Training zu essen. Plötzlich stand der Mann neben ihm auf und wandte sich ab, und im nächsten Moment entleerte er den Inhalt seines Magens auf dem Boden. Shayan zuckte zur Seite weg, konnte aber nicht verhindern, dass er von ein paar Spritzern getroffen wurde, was er mit einem Stirnrunzeln zur Kenntnis nahm, bevor er aufstand und Anstalten machte, dem Mann zu helfen. Das allerdings wurde effektiv von den Aufsehern verhindert, noch bevor er sein Vorhaben wirklich in die Tat umsetzen konnte. Grob wurde er an der Schulter gepackt und wieder auf die Bank zurückgestoßen, wo er zunächst auch sitzen blieb – aber zu essen begann er erst wieder, als er sah, dass der Kerl fortgebracht wurde.


    Nach dem Essen ging es weiter. Die kurze Pause hatte nicht wirklich dazu beigetragen, dass er sich hätte erholen können. Im Gegenteil, es war gerade genug gewesen, um es nun dieses kleine bisschen schwerer zu machen, sich wieder zu bewegen, anzustrengen. Shayan verfluchte die Wochen, die er im Besitz des Händlers damit zugebracht hatte, sich einfach nur durch die Gegend transportieren zu lassen. Bei seinem vorigen Besitzer hatte er trainieren können, nicht so wie hier, aber damals war er in weit besserer Form gewesen als jetzt, ganz zu schweigen vom Krieg selbst. Weiter ging es, wieder Schlag auf Schlag, neue Bewegungsabfolgen, neue Kombinationen, neue Schrittfolgen. Die Qual am Vormittag bewies nun den Vorteil, dass Shayan wesentlich schneller an den toten Punkt kam, ab dem er einfach stur tat, was er zu tun hatte, ohne mehr großartig auf die Schmerzen in seinen Muskeln zu achten, einfach weil er so weit weg war, dass er gar nicht zu ihm zu gehören schien.
    Shayan bewegte die Schwerter also weiter, nicht mit dem Elan, der vielleicht darin liegen sollte, nicht mit der Präzision, die andere zeigten, aber immerhin: er schlug zu, folgte den Anweisungen so gut es ihm möglich war, und steckte ohne zu klagen die Schläge ein die folgten, wenn er aus dem Tritt kam oder zu langsam war. Weiter, immer weiter, etwas anderes als das schien es nicht zu geben. Bis plötzlich Aufruhr entstand.
    Der Kerl von vorhin, der sich beim Essen übergeben hatte, war bereits seit einiger Zeit wieder in die Arena zurückgekehrt, immer noch bleich, und eindeutig nicht sicher auf den Beinen, was sowohl an den Unstimmigkeiten liegen mochte, die er mit seinem Magen gehabt hatte, als auch an dem, was die Aufseher mit ihm danach angestellt haben mochten. Das an und für sich hatte noch niemandes' Aufmerksamkeit erregt. Der Auctoratus allerdings hatte zusehends Schwierigkeiten, mitzukommen, handelte sich deswegen immer häufiger einen Schlag eines der Doctores ein – bis er schließlich nicht mehr zu können schien. Oder einfach nur beschlossen hatte, nicht mehr zu wollen. Er taumelte, brach auf ein Knie und ließ seine Waffe sinken, aber im nächsten Augenblick war schon ein Aufseher bei ihm und zog ihn grob wieder nach oben, mit einem gebrüllten Befehl, weiterzumachen, und dem Stock gezückt, bereit ihn einzusetzen.
    Auch Shayan sah, wie einige andere, hinüber, trug sich das Ganze doch direkt in seiner Nähe zu. Und als er die Erschöpfung im Gesicht des Mannes sah, handelte er ohne nachzudenken. Er ließ seine Waffen sinken und trat ein paar Schritte näher. „Lasst ihn in Ruhe. Der Mann hat genug.“ Seine Stimme war nicht einmal sonderlich laut, aber deutlich und klar genug, um gehört zu werden. Er war kein einfacher Soldat gewesen, er hatte seine Bogenschützen angeführt, er war es gewohnt, vor Leuten und in Tumult zu sprechen – und gehört zu werden. Allerdings war das hier eindeutig ein Nachteil. Die Neulinge um ihn herum jedenfalls schienen kollektiv den Atem anzuhalten, fast als hätten sie Angst, versehentlich die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, während Shayan und der Doctor sich für einen Moment ansahen, der Doctor abschätzend, Shayan regungslos, ohne Provokation, aber zugleich auch nicht gewillt, seinen Blick zu senken. Er wusste, in diesem Moment, was ihm blühte. Es wäre ihm von vornherein klar gewesen, hätte er vorher darüber nachgedacht. Trotzdem kam es nicht in Frage für ihn, nun zu kuschen und um Gnade zu winseln, und sei es nur durch irgendeine Geste.
    „So. Meinst du.“ Im nächsten Augenblick blieb Shayan die Luft weg, als er einen Schlag vor die Brust bekam, so heftig, dass er taumelte – gefolgt von einem weiteren, der ihn endgültig in den Sand schickte. Er spürte den metallischen Geschmack von Blut im Mund, aber bevor er sich wieder aufrappeln konnte, wurde er bereits grob nach oben gezogen, während um ihn herum nun plötzlich wieder Leben in die anderen kam.

    Zitat

    Original von Shayan
    [...] In der Nähe des Mannes angekommen, der offensichtlich der Doctor war, blieb Shayan stehen. Er neigte kurz den Kopf zum Gruß, ohne allerdings etwas zu sagen, und verharrte abwartend.


    Und der Parther blieb zunächst einmal da stehen. Schweigend, ohne etwas zu sagen, ohne auf sich aufmerksam zu machen. Und ohne scheinbar bemerkt zu werden. Er wusste nicht genau, wie lange er da nun stand, aber ganz sicher zu lange, um das noch als Zufall abzutun, oder tatsächlich zu glauben, der Doctor – und auch sonst keiner – habe ihn gesehen. Einen Moment unschlüssig, ob er nicht doch irgendwie auf sich aufmerksam machen sollte, und sei es durch ein Räuspern, beschloss Shayan dann doch, einfach stehen zu bleiben und zu schweigen. Nach allem, was er gehört hatte – sowohl von dem Juden als auch von dem Angestellten vorhin – mochte das bereits ein erster Test sein, ob er sich an die Regeln hielt. Es ist dir nicht gestattet zu sprechen, außer du wirst gefragt. Nun, er selbst hielt das hier gerade für Zeitverschwendung, aber wenn dem so war, dann war es so.
    Shayan blieb also stehen und beobachtete nur die Kämpfer vor ihm, wie sie übten, immer wieder dieselbe Schlagabfolge, immer wieder auf den Pfahl, immer auf dieselbe Stelle. Er kam nicht umhin, die Präzision derer zu bewundern, die erfahrener waren, das Spiel der Muskeln, das eine fließende Qualität zu haben schien. Er mochte Bogenschütze sein, aber er kannte sich genug aus, um zu erkennen, wann er einen Kämpfer vor sich hatte, der sein Handwerk beherrschte, gleich welche Waffengattung es sein mochte.
    Er sah den Kämpfern weiter zu, bis irgendwann dann doch der Doctor zu beschließen schien, dass es nun an der Zeit war, sich ihm zu widmen. „Parther.“ Der Mann sah nicht zu ihm, lediglich ein mit dem Wort einhergehender Wink mit dem Arm machte Shayan klar, dass er gemeint war. Er folgte der Aufforderung und kam näher, während die Gladiatoren einfach weiter trainierten, und im nächsten Moment, nach einem weiteren Wink, bekam er von einem der beiden Jungen zwei Holzschwerter in die Hände gedrückt. Das unerwartete Gewicht überraschte ihn im ersten Moment etwas, zog ihn gar ein wenig nach vorne, bevor er sich fing, aber der Doctor achtete gar nicht weiter darauf, sondern gestikulierte nur erneut, etwas unwilliger diesmal. „Gleiche Abfolge. Los.“ Shayan passte den richtigen Moment ab, in dem er einsteigen konnte, ohne sofort aus dem Rhythmus zu geraten, und begann dann.


    Und kam nicht sofort aus dem Rhythmus. Erst einen Moment später.


    Von da an reihte sich ein Augenblick an den nächsten, in einer schier endlosen Zahl. Shayan verlor jedes Zeitgefühl. Seine Muskeln begannen schon nach kurzer Zeit zu protestieren gegen das, was er von ihnen forderte. Er war Bogenschütze gewesen und Reiter, kein Schwertkämpfer und schon gar nicht einer, der mit größeren Gewichten hantierte, wie es diese Holzschwerter darstellten, und selbst dafür, für seine ureigenste Disziplin, hatte er schon zu lange nicht mehr trainiert, um eine Übungseinheit wie diese mühelos überstehen zu können.
    Und dennoch machte er stur weiter, Schlag auf Schlag, immer die gleiche Abfolge, bis der Doctor eine andere befahl. Unterbrochen nur, wenn er aus dem Tritt kam, dem Rhythmus nicht folgen konnte, was häufig geschah und nie sonderlich angenehm für ihn endete, weil der Doctor nicht lange fackelte, wenn es darum ging ihn weiter anzutreiben. Wortlos die Verbesserungen hinnehmend, an der Haltung seines Oberkörpers, seiner Füße, seiner Arme, seiner Hände, seiner Bewegungen und seiner Technik, überhaupt allem, wie ihm schien, stets nebenher, stets so beiläufig, dass sie eigentlich nicht dazu angedacht waren, die Übungen zu unterbrechen, und doch in schöner Regelmäßigkeit dazu beitrugen, dass er den Rhythmus verlor, insbesondere dann wenn er sie nicht sogleich umzusetzen versuchte, weil der Doctor auch dann nicht lange fackelte.


    Und je mehr Zeit verging, desto mühsamer wurde alles. Shayan hatte nicht das Gefühl, dass das, was er in seiner Grundausbildung gelernt hatte mit dem Schwert, ihm hier wirklich viel brachte. Genauso wenig manifestierte sich der Eindruck, dass er auch nur ansatzweise so etwas wie Routine bekam.
    Stattdessen schienen die Waffen immer schwerer und schwerer zu werden, schien es immer mehr und mehr Kraft zu kosten, sie zu heben, auszuholen, auf den Pfahl einzuschlagen wie vorgegeben, und zugleich wurde es schwerer, sich all das zu merken, was noch dazu gehörte – Haltung, immer wieder Haltung, Arme, Beine, Hände, die richtige Haltung, der richtige Schwung, der richtige Dreh. Schweiß rann ihm in Strömen hinunter, während es immer häufiger dazu kam, dass er Fehler machte, zu langsam war, taumelte.
    Ein Vormittag.
    Ein einziger Vormittag, Stunden nur, reichten aus um ihn an den Rand der Aufgabe zu bringen, denn so weit war der Parther irgendwann, dass sein Körper ein einziger Schmerz zu sein schien, dass mit jeder weiteren Anstrengung seine Muskeln aufzubrüllen schienen und Ruhe verlangten. Und doch war es nicht das erste Mal in seinem Leben, dass er an den Rand der Erschöpfung kam, nicht das erste Mal, dass er sich danach sehnte einfach aufhören zu können. Seine Ausbildung, so viel sie auch gefordert haben mochte, war kein Vergleich hierzu. Der Krieg, die Schlachten, in denen er gewesen war, die bittere Realität, die damit einherging, hingegen schon.
    Das hier hatte... letztlich nur eine andere Qualität. Ein anderer Rahmen, andere Bedingungen, andere Forderungen – vor allem andere Voraussetzungen. Er war hier nicht wirklich freiwillig, auch wenn er sich insofern dafür entschieden hatte, dass er darauf verzichtet hatte sich zu weigern – und dafür bestraft zu werden. Es gab nichts, wofür er kämpfen konnte. Nichts, wofür es sich zu kämpfen lohnte. Nur der Zwang durch die Tatsache, dass er im Grunde keine Wahl hatte, weil er ein Sklave war und seine Herrin mit ihm tat, was sie wollte. In diesem Moment half ihm nicht einmal sein Glaube sonderlich viel, denn wo er im Krieg Kraft aus seiner Überzeugung hatte ziehen können, begann er nun mehr und mehr zu glauben, dass er irgendetwas getan haben musste, was Ahura Mazda dazu veranlasst hatte ihn zu strafen. Und so sehr er gewillt war, das zu ertragen, so wenig verhalf ihm dieser Gedanke zu Stärke. Und irgendwann war es nur sein Stolz und sein Ehrgeiz, die ihn daran hinderten die Holzschwerter einfach hinzuwerfen, sondern ihn weitermachen ließen.

    Entgegen seiner ersten Einschätzung waren die Jungen keine neuen Gladiatoren wie er – sondern im Gegenteil hier angestellt oder ähnliches, und das offenbar auch nicht erst seit gestern. Behende sprangen sie um ihn herum und wickelten Bänder an ihm fest. Shayan verfolgte die beiden mit Blicken, sagte aber weder etwas noch rührte er sich. Erst, als er dazu aufgefordert wurde, beugte er den Arm, streckte ihn wieder, bis alles zur Zufriedenheit saß – ob nun zu seiner oder der der Jungen, war dem Parther nicht ganz so klar. Seine Meinung schien nicht wirklich eine Rolle zu spielen. Nicht dass er etwas anderes erwartet hätte, dennoch... irritierte es ihn. Und das, obwohl er nun bereits doch einige Zeit Sklave war.


    Als der ältere Mann noch einmal das Wort an ihn richtete mit Anweisungen, nickte Shayan nur – was hätte er auch sagen sollen darauf, vor allem nach dem Hinweis: beachte das Sprechverbot? Er war alles andere als ein Freund von stumpfem Gehorchen, aber er wusste um die Realität. Egal was er sagte oder tat, er war Sklave. Was er dachte, was er wollte, zählte nicht. Sicherlich gab es auch für einen Sklaven die Möglichkeit, wenn schon nicht seinen Willen durchzusetzen, so doch Dinge zu verweigern, die völlig inakzeptabel schienen – aber dann war es besser abzuwägen, ob es den Preis auch wert war, den man dafür würde zahlen müssen. Und so sehr Shayan das Sklavendasein bei der Flavia und das, was hier im Ludus gefordert war – und damit meinte er nicht das Training an sich – zuwider lief, war er doch auch niemand, der einfach nur rebellierte um des Rebellierens willen. Es hatte einfach keinen Sinn. Ohne ein weiteres Wort also drehte er sich um, als der Mann verschwunden war, und folgte einem der Jungen, der ihm den Weg in die Arena wies, und dort angekommen, betrat er das Rund und hielt Ausschau nach dem Doctor Dimachaeri. Der Parther kannte sich nicht wirklich aus mit den unterschiedlichen Gladiatorengattungen, aber er wusste, was er lernen sollte, also bewegte er sich auf eine Gruppe von Kämpfern zu, die mit zwei Schwertern trainierte. In der Nähe des Mannes angekommen, der offensichtlich der Doctor war, blieb Shayan stehen. Er neigte kurz den Kopf zum Gruß, ohne allerdings etwas zu sagen, und verharrte abwartend.

    Shayan folgte dem Schmächtigen und nickte leicht, als dieser ihn nach seinen Sprachkenntnissen fragte. Nach wie vor sprach er Latein nicht fließend, aber gerade was das Verstehen betraf, waren seine Kenntnisse gut genug, zumal er inzwischen auch bereits einige Fortschritte gemacht hatte. So schweigend, wie es von ihm von nun an ohnehin gefordert sein würde, den Worten des Angestellten nach, lief er neben ihm her und hörte sich an, welche Regeln ihm auferlegt wurden. Nicht reden, es sei denn er wurde gefragt. Nun, das würde er hinbekommen. Weiter ging es, in einen Raum hinein, wo einige andere schon waren, und ohne erkennbaren Widerspruch, stets mit reglosem Gesicht, entledigte Shayan sich wie aufgefordert seiner Kleidung. Den Anweisungen Folge leisten. Kein Widerspruch. Er kommentierte nichts davon, und er stellte auch keine Frage. Es gab einfach nichts zu sagen, und so öffnete er den Mund erst, als der Scriba ihn etwas fragte. „25. Ich stamme aus Persepolis, in Parthia.“ Nur bekleidet mit einem Subligaculum, wie angewiesen, stand er nun vor dem Angestellten, näher bei den anderen, die offenbar ebenso neu waren wie er, nur um einige jünger und untrainierter, wie es schien.

    Zuerst wirkte sie noch fröhlich, beinahe ausgelassen – im nächsten Moment verflüchtigte sich die Freude, aus ihrer Haltung, ihrem Gesichtsausdruck, ihrer Stimme. Shayan tat es leid, obwohl er im Grunde nichts dafür konnte. „Verzeih“, sagte er leise, und das Bedauern in seinem Blick mischte sich nun auch in seinen Tonfall. Griechisch sprach sie nicht, wie sie gleich darauf bekannte – was ihnen nur Latein als Kommunikationsbasis übrig ließ. Shayan nickte leicht, verlor sich aber wieder in der Wortlosigkeit seines Grübelns, während er darauf wartete, dass die Sklavin wiederholte, was sie ihn zuvor in ihrer Muttersprache gefragt hatte. Dass das Schweigen sich ein wenig zog, vielleicht sogar ein wenig unangenehm wurde, bemerkte Shayan nicht wirklich.


    „Nun...“ Auf ihre Frage hin machte Shayan eine vage Kopfbewegung Richtung Tür hin, während seine Finger einmal rasch auf dem Holz der Lyra trommelten. „Es ist Befehl... von meinem Herrn.“ Diesmal war er sich bewusst darüber, dass seine Worte wenig Anlass gaben zu einem weiteren Gespräch, und so versuchte er sich erneut an einem Lächeln. „Frag nicht, warum. Ich weiß nicht. Ich habe nicht das Talent, sicher.“

    Wochen waren vergangen, seit er das erste Mal hier gewesen war. Anfangs hatte er keine Ahnung gehabt, was so lange dauerte, aber spätestens als er mit dem Vater seiner Herrin zu einem anderen Ludus hatte gehen müssen, war ihm klar geworden, dass dieser seiner Tochter offenbar nicht ganz vertraute, in jedem Fall nicht, was Geschäftliches betraf. Als Sklave wurde Shayan kaum aufgeklärt über das, was sie mit ihm vorhatten, geschweige denn irgendwelche Hintergründe. Und sein Latein war nach wie vor nicht so gut, als dass er in den Gesprächen, die er als sklavischer Schatten im Hintergrund mitbekam, genug hätte entnehmen können um zu verstehen, um was es genau ging – je komplexer die Sachverhalte wurden, desto mehr Schwierigkeiten hatte er. Allerdings, dass er nun wieder hierher kam, ließ den Parther vermuten, dass der Flavier verschiedene Möglichkeiten hatte ansehen wollen, bevor er sich entschied. Wahrscheinlich hatte er auch noch versucht, den Preis zu drücken, sofern er günstigere Angebote vorliegen hatte.


    So oder so war der Vater insofern dem Entschluss seiner Tochter gefolgt, als dass er Shayan nun doch wieder hierher geschickt hatte. Ob tatsächlich weitere Verhandlungen stattgefunden hatten, wusste Shayan nicht genau, auch wenn er es vermutete, jedoch konnte er als sicher annehmen, dass die Verträge nun unterschrieben und die erste Rate gezahlt worden war, anderenfalls wäre er nicht hier. Von zwei anderen flavischen Sklaven zum Ludus gebracht und dort – Shayan behagte die Formulierung nicht, aber sie war nun mal treffend – abgegeben, war er von Angestellten des Ludus in Empfang genommen und vom Gebäude verschluckt worden. Shayan ließ sich schweigend durch die Gänge führen, während er einmal – ein letztes Mal – darüber nachgrübelte, ob er wirklich den Eid leisten konnte, der ihm bevorstand. Im Grunde hatte er sich schon entschieden, sonst wäre er nicht hier. Er hatte Zeit genug gehabt zum Nachdenken, über das, was sein damaliger Gegner erzählt hatte, vom Ludus, vom Leben darin, vom Lanista. Und sein Entschluss, diesen Eid leisten zu können, hatte sich gefestigt. Und dennoch... ein letzter Rest Zweifel blieb.

    Die andere Sklavin begann zögerlich zu lächeln, und seine Mundwinkel bogen sich ein wenig nach oben in Erwiderung dessen. Auch wenn es nur die Andeutung eines Lächelns war, wirkte Shayans Gesichtsausdruck dadurch doch insgesamt weniger forschend und dafür freundlicher. „Ja“, antwortete er schlicht auf ihre Feststellung hin, dann neigte er den Kopf leicht, etwas zur Seite und nach vorne, als sie plötzlich anfing, in einer anderen Sprache zu sprechen. Syrisch, so viel erkannte er, er verstand sogar den ein oder anderen Fetzen von dem, was sie sagte – Semiramis, das musste wohl ihr Name sein, Damaskus, irgendetwas mit Jahren... aber viel mehr war einfach nicht drin. Er hatte wohl gesehen, dass sie zuletzt auf die Lyra gedeutet hatte, und er ahnte bereits, was sie am Schluss gefragt haben mochte – schwer war es ja nicht, darauf zu schließen. Aber zunächst musste das Sprachproblem geklärt werden. „Es tut mir leid... Ich verstehe nicht“, antwortete er, mit leichtem Bedauern im Blick. „Sprichst du Griechisch?“ Vielleicht konnte sie es ja, dann könnten sie sich ein wenig leichter unterhalten, jedenfalls was ihn betraf – andererseits musste er so oder so zusehen, dass er besser Latein lernte.

    Es gelang ihm nicht. Gut, man musste wohl dazu sagen, dass der Parther schon recht bald aufgegeben hatte, sich wirklich Mühe zu geben, dennoch: es gelang ihm nicht, und es wäre ihm so oder so nicht gelungen, auch nur halbwegs anständige Tonkombinationen hervorzubringen. Und Paris ließ ihn schmoren. Shayan argwöhnte, dass er das mit Absicht tat, um ihn zu bestrafen dafür, dass er das Instrument so malträtierte und der Grieche gezwungen war, ihm etwas beizubringen... andererseits konnte es aber auch sein, dass er ihn einfach nur vergessen hatte. Oder sich scheute, zurückzukommen. Immerhin galten die Anweisungen des Römers ja auch für ihn – er sollte ihm das Lyraspiel beibringen, und bereits nach den ersten Momenten, die Shayan mit dem Instrument in der Hand verbracht hatte, musste Paris so klar gewesen sein wie dem Parther, dass das vergebene Liebesmüh sein würde. Um die trotzdem keiner von ihnen beiden herumkommen würde, es sei denn, der Römer änderte seine Meinung.


    So vergebens es auch sein mochte, er klimperte weiter auf der Lyra herum. Er hörte leichte Schritte, die sich näherten, aber er schenkte ihnen wenig Beachtung – erst, als sie verstummten und stattdessen eine Stimme erklang, unterbrach Shayan die Bewegung seiner Finger und sah auf. Eine junge Frau hatte den Raum betreten und musterte ihn. Der Parther stützte die Lyra auf seinen Beinen ab, und so wie ihr Blick über seinen Körper glitt, glitt der seine über ihren. Dem Aussehen nach zu urteilen war die Frau ebenfalls Sklavin, sowohl was ihre Kleidung anging als auch allgemein ihr Äußeres. Sie sah gut aus... er kam nicht umhin, das zu bemerken, und sein Blick verharrte kurz auf ihrem Körper, bevor er wieder zu ihrem Gesicht zurückkehrte. „Ja, das ist es“, antwortete er schließlich, seine Stimme dunkel gefärbt vom parthischen Akzent. Natürlich war es eine Beleidigung, was er hervorbrachte. Es war nur nicht so, dass er eine Wahl hatte. „Mein Name ist Shayan. Ich bin hier, seit heute. Und du?“

    Mein musikalischer Custos Corporis sollst du sein... von den Musen geküsster Streiter... Bewahrer des Verfechters der Kunst...


    Heute noch sollst du zu Paris, dem Artifex gehen. Nachdem du dein Quartier bezogen hast. Die Lyra soll er dir lehren. Die Lyra, Göttin aller Instrumente!


    Das hatte der Römer gesagt. Und entsprechend seiner Worte hatte Shayan, nachdem er in den – für einen derart reichen Haushalt sehr… schlicht… anmutenden – Sklavenunterkünften seinen Platz gefunden hatte, diesen Paris aufgesucht. Dieser war, wenn das überhaupt möglich war, noch seltsamer als sein Besitzer. Eine Lyra hatte er bekommen, und seine erste Unterrichtsstunde bei Paris. Erfreut war der Mann gewesen, als er festgestellt hatte, dass Shayan Griechisch sprach. Noch erfreuter war er gewesen, als er gehört hatte, dass der Parther eine gewisse Bildung besaß, und dass sein Unterricht auch das Lehren der Künste beinhaltet hatte. Entsetzen hatte ihn überkommen, als er gesehen hatte, dass Shayan kaum eine Ahnung mehr hatte. Es hatte ihn einfach nie interessiert.


    Entsprechend war die Stunde zur Qual geworden, für ihn und für Paris. Da Paris allerdings die Order hatte, ihm die Lyra beizubringen, hatte er keine Gnade gezeigt. Und dann, irgendwann, war er gegangen, mit der Aufforderung, dass er – Shayan – zu üben habe. Üben, üben, üben. Bis seine Finger bluteten, wenn es sein musste. Am heutigen Tage hätte er in jedem Fall zu üben, bis er – Paris – wieder käme. Und so übte Shayan. Das hieß, er versuchte es, aber es ging ihm schon bald so sehr auf die Nerven, dass er mehr herumklimperte als tatsächlich die Übungen machte, die Paris ihm gezeigt hatte. Nicht, dass es klanglich irgendeinen Unterschied gemacht hätte. Der Parther hätte einiges dafür gegeben, hätte er statt der Lyra einen Bogen in der Hand und könnte mit diesem stundenlang trainieren. Er hatte aber nur die Lyra, und lediglich seine Selbstbeherrschung verhinderte, dass er das Instrument gegen die Wand schmetterte, sondern weiter über die Saiten strich und versuchte, Töne hervorzubringen, die etwas besser klangen als das Jaulen einer rolligen Katze.


    Sim-Off:

    Wer mag?

    Erneut war Shayan ein wenig irritiert, als der Flavier wiederholte, was er gesagt hatte. Er würde es lernen. Natürlich würde er es lernen. Und es war ja auch nicht so, dass er nicht bereits schon Latein gesprochen hatte mit seinem neuen Besitzer. Er war ja nicht erst seit kurzem in der Sklaverei, er hatte bereits Monate davon hinter sich. Der Parther allerdings beschloss, nichts mehr darauf zu sagen. Er hätte ohnehin nicht gewusst was, und er hatte das Gefühl, dass er es nur noch schlimmer machen würde – was sich auch gleich darauf zeigte, als ihm dieser unbedachte Kommentar entwischte. Diesmal zuckte er nicht zurück, als der Römer wieder mit der Hand in Richtung seines Gesichts schnellte, aber sowohl die Geste als auch der Tonfall und die Tatsache, dass der Mann kurz ins Lateinische wechselte, sagten Shayan, was er im Grunde schon gewusst hatte, während er gesprochen hatte: mit diesem Kommentar hatte er wohl die Grenze überschritten von dem, was einem Sklaven, noch dazu einem neuen, zugestanden wurde. Er nahm sich vor, sich noch besser zu beherrschen – und wurde gleich darauf erneut auf die Probe gestellt, als der Römer weiter sprach. Ihn Sklave nannte, als hätte er keinen Namen. Seine Worte, seine Einschätzung, einfach abtat. Und bei allem, was Shayan seit seiner Gefangennahme erlebt hatte, war doch immerhin sein voriger Besitzer jemand gewesen, der eine andere Einstellung ihm gegenüber gehabt hatte. Der ihn beim Namen genannt hatte, und der ihn als das gesehen hatte, was er war: als Soldat. Und der ihn als solchen auch respektiert hatte, irgendwie. Und dieser Römer hier begann nun etwas zu faseln, was es Shayan mehr als schwer machte, ruhig zu bleiben. Musikalischer Custos Corporis… von den Musen geküsster Streiter… Der Parther, dem man außer einem zweifelnden, fast unwilligen Zusammenziehen der Brauen kaum eine Regung in seiner Mimik ansehen konnte, wusste in diesem Augenblick nicht so recht, ob er heulen oder lachen sollte. Wenn es dem Römer ernst war, würde er sich vor allen zum Deppen machen, machen müssen. Und so sehr er sonst gewillt war, alles anzunehmen, was Ahura Mazda ihm auferlegte, fragte er sich in diesem speziellen Fall dann doch, was um alles in der Welt er angestellt hatte, um damit bestraft zu werden.


    Allerdings: er sagte nichts. Es gab nichts zu sagen. Wenn sein Besitzer wollte, dass er die Lyra lernte, war es das, was er tun würde. Der Römer würde noch früh genug merken, dass Shayan tatsächlich unmusikalisch war, oder besser: würde vermutlich denken, er gäbe sich nicht genug Mühe, wenn er tatsächlich der Auffassung war, dass jeder musikalisch sein konnte. Bei diesem Gedanken hätte der Parther am liebsten die Augen verdreht, was er jedoch unterließ. Wenn der Flavier wirklich so dachte, sah Shayan die ersten Strafen schon auf sich zukommen. „Ja, Herr“, war das einzige, was noch über seine Lippen kam, bevor er aufstand und wie befohlen den Raum verließ, während er sich zugleich – für den Moment wenigstens – jeden Gedanken daran verbot, was für einen komischen Kauz er nun als Besitzer abbekommen hatte.