Livianus schüttelte nur noch den Kopf und überlies das reden nun anderen. Das konnte doch alles nicht war sein. Zuerst war es die Kandidaturrede zum Aedilis, die Durus beanstandete und nun sollte es die Kandidaturrede zum Quaestor gewesen sein, die im Übrigen mindestens zwei Jahre zurück lag. Entweder der Mann hatte ein hervorragendes Gedächtnis oder aber er war ein Lügner, der sich nun allen Anschein nach selbst in seine widersprüchlichen Aussagen verstrickte. Wie dem auch war, die anderen mussten nun doch endlich erkennen, was an diesen Aussagen dran war. Selbst wenn diese Kandidaturrede so stattgefunden hatte, wie Durus den Anwesenden weiß machen wollte – sie waren über zwei Jahre her! Zwei Jahre, in denen man seine Meinung zigmal ändern konnte. Seufzend und fast resignierend sackte Livianus in sich zusammen und versuchte sich ab sofort aus dieser Diskussion heraus zu halten, bevor er noch jemanden an die Gurgel sprang.
Beiträge von Marcus Decimus Livianus
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Livianus war sichtlich enttäuscht über den Ausgang dieser Senatsdebatte. Wäre sein Cousin Meridius hier gewesen, dann hätte dieser sich bestimmt genauso für seine Heimat eingesetzt und Livianus den Rücken gestärkt. Aber was sollte man von Senatoren erwarten, die hier Entscheidungen über weitentlegene Provinzen trafen, zu denen sie absolut keinen Bezug hatten. Als Macer zu ihm herüber kam, sah er diesen überrascht an und konzentrierte sich, um keines seiner leise gesprochenen Worte zu überhören. Ebenso leise antwortete er seinen Senatskollegen.
„Die meisten hier kennen Hispania eben nicht so wie ich es kenne und es verbindet sie auch nichts mit dieser Provinz. Für mich ist es jedoch meine Heimat und wird es auch immer bleiben. Emotionen darf man mir in diesem Fall also nicht übel nehmen. Wenn ich nur könnte wie ich wollte….. aber lassen wir das.“
Erst dann kam er darauf zurück, Macers gestellte Frage zu beantworten.
„Ich bin eigentlich nur über die Tage des kaiserlichen Conventus hier. Sobald dieser Beendet ist, reise ich zurück nach Mantua. Warum fragst du?“
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Livianus hatte sich zwar auf die Aufforderung des Praefecuts Praetorio gesetzt, dennoch war das Thema noch lange nicht für ihn gegessen, auch wenn es den Anschein hatte, als ob sich dieser verdammte Patrizier nun aus der Affäre ziehen wollte. Beweise oder Konkrete aussagen hatte er bisher noch nicht vorgelegt oder zitiert. Diesmal versuchte er wieder ruhig und sachlich zu bleiben, auch wenn es mittlerweile in ihm brodelte und er diesen Patrizier am liebsten eigenhändig aus dem Palast geworfen hätte. Anstatt mit Durus zu sprechen, wandte sich Livianus jedoch diesmal direkt an den Kaiser.
„Mein Kaiser! Bitte verzeih mir meine emotionale Reaktion in dieser Sache, aber ich werde nicht mit ansehen, wie einer meiner Klienten hier derart verunglimpft wird. Ich erwarte mir, dass Tiberius Durus sofort Beweise für seine Anschuldigungen vorlegen muss. Ansonsten sehe ich mich gezwungen eine Anklage nach § 84 des Codex Iuridicialis gegen ihn zu erwirken.“
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„In dem du nicht mehr über die Vergangenheit, sonder nur noch deine Zukunft sprichst.“
Livianus wirkte Müde und erschöpft. Für ihn war das Gespräch damit beendet und er nahm wieder die Schriftrollen auf, die er zuvor zur Seite gelegt hatte. Sein Blick blieb jedoch weiterhin auf Miriam, die wie angewurzelt vor ihm stand und offenbar tief gerührt war.
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Jetzt reichte es! Livianus platzte nun endgültig der Kragen, als er die letzten Worte von Durus hörte. Die Umgebung, die Hungi ansprach, hatte er schon lange außer Acht gelassen. Seine flache Hand krachte auf den Tisch und er sprang wutentbrannt auf.
„Patrizier! Ich sage es dir ein letztes Mal! Hüte deine Zunge und stelle hier keine derart absurden und unhaltbaren Anschuldigungen in den Raum! Wie kannst du es wagen die Ehre eines bisher unbescholtenen und angesehenen Bürger Roms derart vor dem Kaiser in den Schmutz zu ziehen. Artoria Medeia hat die ersten beiden Stufen des Cursus Honorum absolviert, war lange Zeit kaiserliche Hofdame und ist mein Klient. Du denkst doch nicht im ernst, dass irgendjemand hier deinen Worten glauben schenkt!“
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Livianus reagierte auch die Aussage von Hungaricus nur mit einer abwertenden Handbewegung in dessen Richtung. Auch wenn er längere Zeit nicht mehr im Senat anwesend war, hatte sich nichts verändert. Man redete immer noch alles schön um auf möglichst wenig Konfliktpunkte zu treffen. Für ihn war diese Diskussion jedenfalls beendet.
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Livianus nickte zufrieden.
„Gut Miriam! Dann wird es so geschehen, wie ich es eben gesagt habe. Ich werde Morgen das notwendige Schreiben aufsetzen, dass dir deine Freiheit schenkt. Für heute machst du am besten Schluss und ziehst dich zurück. Ich denke das war alles ein wenig viel für dich. Morgen Vormittag reden wir dann weiter.“
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„Gut Tribun! Dann einen schönen Tag noch.“
Livianus salutierte und verließ den Raum.
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IN NOMINE IMPERII ROMANI
ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTIERHEBE ICH DEN
CIVIS
CAIUS CLAUDIUS CUNCTATORMIT WIRKUNG VOM
ANTE DIEM VIII ID DEC DCCCLVI A.U.C. (6.12.2006/103 n.Chr.)
ZUM
LEGIONARIUS
CAIUS CLAUDIUS CUNCTATOR
LEGIO I TRAIANA -
"Gut, dann soll es so geschehen. Ich werde heute noch seine Ernennungsurkunde aushängen lassen."
Er ging wieder langsam Richtung Türe während er sprach.
"Dann wäre wohl alles besprochen?"
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Livianus seufzte leise.
„Nun ich habe mir gedacht, dass es vielleicht an der Zeit wäre dir die Freiheit zu schenken. Es bleibt dir natürlich überlassen welchen Weg du danach einschlagen möchtest, aber es würde mich sehr freuen, wenn du als meine Angestellte hier bleibst. Du würdest in Zukunft für deine Arbeit entlohnt werden.“
Es gab dazu zwar noch mehr zu sagen, doch er wollte sie nicht überfordern, da dieses Angebot ohnehin schon aufregend genug sein musste, für einen Menschen, der sein bisheriges Leben ständig als Eigentum betrachtet wurde.
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„Dein Cousin von der Ala II Numidia sagst du? Nun…. Die Ala wird von meinem Bruder Magnus geführt. Ich kann also davon ausgehen, dass er eine gute Ausbildung erhalten hat und auch hier bei der Legio gute Dienste leisten wird. Das Beste wird sein, wenn ich ihn auf Grund seiner Erfahrung der Legionsreiterei zuteile. Da er seine Grundausbildung wohl auch schon abgeleistet hat und dein Verwandter ist, werde ich ihn in den Rang eines Eques versetzen. Ich denke für den Anfang sollte dies gerechtfertigt sein. Die Zeit wird dann zeigen, wie er sich entwickelt.“
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„Die Freiheit zu erlangen, heißt nicht alles zurück zu lassen und auf sich allein gestellt zu sein. Der ehemalige Sklave ist weiterhin Klient seines früheren Herren und kann immer noch für ihn arbeiten. Nur eben unter anderen Bedingungen. Würde dir das nicht gefallen?“
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Erstaunter und verwirrter als zuvor, starte Livianus die kleine Sklavin an. Es viel ich schwer die vielen Gedanken, die diese Satz in seinem Kopf auslöste, in Worte zu fassen.
„Er hat sich das Leben genommen? Aber….. Wie? ….. Warum? Ich meine….. es war doch alles in Ordnung, als ich Italia verlassen habe."
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Er wartete ab, bis Miriam sich gesetzt hatte und sprach dann mit ruhiger Stimme weiter.
„Es ist eine etwas ungewöhnliche Frage, die ein Herr seiner Sklavin normalerweise nicht stellt, aber dennoch interessiert es mich und ich hoffe, dass du mir auch ehrlich antwortest. Was würdest du mit deinem Leben anfangen, wenn du morgen keine Sklavin mehr wärst?“
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Livianus sah auch und legte die Schriftrollen zur Seite, als er Miriam hörte. Er sah auf und zeigte zugleich auf eine freie Kline neben sich, auch wenn es nicht üblich war, dass Frauen - geschweige denn Sklaven - auf einer Kline Platz nahmen.
„Bitte setzt dich zu mir. Ich möchte etwas mit dir besprechen.“
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Sichtlich verdutzt sah Livianus die Sklavin an.
„Was meinst du damit – er ist nicht hier? Wo ist er? Ist etwas passiert?“
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Livianus lächelte erfreut und zeigte damit, dass er mit der Art und dem Ausgang des Gesprächs außerordentlich zufrieden war. Als der Tribun jedoch fragte, ob er noch gebraucht wurde, konnte sich Livianus ein breiteres grinsen nicht verkneifen. In seiner Euphorie hatte Vesuvianus wohl vergessen, dass auch er etwas vom Legaten wollte.
„Gut Tribun! Dann verbleiben wir so. Wolltest du nicht auch noch etwas mit mir besprechen?“
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Nun konnte sich Livianus ein sarkastisches Lächeln nicht verkneifen und wandte sich wieder an Tiberius Durus.
“Dann hoffe ich für dich, dass du zumindest mit mir und den anderen Mitgliedern des Konvents dieselben Ansichten über Traditionen teilst. Sonst wird es beim nächsten Conventus vielleicht die selbe Depatte geben, wenn es um deine Ernennung zum Senator geht.“
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Nun wurde es Livianus aber zu bunt. Sichtlich aufgebracht wandte er sich an Tiberius Durus.
„Woher nimmst du das Recht solche fadenscheinigen und unhaltbaren Anschuldigungen in den Raum zu stellen? Sollte es dir entgangen sein – du sitzt hier bei einem kaiserlichen Konvent. Hier ist kein Platz für solches Marktweibergewäsch. Also zügle deine Zunge und wage es nicht, solche Lügen über einen meiner Klienten zu verbreiten!“
Auch wenn Livianus nicht davon ausging, dass der Kaiser den Worten dieses Patriziers keine Bedeutung schenkte, so wollte er dieser Aussage dennoch deutlich entgegen treten.
„Mein Kaiser! Wenn es dir in deiner Entscheidungsfindung hilft, so bürge ich persönlich für Artoria Medeia und ihre Aufnahme in den Senat.“
Dies sollte dem ganzen nun weitaus mehr Gewichtigkeit verleihen, als es bisher der Fall war. Immerhin war Livianus ein angesehenes Mitglied der römischen Oberschicht und ein Klient des Kaisers. Ein solcher Bürge konnte oft Berge für seine Klienten versetzen.