Beiträge von Marcus Decimus Livianus

    Mit einem sarkastischen Ton und einer abfälligen Handbewegung antwortete Livianus in Hungaricus Richtung.


    „Soll ich mich nicht engagieren wenn es um nichts Geringeres als meine Heimat geht?! Oder sind Senatoren mit Engagement in diesen Zeiten so etwas Ungewöhnliches geworden? Aber natürlich Senator Hungaricus - Warten wir! Das ist bestimmt die beste Lösung auf alle Probleme des Senats.“

    Livianus warf Crassus einen ungewohnt verärgerten Blick zu. Crassus sollte wissen, dass es sich bei Artoria Medeia um einen seiner Klienten handelte und da auch Crassus sein Klient war, erwartete er sich nicht, dass dieser ihm bei einer so wichtigen Angelegenheit in den Rücken viel, sonder das er ihm dabei unterstütze. Immerhin würde sich Livianus genauso für ihn einsetzen, wie er es nun für Artoria Medeia versuchte. Um Crassus letzter Aussage entgegen zu wirken, ergriff Livianus kopfschüttelnd das Wort.


    „Dann kann der Kaiser also wirklich in Zukunft auf einen Beraterstab verzichten, wenn es um Ernennungen geht. Denn es kommt bestimmt ausgesprochen selten vor, dass die meisten von uns die Personen auch persönlich kennen, um die es hier geht.“

    Das zustimmende nicken von Livianus verriet die Antwort bereits vorab.


    „Ich werde dir diesbezüglich nichts dreinreden Tribun, erwarte aber vor allem in der Anfangzeit regelmäßige Berichte von dir. Es ist eine sehr neumodische Art des Unterweisens von Unteroffizieren, die nicht in allen Legionen ihren Zuspruch findet. Ich erwarte mir dennoch einen großen Vorteil daraus und bin natürlich sehr an den Ergebnissen dieses Versuches interessiert. Sollte sich die Legionsschola nicht so gestallten wie ich es mir vorstelle, dann werden wir sie wohl wieder einstellen.


    Aber keine Sorge – ich lasse dir genug Zeit und Freiraum um dieses Projekt voranzutreiben und hoffe, dass es sich nach einiger Zeit sogar als fester Bestandteil der Unteroffizierslaufbahn in unserer Legio etabliert. Mir ist klar, dass du einige Zeit brauchen wirst um dich auf diese neue Aufgabe vorzubereiten, ich erwarte mir jedoch, dass der erste Unteroffizierskurs in den nächsten Wochen starten kann. Wenn du möchtest, dann können wir uns gerne auch vorher noch einmal zusammensetzen und die Kursthemen besprechen.“

    Livianus hatte in einigen leer stehenden Räumen im hinteren Teil der Principia die Zwischenwände entfernen lassen, um daraus Platz für einen größeren Saal zu gewinnen. Die Arbeiten waren vor wenigen Tagen fertig gestellt und der Raum nach Abschluss der Neugestaltung mit einigen Sitzreihen ausgestatten worden. Der neue Lehrsaal bot nun Platz für ca. 50 Personen und war mit einem kleinen Podium am Ende des Raumes versehen. Tribun Vesuvianus und der Legat betraten den Saal.


    „Ich habe hier einen Lehrsaal einrichten lassen und möchte hier eine Lehrveranstalltungen für unsere Unteroffiziere etablieren, die spezielle Schulungen und Ausbildung für angehende, aber auch für bereits kommandierende Unteroffiziere bietet.“


    Bei den Worten ließ er seinen Blick durch den Raum schweifen und ging gefolgt von Vesuvianus nach vorne zum Podium.


    „Das einzige das nun noch fehlt ist ein Offizier, der diese Ausbildung leitet. Ich habe dabei an dich gedacht. Du hast bereits die wichtigsten Kurse an der Militärakademie absolviert und bringst sehr viel Erfahrung im Umgang mit Mannschaft und Gerät mit. Ich bin überzeugt, dass die zukünftigen Schüler nur von deinem umfangreichen Wissen profitieren würden. Was hältst du von diesem Vorschlag Tribun?“

    Livianus hackte bei Macers letzter Aussage ein und nickte bestätigend.


    “Macer hat vollkommen Recht. Viele Senatoren, unter anderem auch ich, konnten vor ihrer Aufnahme in den Senat lediglich militärische Erfahrung und die ersten Stufen des Cursus Honorum mitbringen und mussten erst nach und nach die hohe Kunst der Politik erlernen. Ich bin mir sicher, dass es Medeia nicht sehr schwer fallen wird, es uns in diesem Punkt nachzumachen.“

    Livianus schüttelte verneinend den Kopf.


    „Ich hab nur einige Offiziere und Unteroffiziere mitgenommen. Es sind um die zehn Soldaten. Also eigentlich kaum merkbar – auch wenn dies für genug Probleme und Anfangsschwierigkeiten mit den hiesigen Offizieren gesorgt hat. Aber was höre ich da? Du suchst nach neuen Herausforderungen? Sagt dir der Dienst bei den Prätorianern nicht zu? Vielleicht kann ich dir helfen. Also sprich.“

    Livianus schüttelte schmunzelnd den Kopf und sah die beiden Vorredner abwechselnd an.


    „Gut! Dann hoffe ich, dass einer von euch auch Taten auf diese wunderbaren Worte folgen lässt und sich nicht der von Quarto erwähnten Verantwortung entzieht, wenn es darum geht einen neuen Statthalter für Hispania zu finden, der die Provinz und ihre Verwaltung endlich wieder unter Kontrolle bringt.“

    Livianus hörte dem Präfekten aufmerksam zu und schaute immer wieder auf die Wachstafel, um Punkt für Punkt geistig abhacken zu können. Beim letzten Punkt musste er zuerst den Klos im Hals hinunterschlucken und sagte einen kurzen Moment lang nichts, eher er aufsah und dieses Thema professionell überspielte.


    „Sehr gut Plautius! Du hast wirklich hervorragende Arbeit geleistet. Ich danke dir. Eigentlich kann ich ja gleich meinen Tisch räumen und dir das Kommando überlassen.“


    Livianus rang sich ein kurzes Lächeln ab, machte aber sofort wieder ein ernstes Gesicht.


    „Nachdem du alle angesprochenen Punkte bereits voll unter Kontrolle hast, werde ich mich nicht großartig einmischen. Es wird wohl auch einige Zeit dauern, bis ich mich wieder eingearbeitet und mir einen Überblick verschafft habe. Halte mich am Laufenden und sprich mich an, wenn du meine Hilfe brauchst. Von meiner Seite aus gibt es hier keine wesentlichen Punkte anzufügen. Ich möchte lediglich, dass du den Dienstplan neu überarbeitest und mir in den nächsten Tagen eine Liste mit deinen Beförderungsvorschlägen zukommen lässt. Sprich hier bitte mit den Kommandanten der einzelnen Cohorten.


    Ich habe gesehen, dass du einige Beförderungen vorgenommen hast und konnte dabei keinerlei Unstimmigkeiten erkennen. Ich werde also jede einzelne nachträglich Bestätigen und absiegeln. Gibt es von dir offene Punkte auf die du noch näher eingehen möchtest?“

    „Ich würde eher dazu tendieren die senatorische Verwaltung der Provinz wieder an den Kaiser abzugeben und ihn den Vorschlag zu unterbreiten, die Legio IX Hispana von den Grenzen Germaniens wieder zurück in ihre Heimat zu verlegen und Senator Spurius Purgitius Macer als Legatus Augusti pro Praetore einzusetzen.“

    „Soweit ich den Gesetzestext im Kopf habe, kann ein Corrector neben einem Proconsul oder Legatus Augusti pro Praetore in eine Provinz geschickt werden, um dessen Tätigkeit zu überprüfen. Aber wie dem auch sei. Ich stelle hiermit den Antrag im Anschluss an die Diskussion eine Abstimmung abzuhalten, ob der Proconsul weiterhin in seinem Amt bleiben soll oder der Senat es ihm entzieht."


    Bei diesen Worten wandte sich Livianus an den Princeps Senatus.

    Im Haus war es ungewohnt ruhig und Livianus zog sich in die Bibliothek zurück. Die Sklaven hatten einige Kohlenschalen aufgestellt und der Raum war angenehm warm. Auf einen kleinen Beistelltisch stand eine Schale heißen Tee bereit und Livianus ließ sich auf einer der Kline nieder. Gleich darauf betrat einer der Sklaven den Raum und brachte einige Schriftrollen, die er dem Legaten übergab. Livianus nickte dankend.


    „Miriam soll kommen.“


    Der Sklave verneigte sich knapp und verschwand wieder, um die ihm aufgetragene Aufgabe zu erfüllen.

    Livianus seufzte Tief und suchte sichtlich nach Worten.


    “Vesuvianus…..Seit ich mit einigen Offizieren aus Germania gekommen bin, um das Kommando über die Legio I zu übernehmen ist nun einige Zeit vergangen. Ich dachte eigentlich, dass wir die anfänglichen Probleme und die Eingewöhnungszeit überstanden hätten. Ich weiß, dass es keine einfache Situation für die Soldaten und die Offiziere der Legio war, binnen kürzester Zeit zwei Kommandowechsel mitzuerleben, aber ich denke, dass es endlich angebraucht ist dieses kleinkarierte und engstirnige Denken abzulegen…. von beiden Seiten. Auch wenn ich nicht immer mitten im Geschehen bin, so weiß ich sehr wohl, was rund um mich vorgeht und was meine Männer denken.


    Wie schon gesagt… wenn du siehst, dass Plautius oder jemand anderer Fehler macht, dann erwarte ich mir von einem guten Offizier, dass er seine Hilfe anbietet und versucht seinem Kameraden mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Ich weiß dass du sowohl mit meiner Art der Kommandoführung als auch mit allen anderen Offizieren die ich aus Germanien mitgenommen habe seit Anfang an große Probleme hast und um ehrlich zu sein bereitet mir das große Sorgen. Ich muss mich darauf verlassen können, dass meine Untergebenen zu hundert Prozent hinter mir stehen…. Sowohl im Krieg, als auch in Friedenszeiten. Auch Unruhestifter oder Aufwiegler werde ich keines falls dulden. Du wirst dich also entscheiden müssen. Entweder du machst eine Kehrtwendung um hundertachtzig Grad und versuchst dich aktiv in die Kommandostruktur und in den Offizierskader einzugliedern, oder du musst darüber nachdenken, ob die Legio I noch das Richtige für dich ist. Sollte Zweiteres zutreffen, so kann ich dir versichern, dass ich darum bemüht sein werde, dir einen Tribunenposten in jeder anderen Einheit zu beschaffen, die du für deine weiteren Weg als förderlich erachtest.“