Beiträge von Marcus Decimus Livianus

    Vom Bad kommend betrat Livianus sein Zimmer. Es war dunkel und die Sklaven hatte einige Kerzen angezündet, die den Raum in einem merkwürdigen Lichtspiel erscheinen ließen. Er ging zu seinem kleinen Schreibtisch, der in der Ecke des Raumes stand und setzte sich auf den Stuhl. Sein Blick streifte gedankenlos durch das Zimmer und blieb schließlich auf dem Tisch vor ihm stehen. Ein Sklave hatte dort sein Gladius abgelegt, das er nun mit seinen Augen fixierte und seinen Körper langsam in diese Richtung drehte. Seine zittrige Hand griff nach dem Schaft des Schwertes und zog es aus der fein gearbeiteten Lederscheide. Das flackernde Licht der Kerzen spiegelte sich im blank polierten Stahl wider und Livianus beobachtete es eine Zeit lang, ehe er seine Augen schloss und das Schwert langsam umdrehte, so dass die Spitze nun auf seinen Bauch zeigte.


    Seine Gedanken waren bei Aemilia. Wie sehr sehnte er sich danach sie wieder in seine Arme zu schließen, sie zu berühren, sie zu küssen…… Er wollte bei ihr sein….. mit ihr vereint sein…. wenn nicht im Leben, dann im Tod. Er sah sie vor sich. Er sah die Bilder ihrer Verlobung und ihrer Hochzeit, er erinnerte sich an den Moment, als sie sich zum ersten Mal begegnet waren. Lucidus hatte sie mit ins Haus gebracht und die beiden einander vorgestellt. Er Erinnerte sich, was für eine wunderschöne Braut sie war. Er erinnerte sich an ihren ersten Kuss, an die erste Berührung, an ihren ersten Beischlaf. Sie war so zart und lieblich, fast zerbrechlich… und ihr lächeln…. Es war das schönste Lächeln, dass er je gesehen hatte.


    Tränen traten in seine Augen und er spürte bereits die Spitze der Klinge, die er sich nun an seinen Bauch angesetzt hatte. Es war nicht mehr weit und die beiden würden endlich wieder vereint sein. Wie lange hatte er sie nicht gesehen! Wie sehr hatte er sich gewünscht, dass sie zu ihm zurückkommen würde! Die Vorstellung wieder mit ihr gemeinsam über grüne Wiesen zu wandern und nie mehr von einander getrennt zu sein ergriff völligen Besitz von seinem Herz und schalteten den Verstand aus. Der Druck seiner Hand auf den Griff des Schwertes verstärkte sich…..

    Livianus schloss seine Augen als Miriam damit begann ihn abzutrocknen. Er befand sich plötzlich auf einer grünen Wiese, die Sonne strahlte hell vom blauen Himmel und der frische Duft der Wiesenblumen lag in der Luft. Da war auch Aemilia! Mit einem breiten Lächeln im Gesicht kam sie langsam auf ihm zu und er streckte die Hand nach ihr aus um sie zu berühren. Doch umso weiter er seinen Arm in ihre Richtung ausstreckte umso länger kam ihm der Weg bis zu ihr vor. Ja! Sie schien so nah und war doch unerreichbar für seine Hand. Egal wie sehr er sich auch anstrengte, sein Arm schien immer ein Stück zu kurz um sie zu berühren.


    „Aemilia!!!“


    Als er ihren Namen laut ausschrie riss er dabei die Augen auf und sah sich verwirrt um. Mit großen Augen starrte er die Sklavin an, die mit einem Tuch in der Hand vor ihm stand. Erst jetzt wurde ihm bewusst, wo er war und seine Pupillen zogen sich wieder etwas zusammen. Er griff nach einer trockenen Tunika und zog sie sich über den Kopf. Ohne die Sklavin anzusehen verlies er das Bad und ging in sein Zimmer.

    Livianus saß noch eine ganze Weile so da und ließ seinen Gefühlen freien lauf. Auch wenn es ihm in dieser Situation nicht bewusst war, so war die Anwesenheit und Nähe eines anderen Menschen in diesem Moment doch sehr wichtig für ihn. Als er sich wieder einigermaßen beruhigt hatte, tauchte er seine Hände in das warme Wasser und wusch sich das Gesicht. Er spürte wie sein ganzer Körper kribbelte und sich mittlerweile erholt hatte. Er stand auf, ohne die Sklavin dabei anzusehen, stieg aus dem Becken und wartete bis sie damit begann ihn abzudrocknen.

    Das warme Wasser floss über Livianus Rücken und wärmte seinen Körper wieder einigermaßen auf. Seine Wangen waren wieder etwas gerötet und seine Lippen hatten diesen bläulichen Farbton verloren. Plötzlich und völlig unerwartet schoss Livianus Hand nach oben und packte Miriams Arm, als dieser genau über seinen Schultern war. Mit großen Augen sah er die Sklavin an und man konnte deutlich erkennen, wie ihm wieder Tränen in die Augen stiegen.


    “Sie……sie ist Tod! Aemilia! Sie ist Tod!“


    Seine Hand lies wieder los und sank zurück in das wärmende Becken, während sich sein Kopf wieder nach unten neigte und er bitterlich zu Weinen begann.

    „Ich danke dir Maximus. Ich hoffe du verzeihst mir meine unmilitärische Bekleidung, aber ich……“


    Er konnte die letzten Worte nicht mehr Aussprechen ohne dabei an seinen Verlust zu denken und dabei zu riskieren, die Kontrolle über seine Gefühle zu verlieren.…. er war in Trauer….. und wie jeder anständige und ehrbare Römer würde er dies auch zeigen, in dem er noch einige Zeit Schwarz trug.

    Livianus nickte seinem Bruder dankend zu.


    "Schon gut! Ich danke dir Bruder!"


    Aber nun war nicht die Zeit für Privatgespräche. Wie gerne hätte Livianus sich diese Tortur erspart und Seneca geschickt, doch da dieser im Feldzug gegen die Priraten war, musste er selbst zur Stabsbesprechung kommen. Livianus sah seinen Bruder noch einmal kurz in die Augen und wandte sich dann ab. Sein ausdrucksloser Blick traf nun den von Meridius und er nickte ihm begrüßend zu.


    „Gerne Medeia!“


    Begleitet von der Leibwache des Legaten, setzten sich die beiden in Bewegung. Livianus bot Medeia seinen Arm an, um sich bei ihm einzuhacken und sah sie dann erwartungsvoll an.


    „Was kann ich für dich tun?“

    Livianus nickte nur und öffnete langsam die seitlichen Schnallen seiner Rüstung, um diese dann abzunehmen. Mit Hilfe von Miriam entfernte er die Beinschienen und zog sich dann die Militärtunika über den Kopf. Die Prozedur dauerte einige Zeit und eine wirkliche Hilfe war Livianus wohl kaum für die Sklavin. Aber schließlich hatten sie es geschafft und Livianus stand lediglich in seinem Lendenschurz bekleidet vor ihr, zitterte jedoch mehr als zuvor.

    Verwundert sah Livianus seinen Cousin an.


    „Ich ging eigentlich davon aus, dass er diesen Plan mit dir abgestimmt oder dich zumindest informiert hat?“


    Wusste Meridius nichts von diesem Einsatz gegen die Piraten? Welch Ironie! Livianus war hier ums sich Rechtzufertigen, weil er nicht um Erlaubnis gefragt hatte nach Rom zu reisen, während ein anderer Kommandant das Leben tausender Männer aufs Spiel setzte ohne den Legatus Augusti auch nur annähernd darüber nicht zu informieren.

    Livianus ging auf seinen Bruder Magnus zu und umarmte ihm kurz. Meridius, der direkt daneben stand, ließ er zu diesem Zeitpunkt noch unbeachtet. Seine Hände waren zittrig und es viel ihm schwer zu reden. Leise sagte er zu Magnus


    „Aemilia ist gestorben. Ich habe einen Brief von ihren Eltern aus Britannien erhalten, in dem sie mir mitteilten, dass sie ihrer Krankheit erlegen ist.“


    Man konnte erkennen, dass er seine Tränen zurückhalten musste.

    Miriam hatte Livianus genau im richtigen Moment erreicht, denn als sie ihm stütze verliesen ihm endgültig seine Kräfte. Er legte seinen Arm um die Sklavin und versuchte dabei nicht sein ganzes Gewicht auf ihr abzuladen sondern mitzuhelfen, so gut ihm seine Beine noch gehorchten. Das sie ihm jedoch ansprach bekam er nicht wirklich mit sondern starrte nur mit leeren Blick weiter in das Nichts.

    „Ich denke das ist den Offizieren bewusst. Praefectus Annaeus Florus ist ein fähiger Mann der bestimmt weiß was er tut. Soweit ich den Plan verstanden habe, soll die Flotte die Piratenschiffe an die germanische Küste drängen, wo die Truppenteile der Legio warten um sie in Empfang zu nehmen. Sollte der Plan aufgehen, werden meine Soldaten nicht einmal ein Schiff betreten müssen.“