Beiträge von Marcus Decimus Livianus

    Livianus sah zu Crassus.


    "Ich nehme an, du hast die gerade das gleiche gedacht wie ich. Die Verstärkung wird nicht mehr rechtzeitig eintreffen. Ich glaube auch nicht das die Ablenkung mit den Rinder lange anhalten wird.“


    Livianus sagte einen Augenblick lange gar nichts, bevor er weiter sprach.


    „Mir geht die ganze Zeit schon eine Idee durch den Kopf und ich möchte, dass du sie dir anhörst. Wir sollten die Ablenkung durch die Rinder und die Dunkelheit nutzen und sofort alle brennbaren Flüssigkeiten wie Pech usw. das wir hier in Numantia auftreiben können zusammentragen. Dann könnten wir sie im Schutz der Dunkelheit, außerhalb der Palisaden, rund um die Stadt verteilen. Sollten uns die Aufständischen angreifen können unsere Bogenschützen im richtigen Moment brennende Pfeile auf diese Stellen schießen lassen und hätten so die Möglichkeit die Anzahl der angreifenden Gegner enorm zu dezimieren…“


    „Was sagst du dazu? Ich weiß es ist riskant, aber besser als nichts. Und wenn sie im Sturmangriff auf uns zu laufen werden sie nicht darauf achten wie der Boden unter ihnen aussieht. Erst wenn es zu spät ist….“

    Als Livianus erkannte, dass es sich bei diesem Meldereiter um seinen Bruder handelte, kam er näher auf ihn zu. Er packte ihn an der Schulter und sagte mit ruhiger Stimme.


    „Es tut gut dich in einer solch dunklen Stunde zu sehen, Bruder. Vor allem mit dieser guten Nachricht. Wann wird die Verstärkung hier eintreffen?“

    Livianus stand neben Crassus und schüttelte den Kopf. Crassus konnte wahrscheinlich erkennen das Livianus mit der einsamen Rolle des Kommandanten maßlos überfordert war. Er war Centurio - also ein Offizier der Befehle ausführt und kein großer Feldherr, wie sein Cousin Meridius, der es verstand Truppen in die Schlacht zu führen. Livianus versuchte dennoch ununterbrochen dieses Bild vor seinen Männern aufrecht zu erhalten. Sie durften davon nichts merken, denn sie verließen sich auf ihn.


    Obwohl die beiden Männer mitten im Getümmel der umherlaufenden Soldaten standen, fühlte sich Livianus als wäre er ganz alleine. Er war der Kommandant und jeder dieser Männer vertraute ihm sein Leben an, egal wie es ausging. Diese Bürde, die er tragen musste, viel ihm zunehmend schwerer. Immerhin war er mitentscheidend an Leben und Tod seiner Männer.


    Er sah Crassus einen Moment lang tief in die Augen und flüsterte ihm dann zu.


    „Ich weiß es nicht Crassus. Ich weiß es nicht… Angesichts einer solchen Übermacht. Wir können nur hoffen das Verstärkung kommt, sonst…"


    Er sprach nicht weiter und senkte seinen Kopf.


    Ein Legonär kam angelaufen und meldete einen Meldereiter aus Tarraco. Livianus sah noch einmal zu Crassus auf ohne dabei ein Wort zu verlieren und die beiden Männer gingen dem Legionär nach, der sie zum Meldereiter brachte.


    Es brannte keine Fackel und war daher sehr dunkel, als Livianus den Meldereiter gegenüber trat. Er konnte nicht erkennen, dass es sich um seinen Bruder handelte, den er schon sehr lange nicht mehr gesehen hatte. Vielleicht war es auch besser so. Denn dies hier war nicht der richtige Ort für ein freudiges Wiedersehen wie man es sich wünschte.


    „Meldereiter, berichte!“

    Livianus dachte eine kurze Zeit lang über den Vorschlag von Cotta nach.


    „Versuchen wir es. Gegen eine solche Überzahl an Gegnern haben wir im offenen Feldkampf ohnehin keine Chance. Und diese Idee ist besser als keine. Vielleicht können wir den Gegner so von einem sofortigen Angriff auf die Stadt abhalten. Wir werden uns in die Stadt zurückziehen und versuchen hinter ihren Palisaden zu verschanzen. Wenn der Gegner uns nicht sofort überrennt und bis morgen früh wartet, können wir uns in der Zwischenzeit auf eine Belagerung vorbereiten.“


    „Cotta! Du nimmst dir so viele Männer du brauchst und bereitest die Rinder vor!“


    Dann suchte der Centurio mit seinen Blicken nach Crassus.


    „Crassus!!! Schicke sofort deinen besten Reiter los. Er muss Verstärkung holen. Wir können nur hoffen, dass sie dann rechtzeitig eintrifft und wir einer Belagerung standhalten.“


    „Also dann. Rückzug in die Stadt!!! Beeilt euch!!!

    Livianus sah Probatus Cotta und Legionarius Balbus bei einigen anderen Legionären stehen und rief die beiden zu sich.


    „Cotta, Balbus!!! Kommt mal her!“


    Diese drehten sich erschrocken um und beendeten sofort das Gespräch mit ihren Kameraden und eilten zum Centurio.


    „Ihr beide seit mir beim Bau der Brücke in Celsa sehr positiv aufgefallen. Ich habe einen besonderen Auftrag für euch. Seht ihr da oben das Waldstück auf dieser Anhöhe?“


    Lvianus zeigte mit der Hand in die Richtung aus der sie gekommen waren. Die beiden nickten.


    „Man hat von dort einen guten Überblick auf das Tal rund um Numantia. Wenn es dämmert werdet ihr euch dort hin begeben und von da oben Ausschau halten. Ihr seht sowohl in unser Tal, also auch in das Nachbartal. Such euch einfach einen guten Platz. Von mir aus auf einem Baum wenn es sein muss. Solltet ihr etwas Auffälliges bemerken dann schlägt ihr sofort Alarm. Und achtet darauf, dass ihr nicht einschläft! Habt ihr verstanden?“

    „Gut Crassus! Vielleicht könntest du ein paar deiner Reiter für Patrouillenritte einteilen. Falls es Überraschungen gibt.“


    Dann wandte sich Livianus um und suchte Optio Vocatus.


    „Optio Vocatus!!!“


    Der Optio kam auf Livianus zu.


    „Optio. Wir werden vor der Stadt übernachten. Kümmern sie sich bitte um alles und teilen sich Wachmannschaften ein.“

    Livianus nickte zuerst zustimmend mit dem Kopf, warf aber nach kurzem Überlegen ein:


    „Ich denke, dass die feindliche Reiterei, auf die wir trafen lediglich eine Vorhut war – so wie wir eine haben. Also warum sollten sich die Feinde wieder zurückziehen wenn sie bereits bis hier her vorgedrungen sind? Sie werden sicher andere Pläne haben, aber welche?“

    Nachdem Livianus Decurio Crassus das Signal zum Nachrücken geben lies, versammelten sich die Offiziere beim Rathaus der Stadt.


    Pilus Prior Livianus war gerade dabei den Duumvir und die Magistrate zu beruhigen und ihnen das Missverständnis so gut wie möglich zu erklären, als er Crassus mit einigen Reitern der Nachhut herantraben sah. Der Rest der Reiterei hatte sich mit der II. Cohorte vor der Stadt wieder zusammengesammelt und die Legionäre ruhten sich etwas aus.


    Livianus versuchte das Gespräch mit der aufgeregten Stadtverwaltung schnell zu beenden und widmete sich den Offizieren die bereits ratlos um eine Landkarte versammelt standen.


    „Verdammt!! Wie konnte das passieren! Ich befürchte wir haben keine Ahnung wo sich der Feind gerade befindet. Oder?“


    Mit diesen Worten ging Livianus auf die anderen Offiziere zu.


    „Hat irgend jemand Ideen oder Vorschläge?“


    Livianus sah ratlos in die Runde und wartete auf eine Reaktion der anderen.

    Herzlich Willkommen Bruder! Ich denke zu einem schnelleren Erhalt des Bürgerrechts kann dir Vater nicht helfen - da gibt es höhere Stellen! Aber du solltest dich danach in unserer Casa einfinden. Dort wird dir sicher gerne jemand aus der Familie weiterhelfen.

    Der Vorhut kam zur Cohorte zurück und einer der Reiter machte Meldung.


    „Centurio, hier ist nichts. Und wenn ich sage nichts, dann meine ich nichts. Wir sind bis kurz vor die Stadt geritten und haben keine einzige Menschenseele gesehen. Als ob alle vom Erdboden verschluckt wurden.“


    „Oder man hat sie rechtzeitig gewarnt und sie wurden evakuiert.“ unterbrach Livianus den Reiter. „Gut dann werden wir uns das mal ansehen. Gliedert euch in die Gefechtsformation ein.“


    Livianus gab seinem Pferd die Sporen und sah noch einmal auf Numantia herab. Leise murmelte er vor sich hin.


    „Hmmm… mir kommt das alles sehr Merkwürdig vor. Man sieht keinen einzigen Einwohner in der Stadt. Aber auch keinen möglichen Feind. Er müsste sich doch auf unser Eintreffen vorbereitet haben, wenn er uns hier entgegentreten möchte.“


    Livianus winkte einen Meldereiter zu sich und gab ihm Befehle.


    „Reite unauffällig zu Decurio Crasssus. Er wartet mit seinen Männern da oben in diesem Waldstück. Sag ihm er soll sich in Bereitschaft halten und nicht sofort eingreifen. Ich rechne mit einem Hinterhalt. Er soll uns den Rücken frei halten. Wir werden in Kürze auf Numantia zumarschieren.“


    Der Meldereiter nickte und galoppierte los.


    Der Pilus Prior ließ einige Zeit verstreichen um sicher zu gehen, dass der Meldereiter sein Ziel erreicht hatte. Dann ritt er vor die II. Cohorte die immer noch regungslos in Angriffsformation bereit stand. Er sah in die angespannten Gesichter der Legionäre. Dann richtete er das Wort an sie.


    „Legionäre!!! Soldaten Hispanias!!! In diesem Moment blickt der Imperator, der Senat – ja ganz Rom mit großer Besorgnis auf unser geliebtes Hispania. Denn wir alle wissen, dass immer wieder böse Kräfte - erfüllt mit Neid uns Hass - danach trachten, unser glorreiches und glanzvolles Imperium zu vernichten. Auch hier, in unserem Hispania, haben die Feinde Roms solche Kräfte im Verborgenen geschürt und glauben nun, sie können sich gegen unseren Imperator und das römische Volk stellen. Doch die Feinde Roms sind auch unsere Feinde und sie sollen vor Angst erzittern die volle Macht Roms zu spüren bekommen. Wenn sie sich da unter verschanzt haben dann werden wir sie wie Hasen aus ihren Löchern heraustreiben. Sie sollen die Effizienz einer römischen Legion sehen, wenn wir nun in wenigen Minuten im Gleichschritt auf sie zumarschieren und der Boden unter ihren Füßen erbebt. Und das Gladius eines römischen Legionärs, das in der Sonne glitzert, wird dann das letzte sein, dass sie sehen werden bevor es mit voller Wucht auf sie niedersaust und ihren verbrecherischen Lebensatem auslöscht. Und nun kämpft! Für den Imperator und FÜR ROM!!!“


    Die Legionäre tobten vor Kampfeslust und ließen ihre Sperre dröhnend auf die Schilder niedersausen. Die Moral der Männer stieg ins Unermessliche. Voller Spannung, wie ein gespannter Pfeil, der auf seinen Abschuss wartete, waren auch diese Legionäre bereit auf den Feind niederzuschmettern.


    COHORTE!!! IM GLEISCHRITT!!! MARSCH!!!!

    Die II. Cohorte war auf einer Anhöhe angekommen von der es über weite Wiesen hinunter ins Tal führte, dass direkt vor Numantia mündete. Livianus ritt mit seinem Pferd ein Stück nach vorne um einen groben Überblick über die Lage zu bekommen. Numantia lag direkt vor ihm, aber er konnte nichts Außergewöhnliches erkennen. Doch... es war weit und breit keine Menschenseele zu sehen - weder auf den Feldern noch auf den Straßen. Man hörte kein einziges Geräusch von der Stadt heraufdringen. Irgendetwas war sehr seltsam. Livianus wandte sich um und ritt wieder zu seiner Truppe.


    „Gefechtsformation!!! Bildet eine Angriffslinie!!! GEFECHTSFORMATION!!!!“


    Nach einigen Befehlen der Offiziere bildeten die Centurien wie so oft geübt, rasch und koordiniert ihre Angriffsblöcke. Dabei bildeten wie vorgeschrieben die Cornicen mit ihren Hörnern und die Signifer mit den Feldzeichen die erste Linie. Livianus ritt die Formation ab und beobachtete alles. Keiner der Männer, selbst der Pilus Prior wusste nicht was auf sie zu kommen würde und was sie in Numantia erwartete. Im Grunde genommen war es daher eine reine Vorsichtsmaßnahme die Cohorte eine Gefechtsformation bilden zu lassen.


    Livianus wartete gespannt auf das Eintreffen und den Bericht der ausgeschickten Vorhut.

    Livianus saß ebenfalls auf und ritt an die rechte Seite der Cohorte. Dann hörte man schon seinen lauten Befehl über die Lichtung schallen.


    "Milites!!
    aequatis passibus!!
    pergite!!!"


    Die Cohorte setzte sich in Bewegung und Livianus ritt vor zur I. Centurie um mit Optio Vocatus zu sprechen.


    "Optio! Habt ihr noch etwas aus dem Gefangenen heraus bekommen?"

    Anscheinend war dieser Bursche nicht zum Sprechen zu bringen. Livianus überlies ihm dem Optio und wandte sich ab um nach Crassus zu suchen. Er ritt auf ihm zu.


    „Crassus, hast du einen Moment Zeit. Ich möchte mit dir kurz den weiteren Vormarsch besprechen.“


    Die beiden stiegen von ihren Pferden ab. Livianus nahm die Ledertasche zur Hand, die er Tribun Colonius vor dessen Abtransport abgenommen hatte. In ihr waren die Befehle und die Karten des Befehlshabers. Dann zog er eine Karte der Region hervor und faltete sie so, das nur die Strecke von Tarraco bis Numantia zu sehen war.


    „Wir sind nun kurz vor Numantia. Nach der nächsten Anhöhe müsste es eigentlich schon zu sehen sein. Die II. Cohorte wird die Straße weiter direkt nach Numantia marschieren. Ich möchte allerdings keine Überraschungen mehr erleben. Also würde ich Vorschlagen, dass du eine Turmae als Vorhut aussendest.“


    „Such dir mit den restlichen Reiter einen Weg durch den Wald südlichöstlich von Numantia. Wie du hier siehst, liegt die Stadt mitten in einem trichterförmigen Tal, dass nur nach Südwesten in eine Ebene mündet. Ich will, dass du mit deinen Reiter in diesem Waldstück südöstlich auf der Anhöhe Stellung beziehst.“


    Um seine Worte zu unterstreichen zeichnete Livianus mit seiner Vitis einen Skizze auf den Boden.


    „Sollten wir auf Widersand stoßen, kannst du somit entweder aus der Flanke heraus angreifen oder dem Feind auf der Ebene im Südwesten den Weg abschneiden. Die Cohorte wird direkt von Nordosten einmarschieren.“


    Livianus sah wieder auf.


    „Hast du alles verstanden?“

    Livianus kam auf dem Pferd langsam angetrabt und hielt kurz vor der Gruppe Legionäre und dem Gefangenen. Regungslos und ohne eine Mine zu verziehen blieb er auf seinem Pferd sitzen und wartete ab, ob die Behandlung des Optios ihre Wirkung zeigte.