Nachdem nun auch Palma pompös auf dem Forum eingezogen war, was das Eintreffen der Magistrate kurz davor eher wie den Aufmarsch einer Gauklertruppe wirken ließ, konnte der Festtag nun offiziell eröffnet werden. Zweifellos hatte Palma diesen Auftritt seinem neuen Procurators, Livianus Klienten Iunius Silanus, zu verdanken, der schon immer ein gutes Gespür für derlei Dinge gezeigt hatte. Auch hier bewies er einmal mehr, dass er sich darauf verstand, dem Volk ihren „neuen“ Kaiser nach seiner längeren öffentlichen Abwesenheit im besten und glanzvollsten Licht zu präsentieren, so dass kein Zweifel an seinem gerechtfertigten Anspruch auf diese höchste aller römischen Würden aufkommen konnte. Doch sei´s drum. Sollte der Cornelier diesen weiteren Augenblick seines Triumpfes genießen, wer konnte schon wissen, was die Zukunft noch für ihn bereithielt. Livianus hingegen bestieg die Rostra und wartete, bis der Applaus und die Huldigungen für den Kaiser abgeebbt waren, ehe er seine Stimme erhob.
"Volk von Rom!
Ich begrüße euch an diesem besonderen Tag, der von unserer wiedererlangten Einigkeit und unserer Eintracht zeugen soll. Ich begrüße zu diesem Festtag auch ganz besonders den Imperator Caesar Augustus Cornelius Palma, die ehrenwerten Mitglieder des Senats und die Honoratioren der Stadt, die sich heute alle versammelt haben, um mit uns gemeinsam stolz die Wiederherstellung des allumfassenden Friedens im gesamten Imperium Romanum auszurufen und Concordia als Dank für ihren Beistand und der Bitte auch weiterhin für das Wohl des römischen Volkes zu sorgen, ein Opfer darzubringen.
Wir, die Magistrate des Cursus Honorum, mein geschätzter Mitconsul und ich, waren heute Morgen bereits im Auguraculum, um dort den Willen des Iuppiter Optimus Maximus zu erfragen. Der Magister Augurum selbst hat dabei das Augurium salutis geleitet und den Himmel befragt."
Hier machte Livianus zwecks der Dramatik und Spannung bewusst eine kurze Pause und ließ seinen Blick über die versammelte Menschenmenge schweifen. Zwar rechnete keiner damit, dass Iuppiter seine Zustimmung verweigert hatte, doch immerhin konnte ja doch die Möglichkeit bestehen. Bevor das aufkommende Murmeln im Pöbel all zu groß wurde hob der Consul beschwichtigend seine Arme und sprach weiter.
"Ich kann euch berichten, dass Iuppiter selbst unserem Opfer wohlgesonnen ist und Concordia das Opfer in seinem Namen annehmen wird. Die Götter haben mit Wohlwollen gesehen, dass wir allen Streit und alle Feindseligkeiten begraben, keine Legionen im Felde haben und auch keinen Konflikt mit anderen Völkern oder Nachbarn austragen. Es wurde uns daher von Iuppiter selbst gestattet, dass wir am heutigen Tage, nach den schweren und dunklen Zeiten die hinter uns liegen, bei Concordia für Wohl des römischen Volkes bitten. Sie wird unser Opfer in Iuppiters Namen annehmen."
Damit war die wichtigste offene Frage beantwortet, was sich auch sofort darin zeigte, dass erneut ein zustimmendes und beruhigtes Murmeln unter den Anwesenden aufkam. Doch Livianus war mit seiner Ansprache noch nicht fertig und so erhob er erneut seine kräftige, befehlsgewohnte Stimme.
"Ich sehe in diesem Opfer und in der heutigen Feier jedoch mehr, als nur unseren Dank und die Bitte für unser aller Wohl an Concordia zu richten. Die dunklen Zeiten des Bürgerkriegs mögen nun schon einige Zeit hinter uns liegen und in der Tat stehen wir uns nicht mehr mit dem Schwert in der Hand gegenüber. Auch der Alltag ist mittlerweile wieder in unsere Häuser und unsere Straßen eingezogen. Doch können wir alle reinen Gewissens behaupten, dass auch unser Herz und unser Verstand Frieden gefunden hat? Keimt nicht nach wie vor die Saat des Zweifels, der Argwohn oder auch der Unzufriedenheit in manchen von uns?
Aus eigener Erfahrung kann ich euch berichten, dass ich dieser Saat leider nur all zu oft während des letzten Jahres begegnet bin. In den Straßen, in meinem Haus oder auch im Senat. Es wäre daher unvorsichtig und falsch diese Gefühle zu verleugnen oder sie zu ignorieren. Sie sind es, denen es nun zu wiederstehen gilt! Sie sind der neue Feind der unseren wiedergewonnen Frieden bedroht. Ihnen müssen wir uns entschlossen, mit vereinten Kräften und mit der Unterstützung der Götter entgegenstellen und sie aus unseren Köpfen und unseren Herzen vertreiben und ein für alle Mal verbannen. Nur dann können wir hoffen, dass eines Tages tatsächlich alle Wunden verheilt sind und alle Gräben überwunden sind.
Der heutige Tag ist also keineswegs als Abschluss dieses schwersten aller Kapitel unserer jüngsten Geschichte zu sehen. Der bewaffnete Konflikt ist in der Tat beendet, doch ich sehe dennoch darin den Beginn eines neuen Kampfes. Der Kampf mit dem schwierigsten aller Gegner steht uns noch bevor. Der Kampf gegen uns selbst, unserem Gewissen, unseren Gefühlen und unserem Verstand. Daher möchte ich die Götter heute auch bitten, dass sie uns in diesem Kampf unterstützen, uns in schweren Zeiten Mut zusprechen und uns leiten mögen, auf das jeder von uns eines Tages erneut einen Sieg feiern kann. Erst dann wird dieses Kapitel abgeschlossen sein und wir können erneut in eine glorreiche und hoffnungsvolle Zukunft für uns alle und das Imperium Romanum blicken.
Lasst uns nun also gemeinsam Concordia in diesem Sinne opfern!"

SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA