Livianus nahm aus dem Augenwinkel einen Diener wahr, der ihm einen Stuhl anbot. Er ging die wenigen Schritte und nickte dankend. Dann nahm er Platz und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Kaiser.
"Ja mein Kaiser. Beides kam äußerst unerwartet und vor allem für meine Rückkehr bin ich den Göttern überaus dankbar. Ich habe ehrlich gesagt nicht mehr damit gerechnet und umso überraschender war es letztendlich mit Waffengewalt aus den Fängen unserer Feinde befreit worden zu sein."
Dann begann der ehemalige Legat zu berichten.
"Meine Gefangennahme liegt bereits lange zurück. Zumindest kommt es mir wie eine Ewigkeit vor. Es war kurz nach der Schlacht um Edessa. Die Stadt war gefallen und von unseren Truppen besetzt. Es war mir zu diesem Zeitpunkt klar, dass wir die ersten wichtigen Schritte im Feldzug gegen die Parther eingeleitet hatten und dass es nun zügig weitergehen musste. Der erste wichtige Sieg bzw. die erste große Niederlage des Feindes ließ die Moral der römischen Truppen sprunghaft ansteigen und ich vermutete, dass die Parther im Gegenzug ihren ersten Schock hinnehmen mussten.
Früh am Morgen ließ ich einen Reitertrupp für mich bereitstellen. Ich wollte mir ein Bild von der näheren Umgebung machen, um danach die weitere Route besser planen zu können. Seit ich ein selbstständiges Kommando führe, habe ich mir immer selbst ein Bild von der Lage gemacht und mich nie auf Landkarten oder Berichte der Meldereiter verlassen. Auch in diesem Fall wollte ich es nicht anders handhaben. Wir gingen davon aus, dass Rund um Edessa alle Feinde geflohen bzw. zurückgeschlagen waren und dementsprechend keine Gefahr mehr bestand, daher wollte ich nur mit einer verkleinerten Truppe los reiten.
Nach einer ganzen Weile erreichte mein Trupp einen hügeligen und äußerst unübersichtlichen Streckenteil und der Truppführer gab Zeichen kurz zu pausieren, ehe er den Weg fortsetzen wollte. Ich war damit einverstanden und bestätigte seinen Befehl. Einige Reiter steigen vom Pferd und andere wurden vom Decurio losgeschickt, um den noch vor uns liegenden Weg zu erkunden. Ich selbst schloss zum Decurio auf und stieg schließlich selbst vom Pferd ab.
Von einem Moment auf den Anderen brach plötzlich die Hölle los. Pfeile schossen durch die Luft und trafen den neben mir stehenden Decurio direkt in die Brust. Auch einige andere Soldaten wurden getroffen. Die verbleibenden Männer versuchten einen Verteidigungsring um mich zu bilden, doch es war vergebens. Ein parthischer Spähtrupp hatte uns anscheinend entdeckt und griff nun von mehreren Seiten an.
Danach ging alles sehr schnell. Wir versuchten uns zwar Anfangs frei zu kämpfen, doch wurden schließlich überwältigt. Ich bekam im Zweikampf mit einem parthischen Soldaten einen harten Gegenstand, vermutlich einen Schwertgriff über den Kopf gezogen und kam dann erst in einem parthischen Kerker zu mir."
Hier stoppte Livianus vorerst seinen Bericht, um den Kaiser die Möglichkeit zu geben, Fragen zu stellen oder Anmerkungen zu machen. Gespannt wartete er auf die Reaktion des Imperators.