Seine Hände waren kalt und steif. Das Töpfchen hatte Glück und kam sanft auf dem Tresen zu stehen. Die anderen Sachen landeten etwas unsanft auf der freien Fläche. Seine Ausflüchte ,die er immer wieder hatte, erwiesen sich als unbegründet. Mit einem Lächeln begrüßt er Alpina. „ Ich freue mich auch und liebe Grüße von Onasses. Er hat für Ursi Honigtaler gemacht und für dich zwei Brote auf Lorbeer gebacken. Mhhh, Käse und Schinken sind auch noch dabei.“ Massa rieb seine Hände aneinander um sie wieder warm zu bekommen. „ Es ist ganz schön kalt.“ Er legte ihr seine kalten Hände an die Wangen und grinste. „ Wie geht es dir und Ursi? Hast du viel zu tun? Kann ich vielleicht ein bisschen helfen?“ Ihr die Zeit stehlen hatte er nicht vor. Man konnte sich auch beim Arbeiten unterhalten. Und nach Arbeit sah es bei Alpina immer aus.
Beiträge von Appius Decimus Massa
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Weit war es nicht. Der Schnee knirschte unter seinen Stiefeln. Ups, beinahe hätte Massa gelegen. Passte man nicht auf, war man schnell mal weggerutscht. Alles war kräftig eingeschneit. Es war seltsam ruhig. So richtig hell wollte es auch nicht werden. Bei Massa hinterließ das ein merkwürdiges Gefühl. Der warme feuchte Atem setzte sich bei ihm im Bart und in den Brauen als Reif fest. Er sah um Jahre gealtert aus.
Zuerst wollte er es in der Taberna medica probieren, war sie nicht da, dann eben bei den Helvetiern. Vor der Tür stampfte er auf um den Schnee von den Stiefeln zu bekommen und klopfte den Schnee so gut es ging von seinem Mantel ab.
Beim Betreten der Taberna schellte die Türglocke. „ Hallo? Ist jemand da?“ Es musste jemand da sein, die Tür war ja offen. Außerdem war es warm hier. Massa überkam ein frostiger Schauer. Er schüttelt sich. Hielt dabei die Sachen, die ihm Onasses mitgegeben hatte krampfhaft fest. -
Kalt, kalt und nochmals kalt. Dazu der Schnee, der am Anfang ganz interessant war. Jetzt war es manchmal ein Graus vor die Tür zu gehen. Vor die Tür, das hieß aus dem Lager heraus. Im Lager waren die Wege geräumt. Der Schnee wurde mit Ochsenkarren weggeschafft. Holz zum Heizen war ausreichend vorhanden. Draußen, außerhalb der Stadt wurde die Via durch die Legionäre beräumt. Beschäftigung in Tagen der Kriegsruhe. An anderen Tagen wurde das Brennholz weiter aufgestockt. Wer wusste schon, wie lang und kalt der Winter wurde.
Onasses war in der culina fertig. Er hatte das ziellose Umherwandern von Massa nicht mehr sehen können und Gegenmaßnahmen ergriffen. „ Decimus, ( langsam hörte Onasses mit dem Dominus auf) ich habe eine Aufgabe für dich. Hier .“ Er stellte sich Massa in den Weg und drückte ihm einen kleinen Topf und ein etwas größeres Bündel in die Hände. „ Ein Besuch bei Ursi und Alpina wäre angebracht. Mit dem da hast du einen Grund zu ihnen zu gehen.“ Massa sah in verdutzt an. Ja, er wollte schon seit Tagen zu ihnen, aber es fehlte der Anlass. Außerdem nur so hin zugehen, dass brachte Alpina vielleicht in Verlegenheit, oder sie hatte zu tun und gar keine Zeit. Die wenn und aber Liste war lang. Massa hatte sich nicht getraut und sogar das Wetter vorgeschoben. Jetzt gab es keine Ausrede, Onasses hielt ihm Fellweste und Mantel hin. Massa zog sich an, nahm die Sachen und wollte gerade wieder anfangen Ausflüchte zu suchen. „ Honigtaler, zwei Brote auf Lorbeerblättern gebacken, ein kleines Stück Schinken und ein kleines Stück Käse. Du hast alles, es schneit nur verhalten, die Wege sind frei, also geh.“ Massa wurde kurzerhand von Onasses vor die Tür geschoben. „ Bis später und viele Grüße von mir." bekam er noch zu hören. Da stand er nun, die Schneeflocken tanzten um ihn herum. Er musste ob er wollte oder nicht.
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Heute Morgen musste Massa mit erschrecken feststellen, dass es über Nacht erneut und sehr stark geschneit hatte. Frisch aufgestockte Schneeberge türmten sich auf beiden Seiten der Via. Legionäre waren immer noch damit beschäftigt die Laufwege zu beräumen. In seinen Mantel gehüllt, beeilte er sich in sein Officium zu kommen. Vor der Tür stampfte er ein paar mal auf um den Schnee von seinen Stiefeln zu bekommen, dann trat er ein. Ein Centurio wärmte sich die Hände an einer Feuerschale. Er sah durchgefroren aus. „ Was gibt‘s Centurio.“ fragte Massa direkt. „ Abschlussmeldung zu den eingelagerten Beständen.“ Ach, sieh an. Es wurde Zeit. Massa nahm auf seinem Stuhl platz. „ Lass hören.“ Der Centurio, packte drei Tabulae aus. „ Wir haben wie befohlen, einen Teil der Schweine zu Schinken und Würsten verarbeitet. Alles was dafür nicht verwertbar war ging an die Legionäre. Außerdem wurden ein Teil der Äpfel, alle Birnen, Pflaumen und Knoblauch eingelegt oder getrocknet. Dieses Jahr gab es sehr viele Walnüsse und Haselnüsse, die wir ebenfalls eingelagert haben. Hier sind die Bestandszahlen.“ Massa bekam die Tabulae in die Hände. Er rechnete die Zahlen durch. „ Das dürfte für 6 Monate reichen. Gute Arbeit Centurio.“ Anhand der Menge die verarbeitet wurde, war es nicht verwunderlich, dass der Centurio jetzt erst mit seinem Bericht kam. „ Ich danke dir. Wegtreten.“ Massa vertiefte sich wieder in die Zahlen. Sie hatten an Trockenwaren Vorräte für eine Jahr eingeholt. Vor allem für größere Ansammlungen an Militär nicht unüblich. Das reichte um auch extreme Situationen zu überstehen. Massa war zufrieden.
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Massa hatte keine Zeit verschwendet und stand relativ schnell beim cornicularius des Lagerpräfekten. " Salve, der Lagerpräfekt hat mich her gebeten." Was ihn erwartet, jedenfalls nichts unbedingt gutes. Aber wo war immer alles gut. Mal sehen wie viele Kopf kürzer er wieder raus kam. Zuerst musste er aber rein in die Höhle des Lagerlöwen.
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Der Corncularius nickte ebenso wissend. " Wird sofort erledigt. Seine Obliegenheiten werden sich entsprechend ausrichten." Alles was geplant war wurde kurzerhand nach hinten verschoben oder komplett ausgesetzt. Der Lagerpräfekt hatte Vorrang.
Keine Minute später hatte Massa die "Bitte" auf dem Tisch und dieser beeilte sich der Bitte möglichst zeitnah nachzukommen. -
" Ja, es wird. So langsam komme ich hier an." Was zu Essen musste her. Ohne das hielt er nicht mehr lange durch. Seneca hatte genug auftragen lassen. Massa bediente sich. " Esquilina ist ja ein richtiger Wirbelwind. Sie ist sehr stolz auf ihren Vater, Iulius. " Für eine längere Unterhaltung zwischen Massa und ihr hatte es nicht gereicht. Wie auch, die Kinder hatten mit sich selbst zu tun. Aus dem Wortwechsel des kurzen Moments ihres Zusammentreffen hatte er das zumindest heraus gehört. " Das Essen hier ist auch nicht schlecht. Bist du hier schon mal Jagen oder Fischen gewesen?"
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Massa fühlte sich ertappt. Er vermisste das Meer und Alexandria. Aber gerade Alexandria hatte ihm offenbart, dass die Zeit gekommen war sich Neuem zu stellen. „ Ja, du hast recht. Langeweile? Die habe ich bis jetzt nicht gehabt. Es gab immer was zu tun. Außerdem habe ich... Ach lass uns die Saturnalien feiern wie es sich gehört.“ Massa behielt es doch lieber erst ein Mal für sich. Er mochte Alpina und ihre kleine Tochter Ursi und die Saturnalien waren nicht der richtige Zeitpunkt es an den Mann zu bringen. In kleinerem Kreis war das zu gegebener Zeit angebrachter. Nur ein kurzer Seitenblick zu Alpina. Ein flüchtiges Lächeln in ihre Richtung. „ Trinkt, trinkt und amüsiert euch. Heute werden wir eine Rex krönen.“ Gleich nahm er sich einen vollen Becher und trank ihn in einem Zug aus. Der Inhalt stellte sich als etwas herber heraus als gedacht. Massa schüttelte sich. „ Einen Gewürzwein oder einen Met! Schnell! Boah war das eben herb.“ Er hatte aus versehen eine ungemischte Variante an Wein erwischt. Sofort bekam er einen vollen Becher, nippte daran. Gewürzwein, damit ging es weiter. Heute waren für ihn nicht nur Saturnalien, er hatte einen kleinen Grund zu feiern.
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Die Saturnalien waren dieses Mal etwas anderes für Massa. Sonst nur mit Männern des Exercitus unterwegs heute auf einer Saturnalienfeier seiner Verwandten und Bekannten. Keine zusammengewürfelten Gruppen und Gesellschaften, die auf der Straße feierten. Keine Frauen, die man im Vorbeigehen kennenlernte und nach kurzem Flirten oder durch zechten Stunden zu einem Stell-Dich-ein irgendwo in einem Bett zurück ließ. Sich keine Gedanken über Konsequenzen machen musste. Man wusste vom anderen eh nichts.
Hier hatte er mehr oder weniger nur eine Frau im Blick. Weniger wegen einem Stell-Dich-ein. Es steckte echtes Interesse dahinter. Das hielt ihn nicht davon ab, sich den Genüssen der Feierlichkeit hinzugeben. Einen leeren Becher gab es nicht. Massa feierte für seine Verhältnisse ausgelassen. Inmitten dieser illustren Gesellschaft war das nicht schwer. Er fühlte sich hier wohl. Langsam machte das Nüchterne dem Trunkenen Platz. Er sah hin und wieder zu Alpina. Sie war fröhlich und feierte, vielleicht ein bisschen zu sehr. Aber wer tat das hier nicht. Besser er gab etwas auf sie acht. Was im weiteren Verlauf der Feierlichkeiten nicht einfach werden würde. Er hatte nicht vor auf Wein und Ausgelassenheit zu verzichten. -
Zurück im Haus ging Massa zum kleinen Hausaltar. Seine Hand griff in die Schale mit Weihrauch, die immer bereit stand. Ein paar Bröckchen streute er in die Schale mit Glut. „ Ich danke dir Minerva und dir Venus. Minerva, die du Susina Alpina, mich und mein Haus beschützt und du Venus, die du mir wundervolle Stunden mit Susina Alpina geschenkt hast.“ Massa war der heutige Tag ein kleines extra Opfer wert. Ein Becher Wein und ein Stück des Olivenbrotes platzierte er neben der Schale mit dem verbrennenden Weihrauch. „ Onasses, wir richten morgen ein cubiculum für Alpina und Ursi ein, falls sie hier übernachten sollten.“ Halb verschlafen nickte Onasses. „ Eine gute Nacht.“ sagte Massa und verschwand mit einer Kanne Gewürzwein in seinem cubiculum. Er machte es sich in seiner Ecke mit den Polstern und Kissen bequem um über den heutigen Tag nachzudenken. Bis tief in die Nacht brannte die Öllampe. Massa griff sich, müde und trunken vom Gewürzwein, eine der Decken die bereit lagen und schlief mit einem Lächeln auf den Lippen ein. Nur er und Morpheus wussten, von was er diese Nacht träumte.
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Ein kurzes Stück Weg. Sie waren an der Casa angelangt. Massa sah ihre Augen, Bände erzählten sie, Worte waren nicht nötig. Ihr Kuss, viel zu kurz und weg war sie. Als sie sich wegdrehte, meinte er, in ihren Augen Tränen gesehen zu haben. Hatte er sich geirrt? Sie war zu schnell hinter der Tür verschwunden um sicher zu sein. War er ihr zu nahe gekommen? War es ein Fehler gewesen? Massa blieb einen Moment dicht bei der Tür stehen. Legte die Hand an das Türblatt. Hätte jemand gefragt warum er das tat. Er hätte keine Antwort darauf gehabt. Langsam, vor sich hin grübelnd, ging er zurück zur Castra.
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Etwas spät, aber einer muss ja die Kerzen aus pusten. "Puuuuust"
Einen frohen Restfeiertag.
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„ Oh, Iulia Esqulina. Ich freue mich dich kennenzulernen. Dann sind wir ja Nachbarn. Darf ich mich vorstellen. Appius Decimus Massa, Tribun bei der II. Legion.“ Er lachte und verbeugte sich.
So schnell konnte er gar nicht gucken, war das hier ein Gewimmel. Massa war überrascht, dass hier so viel los war. Ihm gefiel es und der nächste Plausch stand an. Sein Becher war wieder mit Met gefüllt. Ein kurzer Seitenblick zu Alpina, sie schien sich richtig wohl zu fühlen. Die anderen Gäste waren nicht minder fröhlich. „ Trinken wir zuerst auf deinen Sohn. Bevor ich auf's Wasser gehe.“ Massa lachte. „ Die classis, nicht sehr angesehen aber sie hat ihren Zweck. Dazu habe ich viele Gegenden kennengelernt. Länder, Städte, andere Völker, von denen man sonst nur in den Geschichten der Händler hört. Unsere Schiffe sind das Beste, was zur Zeit auf See zu finden ist.“ Ein kräftiger Schluck vom Met. „ Das schmeckt gut, kann man sich dran gewöhnen.“
Dann ging das Saturnalienspiel los. Iulius Licinius hatte sich in einen bunten wilden Mann verwandelt. Massa brauchte einen Augenblick um ihn unter den Farben zu erkennen. Die Stimme war der Punkt, dass sich Massa sicher war, der Präfekt steckte dahinter. Die Kinder waren richtig gut, sogar die kleine Ursi war dabei. Massa war von der Vorführung begeistert. Da hatten sie was auf die Beine gestellt. „ IO, SATURNALIA!“ rief er begeistert.
Nach dem sich der Iulier mit hinzugesellt hatte, begann Massa zu erzählen. „ Mit dem Meer ist das so eine Sache. Das Meer ist wie eine Frau. Ein sonniger Tag, das Schiff gleitet sanft auf ruhiger See dahin. Eine laue Briese bläht die Segel. Die Ruder sind nicht nötig. Du kannst die in Ruhe die Küste beobachten und die Fahrt genießen.
Plötzlich kommt ein Mann, in ihrem Falle ist es Neptun und poltert los. Was macht sie? Sie hält dagegen und wird aufbrausend.
Das Meer fängt an zu schäumen, Wellen so hoch wie die Säulen der Akopolis. Das Schiff wird hin und her geworfen, der Mast droht zu bersten, die Segel zu zerreißen.“ Massa wedelte wild mit den Armen, zum Glück hatte er seinen Becher vorher geleert. Langsam machte sich der Wein und der Met bemerkbar. Theatralisch beschrieb er die Geschehnisse. „ Ungeübte und Frischlinge auf See kotzen sich die Seele aus dem Leib. Du opferst der Schutzgöttin des Schiffes und brüllst die Mannschaft an ihre Götter, an die sie glauben, anzurufen. Das Schiff wird weiter hin und her geworfen. Der Sturm lässt nicht nach. Die Wellen brechen über Deck. Männer werden wie Halme von den Wellen mitgerissen und sind verloren. Du fängst an zu zweifeln. Und dann opferst du der Frau, der einzigen, die Neptun zur Ruhe bringen kann. Venus Marina. Die Götter wissen warum sie Venus Marina zur Göttin des Meeres berufen haben. Der Sturm lässt nach. Die Freundin beschwichtigt den aufbrausenden Mann. Es kehrt wieder Ruhe ein.“ Massa griff sich einen vollen Becher. Seine Kehle war trocken. Er nahm einen Schluck. „ Was sag ich euch, das Meer ist wieder glatt, keine Wolke am Himmel, als ob nichts gewesen wäre. Nur das Aussehen des Schiff‘s und die ausgelaugte, gebeutelte Mannschaft lässt erahnen, was sich zugetragen hat.“ Massa lachte. „ Aber es gab mehr schöne als schlechte Tage auf See. Laderäume voller Gold, edelster Stoffe, teurer Waren, die wir Piraten abgejagt haben. Geleitschutz für die Getreideschiffe von Alexandria nach Rom sind wir gefahren. Patrouillenfahrten von Alexandria, an der Küste Iudaea‘s entlang, weiter an der syrischen Küste dann an der Küste von Cyprus entlang, Asia bis nach Creta, die Küste von Achaia, durch die Meerenge zwischen Sicilia und Italia. Im Süden des Mare internum ging es von Alexandria in Richtung Carthago. Jede einzelne Fahrt ist eine Geschichte für sich.“ Massa leerte seinen Becher. „ Eins darf man aber nie, das Meer unterschätzen. Gebührender Respekt ihm gegenüber ist immer gut.“ Ja, er war stolz darauf bei der classis gewesen zu sein. „ Das Meer ist wie eine Frau, da gibt es nichts dran zu deuteln.“ Bei seinem letzten Satz zwinkerte er Seneca zu. „Trinken wir auf die hier anwesenden Frauen.“ Massa erhob den Becher. -
„ Ein Gast der weiß, das egal was passiert, hier immer einen Platz für ihn ist.“ Bei einem Schneesturm, sollte er so sein, wie ein Sturm auf dem offenen Meer, war es besser im Haus zu bleiben. Massa wollte damit nichts überstürzen. Er war gern darauf vorbereitet, wenn Situationen eintraten mit denen er kaum oder keine Erfahrung hatte. „ Nicht, dass ich dann da stehe und zugeben, muss, dass mein Haushalt nicht auf solche Eventualitäten eingerichtet ist.“ Ein amüsiertes Lächeln lag auf seinem Gesicht.
Ja, das war sie, genau die Frau, für die es sich lohnte sein Leben zu ändern. Er hatte gehofft, dass sie noch blieb. Aber auf der anderen Seite war er froh, dass sie gehen wollte. Eine Frau, die nichts überstürzte. Für ihn war das heute weit mehr, als er sich hatte träumen lassen. „ Du musst dich nicht entschuldigen.“ Er genoss ihren Kuss.
„ Und böse? Nein, dazu war es viel zu schön, die Stunden mit dir zu verbringen. Zu sehen, wie du dich freust, wie du lachst, wie glücklich du warst.“ Ihr Zwinkern, war Bestätigung genug, dass es nicht der letzte Besuch war. „ Ich nehme dich beim Wort und freue mich, auf eine Fortsetzung.“ Wenn sie wüsste wie er sich freute. Ganz in Ruhe packte Massa die Gewürze zurück. „ Wenn du erlaubst werde ich dich nach Hause bringen.“ Das ließ er sich nicht nehmen. -
„ Das kommt überall vor. Wir werden uns irgendwie arrangieren, falls es mal zu Unstimmigkeiten kommen sollte.“ Ausgerechnet hier im Norden, für ihn kalt, nass und dunkel, fand er das, was er gehofft hatte im Süden zu finden. So spielte das Schicksal mit ihm. Das war vielleicht der Ausgleich für diesen wilden ungezähmten Landstrich. „ Ich werde mit Onasses ein cubiculum für dich und Ursi einrichten. Wie du es halten willst, das überlasse ich dir.“ Massa dachte dabei an Alpina‘s Taberna und ihre Erreichbarkeit und das langsame aneinander gewöhnen. Er wollte den beiden und sich genug Zeit dafür geben. Der Krug mit dem Gewürzwein war fast leer. Massa schenkte noch einmal nach. Die Gewürze auf dem Tisch dufteten. Zwei Bröckchen vom guten weißen Weihrauch landeten in der Schale mit der Glut. Wieder schlängelte sich eine dünne Rauchsäule nach oben. Er fachte die Glut etwas an. Die Rauchsäule wurde kräftiger. Der schwere Duft lag im Raum, vernebelte die Sinne. Alles war mit einem Mal so wie in den alten Geschichten. Massa löst sich etwas von Alpina und sah sie an, streichelt ihr Wange. „ Du bist wie ein wärmender Sonnenstrahl an kalten Tagen. Eine Blume die im Frühling erblüht. Auf deren zarten Blütenblätter kleine Tautröpfchen sitzen, die wie kleine Edelsteine glitzern und dann durch einen Windhauch hinabgleiten.“ Ihre Lippen machten ihn neugierig. Fühlten sie sich so an, wie sie aussahen? Das konnte man nur durch probieren heraus finden. Massa näherte sich ihr. Senkte seine Lippen auf ihre. Es war vollkommen anders als damals in der Wüste. Hier war es nicht verboten, hier störte niemand, hier musste er sich nicht zurückhalten. Dementsprechend lang fiel der Kuss aus. Was für ein Gefühl. Die Augen geschlossen, horchte er in sich hinein. Zufrieden und glücklich mit dem was sich in ihm abspielte. Wieder da, sah er in den Krug. Leer. Ein kleiner Fingerzeig? Sie sollte selbst entscheiden. Die Zeit war wie im Flug vergangen. „ Noch einen Gewürzwein?“
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In diesem Moment wurde sich Massa bewusst, dass es nicht mehr nur um ihn alleine ging. Es trat eine Frau und ihre kleine Tochter in sein Leben. Keine normale Frau, keine römische Frau, eine Frau mit einem Beruf, für den sie alles gab. War er bereit sie zu teilen? Wenn es sie glücklich machte und sie genauso bereit war ihn mit dem Exercitus zu teilen. „ Ein Kind ist in Ordnung, aber ein Tribun, den schickst du lieber zum Medicus.“ sagte Massa grinsend.
„ Wenn du und Ursi damit zurecht kommen? Ich für meinen Teil bin bereit deine Berufung zu akzeptieren. Es wird nicht immer leicht, aber gemeinsam werden wir das schon schaffen.“ Massa war ein bisschen Stolz, dass Alpina keine typische Römerin war. Er umarmte sie ein zweites Mal, legte seinen Kopf an ihren. Seine Hand streichelte über ihren Rücken. „ Der kalte Norden zeigt sich gerade von seiner schönsten Seite.“ Massa fühlte sich richtig gut. „ Unter den Vorzeichen, werde ich den Winter mühelos überstehen.“ Das musste ein klein bisschen gefeiert werden. Massa füllte beide Becher mit Gewürzwein auf. „ Wenn die Götter keine Einwände haben, an uns soll es nicht liegen.“ EiN Schluck in das Schälchen. Er trank. Diesmal wollte er alles für ein gemeinsames Glück tun. Ein Opfer in den nächsten Tagen, sollte dies bekräftigen. Keine Halbherzigkeit mehr. „ Was wird Ursi sagen?“
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Länger konnte er das nicht mit ansehen. Massa hielt ihre Hände fest. „ Sieh mich an Alpina. Zeig mir deine Augen, die wie zwei Smaragde strahlen. Ich werde nicht weiter suchen, ich habe sie gefunden. Aber ohne deine Hilfe wird es schwer die junge Frau, die ich ins Auge gefasst habe, näher kennenzulernen. Eins kann ich dir jetzt schon sagen, sie hat unglaublich zarte Hände. Vor allem können sie kleine Wunder vollbringen. “ Massa sah ihre Hände an, die er immer noch hielt. Mit den Daumen streichelte er über ihre Handrücken. „ Würdest du mir helfen? Ich sage dir auch ihren Namen.“ Massa beugte sich zu ihr und flüsterte ihr ins Ohr. „ Susina Alpina.“ Und weil er sich einmal zu ihr gebeugt hatte, gab er ihr einen sanften Kuss auf die Wange. Jetzt war es raus. Ihre Zweifel hoffentlich zerstreut.
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Hatte er etwas verkehrtes gesagt? Massa konnte sich nicht erklären, warum Alpina ihn mit einem Mal so enttäuscht ansah. Es dauerte einen Moment bis ihm dämmerte warum. Ei, da hatte er ja was angerichtet. Dabei hatte er insgeheim, bei dem was er sagte an sie gedacht. „ Mmmmhhh, du würdest gern nach Alexandria und in andere Länder?“ Massa kratze sich am Bart. „ Der Wunsch wird bestimmt irgendwann in Erfüllung gehen.“ Ein wenig entrückt, lächelte Massa vor sich hin. „ Natürlich habe ich da meine Vorstellungen von der Frau die sich hierher verirrt.“ Hoffentlich drückte er sich diesmal besser aus. „ Sie sollte intelligent sein, mit beiden Beinen im Leben stehen, Verständnis haben und liebevoll sein. Ihr Aussehen, tja da wird es schwer werden. Ob ich da überhaupt jemanden finde ? Schlank, die Größe ist uninteressant, das wichtigste sind ihre Augen. Sie sollten wie geschliffene Smaragde glänzen. Ihre Haarfarbe darf ruhig rot bis rotbraun sein. Das wäre so grob, die Frau, die mir vorschwebt.“ Na, war er deutlich genug? „ Vielleicht könntest du mir helfen, diese Frau kennen zu lernen und mir näher zubringen. Natürlich nur, wenn du damit einverstanden wärst. Dafür wäre es gut, wenn wir uns ab und an sehen.“ Massa geriet ins Schwitzen. Wenn sie das wieder falsch verstand? Appius, du redest dich gerade um Kopf und Kragen. Geh das nicht einfacher? Man, wie denn? Mit der Tür ins Haus fallen? Ja, Mensch. Du hast dich doch in sie verguckt. Jetzt lass dir nicht wieder alles wie Sand durch die Finger rieseln. Seine Blicke klebten förmlich an Alpinas Lippen. Hatte sie es verstanden? Oder war in der nächsten Minute alles zu Ende.
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Der erste Becher Wein war beinahe leer. Massa war gespannt wie Alpina sein Geschenk aufnahm. Eigentlich ahnte er was passieren würde. „ Du kannst das Geschenk ganz beruhigt annehmen. Es sind Saturnalien. Du sollst dich wenigstens einmal wie eine der begüterten Frauen fühlen dürfen, denen du sonst hilfst, ihre Kinder auf die Welt zu bringen.“ Wobei Massa egal war wohin Alpina gehörte. „ Übrigens ist das kein schnödes Honigglas. Ich freue mich sehr darüber.“ Das meinte er ernst. Sie hatte schließlich einiges an Zeit und Arbeit investiert, um ihm und den anderen dieses Geschenk machen zu können. „ Aber wenn dir das zu wenig vorkommt habe ich dann einen Wunsch frei ?“ Ein schelmisches Lächeln zeigte sich auf Massa‘s Gesicht. Was er sich wünschen würde, falls Alpina darauf einging, das wusste er noch nicht. Die Saturnalien hatte erst begonnen, also war ja ein bisschen Zeit sich gegebenenfalls darüber Gedanken zu machen. „ Leg den Armreif an und lass uns einen Met trinken. Ich hatte bisher nicht die Gelegenheit, ihn zu probieren. Etwas zu Essen wäre nicht verkehrt, dann schlagen die berauschenden Getränke nicht gleich so derb zu.“ Alpina bekam keine Zeit darüber nach zudenken. Massa besorgte zwei Becher Met und einen Happen zu Essen. Gleichzeitig suchte er im Gewühl den Iulier und Aulus, Seiana und die junge Frau, die mit Alpina gekommen war. Heute sollte ein Rex gekürt werden und dazu brauchte man viel Volk.
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Jedes Mal, wenn Alpina ihre Gesichtsfarbe änderte, huschte ein Lächeln über Massa‘s Gesicht. Es gefiel ihm und er hoffte es öfter sehen zu können. „ Es macht einen Unterschied ob man Centurio oder Tribun ist. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass ich als Tribun zwar mehr Verantwortung für mehr Leute trage, aber das meiste vom Schreibtisch aus regle. Das heißt, dass ich meine Zeit wesentlich flexibler einteilen kann. Ausgenommen davon sind die Wachdienste und Inspektionsreisen. Die fallen zum Glück nicht so oft an.“ Also teilte er sich die Arbeit so ein, dass für Alpina immer Zeit übrig war. „ Für dich und Ursi habe ich immer Zeit . Es wäre eine Schande, das nicht hin zu bekommen.“ So lange Frieden herrschte, war die Arbeit sehr übersichtlich und bedurfte keiner Verlängerung der Arbeitszeit. Am Nachmittag waren meist die wichtigen Dinge geklärt und der Schreibtisch aufgeräumt.
Onasses hatte sich wieder selbst übertroffen. Alpina‘s Frage verwirrte Massa ein wenig. Beim Überlegen kaute er auf einem Stück Brot herum. „ Nein von unserer nicht. Er müsste jetzt, so wie immer, genau das gleiche vor sich stehen haben wie wir.“ Immer wenn Onasses für Besuch kochte, machte er alles in doppelter Ausführung. Also zu kurz kam er eigentlich nie. „ Falls sich vielleicht irgendwann eine Frau in meinen Haushalt verirren sollte, braucht sie nicht zu kochen.“ Beim alltäglichen Abendessen, saß Onasses dann auch mit am Tisch, schließlich gehörte er zur Familie. Massa faszinierte der Gedanke, dass vielleicht wirklich irgendwann eine Frau hier einzog. Immerhin, hatte ihm Telemachos deutlich gemacht, dass Alexandria nicht unbedingt das Gelbe vom Ei war, wenn er sesshaft werden wollte. „ Wenn ich hier die passende Frau kennen lerne, werde ich nicht nach Alexandria zurückkehren.“ Das stand für ihn fest. Wie er das richtig anstellte, dafür brauchte er sicher ein paar gute Ratschläge. Vielleicht sollte er sich mit Aulus darüber unterhalten.