Beiträge von Appius Decimus Massa

    Wenigsten war er diesmal zumindest namentlich und mit Rang hier vorangemeldet worden. Nicht wie in Rom. Was Massa beeindruckte war der Umstand, das der Praefectus Serapio kannte. Wie sie allerdings zueinander standen das entzog sich seiner Kenntnis.
    „ Alles begann bei der Legio XXII. Deiatoriana in Alexandria als Tiro. Nach erfolgter Ausbildung Ernennung zum Legionarius. Teilnehmer an der Schlacht bei Tasheribat. Beförderung zum Optio.“ In dieser Zeit hatte Massa die schlimmsten und die schönsten Erfahrungen in seines Lebens gemacht. Aber das tat jetzt nichts zur Sache. „Danach Wechsel zur Classis Misenensis. Beförderung zum Centurio. Einsatz als Princeps Praetorii beim Praefectus der classis Misenensis, Octavius Dragonum.“ Das folgende Kapitel hatte ihn fast zerbrechen lassen. Wäre nicht Dragonum gewesen, Massa würde heute nicht hier sitzen. Aber es gehörte nun mal dazu. Dementsprechend schwer fiel es ihm darüber zu sprechen. „ Teilnehmer an der Schlacht von Misenum. Versetzung zur Provinzflotte classis Augusta Alexandrina im Rang eines Nauarchus. Führung des Flaggschiffs. Kommandant des Stützpunktes der classis in Alexandria. Dann Abschied aus dem aktiven Dienst. Was im Nachhinein ein Fehler war. Deswegen habe ich um Rückkehr in den aktiven Dienst gebeten. Ich bin im Exercitus groß geworden und kann nichts anderes.“ Massa griff nach dem Apfelwein und nahm einen vorsichtigen Schluck. Der lief angenehm warm die Kehle hinunter und wärmte gleich durch. „ Hhmmm, gar nicht so übel.“ Massa stellte den Apfelwein wieder ab. Dabei legte er unachtsamer Weise seinen linken Unterarm falsch auf die Armlehne und zuckte kurz zusammen. Von dem Holzsplitter schien immer noch ein Stück im Unterarm zu stecken und die Stelle hatte sich leicht entzündet. Jetzt störte es zwar, aber das musste bis später warten.
    „ Ich habe fast alle Sparten Durchlaufen. Vom administrativen Dienst über die Ausbildung von Rekruten bis zur Führung eines Stützpunktes mit Sicherstellung der Versorgung und so weiter.“ Das war die grobe Übersicht über das, was Massa bis dato gemacht hatte. „ Vielleicht kommt die vita ja noch. Dann hast du den kompletten Dienstverlauf bis zu meiner Entlassung.“ Ein bedächtiger zweiter Schluck. Der Apfelwein wärmte gut durch. Massa fühlte sich schon wohler.

    Eine junge Frau kam und begrüßte ihn. Nicht das, was Massa erwartet hatte. Aus dem Namen und dem Namenschild vor dem Ladens schlussfolgerte er, dass sie offensichtlich der Besitzer der Taberna Medica war. Bisher hatte er in der Sparte nur mit Männern zu tun gehabt. Massa ließ sich nichts anmerken. Er nahm den Umstand als gegeben hin. Wichtig war, dass sie über Kräuter Bescheid wusste und ihm half. „ Decimus Massa. Ich bräuchte ein paar Kräuter für ein Bad. Was gegen Gliederschmerzen, Müdigkeit und so was hilft. Und eine Wundsalbe.“ Vor zwei Tagen hatte er sich einen Splitter am linken Unterarm eingezogen. Kein großes Ding, aber es hatte sich etwas entzündet. So wie es aussah, steckte noch ein kleines Stück des Splitters drin. Langsam wurde es schmerzhaft. Vielleicht sollte er damit besser ins Valetudinarium gehen. Mal sehen vielleicht half auch die Salbe.

    Der erste Eindruck von seinem neuen Vorgesetzten sagte da schon etwas anderes und für einen Veteran wie Massa wesentlich mehr aus, als für einen Ungedienten. Licinius war ein alter Hase was die Legion anging und er hatte seine Dienstzeit nicht immer hinter einem Schreibtisch verbracht. Die Auszeichnungen sagten einiges darüber aus. Die Karte nicht nur Wandschmuck und der Praefectus wusste etwa damit anzufangen. War Licinius das, was sich hier darstellte, sollte sie keine Probleme miteinander haben.
    „ Salve Praefectus und danke.“ Massa machte Anstalten sich zu setzen. „ Um diese Jahreszeit hierher zu kommen ist gar nicht so einfach. Ich hoffe der Weg war nicht umsonst und du kannst mich hier gebrauchen.“ Wie er so an sich herunter sah, war es ihm ein bisschen unangenehm hier so zu sitzen. Die feuchten Klamotten, und die für ihn spürbare Kälte versuchte er so gut es ging zu ignorieren.

    Am späten Nachmittag betrat Massa die Taberna Medica Alpina. Ein Bad war ihm noch nicht vergönnt und dementsprechend lief er immer noch mit seinen schmutzigen Sachen durch die Gegend. Der eigentliche Grund seines Besuches, er hoffte hier Duft und Heilkräuter für sein ausstehendes Bad zu bekommen. Die Gelenke schmerzten, müde und ausgelaugt fühlte er sich. Aufmerksam sah er sich um. Das erste was ihm beim Betreten der Taberna auffiel war der vielfältige Duft. Das ließ vermuten, dass er hier genau das bekam, was er brauchte. Neugierig sah sich Massa um. Beim Umsehen blieb es nicht. Er griff nach einem der Töpfchen und roch daran. Ein klein wenig verrieb er zwischen Daumen und Zeigefinger, stellt es wieder an seinen Platz. Der Mann, der diese Taberna führte wusste was er tat. Massa griff an sein cingulum, das kleine Beutelchen steckte sicher dahinter. Sesterzen waren da, jetzt fehlt nur noch jemand, der Sie vielleicht gegen ein paar Kräuter, Salben und Zusätze tauschte. „ Salve. Ähm, ist jemand da?“ rief er nicht übermäßig laut.

    Innerlich erstaunt über die Frage, gab Massa dem Cornicularius bereitwillig Auskunft. „ Der Kaiser hat mich hier her geschickt. Ich soll mich als Tribunus Augusticlavius nützlich machen. Darüber wollte ich mit dem Praefectus sprechen. Um mehr geht es erst Mal nicht.“ Hoffentlich war die Antwort für den Cornicularius zufriedenstellend.

    Weit war es nicht. Die Stadt war wirklich nicht sehr groß. Fester in den Mantel gewickelt näherte er sich so abgehalftert, frierend und müde wie er aussah, den Wachen vor der Castra. Seine Pferde sahen nicht besser aus. Man sah ihnen die Strapazen des Marsches an.


    " Salve, ich möchte zum Praefectus Castrorum. Mein Name ist Appius Decimus Massa."

    Massa fror und war dankbar, dass er ohne weiteres Procedere in die Stadt kam und nicht nach dem Weg fragen musste. " Danke, dir." Eine kleine Stadt nach den Maßstäben die Massa gewohnt war. Das musste nicht heißen, das es hier schlechter war als in Alexandria. Es war nur anders und viel viel kälter. Er zog am Zügel seiner Pferde . Die setzten sich langsam in Bewegung und folgtem ihm auf dem gewiesenen Weg zur Castra.

    Eins der Stadttore von Mogontiacum tauchte vor der Karawane auf. Sie hatten es geschafft. Müde, zerschlagen, von den Unbilden des Wetters und des Weges gezeichnet, teilte sich hier die Gruppe der Reisenden. Ein Teil zog mit der Vexillatio weiter. Massa und drei Mitreisende strebten auf das Tor von Mogontiacum zu. Mit seinen zwei Pferden im Schlepp ging er auf eine der Wachposten zu und sprach sie an.


    „ Salve ich möchte zur Castra der Legio II Germanicae.“

    Die Tage in Rom waren schnell vergangen. Ich hatte mich am Abend von Casca verabschiedet. Unser Führer war für einen zeitigen Aufbruch, deswegen trafen wir uns kurz nach Sonnenaufgang. 12 Pferde, beladen, aufgereiht wie Perlen auf einer Schnur und ihre Besitzer standen bereit zum Abmarsch. Unsere Gruppe in den Norden wurde von einer Vexillation begleitet.
    Ich unterhielt mich mit einem Händler der aus dem Norden angereist war. Auf seinem Weg nach Rom sei es ruhig gewesen. Keine Überfälle, das Wetter war gut. Er meinte nur wir sollten uns beeilen. In den Bergen sei wahrscheinlich der erste Schnee gefallen. Das war genau das, was ich vermeiden wollte. Schnee in den Bergen. Die Vorbereitungen hatten sich in die Länge gezogen und damit war es nicht zu ändern, dass es erst heute auf Reisen ging.


    Ob Anahita das Angebot ernst genommen hatte? Ich war mir ziemlich sicher, dass sie hier blieb. Aber trotzdem sah ich mich noch einmal um. Man wusste ja nie.


    Die Ladung auf den Pferden wurde überprüft, dass alles richtig saß, dann gab der Centurio der Vexillatio den Befehl zum Aufbruch.

    Die heutige Post lag auf dem Tisch. Ich überflog Empfänger und Absender. Alles für Casca, der sich um die Casa und ihre Angelegenheiten hier in Rom kümmerte. Zuunterst erspähte ich eine, die an mich gerichtet war. Aus Germania , dass konnte nur von Seiana sein. Was für eine Glück, einen Tag später und ich hätte sie nicht mehr in Empfang nehmen können.
    Zurückgelehnt im Korbsessel war ich gespannt darauf, was die Tabula zu berichten hatte.


    Ad
    Appius Decimus Massa
    Casa Decima Mercator
    Roma
    Italia


    Salve Massa,


    du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr es mich freut, von dir zu hören. Ich habe selbst viel zu lange keine Nachrichten gesandt, mach dir deshalb also keine Gedanken. Manchmal läuft das Leben so, und die Entfernung, die langen Wege, tragen nichts dazu bei, dass es leichter wäre, Kontakt zu halten.
    Umso schöner ist deine Nachricht, dass du bei der Legio II eingesetzt wirst. Herzlichen Glückwunsch dazu! Ich freue mich schon darauf, künftig wieder mehr von dir zu hören und jemanden von der Familie in der Nähe zu haben. Ich hoffe, mein Brief erreicht dich überhaupt noch in Rom.


    Auch andere Nachrichten dringen nur langsam in die Provinz vor. Dass es in Rom Unruhen gegeben hat, davon habe ich hier nur wenig mitbekommen. Vor allem nicht, wie schlimm es wirklich zu sein scheint. Was du von Plünderungen und Übergriffen erzählst, klingt furchtbar – ich bete zu den Göttern, dass die Urbaner diese Plage bald in den Griff bekommen und die Aufrührer ihre gerechte Strafe bekommen.


    Bei all den schlechten Neuigkeiten aus Rom freut es mich umso mehr, die eine gute aus Germania schicken zu können: Aulus und ich erwarten ein Kind. Bis du hier eintriffst, ist es womöglich schon auf der Welt, so die Götter es wollen und alles gut geht.


    Mögen die Götter dich auf deiner Reise schützen!


    Vale
    Seiana






    Ihr ging es gut und sie bekommt ein Kind ! Hoffentlich steht ihr Juno bei, dass das Kind gesund zur Welt kommt und Seiana die Geburt unbeschadet übersteht. Der Mann an ihrer Seite bereitete mir Kopfschmerzen. Aulus? Aulus? Ich kramte in den hintersten Schubladen. Aulus? Der Iunier? Ich hatte ihn nie kennengelernt. Damals war das Verhältnis zwischen Decimi und Iunii etwas unterkühlt falls ich mich recht erinnere. Warum und wieso entzog sich meiner Kenntnis. Ich war nicht involviert. Das erhöhte die Spannung auf unser erstes Aufeinander treffen. Naja, dann sollte ich mich beeilen nach Germania zu kommen.

    Die Tage in Rom waren wie im Fluge vergangen. Es wurde Zeit für die Abreise. Der Sommer ging zur Neige. Der Weg nach Germanien wurde beschwerlich, fiel der erste Schnee.
    Meine neue Ausrüstung lag auf dem Bett. Ein Brustpanzer, ein neuer Galea, das Subarmalium aus feinem weichem Leder, ein zweites Paar Stiefel. Zwei paar Bracae und mehrere Tuniken waren ebenfalls dabei. Am Ende waren es zwei Kisten mit persönlichen Sachen.
    Auf dem Markt hatte ich mir zwei Packpferde und ein Reitpferd gekauft. Sie standen in einem Stall vor den Toren Rom‘s, an dem sich die Leute trafen, die gemeinsam reisten. Unsere Gruppe hatte einen erfahrenen Führer gefunden. Er sollte uns unbeschadet nach Mogontiacum bringen. Von ihm erfuhren wir, dass eine Vexillation bis Mogonitacum mitzog. Einen besseren Schutz konnte es nicht geben.
    Der Tag der Abreise war gekommen. Ich sah mich noch einmal in meinem cubiculum um. Nichts, dass ich vergessen hatte. All meine Habe ging mit nach Mogontiacum.

    Was man in Alexandria alles so lernt. Vor allem das Feilschen auf dem Markt. Aber das war Nebensache hier am Tempel. Ich zog ebenfalls meine Schuhe aus und wusch mich. Für alles andere hatte er gesorgt. „ Ich hoffe es. Minerva bedeutet mir sehr viel.“ flüsterte ich zurück. Ihren Schutz wollte ich auf meinen zukünftigen Wegen nicht missen.
    Als wir den Tempel betraten, fühlte ich mich klein im Angesicht der Götterstatuen, die so lebensecht aussahen. Casca hatte nicht ganz unrecht mit seiner Einbildung. „ Ich überlasse es ganz dir Casca.“ antwortete ich. Die Opferhandlung lag ganz in seinen Händen.
    Ich bedeckte mein Haupt. Einzig etwas Weihrauch legte ich in die Schale und trag zurück, um dann ganz im Stillen meine Bitte an Minerva zu formulieren. „Minerva, meine Weise Beschützerin. Du hast mich auf meinen bisherigen Wegen begleitet. Du hast mich im Kampf geleitet. Mit diesem Opfer bitte ich um deinen Schutz in Germanien. Geleite und beschütze mich dort ebenso wie du es schon in Alexandria getan hast. Bitte habe auch ein Auge auf meinen Bruder Casca. “ Leise flüsterte ich meine Bitte an Minerva. Casca sollte nicht durch mich bei den Opferhandlungen gestört werden.

    " Sehr beeindruckend Casca." Ich blieb stehen und sah mir den Tempel genauer an. Ein imposantes Bauwerk. Da hatte er sich eine ausgezeichnete Wirkungsstätte ausgesucht. Ein wunderschöner Tempel für Minerva. " Im übrigen hat das Kalb uns 90 Sesterzen gekostet, aber das spielt keine Rolle. Es war das schönste im Gatter. Ich hätte es auch für mehr genommen." Mein zufriedener Blick glitt über das Kälbchen. Es wurde mit Bändern geschmückt und musste vorerst hier draußen warten. " Gehst du vor?" fragte ich Casca.

    Eine Kline und erst Mal die Füße hoch. Zur Ruhe kommen und dann weiter. Casca hatte recht, mit einem Brief war es nicht getan. Männer hinschicken? Hatte er wirklich so viel Vertrauen in die decimischen Sklaven. Man konnte sich auf sie verlassen, aber bei den undurchsichtigen Verhältnissen auf den Straßen. Ich wollte es ungern riskieren. Einen mit einer Nachricht los schicken, war kein so großes Risiko. Einer fiel weniger auf. Na gut, er war der Hausherr. Er hatte zu entscheiden. „ Wie du meinst. Aber laufen sie den Urbanern oder Prätorianern über den Weg wird es schwierig. Mach eine Tabula fertig in der du sie ausdrücklich damit beauftragst Pina zur Casa Quintilla zu bringen und dort mit für den Schutz zu sorgen.“ Es war Pina anzumerken, dass sie sich hier nicht richtig wohl fühlte. In Gedanken war sie sicherlich bei ihrer Tante die sich sorgen machte und nicht wusste wo sie steckte. Casca's Frage nach dem wie lange, war nicht einfach zu beantworten. „ Sollten die Prätorianer endlich aufhören unbescholtene Bürger Rom zu schikanieren und zu ihren vornehmlichen Aufgaben kommen. Das gleiche trifft auf die Urbaner zu. Müssen sie sich nicht mehr um den Schutz der Vigile bemühen. Können sich beide vollends der Verfolgung der aufständischen Sklaven widmen. In ein bis 2 Tagen sollte wieder Ruhe herrschen. Friedlich steht auf einem anderen Blatt.“ ich rief Silas. Er sollte mir einen unverdünnten Wein bringen.

    Wenn Casca wüsste wie sehr ich den Preis gedrückt hatte. Beim nächsten Marktbesuch von ihm war ich ja nicht dabei. „ Sehr erfolgreich. Wir können uns heute Abend sogar gebratene Tauben leisten.“ Ich sah auf seinen Käfig. „ Ähm, nicht die da.“ Obwohl die sich ganz gut im Topf machen würden. Nein, sie waren für Venus bestimmt und da landeten sie heute. Ich sah zum Kalb. Praktischer Weise zuerst das große Opfer. Minerva war mir auch etwas wichtiger als Venus. Was sollte ich schon von Venus wollen. Ich hatte sowieso kein glückliches Händchen mit Frauen. „ Wir gehen zuerst zu Minerva.“ Ihr hatte ich viel zu verdanken. Das Kalb war nicht zu viel, es war das mindeste, was ich opfern konnte.