Wie sehr ich ihn um sein Wunder beneidete. Er hatte einen Anker gefunden. Einen Retter in der Not, einen der ihm Halt gab. Der ihm einen Weg aus der Ausweglosigkeit zeigte. Ich stand alleine da. Musste alleine aus diesem Sumpf heraus. Vielleicht ganz gut so. Enttäuschungen wie sie Serapio erfahren hatte, blieben mir so erspart und ich war keinem einen Gefallen schuldig. „ Zu ermessen was du verloren hast, kann ich nicht. Die Mittel und Möglichkeiten so weit zu kommen wie du, wurden mir nicht in die Wiege gelegt. Was du gefunden hast ….. zum Teil. Erinnere dich an unsere letzte Begegnung in der casa Decima. Im Gegensatz zu damals, bist du regelrecht aufgeblüht. Du hast deinen Lebensmut wiedergefunden. Dein Leben hat einen neuen Sinn bekommen.“ Der Sinn bei mir, verklärt, ungewiss, im trüben. Die Männer die er hasste, waren die, von denen meine Zukunft abhing. „ Wenn es für dich abfällig klang, entschuldige.“ Ich war einfach zu müde über all die Verluste nachzudenken. Viel zu viele Verluste menschlich und im Glauben an die Götter. Unvermittelt fragte ich. „ Welcher Gott hat dein Streben nach Wahrheit unterstützt? Hattest du überhaupt Unterstützung durch die Götter? Findest du es nicht seltsam, dass sich nicht E I N Gott auf deine Seite gestellt und dich unterstützt hat? Warum haben sich die Götter bei unserem Kampf gegen Palma zurückgezogen? Wir waren nach unserem Ermessen im Recht, aber ein höheres Recht hat uns Lügen gestraft. Wir wurden geopfert für etwas, dass sich Politik nennt. Gold und die Gier nach Macht, Intrigen und Korruption sind lauter als die vereinzelt rufenden Stimmen, die die Wahrheit ans Licht bringen wollen. Die niemand hören oder sehen will, nur um seines ruhigen fetten Lebensstils willen.“ Unzählige Opfer, reich an Opfergaben. Die Götter hatten sie angenommen und nicht einen Finger für uns gerührt. Sie haben zugesehen und nichts getan. Wie so viele einflussreiche Männer. Alle haben sie den Schwanz eingezogen. Man hat uns wie heiße Brotlaibe fallen gelassen. Überall ein Graben aus Misstrauen, eine Mauer aus Schweigen. Jeder meiner Schritte wird begutachtet und in die Waagschalen meiner Zukunft geworfen. Ich fange von vorn wie ein frisch ausgehobener Tiro an, daran ändert auch mein jetziger Posten nichts. Es spricht keiner laut aus, aber es ist in jedem Gesicht zu lesen. Ein drittklassiger Offizier, ein Offizier der classis, in die Provinz versetzt, nicht vertrauenswürdig. Er hat schließlich gegen den jetzigen Augustus gekämpft. Warum tue ich mir das an?
„ Die Wahl? Ja, die Wahl. Ich verlasse den Exercitus oder ich bleibe und führe die Befehle des Augustus aus.“
Und da war noch etwas, was mich schmerzte. „ Du sprichst von enttäuschter Liebe. Was soll ich sagen? Eine kleine zarte Blume, von dir zertreten. Kein Wort aus Rom...Ich Einfältiger. Wenn es der Manius ist, den ich vermute. Wie einfältig von mir, zu glauben ihn ersetzten zu können.“ Dafür hatte ich in Alexandria eine Blume unbeachtet stehen gelassen. Ich musste sie nach meiner Rückkehr suchen gehen. Koste es was es wolle.
„ Faustus, auch wenn du es nicht wahr haben willst und die Augen davor verschließt. Du hast mehr Freunde als du denkst. Ihr Verhalten zu jener Zeit war nur zu menschlich. Ein reines Gewissen in Rom ist nicht einen Sesterz wert. Das müsstest du nach all dem mittlerweile begriffen haben. Selbst die Götter sind bestechlich. Bedenke das beim Zusammensetzten deines Scherbenhaufens.“ Es waren wieder Wunden aufgebrochen, die gerade anfingen zu verheilen. „ Ich werde dich nie richtig verstehen Faustus. Mein Leben ist bisher einfach verlaufen. Ich war auf mich alleine gestellt. Du kommst aus einer ganz anderen Klientel. Ich schaffe es nicht mal zu einem passablen Centurionenposten in einer Legion.“ Ein schmerzliches Lächeln auf den Lippen, weit weg mit meinen Gedanken. Ich wollte sie nicht hier an die Gegenwart verschwenden. Die , die ich nicht ändern konnte, die sich mir aufzwang, aus der es kein Entkommen gab. Ein Lupanar, Wein, den Frust abbauen, sich seinem Schicksal auf angenehme Weise ergeben, dem weltlichen für einen Moment entfliehen. Das war es an was ich dachte. Irgendwann stellte ich fest, dass ich im Begriff war mich wieder anzukleiden. „ Das Bad war gut.“ murmelte ich geistesabwesend. „ Wohin wirst du gehen?" fragte ich, als die Schleife an meiner calligae gebunden war.