Den Becher mit verdünnten Wein zwischen Mittefinger und Daumen haltend, glitt mein Blick von einem Decimer zum anderen. Bei Venusia und Seiana blieb er hängen. Unterschiedlicher vom Charakter her, als diese beiden konnten Frauen nicht sein. Ein Erklärung, warum ich bei den Frauen der Runde hängen blieb hatte ich nicht parat. Tauchten Frauen, mit Ausnahme Neriman's, bisher unter keinem der wichtigen Punkte meiner Interessen auf.
Seiana beherrscht, kein Hinweis gebend, was sich in ihr abspielte. Zielstrebig, klug aber nicht gewissenlos. Nach außen kalt, reserviert , zurückhaltend. Ihre ganze Haltung forderte einen gewissen Respekt von ihrem Gegenüber. Sie mochte schwer aus der Fassung zu bringen sein. Wunde Punkte? Angreifbar? Faustus... ihn beschützte sie, wie die Wölfin ihre Jungen. Ihre Arbeit bei der acta, eine Flucht vor sich selbst? Ein starke Frau, die an ihrer Stärke fast zerbrach. Mehr? Es gab noch mehr.
Mein Interesse wechselte. Venusia, eine Frau, nüchtern festgestellt. Was steckte in ihr. Eine Mutter, besorgt um ihre Kinder. Ich musste lächeln, und an Achaia denken. Ihre Zurückhaltung eine ganz andere. Feinfühlig, einsam. Eine Frau die sich nicht in den Vordergrund spielte. Erdrückt von allem was sie hier umgab. Ihr größter Rückhalt die Kinder. Was fehlte die Familie an sich. Das Gefühl es ist jemand da wenn man ihn braucht und doch kann man seinen eigenen weg gehen.
Eine Duccia, viel wusste ich nicht von dieser Familie. Germanen, beschrieben als wild und in Felle gekleidet. So konnte ich sie mir beim besten Willen nicht vorstellen. Ich bekam eine Gänsehaut. So offensichtlich waren die Parallelen zu den Nomanden, zu Neriman. Mir verging die Lust, zu sehr glich alles dem was ich zurück gelassen hatte.
Ich trank hastig einen Schluck und stellte den Becher energisch auf. Zu energisch, einige Spritzer Wein verteilten sich auf dem Tisch. Das halbe Ei blieb zerstochert auf dem Teller liegen.