Beiträge von Appius Decimus Massa

    Stier und Auriga. Ich suchte den hellsten Stern am Himmel, Polaris, die Sternbilder von Kallisto und ihrem Sohn Arkas. Unterhalb von Hercules leuchtete das Sternbild des Adlers. „ Siehst du da rechts unter Kallisto ist Hercules und ein Stück links unter ihm ist der Adler zu sehen.“ Mehr für mich sagte ich: „ Der Adler, der Ganymed in den Olymp entführte.“ Ich merkte, dass sein Interesse nicht mehr unbedingt den Sternen galt.


    Seine Wange an meiner Hand, ein seltsames Gefühl. Seine Augen hingen an meinen Lippen. Unbewusst leckte ich darüber. Seine Lippen, ich hatte sie mit den Fingern berührt, weich, samtig, warm, ebenmäßig. Ich erinnerte mich an jedes Detail. Langsam beugte er sich zu mir, unaufhaltsam, wieder war er es.
    Ich war gefangen von ihm, versuchte nicht auszubrechen. Das Unbekannte, die Neugierde hielt mich fest, trieb mich in seine Arme. Genau genommen zu seinen Lippen. Sie spüren wollen, den Reiz, das Neue, das Unversuchte zu ergründen, jede Einzelheit auf zu saugen, darin zu ertrinken.


    Unsere Lippen trafen sich, meine Hand lag in seinem Nacken übte leichten Druck aus, fuhr durch sein Haar. Ich kostete sie, schmeckte, trank und wurde von ihnen in den Olymp getragen wie Ganymed. Sie entfachten ein Feuer, das die Kälte der Nacht vergessen machte. Was erwartete mich danach? Ich wollte nicht daran denken. Verlor ich mich bei ihm? Das durfte nicht sein. Hier nicht, heute nicht, niemals. Es war zu gefährlich. Doch was zählte die Einsicht, wenn immer wieder Situationen entstanden, bei denen es kein Ausweichen gab.

    Wegen der zwei Gefangenen war ich hier. Dazu hatte er mich her befohlen. Der Eques und ich sollten die Beiden bewachen. Diese Aufgabe roch regelrecht nach Ärger. Ich warf einen Blick hinüber, er stand und sie saß. Ihr Gesicht hinter einem Tuch verborgen, beobachtete sie mich, seit ich die Principia betreten hatte. Warum sah sie mich die ganze Zeit an, ihre Augen verfolgten mich regelrecht. Oh, nein ich lasse mich von dir nicht einwickeln. Nicht mit mir. Unbeeindruckt sah ich wieder zu Serapio.


    Der zweite Teil seines, Serapio’s, Befehls auf sie aufzupassen, dass ihr nichts passiert, hätte mich beinahe protestieren lassen. Ich sollte Kindermädchen für sie spielen. Mir blieb wohl nichts anderes übrig. Der Tribun, ...Serapio, vertraute mir. Ihn zu enttäuschen lag mir mehr als fern. Befehl war Befehl. „Jawohl. Tribun.“ Antwortete ich sachlich und widmete mich der Ausführung des Befehls. „Na dann Milites und Kindermädchen auf deinen Posten.“ Murmelte ich vor mich hin. Unter dem Sonnensegel war es erträglich. Ich bezog meinen Posten auf der anderen Seite schräg hinter den Beiden Gefangenen. So hatte ich sie und die Zeltreihen gut im Auge, stand außerhalb ihrer Reichweite, aber nahe genug einzugreifen, falls sie versuchen sollten zu fliehen oder andere Dummheiten zu begehen. Mein Blick ging von ihr zu ihm. Ich versuchte ihn einzuschätzen. Durch sein Gewand war ich mir nicht sicher, wie kräftig er war. Lieber auf mehr gefasst sein, als zu wenig. Ich musterte sie, versuchte sie abzuschätzen. Soviel Kraft wie er hatte sie nicht. Vorsicht konnte trotzdem nicht schaden. Ich sah die Zeltreihen an. Der Massenauflauf hatte sich dank des Praefectus aufgelöst. Fürs erste. Wer weiß zu was die da unten, ausgehungert und kampflustig, in der Lage waren. Wieder ging mein Blick zu ihr. Was hatte eine Frau im Krieg zu suchen. Nahmen sie immer ihre Frauen mit, hatten sie vielleicht auch was zu sagen ? Unvorstellbar in der Legion. Was gäbe das für ein Chaos. Ich riss mich von den Gedanken los und musterte die Umgebung, immer ein wachsames Auge auf die zwei.

    Das Tuch war so fein gearbeitet, ich fühlte jede seiner Fingerspitzen in meinem Nacken. Angenehm, ich war versucht die Augen zu schließen und .... Mein Lob zum Marsopfer unterbrach ihn. Ich konzentrierte mich wieder auf unser Gespräch. „ Rom Beschützen, für Rom in den Krieg ziehen. Ja. Das hatte ich mir als Knabe vorgenommen und setzte es jetzt in die Tat um. Ich bin alleine, habe keine Familie, bin an nichts gebunden, muss mir dahin keine Gedanken machen. Ich fühle mich einzig Rom und unserer Gens verpflichtet.“ Mit diesen Worten zum Abschluss wollte ich gehen. Er hielt mich zurück, suchte etwas. Legte mir ein Lederband mit einem Amulett daran in die Hände. Ich konnte in der Dunkelheit nicht sehen was es für eins war. „Danke.“ Brachte ich ein wenig überrascht heraus. Hing es mir um den Hals und verstaute es sorgsam unter Lorica und Tunika. In einer ruhigen Minute wollte ich es mir ansehen. „ Dann lass uns gehen. Ravdushara hat seine Erzählung sicher beendet und es wird kaum noch einer am Feuer sitzen. Dazu ist der Sternenhimmel hier wirklich wunderschön.“ Durch die uns umgebende Dunkelheit leuchteten die Sterne umso heller. Ich lief dicht neben ihm, schweigend. Es war wirklich stockdunkel. Ich ahnte seine Gesichtszüge mehr als ich sie sehen konnte. Ich horchte einen Augenblick in die Nacht, hier war niemand außer uns. Seine Nähe war etwas Besonderes für mich. Ich atmete tief durch und sah nach oben. Meine Hand fuhr wie zufällig über seinen Nacken, blieb auf seiner Schulter liegen „ Sind sie nicht herrlich?“

    Er bereute die Nacht nicht. Ein angenehmer Gedanke nicht alleine zu sein, so empfunden zu haben. Ich lächelte, als ich mein Focale in seinen Händen sah. Wie andächtig er es um die Hand wickelte. „ Es gehört dir. Ein Pfand, ein Dank, eine Erinnerung von mir an dich.“ Sein Schritt auf mich zu, sein Arm, etwas in dieser Art hatte ich erwartet, wäre enttäuscht gewesen, wenn er es nicht getan hätte. Hätte verstanden, wenn nicht, mein kalte Schulter am Morgen. Ich war versucht meinen Arm um ihn zu legen, nein. Meine Hand ging zum Tuch was ich trug. „ Ich fand es am Morgen nach..... (Zelte hatten sehr oft Ohren)nach der Schlacht an einer Zeltstange. Im Sturm muss es sich dort verfangen haben. Feiner Stoff, ungewöhnlich.“ Ich strich mit meinen Fingern flüchtig über das Tuch. „ Deine Opferzeremonie für Mars, beeindruckend. Du warst gut. Mars wird es mit Wohlwollen aufgenommen haben. Man hat seine Anwesenheit förmlich gespürt.“ Ich sah ihn an. „ Danke für die Glückwünsche. Der Zeitpunkt und er Hintergrund dazu sind bedrückend. Man kann sich selten den richtigen Zeitpunkt aussuchen. Ich hoffe ich werde den Ansprüchen und Erwartungen gerecht, die die Legion in mich setzt.“ Die Zeit war fortgeschritten. Hier war nicht der beste Ort für ihre Unterhaltung. „ Ich sollte zurück. “

    Hinter mir Schritte. Drehte ich mich jetzt um, dann zerstörte ich die Illusion, dass er es sein könnte. Unentschlossen und mit meiner Hoffnung hadernd sah ich mich um. In diesem Augenblick vernahm ich seine Stimme. Ich ahnte ihn mehr als ich ihn sah. Seine Silhouette verschmolz mit dem Zelt hinter ihm. Seine Stimme kam näher, mit ihr sein Selbst. Er stand dicht neben mir.
    In mir tobte ein Sturm der Gefühle, Wut, Angst, Hilflosigkeit, Zuneigung. Ich sah ihn an. Versucht eine Wand der Kälte aufzubauen um Schutz dahinter zu finden. „ ...Du ...“ sagte ich kühl. Du kannst es, du musst es tun. Nein ich konnte nicht. „ Serapio..“ ich schluckte, spürte den Kloß im Hals. „ ...mein...“ meine Finger glitten über seine Wange, die Narbe am Jochbein, hielten inne, glitten sanft über seine Lippen. „ ...danke....für die Nacht....“ ich hauchte ihm einen Kuss auf die Wange.
    Hin und hergerissen, versuchte ich meine Gefühle einzuordnen. Mein Verstand verweigerte sich mir. Ich drehte mich zur Seite, sah wieder zu den Sternen und sprach leise. „ Ich weiß nicht...ein einziges Chaos ist in mir...bereust du die Nacht? Fühlst du dich schuldig? Wenn ja, das musst du nicht. Ich habe sie genossen. Mit jeder Faser meines Körpers und meines Geistes gelebt. Ich bereue nichts. “ Meine Blicke gingen zu ihm. „... behalte es, wenn du willst...“ Im tiefsten Inneren quälte mich eine Frage. Wohin gehöre ich.

    Der Speer hatte das Ziel fast mittig getroffen. Jeden Tag eine Stunde üben und sie steckten alle so wie dieser. Bei der Hitze, anstrengend. Mein tägliches Pensum war geschafft. Ein Kamerad stand einige Schritte entfernt von mir und hatte meine Übung beobachtet. Er winkte mich zu sich. „ Du sollst dich sofort, am Zelt des Stabes, beim Tribun Decimus melden." Grinsend und mit neidischem Unterton hing er an. „ Hast du ein Glück, darfst an sie ran. Erzähl mir wie sie ist.“ Ich begriff nicht was er meinte. Nickte trotzdem um ihn los zu werden.


    Vorschriftsmäßig gekleidet trat ich meinen Gang an. Bis auf das Focale. Mein Focale hatte ich *verloren*. Ein Zufall hatte mir dieses Tuch beschert. Es war breiter und bot besseren Schutz vor dem Sand. Mit Scutum und Pilum war die Ausrüstung vollständig. Je näher ich zur Principa kam, umso mehr Legionäre und Trossknechte standen an den Zeltecken und gafften in die Richtung. Sie schlugen sie regelrecht um den besten Platz. Ich drängte mich an ihnen vorbei. Einer pöbelte mich an. Ich reagierte nicht, stieß ihn zur Seite und ging den Hügel hinauf. Meine Blicke fielen auf die zwei Fremden. Ein Mann und eine Frau. Deswegen waren alle so aufgekratzt und aggressiv. Wie eine Meute Hunde, die eine läufige Hündin gewittert hatten und sich gegenseitig wegbissen, bis fest stand wer sie als erster besteigen darf. Ein Eques wird da nicht reichen, um sie dann vor der Meute zu beschützen, wenn es soweit war. Es ging mich nichts an.


    Was ich hier sollte? Erst mal melden.


    „Legionarius Decimus Massa, II.Cohorte, II. Centurie, meldet sich wie befohlen zur Stelle.“

    Ravdushara’s Worte verwandelten sich wieder in Bilder. Der dümmlich drein sehende Eseltreiber und der schlitzohrige Dieb. Ich sah sie, als ob ich neben ihnen stehen würde. Bis der Dieb davon ging und der Eseltreiber allein zurück blieb und ein paar Augen, die mich beobachteten. Rückartig öffnete ich meine Augen und versuchte den Uhrheber ausfindig zu machen. Am Feuer waren sie beschäftigt. Ich konnte nichts weiter erkennen. Zwischen den Zelten war es dunkel. Keiner zu sehen. Es war sicher nur ein Hirngespinst. Ich schüttelte wie zu Bestätigung den Kopf. Fröstelnd die Arme nach vorn streckend. Mir war kalt, das Feuer war zu weit weg.


    „Erzähl weiter. Ich kann mir alles richtig vorstellen. Bitte..“ sagte ein Legionär Zustimmendes Nicken und Gemurmel von den Leuten um das Feuer.


    Meine Paenula hatte ich neben mir liegen. Übergeworfen wärmte sie gleich, aber nicht genug. Ein wenig die Beine vertreten um die Kälte zu vertreiben war ein gute Idee. Es reichte hier um die Zelte, schließlich wollte ich Ravdusharas Erzählung nicht verpassen. Langsam, mehr zwischen den Zelten hindurch tastend ging ich ein Stück. Hier war es still, nicht mal ein Wortfetzen dran herüber, die Zelte schluckten alle Geräusche und das Licht. Ich blieb stehen, sah nach oben in den sternenklaren Himmel. Jede Nacht leuchteten sie. Nie von Wolken verdeckt. Hell, zum greifen nahe und doch so fern. Unschuldig und schuldig zugleich. Die Ruhe brachte mich dazu über Verdrängtes nachzudenken. Seine blauen Augen, die Narbe in seinem Gesicht, die mich immer noch faszinierte. Was bezweckten die Götter mit unserem Zusammentreffen? Götter können grausam sein, sind launisch. Ihr Spiel undurchsichtig, unbegreiflich. Warum schenkten sie uns diesen unvergesslichen Moment. Eine für mich einzigartige Nacht. Jedes Mal wenn ich ihn sehe ....ich muss mit ihm reden. Aufgewühlt stand ich da, stierte in die Dunkelheit. Zeit zurück zu gehen. Ravdushara erzählte sicher schon.

    An eines der Fässer gelehnt, starrte ich ins Feuer, hatte meinen Becher Wein in der Hand. Trank immer wieder einen kleinen Schluck und dachte über vieles nach. Sie unterhielten sich, Ravdushara saß auf einem Eimer. Er sagte etwas. Die anderen am Feuer verstummten. Er begann mit einer Geschichte. Ich zog die Beine an und lauschte gespannt, es lenkte ab. Wie lange war es her, dass ich einer Geschichte am Lagerfeuer zugehört hatte. Die Flammen leckten am Holz, fraßen sich in die Scheite, verzehrten es. Vor meinen Augen erwachte die Geschichte zum Leben. Er konnte gut erzählen, sein Minenspiel war beeindruckend. Ich musste bei der Vorstellung, was für ein dummes Gesicht der Eseltreiber machte, lachen. Der folgende missmutige Einwurf, konnte nur von einem phantasielosen Griesgram sein. Mit seinem Spruch brachte er Unruhe ans Feuer. Ich beugte mich nach vorn zu ihm und flüsterte ihm zwinkernd zu. „Warte ab, der Bursche ist schlau.“ Ravdushara wärmte sich die Hände. Keine Frage wir wollten alle wissen wie es weiter ging. „ Ja erzähl.“ Sagte ich mit gedämpfter Stimme, wie einige andere und lehnte mich zurück ans Fass. Machte die Augen zu und warte auf die Bilder, die vor meinem geistigen Auge entstanden, sobald Ravdushara weiter erzählte.

    In mich hinein lächelnd, nahm ich sein ängstliches Wegrücken zur Notiz. Lag es an mir oder hatte er keine guten Erfahrungen mit Legionären gemacht. Das Zweite war zu vermuten. Die eigentliche Frage für mich war, was machte ein Ägypter hier in der Wüste, bei einem Tribun. Er war mit dem Nachschub gekommen, Hmm, arbeiten. Gut, das hätte ich am wenigsten vermutet und das der Tribun nicht da war, auch gut. So richtig taute der Junge nicht auf. Bei den drei Worten, die er mit mir gewechselt hatte, unmöglich. Meine Frage stellte ich daher zurück. Von meinem Focale konnte er nichts wissen. So wichtig war es nun auch nicht.


    Das Marsopfer fand bald statt. Er sollte lieber Serapios Harnisch ordentlich polieren und nicht nach meinem Focale suchen. „ Dann will ich dich bei deiner Arbeit nicht stören. Hast du mal nichts zu tun, meine Lorica freut sich auch über ein bisschen Pflege. Wir sehen uns sicher bald wieder. Spätestens, wenn meine Lorica dreckig ist.“ Grinsend sagte ich ein. „Vale.“ Und verschwand aus dem Zelt.

    Alle waren im Rausch. Aufgestachelt durch die Rede des Praefectus Legionis. Keiner konnte sich dem entziehen. Stimmte ein. Ein Meer von eisernen Spitzen reckte sich zum Himmel. Überall erklang der Schlachtruf

    „ Mars mit uns ! keine Gnade !!! MARS, MARS, MARS..............“


    Mein Gesicht glühte, Sonne, Adrenalin. In diesem Augenblick eine Schlacht, es hätte kein Halten gegeben. Ein Alptraum für unsere Feinde, für die Feinde Rom’s!


    Es roch nach verbranntem Fleisch und nach frisch Gebratenem.Gleich ob Stier, Kamel oder Pferd, frisches Fleisch und Fladenbrot, das Beste kam noch, Wein aus den Vorräten. Ich setzte mich und betrachtete das Stück Fleisch. Es duftete herrlich, mir lief das Wasser im Mund zusammen. Ein herzhafter Biss, langsam kaute ich es durch. Die Geschmacks-knospen auf meiner Zunge explodierten förmlich. Ein Stück Brot und ein Schluck vom Wein für Mars, den zweiten für mich. Schmatzen und Schlürfen zeigte, dass alle mit Essen beschäftigt waren. Ich zelebrierte jeden Bissen. Es fühlte sich gut an. Gesättigt trank ich meinen Becher aus, säuberte die Finger im Sand.


    Ich starrte vor mich hin. Legionarius Decimus Massa hörte sich gut an. Dazu die Auszeichnung. Ich sollte mich darüber freuen, hatte es geschafft. So richtig wollte die Freude nicht aufkommen. Mir fehlten meine Freunde um das Ereignis zu feiern. Sie hatten keine Gelegenheit mehr dazu. Innerlich lastete es schwer auf mir. Ich hatte Menas nicht helfen können.

    Zitat

    von Helvetia Aviana Edit: Auch wenn die meisten Männer vielleicht gar nicht "erahnen" würden, aber einfach die Angst davor ist wohl da, dass da Metawissen greifen könnte.


    Auf einen Versuch käme es an. Es ist ausreichend männliches Spielpotential vorhanden. Wer suchet der findet. ;)

    Freie Zeit für einen Legionär im Feldlager, grausam. Schlafen, sich mit anderen unterhalten, Würfeln, Ringen. Zu all dem hatte ich keine Lust. Laufen, Diskus oder Speer werfen, ein Zweikampf mit Kopis und Rundschild, danach war mir eher der Sinn. An diesem Ort undenkbar, weniger der Ort, als die Gefahr, dass man uns wieder angriff.
    Die Abwechslung stellte sich von alleine ein. Eine Nachschubkarawane tauchte auf. Helfen beim Abladen brauchte ich nicht, man stritt sich regelrecht um die Arbeit. es ging vielen so wie mir. Kampfpausen waren gut, dauerten sie zu lange, hatte man alles gemacht, dann befiel einen die Langeweile.


    Bei mir war es nicht die Langeweile, die mich durchs Lager trieb. Ein Wortwechsel holte mich aus meinen Gedanken. Das war der Sklave von Serapio, was hatte der mit dem Kleinen da zu schaffen. Freundlich ging er nicht mit ihm um. Ich blieb an der Zeltecke stehen und beobachtete die beiden, sie schienen mich total zu ignorieren. Konnte mir nur recht sein. Es war Amüsant ihnen zu zuhören. Die Freude nahm ein jähes Ende als sie das Zelt Serapios betraten. War er da? Sicher war ich mir nicht. Ich ging näher. Nein. Dann könnte ich gleich nach meinem Focale fragen ohne ihn behelligen zu müssen. Wollte ich das? Hatte ich Angst vor... Was soll ich tun? Es auf mich zukommen lassen? Fragen auf die es nur unzureichend bis gar keine Antwort gab.


    Der Zelteingang wurde hastig zur Seite geschlagen. Serapios Sklave kam aus dem Zelt. Ich versteckte mich hinter der Ecke des nächsten Zeltes, bis er außer Sichtweite war.
    Der Junge war noch drin, die beste Gelegenheit. Ich betrat Serapios Zelt. Der Junge saß und versuchte den Harnisch zu polieren. "Salve..... Der Tribun ist nicht zufällig hier?" Er musste nicht unbedingt merken, dass ich sie beobachtet hatte und wusste, dass er nicht da ist. Ich sah im zu. " Die Lederriemen, behandle mit ein wenig Fett, damit sie nicht so austrocknen." Er gab sich alle Mühe. " Du bist neu hier. Wie heißt du ?" Warum sollte ich nicht, ich setzte mich einfach zu ihm. Wenn Serapio kam, ich hatte einen Grund hier zu sein.

    Er stand dort am Altar, Serapio und sprach zu den Göttern, was für ein Akt der Marsanrufung. Ich verfolgte jede seiner Bewegungen, elegant, überschwänglich, kraftvoll, ausdrucksstark. Die Opfergabe war erfolgreich. Jubel, ich war voller Euphorie, schlug mit aller Kraft gegen das Scutum. Der Tribun zog sich zurück, hatte seinen Teil erfüllt.


    An seine Stelle trat der Praefectus Legionis, Tiberius Octavius Dragonum und hielt eine Rede. Es ging um die vergangenen Tage. Feige waren sie über uns hergefallen. Vergossen römisches Blut, löschte junges römisches Leben aus. Wir hatten ihnen gezeigt, hatten Rache genommen. Der Praefectus gab einen Befehl. Mir wurde heiß und kalt. Kleine Schweißtröpfchen bildeten sich auf meiner Stirn, ich bekam feuchte Hände. Meine Kameraden und ich sollten vortreten. Vor die ganze Legion. Ich trat mit den anderen vor. Nahm Haltung an. Ein erhabener Moment. Wir wurden zu Legionären ernannt und bekamen eine Auszeichnung. Unbeschreiblich. Ich war aufgeregt und stolz. Schloss mich dem Ruf tausender Legionäre an.


    „Für Rom, für den Kaiser , für die XXII !“


    Als er an mich herantrat, stockte mir der Atem. Gerade, bewahre deine Haltung Massa. Ich stand wie versteinert. Seine Frage, ich fühlte tausende Augen auf mich gerichtet. Laut und deutlich antwortete ich.


    "APPIUS DECIMUS MASSA, II. Kohorte, II. Centurie , Praefectus Legionis"


    Ich streckte die Brust noch etwas mehr raus. Straffte mich. Sah geradeaus. Es konnte bestimmt jeder das Strahlen in meinen Augen und den Stolz in meiner Haltung sehen. Ich dachte an nichts, fast nichts.....

    Mein erstes Marsopfer bei der Legion. Aus jeder Cohorte hatte man Träger für die erbeuteten Waffen bestimmt. In einer Reihe ging es an zwei Legionären vorbei, die die erbeutete Waffen auf die scuta verteilten. Das scutum wog schwer. Die ersten Schweißperlen traten mir auf die Stirn.
    Hinter dem Aqulifer eingereiht, marschierten wir zurück ins Lager. Ich orientierte mich an den Älteren was zu tun war. Die Cohorten nahmen vor der Principia Aufstellung. Wir standen mit den scuta etwas abseits vom Altar. Es war einiges zusammen gekommen. Mein Blick fiel kurz auf den Dolch der in meinem cingulum steckte. Ich wollte ihn behalten, aber damit würde ich Mars ein Stück des Opfers, was ihm zustand, vorenthalten. Vielleicht das kleine Stück, was uns seinen weiteren Beistand sicherte. Der Dolch sollte seinen Weg zu Mars finden.
    Ich sah in die Runde, dann zur Mitte. Da stand er, Tribunus Angusticlavius Faustus Decimus Serapio. Vereinzeltes Klirren von Metall war zu hören, verursacht durch den Wind, der durch die Reihen pfiff , sich in den Mänteln verfing und sie gegen die Ausrüstung schlug. Kein Wort war zu hören, die Augen aller waren auf ihn gerichtet. Das scutum wurde schwerer, ich schwitzte unter der Last. Hoffentlich dauerte es nicht mehr so lange bis zur Opferung. Beruhigend war, den Männern neben mir ging es ähnlich.

    Weitere Befehle waren nicht eingegangen. Für mich und die anderen Zeit die Ausrüstung auf Vordermann zu bringen. Ich entledigte mich meiner Lorica, zog die Caligae aus und kontrollierte den Sitz der Nägel. Das geschah mehr automatisch. Meine Gedanken kreisten um Serapio. Er hatte mich in seinen Bann gezogen. Die Nacht war berauschend........einmalig.
    Hatte ich die letzten 2 Jahre alles getan diese Gefühle zu unterdrücken, sie ins tiefste meines Inneren zu verbannen. Hatte er sie ohne Mühe an die Oberfläche geschwemmt.
    Schmerzliche Erinnerungen gesellten sich dazu. Etriachos trennte sich von einem Tag zum Anderen von mir, als feststand, dass ich nach Alexandria gehe. Am Hafen zum Abschied tauchte er mit seiner neuen Eroberung auf. Tiefer konnte er mich nicht verletzten. Nie wieder wollte ich es zu lassen. Und gestern, letzte Nacht, heute Morgen, begann alles von Neuem ?
    Im Keim ersticken. Alles negieren, was ihn betraf. Serapio, meinen Adonis verleumden. Ich hatte es heute Morgen versucht und mich schlecht dabei gefühlt. Wie schwer wog doch diese eine Nacht. Wütend schlug ich mit dem Hammer auf den lockeren Nagel ein. Mit meinem neuen Tuch, wischte ich mir die Schweißtropfen von der Stirn. Es war angenehm auf der Haut. Ich stellte mir vor, wer es getragen haben könnte. Einer ihrer Anführer, der sich diesen feinen Stoff leisten konnte. Jetzt gehörte es mir. Es war nur recht und billig, für das was sie diese Nacht getan hatten. Viel zu wenig, sinnierte ich. Die Caligae waren fertig. Die Lorica rieb ich mit Sand ab. Alles war so wie es sein sollte. Die Befehle konnten kommen, mussten. Ich brauchte eine Aufgabe um wieder in normalen Bahnen denken zu können, ohne das Serapio in meinem Geiste Unruhe stiftete.

    Seine Fingerspitzen, die ein Prickeln hinterließen. Ich musste ihn ansehen, die Narbe, verführerisch, nahe. Seine Augen, das leise Seufzen, die Zeit verging. Du musst gehen. Ich löste mich von ihm, rutschte vom Lager, hielt am Rand für einen Moment der Besinnung inne. Fuhr mir durchs Haar und streckte mich beim Aufstehen. Die Sachen zusammensuchend zog ich mich an. Schweigend, über die vergangenen Stunden nachdenkend. Die ersten Zweifel entdeckend. Lendentuch, Tunika, mit der Lorica dauerte es etwas länger, cingulum. Neben der Sitzmatte lagen mein cassis und Gladius. Der erbeutete Dolch fehlte. Suchend sah ich mich um. Neben Serpio’s Tunika lag er. Ich bückte mich, berührte die Tunika, wieder dieses Prickeln, der Griff nach dem Dolch. Unschlüssig, in dem Bewußtsein irgend etwas vergessen zu haben ging mein Blick über den Boden. „ Ich werde dann gehen....“ Emotionslos, fast kalt kamen die Worte über meine Lippen. Wie hasste ich mich dafür. Meinen cassis klemmte ich unter den Arm. Am Zelteingang zögerte ich. Es gab vieles was ich ihm noch sagen wollte. Es würde einen Strudel öffnen dem ich nicht zu entrinnen vermochte. Du musst gehen. Forsch legte ich den Eingang frei. Hinterließ ein „Vale Tribun.“ und ging aus Serapio‘s Zelt.


    Die Sonne ging am Horizont auf. Ich blieb stehen sah zu ihr, bis die Augen brannten. Ja, sie sollte mir die Augen ausbrennen und die Erinnerung an die letzte Nacht. Am liebsten hätte ich mich vor dem Zelt auf die Knie fallen lassen, die Götter angeschrien, warum sie mir das antaten. Nichts dergleichen tat ich, lief ziellos durchs Lager. Mein Weg führte zu den herunter gebrannten Zelten. Der Sturm hatte in der Nacht Sand über die Palisade geweht. Ein paar verkohlte Zeltstangen waren noch zu sehen, das andere war vom Sand bedeckt. An einer hatte sich ein Stück Stoff, ein Tuch verfangen. Ich griff mir an den Hals, vermisste mein Focale. Ich hatte es in Serapios Zelt liegen gelassen oder verloren. Warum nicht dieses Tuch. Es gehörte scheinbar keinem, ein guter Ersatz. Mit Vorsicht löste ich es von der Stange. Ein Tuch der Wüstennomaden, es fühlte sich wesentlich weicher zwischen den Fingern an, feiner gewebt, als das der Reiter. Unbewusst nahm ich es an die Nase. Es roch nicht nach Schweiß und Blut. Ein feiner Duft ging von ihm aus, den ich nicht definieren konnte. Ich band es mir um den Hals. So lange ich kein neues Focale hatte, würde es mir gegen den Sand gute Dienste leisten.
    Wie ich zu den Resten meines Zelt kam. Ich wusste es nicht. Zu sehr hatte ich mir den Kopf zermartert. Man hatte uns ein neues Zelt zugewiesen. Meine Ausrüstung war schon dort. Ich holte tief Luft, sah über die Dünen. Was wird die Zeit in der Wüste mir noch offenbaren, an Prüfungen bereit halten. Werde ich meinen Weg finden?


    Sim-Off:

    Link eingefügt

    Was hatte er angerichtet. Aufgewühlt, von Lust getrieben, ihn erwartend. Der erste Schmerz, seine warmen öligen Hände an meinen Seiten, wieder durchlief mich Hitze, bäume mich auf, gehe mit ihm, der Schmerz weicht den Wellen an Lust, stärker, es brennt in mir, lodert, wird unerträglich, ich will es hinausschreien, drücke mein Gesicht in die Kissen, gleich bricht er aus. Seine Ekstase ergreift mich, reißt mich mit. Ein letztes Aufbäumen.


    Worte waren jetzt deplatziert und unnötig. Ich war erschöpft und angenehm müde. Meine Hand seitlich am Kopf abgestützt, sah ich ihn an. Er kämpfte wie ich, kam wieder zu sich. Seine Haare zerzaust. Die Stirn schweißnass. Ich war versucht mit meinen Fingerspitzen über seine Wange zu fahren. Götter des Olymp, was hatten wir getan. Nichts, was gegen unsere Neigungen verstoßen würde. Sich gegen unsere Natur richtete. Wir hatten diese Nacht gelebt. Blieb es bei dieser? Ich legte meinen Kopf auf meinen Arm und atmete lang aus. Diese vergangenen Augenblicke genießen.