Beiträge von Appius Decimus Massa

    Der Weg zu meinem Contubernium war nicht so weit wie ich angenommen hatte. An einer der Fackeln vor dem Zelt blieb ich kurz stehen und zog das Amulett aus meiner Lorica. Eine kleine Bronze, Fortuna mit Füllhorn. Ein Amulett, das Glück brachte. Ich versteckte es wieder und ging leise hinein. Stieg vorsichtig über die Schlafenden bis zu meinem Schlafplatz. Es dauerte bis die Lorica fiel. Ich wickelte mich in meine paenula und wartete auf den Schlaf. Mit 7 Kameraden schlief ich hier und trotzdem alleine. Schnarchen. Einer hustete. Ich drehte mich eingerollt zur Zeltwand und starrte schlaflos ins Dunkel. Was hielt mich, was brachte meine Gefühle jedes Mal in Aufruhr. Ich wusste es nicht. Ein Traum jagte den anderen. Den nächsten Morgen hatte ich sie vergessen, konnte mich an Keinen erinnern.

    Ich konnte nur ahnen was sich hinter ihrem Tuch abspielte. In Gedanken stellte ich mir ein Lächeln vor. Sie bedankte sich auf ihre Art und machte sich bereit. Die Blicke des stillen Beobachters waren mir entgangen. Dafür kam die Zurechtweisung über meine Disziplinlosigkeit sehr deutlich an. „ Jawohl Praefect .“ Der Cassis saß, das Scutum wieder aufgenommen, lief ich dicht hinter Neriman Seba und Abay, die Hand am Gladius. Der Praefect hatte Recht man sollte nie zu leichtsinnig werden. Gefühle waren hier fehl am Platz. Ich sagte etwas zu Jasim. Er ging zu Neriman Seba.


    „Bleibt dicht bei Decimus Massa. Keinen Fluchtversuch. Er zögert nicht euch zu töten.“


    Ich sah an den beiden vorbei zu den Zelten. Der Praefect setzte sich in Bewegung. Wir folgten. Jeder Muskel war angespannt, ich war bereit beim ersten Versuch einer Flucht einzugreifen. War ich das? Nach Gefühlen durfte ich nicht gehen. Ich hatte einen Befehl zu befolgen. Wenn ich es nicht tat, setzte ich das Leben derer aufs Spiel die ich zu beschützen hatte. Immer wieder wechselte ich den Blick zwischen den Zelten und unseren Gästen. Die kleinste Geste konnte verraten was im nächsten Augenblick geschehen konnte.

    Ich nickte, ließ Pilum und Scutum stehen, öffnete meinen Cassis, nahm ihn ab und schüttelte meinen Kopf, mein lockiges Haar war durch die Hitze angedrückt, so fiel es wieder locker auf meine Schultern. Ohne die Waffen sah ich weniger gefährlich aus. Ganz ohne Waffen war ich natürlich nicht. Meinen Gladius behielt ich bei mir. So gerüstet, ging ich die beiden Gürtel holen, hielt sie Abay und Neriman Seba hin. Ihren hielt ich fest, als sie danach griff. Ich wollte ihre grünen Augen sehen. Sie faszinierten mich. Ein Lächeln von mir, diesmal erleichtert und ungezwungen. Ich ließ den Gürtel los, war bereit zu gehen.

    Die Antwort musste warten. Ich winkte sie sollten mir folgen und ging mit schnellen Schritten vornweg.
    Für Erklärungen war keine Zeit. Beim Laufen drehte ich mich um und trieb sie ein bisschen mehr zur Eile an. Wir gingen an den vorderen Reihen der 2. Cohorte entlang. Die Legionäre gingen in Stellung, hatten keine Augen für meine Begleitung. Besser war es. Wir kamen relativ schnell an der Spitze des Zuges an. So schnell es der Sand und die Hitze zuließen. Ich bedeutete den Beiden und Jasim stehen zu bleiben und ging zu einem der Centurio's, meldete uns vorschriftsmäßig an, salutierte:


    „Legionarius Decimus Massa, 2. Cohorte, 2. Centurie, meldet sich mit "Gästen" wie befohlen beim Stab.“

    Mir qualmten die Füße, eine Schweißperle nach der anderen lief die Schläfen herunter. Es sah so aus, als ob die Späher etwas gesichtet hatten. Entweder die Nomaden oder die Wüstenreiter.

    „ Jawohl Praefect.“ Ich salutierte und wartete bis er den Platz verlassen hatte. Wie sollte ich das erklären. „Jasim,(der heute am häufigsten gerufene Name) Beeil dich, sprich mit Abay, er und Neriman Seba sollen in meiner Nähe bleiben. Das ist ganz wichtig! Wir laufen zusammen. Sie werden ganz viele Legionäre sehen. In meiner Nähe wird ihnen nichts passieren ( bin ich ein Optimist bei 5000 Legionären :D )." Mir lief die erste Schweißperle die Schläfe herunter und das nicht wegen der Hitze. „ Ich zuerst, hinter mir Abay und Neriman Seba, du läufst als Letzter. Sind wir bei den Eseln und Wagen laufen wir wieder nebeneinander.“ Ich prüfte in der Zeit meine Ausrüstung und machte mich marschfertig. Dann ging ich los und winkte, sie sollten folgen. Ab und zu sah ich mich um. Das sie mir bloß nicht verloren gingen, der Praefect war momentan nicht zum Scherzen aufgelegt. Die 2. Cohorte rückte an die Spitze des Heerzuges.

    Immer diese Stille danach. In der Selbstzweifel und Rechtfertigungsversuche im Kopf Gestalt an nahmen, wieder ausgeräumt und zur Seite geschoben wurden. Lag es an meiner Herkunft, frei und ungezwungen herangewachsen, geformt und in Erwartung des letzten Schliffes, der Vollendung. Seine Hände wischten die Gedanken beiseite. Sanft, seine Wärme ausstrahlend, auf mich übertragend.


    Ruhe umfing uns. Er begann zu flüstern, strauchelte, fing sich wieder und sprach einen Wunsch aus. Ich musste nicht überlegen. „ In einer Nacht wie dieser, unter einem Sternenhimmel ähnlich diesem, werde ich auf dich warten und wir werden uns verlieren, miteinander kämpfen und untergehen, wiederauferstehen und unter den Sternen alles hinter uns lassen.“ Ich griff ihm in den Nacken, massierte ihn zärtlich. „ Aquila.“ Seine Finger, seine Lippen, sie waren es, die mich versinken ließen. Ein letzer Kuss. Seine Fähigkeiten, der Zauber, den er damit verbreitete. Er hielt mich gefangen.


    Es wird Zeit zu gehen Massa, kam die nüchterne Erkenntnis. Ich öffnete den Zelteingang und sah durch den Spalt vorsichtig nach draußen. Keine Patrouille zu sehen. Es war besser, wenn wir uns hier gleich trennten. Ein kurzer Griff an seine Schulter, ein Blick zu ihm, dann verschwand ich zwischen den Zelten. Ich legte die Hand auf meine Brust, dort unter der Tunika, trug ich etwas von ihm.

    Zitat von Neriman Seba

    Zitat

    Ihr Blick hing sehnsüchtig an seinen Lippen, als er trank. Dabei spürte sie den Durst noch viel intensiver. Natürlich hätte sie um Wasser bitten können, aber noch hielt sie es aus. Er grummelte mürrisch vor sich hin, ein Grund mehr, sich zurückzuhalten. Sie wollte ihn nicht verärgern. Dann nahm er den Schlauch von dem Esel.........


    Ein kleines Wunder in der Wüste. Hinter dem Tuch verbarg sich ein junges Frauengesicht. Ich sah ihr beim Trinken zu. Es gab keinen Unterschied alle waren gleich durstig in der Gluthitze. Ihr erstes Zeichen hatte ich problemlos als Wasser erkannt, mit dem zweiten wusste ich nichts anzufangen. Abay und Jasim mussten wieder herhalten. Das Zeichen für Danke, was sollte es anderes sein. Skeptisch sah ich wieder zu ihr. Wer war freiwillig bereit das Sprechen aufzugeben. Oder gab es einen triftigen Grund, dass sie nicht mehr sprach. Ich vermied es nachzufragen. Später, vielleicht. Jasim hatte mir den Wasserschlauch abgenommen und Abay gegeben.


    Vermutlich hatte ich meine Augen zu lange bei Nariman Seba. Ihre Augen waren grün, wie die einer Katze und in ihrem Blick lag eine gewisse Neugierde. Mich interessierte, warum sie mich immer wieder ansah. An mir gab es nichts Besonderes. Ich sah aus wie jeder Legionär hier. Das zu Fragen, die Hitze dazu, kam bestimmt nicht gut an, weil es sich eher wie ein Verhör anhörte. Außerdem wäre ihr Freund bestimmt nicht begeistert, wenn er es mitbekam. Streitigkeiten zwischen den Beiden brächte nur Unruhe in die Reihen der Legionäre. Das durfte nicht sein, also sollte ich mich zurückhalten und nichts tun, was ihn verärgern könnte.


    „ Jasim, sage Abay das der Schlauch für ihn und Neriman Seba ist. Sie können trinken wann sie wollen, sollen es sich aber einteilen. Mehr ist nicht da.“ Ich hatte etwas Luft zwischen mich und Nermina Seba gebracht. Ich wusste nicht wie Abay es aufnahm, wenn ich zu dicht bei ihr lief. Für mich war es auch gut, so hatte ich einen besseren Überblick über die Lage. „ Abay, wie viele Köpfe zählt eure Familie. Also deine und Neriman Seba’s.“ Eine einfache und eigentlich unverfängliche Frage. Jasim grinste so komisch als er sie Abay übersetzte.

    Er verneigte sich „ Der erste, der nach meinem Namen fragt ich fühle mich geehrt. Jasim heiße ich.“ Sein Grinsen war nicht zu übersehen. Von dem Überfall hatte er nicht viel mitbekommen, er hatte sich unter einem der Wagen versteckt. Mit der Frage wollte er den Römer nicht belästigen, er war schon gereizt. Er wollte warten, bis sich sein Laune gebessert hatte. „ Ohh, das kann ich euch auch erzählen. Die Kopflosen waren da. So nennen die Römer die Reiter der Blemmyer. Sie haben das Lager angegriffen. Es waren mindestens 100 mal 10 Reiter.“ Er zeigte seine Hände und übertrieb, nur ein kleines bisschen. „ Wir haben tapfer gekämpft. Ohne uns wären die Römer verloren gewesen. Ein paar von den Reitern sind davon gekommen und geflohen. Sorgen müsst ihr euch nicht machen. Sie sind in eine ganz andere Richtung geritten und sie waren nur wegen der Römer hier.“ Er nickte um es zu bekräftigen.


    Was machte dieser Halbwilde da. Ich beobachtete sie mißtrauisch, er war mir zu redseelig. Es war aber auch zum Auswachsen. Kein Wort verstand ich von ihrem Kauderwelsch und sie hatte mit ihm wieder nur Zeichen ausgetauscht. Eine Geheimsprache ? Verdächtig, wollten sie uns etwas vorenthalten. Wussten sie mehr als wir über die Reiter und was sie vor hatten. Waren sie zum auskundschaften hier? Warum hatte sie mich beobachtet. Wollte sie fliehen und dazu den geeigneten Moment abwarten, in dem ich unaufmerksam war. Nein, mein Aquila, der Tribun hatte gesagt Gäste. Gäste laufen nicht weg. Ich sollte die Aufgabe entspannter sehen und angehen.


    „ Heeee.“ Ich winkte dem Übersetzer zu. „ Komm her.“ Sofort, gleich, also mit einer stoischen Ruhe und ohne Hektik ging er zu Massa. „ Jasim, ist immer für dich da Herr.“ Erstaunt sah ich ihn an. Jasim hieß er, dann musste ich mir nicht mehr die Mühe machen und ihm sinnlose Bezeichnungen zuwerfen, damit er zu mir kam. „ Du bleibst dann auf dem Marsch immer bei mir , also in meiner Nähe...Jasim.“ Jasim nickte zufrieden, der Römer hatte sich seinen Namen gemerkt. Er wusste ihn jetzt noch. Später? Er zuckte für sich mit den Schultern.


    Ich sah mich um, der Praefect gab hoffentlich bald das Zeichen zum Abmarsch.

    Ein breites Grinsen , die Blicke unter den Beiden und ihre Zeichen. Ich kniff die Augen zusammen. Sie meinte mich und meinen Cassis. War daran irgendetwas nicht in Ordnung, dass sie sich darüber lustig machte?


    Der Übersetzer sah heran nahendes Unheil in meinem Gesicht. „ Herr, sie hat sich vorgestellt, wie sie mit dem Helm aus sieht. Ihr Name ist Neriman Seba und er heißt Abay.“ Hoffentlich ließ sich der Römer drauf ein.


    „Ich glaub dir zwar nicht aber belasse es dabei.“ Ich war viel zu Milde mit ihm, aber ich brauchte ihn für die nächsten Stunden. In mir steckte viel zu viel Grieche, ich denke das gefiel Serapio an mir. Hoffentlich dauerte es nicht mehr allzu lange und wir marschieren los, sonst redete der Übersetzer mir noch ein Dromedar in den Bauch.



    Puh, das wäre beinahe schief gegangen. Der Übersetzer zwinkerte Neriman Seba zu und schickte ihr ein Lächeln bevor er hinter Decimus Massa stehen blieb und sich mit einem der anderen Übersetzer zum Zeitvertreib unterhielt.

    Durst, da sagt der Übersetzer was. Ich nahm meine Flasche und trank einen Schluck. Sie trugen also Gürtel, als man sie aufgegriffen hatte. Ich kam erst später dazu. Sollten das die sein, die der Eques am Sattelknauf hatte? Ich hatte bei der Hitze keine Lust zu fragen. „ Bin ich ihr Kindermädchen? “ murmelte ich vor mich hin. „ Da am Esel hängt ein Schlauch mit Wasser er ist für sie. Alleine Trinken werden sie ja wohl können.“ Die Hitze schlug aufs Gemüt. Der Helm drückte. Die Lorica ließ keine Luft durch. Ich kam mir vor wie im Backofen. Mein Wasser wollte ich nicht verschwenden und ließ dieses Getue mit den feuchten Tüchern. Es war zu kostbar, das hatte ich nach dem ersten Ausflug in die Wüste, bei dem man uns überfallen hatte, gelernt.


    „ Wenn man nicht alles selber macht.“ Knurrte ich den grinsenden Halbwilden an. „ Dafür wirst du mir ein paar Worte in ihrer Sprache beibringen.“ Sagte ich ihm im Vorbeigehen, löste den Schlauch vom Esel und ging zu ihr. „ Wasser.“ Hielt ihn ihr hin.“ Bitte.“ Man ist zu Gästen freundlich. Ich rang mir ein Lächeln ab, bei der Hitze. Den zweien machte sie scheinbar nicht so viel aus. Sie trugen ja nichts außer ihren Sachen, die sie an hatten.

    Die Luft flimmerte. Ich zog das Tuch über Nase und Mund um den feinen Sand fern zu halten. Der Mund wurde dann nicht so schnell trocken. Der feine Sand setze sich überall hin, kroch in jede Ritze. Mein Vorteil war, ich musste nicht die gesamte Ausrüstung tragen. Sie lag auf dem Wagen hinter uns. Unter der Lorica staute sich die Hitze. Ich hob sie immer wieder an, damit ein bisschen Luft drunter kam. Ich sah zu den beiden *Gästen*. Ihnen schien die Hitze nicht so viel aus zu machen. Wo hatten sie eigentlich ihre Wasserschläuche? Man war in der Wüste nicht ohne Wasser unterwegs. Vor allem war ihr Lager angeblich einen halben Tagesmarsch weit entfernt. Ganz ohne Reittiere konnte ich sie mir auch nicht vorstellen. Sie liefen doch nicht in sengender Hitze in die Wüste um unser Lager aus zu kundschaften. „ He komm her.“ , „Ja Herr ?“ "Ich will wissen, ob sie Dromedare oder Pferde haben und ob sie immer ohne Wasser in der Wüste unterwegs sind.“ „Du bekommst sofort deine Antwort Herr.“

    Der Schlauch wanderte aus seiner Hand in ihre. War das jetzt Zufall oder Absicht? Ich hatte keine Zeit weiter darüber nach zudenken, der Übersetzer kam zurück.


    Das war wieder eine viel zu spezielle Frage, die sie beantwortet haben wollten. „ Wir müssen gehen, sie sollen mir folgen. Und sag ihnen die Entscheidung liegt beim Praefecten.“ Der Eques bildete den Abschluss unseres kleinen Zuges. Wir reihten uns in die zweite Cohorte ein. In der Mitte, bei den Lasttieren war der beste Platz. Ich stand links neben ihr und ihm der Eques rechts. An einen der Esel hatte ich den Wasserschlauch gehängt. Meine Flasche war bis zum Rand mit Wasser gefüllt. Der Übersetzter hielt sich schräg hinter mir auf. Wir standen und warteten auf den Abmarsch. „ Kannst du sie nochmal nach ihren Namen fragen, ich habe sie vorhin nicht verstanden. Der Höflichkeit halber, mein Name ist Decimus Massa.“ Es wurmte mich jetzt schon, ständig diesen Halbwilden als Mittler nehmen zu müssen. War es denn so schwer diese Sprache und wenn es nur ein paar Worte waren, zu lernen? Ich fasste einen Entschluss.


    Der Übersetzer stand bei ihnen. Er sprach ihn an. " Er will deinen und den Namen deiner Begleiterin wissen. Er heißt Decimus Massa. Er hat wohl ein schlechtes Gehör und hat sie vorhin nicht verstanden." Bei dem Nachsatz grinste er.

    Beim Praefectus bahnte sich eine Entscheidung an. Der Tribun sah gut aus, sein Salut... Er kam zu mir.Ich nahm Haltung an. Sein Blick, ein verstehendes Aufleuchten in meinen Augen. Ich zog das Tuch zurecht, war es unpassend verrutscht? Nein, er sprach mich an.
    Meine Annahme war richtig, dass ich weiter mit dem Eques auf sie aufpassen sollte. Kennenlernen ? Bekanntmachen? Ihnen auf den Zahn fühlen, sie aushorchen, direkt gesagt. Mit Hilfe eines Übersetzers? Ich hatte keinen blassen Schimmer ob er alles richtig rüber brachte, was mir einfiel. Falls mir was Vernünftiges einfiel. „ Ja, Tribun.“ Was gab da weiter zu sagen. Weg war er.


    Ich sah zu ihnen hinüber. Der Knabe spuckte vielleicht was aus. Mit der Frau, könnte schwierig werden. Ich musste sie ja zum Glück nicht heiraten, Unterhalten reichte vollkommen. Wenn das mal gut geht. Das Signal zum Lager abbrechen wurde geblasen. Ich winkte den Übersetzer zu mir. „ Biete ihm Wasser an, nur ihm verstanden. Sag ihm sie sollen ruhig sitzen bleiben, es dauert noch mit dem Abmarsch. Ich gebe ihm rechtzeitig durch dich Bescheid. Der Eques und ich sind zu ihrem Schutz da und falls Fragen aufkommen sollten. Ähm.., und du bleibst ab jetzt immer in meiner Nähe. Verstanden?“ Er machte eine leichte Verbeugung und grinste. „ Ja Herr.“ Ich sah ihm nach. Bei uns bekam der Ranghöchste zuerst. Ich wollte sehen ob er zuerst trank oder zuerst ihr den Schlauch überließ und dann trank. Ich konnte mich auch irren, bei ihnen war es vielleicht anders. Der Übersetzer machte das was ich ihm gesagt hatte und reichte ihm den Schlauch mit Wasser und überbrachte meine Nachricht. Ich hatte mich zu ihnen gedreht und wartete ab.

    Die Bank unter mir war hart, es roch intensiv nach Holz, Öl und ihm und war nicht das einzige harte, was ich spürte, was mich ohne Unterbrechung weiter in die fantastischen Höhen atemberaubender Gefühle hob. Ich presste mein Gesicht in meine linke Armbeuge, mein Atem ging schnell, ich keuchte, biss in meinen Handrücken um nicht laut aufzustöhnen.
    Seine Worte hier unaussprechlich, für die Außenwelt ein Geheimnis zwischen uns beiden. Seine leidenschaftlichen Küsse die sich in ekstatische Bisse wandelten, meinen Halsansatz marterten. In mir ein Feuerwerk auslösten, Fontänen, ein Lichtermeer von Blumen aus tausenden von kleinen Sternen, die aufflammten und im Herabsinken langsam erloschen. Er und ich waren angelangt. Der Adler hatte den Olymp mit seiner Beute erreicht und ihr einen Blick in unbekannte Höhen gewährt. Ich war erschöpft, sein Körper dicht an meinem, ich spürte seinen heftigen Atem, der sich langsam wieder beruhigte. Mein Arm war nass vom Schweiß meiner Stirn.
    Die Bank begann unangenehm zu drücken. Was man alles ignoriert, wenn man im Rausch ist. Ich drückte mich von der Bank hoch, drehte mich zu ihm um, fuhr sanft mit meinen Fingerspitzen über seine Wange, versuchte seine Augen zu ergründen, hauchte ihm einen..., zwei..., drei Küsse auf seine Lippen. Löste mich von ihm und zog mich an. Es fiel kein Wort. Man verstand sich auch so.


    Die Schnallen von der Lorica im Dunklen zu schließen war ein wenig problematisch und forderte meine ganze Aufmerksamkeit. Ein leichter Schmerz im Nacken, seine Bisse. Ich richtete mein Tuch, zog es an den Seiten und hinten etwas höher, dass man sie möglichst nicht sah und die Lorica mich dort nicht zusätzlich marterte. Ich war fertig. „ Aquila?“ flüsterte ich. Seinen Namen vermied ich, wer wusste, ob da nicht einer zufällig am Zelt entlang lief. Ich wartete auf ein Zeichen von ihm, dass wir das Zelt verließen. Gemeinsam oder einzeln.....

    Nein, du bist immer noch nicht ganz entspannt mein Adler, aber da spielte keine Rolle mehr. In mir kochte und brodelte es. Mein Blut war übermäßig in Wallung geraten. Ich hätte gut an die Stelle Vulkanos treten können. Natürlich hätte ich besser ausgesehen, aber ich will die Götter nicht versuchen. Ich fühlte mich mit dem was mirmein Aquila angedeihen ließ, so fast im Olymp und er hörte nicht auf mich noch höher zu treiben. Meine Finger gruben sich in die Kante der Bank, hielten dort nicht lange aus und zerwühlten sein Haar. Mein Brustkorb hob und senkte sich immer schneller. Den Kopf in den Nacken gelegt, hatte ich zu Kämpfen, dass mir nicht laute Äußerungen meiner ins unermesslich steigenden Lust über die Lippen kamen. Ich ballte meine Hand zur Faust und biss hinein. Nicht, dass ich mich dessen geschämt hätte, aber wir waren nicht alleine. Nur eine Zeltbahn trennte uns von den anderen. Was ich erlebte überstieg alles, was ich bisher erfahren hatte. „ Aquila ..“ presste ich heraus unterbrach sein Tun. „ Lass nichts übrig von deiner Beute.“ Es kostete mich einiges. Warum tat ich das. Heute hätte ich einmal eigennützig sein können. Bei ihm ging es nicht. Es war nichts Festes zwischen uns und trotzdem fühlte ich mich zusammen mit ihm erst so richtig gut. Ich bot mich ihm an, wollte mit ihm gemeinsam gen Olymp. Naschen konnten wir zwischendurch. Jetzt und hier sollte es ein gemeinsames Essen geben. Die Gelegenheit war da. Sie nicht auszunutzen wäre töricht. Im Nachbarzelt dachte man genauso, es war nicht zu überhören und es lenkte von uns ab.

    Zwischen den Zelten war Ruhe eingekehrt. Ich atmete erleichtert auf. Vorerst hatte ich meine Ruhe. Die Ruhe war relativ. Die beiden durfte ich nicht aus den Augen lassen. Ich kam mir dabei nicht wie ein Bewachter von Gefangenen vor, sondern wie ein Kindermädchen für Zivilisten, die einer Einladung des Praefecten und des Tribuns nachkamen. Heute war die Hitze dazu besonders belastend . Ich nahm einen Schluck Posca aus meiner Trinkflasche. Die Diskussion um den Verbleib der beiden Fremden tangierte mich nur soweit, als das ich erfuhr wie lange ich hier Wache schieben musste. Ja, es war etwas Besonderes. Der Tribun, Serapio, hatte bestimmt nicht aus Zufall nach mir geschickt. Er setze sehr großes Vertrauen in mich. Es ehrte mich und ich wollte ihn in keinster Weise entäuschen.


    Gut, ich musste keine anderen Arbeiten erledigen oder an seiner Ausrüstung herum putzen. Ich hatte Schatten und hier auf dem Hügel wehte ein lauer Wind. Recht angenehm und langweilig. Meine Blicke gingen zu dem Fremden, der sich nun endlich hingesetzt hatte. Er stand wirklich in einer Weise, die sich mir noch nicht ganz erschlossen hatte, unter der Regie der Frau. Er war sicher ihr Freund, Bruder oder Mann. Wer weiß. Dann konnte sie auch alt wie Stein sein. Sie machte mich neugierig. Konnte sie nicht das Tuch von ihrem Gesicht nehmen. Ihre Bewegungen gehörten zu einer jungen Frau, aber hier in der Wüste wusste man ja nie. Ich wollte keiner alten Frau weh tun, falls sie Dummheiten machte.

    Was um alles in der Wüste, war in ihn gefahren. Die ganze Atmosphäre war dahin. Knirschender Sand, Klirren. Das hatte ihn aufgeschreckt. Ich folgte Serapio so leise, ich konnte. Seiner Silhouette folgend, ging es durch’s Lager. Wo wollte er hin? Stille unbeobachtete Ecken kannte ich viele, das Manko, sie waren in Piraeus. Hier hatte ich mich nie damit befasst. Es war bis in die letzen Tage nicht nötig gewesen. Ich folgte ihm weiter. Mein Atem ging schneller, mein Puls raste.
    Er hatte einen Unterschlupf gefunden. Nein,....doch nicht. Aber dieses, so vermutete er, war verlassen. Ich sah in das Dunkel, es schien leer. Ich sah seinen Augen aufblitzen. Seinen Blick. Fühlte das Feuer in mir wieder auflodern. Kurzerhand zog ich ihn hinterher. Meine Lorica störte massiv. „ Hilf mir.“ flüsterte ich. Die Riemen waren schnell geöffnet. Ich legte sie auf eine Art Bank. Davon standen mehrere da. Ich lehnte mich an eine. Seine Kapuze störte, mit beiden Händen schlug ich sie zurück, hielt sein Gesicht und stahl mir einen Kuss, biss ihm sanft auf die Lippe, ließ meine Lippen wieder wandern, das gleiche Spiel, diesmal so hoffte ich , ungestört. Die eine Hand in seinem Nacken, die andere wanderte tiefer über seinen Schenkel.
    Gehauchte Küsse, zärtliche Bisse in den Hals. Vorsichtiges Lecken und Knappern an seinem Ohrläppchen. Ich hielt es kaum noch aus, drückte ihn an mich. Was hat er mit mir getan. So wild hatte ich bis heute nicht mal den Griechen begehrt. Wieder störte etwas. Es kam nicht von außen, war kaum zu spüren. Ein leichtes Zögern von ihm. So wie vorhin im Dunkel. Er ließ sich nicht so gehen wie beim ersten Mal. „ Du denkst zu viel. Entspann dich.“ Hauchte ich ihm ins Ohr. Hatte er Gewissenbisse? Musste er die haben, nein. Er hat mich zu nichts gezwungen. Was ließ ihn zögern? Unser gemeinsamer Name ? Es war nur der Name. Er Iberer, ich römischer Grieche. Er musste sich keine Gedanken machen. Ich wollte entdecken, verstehen, probieren und auskosten. Meine Ansichten , Erkenntnissse wachsen lassen. Der Weg bis zur vollkommenen Erkenntnis hatte erst begonnen. Vielleicht offenbarte er sich mir, bei Gelegenheit.„ Aquila ... du Geschöpf des Himmels.“ flüsterte ich.

    Das hatte mir Etriachos vorenthalten. Hatte er es aus Angst oder aus Selbstzufriedenheit getan. Mir dieses Feuer zu zeigen, wie es aufloderte, den Sturm entfachte, es zum Vorspiel aller Begehrlichkeiten machte. Das Treffen unserer Lippen. Nein unserer Sinne, den anderen zu erforschen, zu fühlen, das tiefe innere zu wecken. Die Empfänglichkeit für den anderen zu signalisieren. Die Flammen züngelten, zurückhaltend, breiteten sich stärker werdend in mir aus, fraßen sich durch meinen Leib, setzten alles in Brandt. Fast ohnmächtig von der Flut der Gefühle die sein Kuss in mir auslöste, wurde durch seine Hände eine Sintflut daraus. Ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, meine Hände glitten über sein Gesicht, fuhren durch sein Haar. meine Arme umfingen ihn. Am liebsten hätte ich ihn auf der Stelle ... Was für eine Kraft ein Kuss besaß. Ich kam mir vor wie Endymion. Entrückt und im Zweifel ob es wirklich war. Ich musste wieder zu mir finden. Widerstrebend löste ich meine Lippen von seinen. Mit geschlossenen Augen flüsterte ich: „Aquila, .....“ meine Hand legte ich an sein Gesicht, glitt mit meinen Fingerspitzen über seine Lippen. Zogen leicht und sanft ihre Konturen nach. In mir tobte das Feuer. Es kostete mich viel es unter Kontrolle zu bringen. „Aquila...“ wiederholte ich. Es gefiel mir, es traf die Situation. Ich hauchte Küsse auf seine Wange, wanderte mit meinen Lippen wie im Rausch den Hals hinab. Ich mochte mich nicht aus seiner Umarmung befreien. Entführt von ihm. Nur wohin? Die Wirklichkeit war unbarmherzig.