Legio XXII | Komm, schau die Nacht

  • "Litatio! Mars ist mit uns!"
    Die Hände noch tief vergraben in den blutigen Eingeweiden, blickte ich in die Gesichter der Soldaten. Erleichterung stand darin geschrieben, und Jubel erhob sich.
    "Mars mit uns! Keine Gnade!"
    Der Schlachtruf des Präfekten erschallte aus fünftausend Kehlen, dröhnte über die Wüste. Aber irgendetwas stimmte nicht...
    Da war Bewegung unter meinen Händen. Maden krabbelten, Würmer wanden sich um meine Finger. Verwesung stieg mir süßlich in die Nase, und da bemerkte ich, dass die Eingeweide des Stiers ganz schwarz und verrottet waren. Panisch zuckte ich zurück, zog meine Hände aus der wimmelnden Fäulnis. Und dann wurde mir auch klar, was mit den Soldaten nicht stimmte... alle schrien sie den Schlachtruf, alle hatten sie die Klingen gen Himmel gereckt... aber zwischen den lebenden, von der Hitze und der Aufregung geröteten Gesichtern, erblickte ich hier und dort welche, die bleich und knochig waren. Leere Augenhöhlen, zum Wüstenhimmel gerichtet, Skeletthände, die die Gladii hochielten...
    Meine Kehle wurde eng und enger... sie schienen es gar nicht zu bemerken. Also, dass sie schon tot waren. Ich wollte den Blick senken... mich vergewissern, dass mit meinen Händen alles stimmte... aber da war die grauenvolle Ahnung, dass auch meine Hände.... betroffen waren.
    Nicht nach unten sehen......
    NICHT, auf keinen Fall....
    nach unten sehen...!!




    Ich erwachte mit jagendem Puls, und ganz verschwitzt. Unwillkürlich hob ich sofort meine Hände vors Gesicht – es war alles in Ordnung mit ihnen. Aber der Albtraum ließ sich nicht so leicht abschütteln. Ich schlug die Decke zurück, rollte mich auf die Seite. Durch die Nähte des Zeltes schimmerte schwach der Schein der Lagerfeuer, und an meine Ohren drangen Wortfetzen, Becherklirren, das Knacken von Holz in der Glut. Alles ganz lebendige Geräusche. Ich war früh zu Bett gegangen heute, am Abend nach dem Marsopfer, und daraus, dass es offenbar noch vor dem Zapfenstreich war, schloß ich, dass ich nur ganz kurz geschlafen hatte. Schwerfällig setzte ich mich auf. Mein Bett war so leer... Und einen schlechten Geschmack hatte ich im Mund, und mein Nacken war steif. Ich massierte ihn mit den Fingerspitzen. Blöder Albtraum. Ich fühlte mich elend, hatte Angst mich wieder hinzulegen und wieder zu träumen, nicht viel anders als früher, als ich ein kleiner Junge war. Wie jämmerlich, Faustus. Ein schöner Tribun bist du... Ich verzog das Gesicht, fröstelte in der Kälte der Wüstennacht. Damals, früher, hatte ich in solchen Fällen eine sichere Zuflucht im Bett meiner großen Schwester finden können. Das ging heute allerdings nicht mehr.
    Ich beschloss einen Gang durchs Lager zu machen, um auf andere Gedanken zu kommen. Entzündete mir eine Öllampe, kleidete mich an und rüstete mich, legte die Gürtel um, zog mir meine alte Paenula über. Die besaß ich schon seit meinem Eintritt in die Legion. Sie war aus dicker, verfilzter Wolle, alles andere als repräsentativ, aber dafür viel wärmer als meine schicken Offiziersmäntel.


    Steifbeinig trat ich vors Zelt, atmete tief die frische Nachtluft. Ein unglaublicher Sternenhimmel wölbte sich über dem Lager. Ich legte den Kopf in den Nacken und betrachtete staunend die verschwenderische Pracht da oben am Firmament. Dann schlang ich die Paenula enger um mich, zog die Kapuze über den Kopf, so dass ich in der Dunkelheit, jedenfalls auf den ersten Blick, so gut wie incognito war, und ging langsam weiter, vorüber an einem großen Lagerfeuer, an dem eine Gruppe von Soldaten zusammensaß. Einer wandte mir das Gesicht zu – und einen Moment lang glaubte ich, einen Totenschädel zu sehen... Ich zuckte zusammen, mir stockte der Atem! Aber es war nur das Schattenspiel der Flammen, das die Konturen seines Gesichtes so merkwürdig verfremdet hatte. Das, und meine überspannte Phantasie! Verdammt. Ich beschleunigte meine Schritte.


    Ein paar Feuer weiter erblickte ich meinen Sklaven. Er saß auf einem umgedrehten Eimer und erzählte gerade irgendetwas, mit weitausholenden Gesten und lebhafter Stimme. Eine Handvoll Soldaten und Trossleute hatten sich um ihn gescharrt und lauschten aufmerksam. Auf der Suche nach Ablenkung, und auch etwas neugierig worum es da wohl ging, trat ich ganz still und leise näher.

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  • [Blockierte Grafik: http://img337.imageshack.us/img337/1619/ravdushara.jpg] | Ravdushara


    "Es war einmal", so hatte Ravdushara seine Erzählung begonnen, "in meiner Heimatstadt Nessana, ein Eseltreiber. Einst ging er auf der Straße, die Zügel seines Esels in der Hand und zog ihn hinter sich her. Zwei Diebe sahen dies, und der eine sagte zum anderen: 'Ich werde diesem Mann seinen Esel stehlen!"
    Flink und gerissen war der Dieb, und Ravdushara verwandelte sich förmlich, als er diese Rolle sprach, seine Augen funkelten durchtrieben, huschten umher, seine Lippen spitzten sich schlau, die leicht geduckte, lauernde Haltung, den Kopf zwischen die Schultern gezogen, spiegelte den mit allen Wassern gewaschenen Gauner wider. Einige der Männer, die sich um ihn herum versammelt hatten, schmunzelten schon jetzt. Ravdushara fuhr fort. Hier war er ganz in seinem Element, fabulierend, die anderen in seinen Bann ziehend, und nichts zeugte von dem gärenden Groll den er sonst mit sich herumschleppte. Auch dass sein Herr unerkannt näher getreten war, bemerkte Ravdushara nicht.
    "Wie willst du das anstellen?!' fragte der andere. 'Folge mir, und du wirst sehen!' erwiderte jener. Er ging zu dem Esel, nahm ihm mit flinken Fingern sein Zaumzeug ab, gab den Esel seinem Freund, schirrte sich Zügel und Zaum um seinen Kopf und ging hinter jenem Mann her, bis der andere mit dem Esel um die Ecke verschwand. Dann blieb er stehen. Der Eseltreiber zog an, der Dieb aber rührte sich nicht von der Stelle. Da drehte der Eseltreiber sich um, und als er sah, dass er einen Menschen am Zaum führte, da rief er sehr erschrocken: 'Wer bist du?!"
    Der Eseltreiber war tumb. Ravdushara sprach ihn schwerfällig, rollte mit den Augen, verzog sein Gesicht zu amüsanten Grimassen und erntete die ersten Lacher. Aber auch ein Kritiker hatte sich unter die Zuhörer gemischt.
    "Na ich weiß nicht, kann mir nicht vorstellen, dass das funktioniert." mäkelte der Soldat.
    "Er war eben ein Meisterdieb." erwiderte Ravdushara hoheitsvoll. Er rückte näher ans Feuer und wärmte seine Hände. "Wollt ihr hören was weiter geschah?"




  • An eines der Fässer gelehnt, starrte ich ins Feuer, hatte meinen Becher Wein in der Hand. Trank immer wieder einen kleinen Schluck und dachte über vieles nach. Sie unterhielten sich, Ravdushara saß auf einem Eimer. Er sagte etwas. Die anderen am Feuer verstummten. Er begann mit einer Geschichte. Ich zog die Beine an und lauschte gespannt, es lenkte ab. Wie lange war es her, dass ich einer Geschichte am Lagerfeuer zugehört hatte. Die Flammen leckten am Holz, fraßen sich in die Scheite, verzehrten es. Vor meinen Augen erwachte die Geschichte zum Leben. Er konnte gut erzählen, sein Minenspiel war beeindruckend. Ich musste bei der Vorstellung, was für ein dummes Gesicht der Eseltreiber machte, lachen. Der folgende missmutige Einwurf, konnte nur von einem phantasielosen Griesgram sein. Mit seinem Spruch brachte er Unruhe ans Feuer. Ich beugte mich nach vorn zu ihm und flüsterte ihm zwinkernd zu. „Warte ab, der Bursche ist schlau.“ Ravdushara wärmte sich die Hände. Keine Frage wir wollten alle wissen wie es weiter ging. „ Ja erzähl.“ Sagte ich mit gedämpfter Stimme, wie einige andere und lehnte mich zurück ans Fass. Machte die Augen zu und warte auf die Bilder, die vor meinem geistigen Auge entstanden, sobald Ravdushara weiter erzählte.

  • [Blockierte Grafik: http://img337.imageshack.us/img337/1619/ravdushara.jpg] | Ravdushara


    Na also. Ravdushara ließ sich nicht lange bitten.
    "Wer bist du?!' rief also der erschrockene Eseltreiber, und der Dieb erwiderte: 'Ich bin dein Esel. Wisse, o Herr, ich war ein Leichtfuß und liebte den Wein..." An dieser Stelle stibitzte Ravdushara, ganz seiner Rolle entsprechend, dem neben ihm sitzenden allzukritischen Soldaten den Becher und nahm einen tiefen Schluck.
    "He!"
    Übermütig grinsend reichte der Sklave den Becher zurück.
    "..und liebte den Wein. Einst kam ich trunken nach Hause. Es war spät in der Nacht! Meine gestrenge alte Mutter rief:" und Ravdushara verstellte die Stimme, und keifte wie ein altes Weib: "O du Lump von einem Sohn! Es wird Zeit dass du dich besserst und etwas anständiges aus deinem Leben machst!' Sie nahm einen Stock und schlug mich. Und da ich mich wehrte verwünschte sie mich und verwandelte mich in einen Esel. Und als Esel diene ich dir seitdem. Heute aber, da hat sie meiner mit Rührung gedacht und mir verziehen, und siehe, ich bin ein Mensch wie zuvor!"
    Da rief der Eseltreiber: 'Bei Baal-Nessana und al-Lat, bei Manat der Erlauchten und al-Uzza der allerhöchsten Herrin! Am Zügel habe ich dich geführt, und wie ein Tier mit Säcken beladen und getrieben. Verzeih mir meine Schuld Bruder! Verzeih!!"

    Flehentlich rang Ravdushara die Hände – dann straffte er sich und sprach mit Grandeur: "Dir sei verziehen.' sagte der Dieb. Und er machte sich davon. Lassen wir den Schelm und bleiben bei dem Eseltreiber..."




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  • Im tiefen Schatten eines Zeltes stand ich und lauschte. Was hätte ich in dem Augenblick dafür gegeben, mich ganz normal dazusetzen zu können. Aber das ging nicht. Selbst mein früherer Centurio Flavius Aristides, der ja ausgesprochen locker, manchmal sogar lax gewesen war, hatte immer darauf geachtet, die Distanz zur Mannschaft einzuhalten. Und allein die Vorstellung, dass der Primus Pilus Artorius Avitus jemals mit den Milites gregarii zusammen gemütlich am Lagerfeuer gesessen hätte, war absurd. Und auch mein Vater, den ich in dieser Hinsicht um Rat gebeten hatte, hatte mir ausdrücklich geschrieben: 'Hier ist es wichtig eine klare Grenze zu ziehen'. Wehmütig dachte ich an die Zeit zurück, als ich abends mit meinen Contubernales zusammen ums Feuer gesessen hatte... wobei ich ausblendete, dass sie mir zeitweise auch ganz schön auf die Nerven gegangen waren. Musca, der sich so gerne reden hörte, Silio mit dem unübertroffenen Ego, und Rupus' unerträgliche Schnarchkonzerte...


    Ich schob meine Kapuze zurecht, verschränkte die Arme vor der Brust und blieb stiller Beobachter. Ravdushara erzählte lebhaft. Mit einer gewissen... Ernüchterung nahm ich wahr, dass er in dieser Runde viel unbeschwerter, viel schillernder wirkte, als wenn er mit mir zusammen war.
    Dort am Feuer erblickte ich auch Massa, und unwillkürlich atmete ich tiefer ein... Er hatte die Augen geschlossen, und sah ganz... in sich ruhend aus. Fast verträumt. Der rote Schein meißelte sein Gesicht malerisch aus der Dunkelheit, betonte die hohen Wangenknochen.
    Meine Hand wanderte zu der Gürteltasche, in der ich noch immer sein Focale mit mir herumtrug. Ich hatte heute keine Gelegenheit gefunden, es ihm unauffällig zurückzugeben, und dazu kam, dass ich inzwischen eine gewisse.. naja, Verlegenheit ihm gegenüber verspürte. Wegen meines Mangels an Disziplin. Und so.

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  • Ravdushara’s Worte verwandelten sich wieder in Bilder. Der dümmlich drein sehende Eseltreiber und der schlitzohrige Dieb. Ich sah sie, als ob ich neben ihnen stehen würde. Bis der Dieb davon ging und der Eseltreiber allein zurück blieb und ein paar Augen, die mich beobachteten. Rückartig öffnete ich meine Augen und versuchte den Uhrheber ausfindig zu machen. Am Feuer waren sie beschäftigt. Ich konnte nichts weiter erkennen. Zwischen den Zelten war es dunkel. Keiner zu sehen. Es war sicher nur ein Hirngespinst. Ich schüttelte wie zu Bestätigung den Kopf. Fröstelnd die Arme nach vorn streckend. Mir war kalt, das Feuer war zu weit weg.


    „Erzähl weiter. Ich kann mir alles richtig vorstellen. Bitte..“ sagte ein Legionär Zustimmendes Nicken und Gemurmel von den Leuten um das Feuer.


    Meine Paenula hatte ich neben mir liegen. Übergeworfen wärmte sie gleich, aber nicht genug. Ein wenig die Beine vertreten um die Kälte zu vertreiben war ein gute Idee. Es reichte hier um die Zelte, schließlich wollte ich Ravdusharas Erzählung nicht verpassen. Langsam, mehr zwischen den Zelten hindurch tastend ging ich ein Stück. Hier war es still, nicht mal ein Wortfetzen dran herüber, die Zelte schluckten alle Geräusche und das Licht. Ich blieb stehen, sah nach oben in den sternenklaren Himmel. Jede Nacht leuchteten sie. Nie von Wolken verdeckt. Hell, zum greifen nahe und doch so fern. Unschuldig und schuldig zugleich. Die Ruhe brachte mich dazu über Verdrängtes nachzudenken. Seine blauen Augen, die Narbe in seinem Gesicht, die mich immer noch faszinierte. Was bezweckten die Götter mit unserem Zusammentreffen? Götter können grausam sein, sind launisch. Ihr Spiel undurchsichtig, unbegreiflich. Warum schenkten sie uns diesen unvergesslichen Moment. Eine für mich einzigartige Nacht. Jedes Mal wenn ich ihn sehe ....ich muss mit ihm reden. Aufgewühlt stand ich da, stierte in die Dunkelheit. Zeit zurück zu gehen. Ravdushara erzählte sicher schon.

  • Hatte er mich bemerkt? Er blickte in meine Richtung, aber nein, ich stand gut verborgen, und sicher blendete ihn das Feuer... Aber ein bisschen komisch kam ich mir doch vor, hier im Dunkeln zu stehen und zu lauschen und lauern wie irgend so ein Spinner. Auch wenn ich schon gerne gewusst hätte wie die Geschichte weiterging – der Dieb musste doch noch seiner gerechten Strafe zugeführt werden!
    Massa stand auf und entfernte sich vom Feuer. Da musste ich nicht lange überlegen, ich zog mich ein Stück zurück, schlug einen Bogen um die Zelte und ging ihm nach. Ganz langsam, meine Augen mussten sich erst wieder an die Dunkelheit gewöhnen. Ich näherte mich... - lautlos, wie ein Jäger, der sich an ein scheues Wild heranpirscht... - naja, ehrlich gesagt eher wie jemand, der einen Metallharnisch trägt und dessen Schritte im Sand knirschen.
    Er war stehengeblieben und sah zum Himmel. Schemenhaft, im schwachen Sternenlicht zeichneten sich die Umrisse seiner Gestalt ab. Ein schöner Anblick. Ich scheute mich irgendwie, ihn zu stören, nachdem er mir am Morgen doch ziemlich die kalte Schulter gezeigt hatte wusste ich einfach nicht woran ich war. Ausserdem... naja, kompliziert eben.
    "Massa" sprach ich ihn beinahe schüchtern an, während ich zu ihm trat, "...ich... ähm... ja also... Ich hab da noch was von dir."

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  • Hinter mir Schritte. Drehte ich mich jetzt um, dann zerstörte ich die Illusion, dass er es sein könnte. Unentschlossen und mit meiner Hoffnung hadernd sah ich mich um. In diesem Augenblick vernahm ich seine Stimme. Ich ahnte ihn mehr als ich ihn sah. Seine Silhouette verschmolz mit dem Zelt hinter ihm. Seine Stimme kam näher, mit ihr sein Selbst. Er stand dicht neben mir.
    In mir tobte ein Sturm der Gefühle, Wut, Angst, Hilflosigkeit, Zuneigung. Ich sah ihn an. Versucht eine Wand der Kälte aufzubauen um Schutz dahinter zu finden. „ ...Du ...“ sagte ich kühl. Du kannst es, du musst es tun. Nein ich konnte nicht. „ Serapio..“ ich schluckte, spürte den Kloß im Hals. „ ...mein...“ meine Finger glitten über seine Wange, die Narbe am Jochbein, hielten inne, glitten sanft über seine Lippen. „ ...danke....für die Nacht....“ ich hauchte ihm einen Kuss auf die Wange.
    Hin und hergerissen, versuchte ich meine Gefühle einzuordnen. Mein Verstand verweigerte sich mir. Ich drehte mich zur Seite, sah wieder zu den Sternen und sprach leise. „ Ich weiß nicht...ein einziges Chaos ist in mir...bereust du die Nacht? Fühlst du dich schuldig? Wenn ja, das musst du nicht. Ich habe sie genossen. Mit jeder Faser meines Körpers und meines Geistes gelebt. Ich bereue nichts. “ Meine Blicke gingen zu ihm. „... behalte es, wenn du willst...“ Im tiefsten Inneren quälte mich eine Frage. Wohin gehöre ich.

  • Das kam unerwartet. Seine Berührung, das flüchtige Streifen seiner Lippen auf meiner Wange... ich verharrte, mit angehaltenem Atem und klopfendem Herzen. Ich wollte ihn an mich ziehen, ihn festhalten, aber schon hatte er sich wieder abgewandt und ich stand da, mit neu entflammter Begierde, und wünschte mir, es wäre nicht alles so kompliziert.
    Ob ich mich schuldig fühlte? Naja... Das war alles nicht so leicht in Worte zu fassen. Ich hatte mich darin geübt und daran gewöhnt, meine innersten Regungen eher, also jedenfalls viel mehr als früher, für mich zu behalten, und da traf mich Massas Offenheit irgendwie... unerwartet.
    "Ich..." nachdenklich blickte ich zu Boden, dachte an Atons Gedicht und an die Wichtigkeit der Disziplin. "...nein, es war einfach zu gut um es zu bereuen." Ich hob den Blick, begegnete dem seinen. Ein schwacher Glanz, ein Widerschein der Sterne lag in seinen Augen. Ich wünschte echt, ich hätte ihn zu einem anderen Zeitpunkt getroffen.
    "Ach was, gut, ganz furios war es," sagte ich mit bewusst gedämpfter Stimme – Zelte haben Ohren - "und genau das was wir beide gebraucht haben."
    Ich lächelte ihm zu, hatte keine Lust mir da noch weiter Gedanken drum zu machen. Aber dafür, dass Massa es nicht bereute, wirkte er sehr aufgewühlt... ein einziges Chaos? Ich kramte das Focale aus meiner Tasche und wickelte es mir wieder langsam um meine Hand herum. Ja, ich wollte es gerne haben.
    "Es riecht nach dir..." Ich blickte mich um, vergewisserte mich, dass wir alleine waren. Dann tat ich einen Schritt auf ihn zu und legte ihm einfach den Arm um die Schultern, drückte ihn fest. "aber du brauchst es doch selbst, oder... ach, stimmt ja, du hast noch ein anderes." Das war mir vorhin schon aufgefallen beim Opfermahl. "Ich wollte dir auch noch gratulieren, zur Beförderung und zu deinen Torques. Meinen Glückwunsch!"

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  • [Blockierte Grafik: http://img337.imageshack.us/img337/1619/ravdushara.jpg] | Ravdushara



    Das Lagerfeuer brannte hell. Ravdushara blickte hinein und sah rote und gelbe Farben, orangene und weiß glimmende, im Herzen der Flammen ein geisterhaftes Blau. Von vorne wärmte es angenehm, von hinten schlich sich die Kälte der Wüstennacht unter seinen Überwurf. Eigentlich stammte er aus einer ganz ähnlichen Gegend, wenn auch nördlicher, doch mit seinen rauhen nomadischen Vorfahren hatte er wenig gemeinsam. Er bevorzugte das komfortable Leben in der Stadt, und hoffte dass dieser Feldzug ganz schnell vorbei sein würde. Und natürlich, dass er ihn heil überstehen würde. Diese grausigen Brandpfeile letzte Nacht, die hatten keine Rücksicht darauf genommen ob einer Soldat war oder Sklave!
    Die Lagerfeuerromantik gerade fand er zwar ganz nett, aber ihm war deutlich bewusst, dass die Soldaten ihn nur in ihrer Mitte duldeten, weil er sie unterhielt. Und kaum holte er mal Atem verlangten sie ungeduldig dass er weitererzählte.


    "Ich würd ja, aber mit trockener Kehle erzählt sich's nicht gut..." gab Ravdushara zu verstehen, und erhielt gleich zwei Becher gereicht. Er trank, leckte sich die Lippen und fuhr fort:
    "Wo war ich stehengeblieben? Der Eseltreiber, ja genau... der Eseltreiber ging zu seiner Frau, arg betrübt, und sprach: 'O Frau, wir haben schwere Schuld auf uns geladen!' Und er erzählte ihr die Geschichte von der wundersamen Verwandlung. 'Die Götter seien uns gnädig! rief seine Frau voll Entsetzen. 'O mögen sich doch Al-Lat, Al-Uzza und Manat unser erbarmen! So haben wir all die Zeit einen Menschen wie ein Tier gehalten!' Und sie klapperte mit den Zähnen vor Furcht, und beide teilten viele Almosen aus!"
    An der Stelle musste Ravdushara immer an die Zeit denken, als er Feldsklave gewesen war – den Göttern sei Dank hatte sie nicht lange gewährt! Aber da hatte man ihn, und die anderen, auch wie Tiere gehalten... und keiner hatte sich darüber entsetzt! Geschichten waren eben... nun ja, Geschichten.


    "Hinfort aber saß der Eseltreiber müßig vor seinem Haus. Darum sprach seine Frau eines Tages zu ihm: 'Genug der Reue! Unser Brot geht zur Neige. Geh auf den Markt und kaufe einen anderen Esel, damit du dich verdingen kannst.' Der Mann tat wie geheißen. Er ging auf den Markt und besah sich die Tiere, blieb vor einem Esel stehen und..." Ravdushara legte eine kleine Spannungspause ein... "Und erkannte ihn wieder! 'Da bist du ja wieder, Bruder Leichtfuß', flüsterte er ihm ins Ohr, 'bist wohl wieder betrunken nach Hause gekommen, was? Recht hat deine Mutter! Du bist und bleibst ein wahrer Esel! Ich werde mich hüten. Dich noch einmal zu kaufen.' Sprach's und ging weiter."


    Mit einer angedeuteten Verbeugung beendete Ravdushara seine kleine Geschichte, freute sich über das Schmunzeln, das er auf die Gesichter seiner Zuhörer gezaubert hatte, freute sich noch wesentlich mehr darüber dass er, nachdem er seine Schale ums Feuer herumgereicht hatte, drei Asse darin fand. Ravdushara sparte jede Münze, die er einnahm, ebenso sein Peculium, und auch die kleinen Summen, die er regelmäßig seinem Herrn entwendete. Eines schönen Tages (in weiter Ferne) würde er sich damit freikaufen können.
    Er ließ die Münzen in seinem Beutel verschwinden, warf einen Blick rüber zu Serapios Zelt. Dort war alles dunkel, der Herr schien friedlich zu schlummern und ihn nicht zu brauchen. Um so besser.
    "Nun ist aber einer von euch an der Reihe. - Ja kennt ihr Rhomäer denn keine Geschichten?"




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  • Er bereute die Nacht nicht. Ein angenehmer Gedanke nicht alleine zu sein, so empfunden zu haben. Ich lächelte, als ich mein Focale in seinen Händen sah. Wie andächtig er es um die Hand wickelte. „ Es gehört dir. Ein Pfand, ein Dank, eine Erinnerung von mir an dich.“ Sein Schritt auf mich zu, sein Arm, etwas in dieser Art hatte ich erwartet, wäre enttäuscht gewesen, wenn er es nicht getan hätte. Hätte verstanden, wenn nicht, mein kalte Schulter am Morgen. Ich war versucht meinen Arm um ihn zu legen, nein. Meine Hand ging zum Tuch was ich trug. „ Ich fand es am Morgen nach..... (Zelte hatten sehr oft Ohren)nach der Schlacht an einer Zeltstange. Im Sturm muss es sich dort verfangen haben. Feiner Stoff, ungewöhnlich.“ Ich strich mit meinen Fingern flüchtig über das Tuch. „ Deine Opferzeremonie für Mars, beeindruckend. Du warst gut. Mars wird es mit Wohlwollen aufgenommen haben. Man hat seine Anwesenheit förmlich gespürt.“ Ich sah ihn an. „ Danke für die Glückwünsche. Der Zeitpunkt und er Hintergrund dazu sind bedrückend. Man kann sich selten den richtigen Zeitpunkt aussuchen. Ich hoffe ich werde den Ansprüchen und Erwartungen gerecht, die die Legion in mich setzt.“ Die Zeit war fortgeschritten. Hier war nicht der beste Ort für ihre Unterhaltung. „ Ich sollte zurück. “

  • "Danke" sagte ich leise, und schloß die Hand um das Focale herum. Ja, es gefiel mir, etwas von ihm zu haben, auch wenn es dem ganzen vielleicht zu viel Bedeutung verlieh... oder? Es fiel mir gerade ausgesprochen schwer einen klaren Gedanken zu fassen. Massas Haar war dicht neben meinem Gesicht, und das erinnerte mich nur zu sehr an die letzte Nacht. Mein Arm lag noch immer um seine Schultern. Er war ein wenig größer als ich. Durch den dicken Wollstoff hindurch spürte ich die Konturen seines Körpers.
    "Ja... ungewöhnlich." widerholte ich, mit irgendwie trockener Kehle, und nahm diese Erzählung gleich zum Anlass, mich selbst davon zu überzeugen wie fein das Tuch war. Und wie gut sich der Nacken, den es bedeckte, unter meinen Fingerspitzen anfühlte... wenn ich ihn kraulte... Sehr gut! Vorzüglich. Wie war das mit der Disziplin, Faustus? Und der Treue? Nicht Nachdenken... Das verdirbt bloß den Spaß und macht Kopfschmerzen. Ich bekam schon wieder Lust ihn zu küssen... blickte auf seine Lippen, atmete tief ein... sie bewegten sich, formten Worte... was hatte er nochmal gerade gesagt?


    Das Marsopfer. Oh ja, ich lächelte stolz, hocherfreut über das Lob.
    "Danke! Ich war ein bisschen nervös. Bei Mars... da weiß ich nie so richtig. Ich hatte mir früher sogar mal überlegt in den Cultus Deorum einzutreten... Aber als Priester der Venus!" vertraute ich Massa flüsternd an und grinste dabei schalkhaft. Das war allerdings zu einer Zeit gewesen, in der ich sehr experimentierfreudig gewesen war, und gemeint hatte, mich unbedingt von meiner Familie absetzen zu müssen.
    "Du machst das schon. Da habe ich keinen Zweifel." Hatte ich ehrlich nicht. Massa war tapfer, pflichtbewusst und machte eine gute Figur, er war genau so wie ein Decimer sein sollte.... oder, hm...höchstens ein bisschen zu nachdenklich. "Sag mal, wolltest du eigentlich immer schon Soldat werden?" erkundigte ich mich, neugierig ob ich ihn da richtig eingeschätzt hatte.
    Wie zurück?
    "Nein, warte" entfuhr es mir beinahe erschrocken. "Lass uns doch... ein Stück zusammen gehen? Im Intervallum. Wenn du magst. Es ist doch dunkel... stockdunkel. Und der Himmel ist so schön. Und ich kann nicht schlafen. Ausserdem... will ich dir auch noch was geben."
    Widerstrebend löste ich meine Hände von ihm, und betastete die Amulette, die ich um den Hals hängen hatte – das altgediente Ancilium Amulett, das Serapis-Amulett, dann das Fortuna-Amulett. Es war eine kleine Bronzedarstellung der Göttin, im wallenden Gewand und mit dem Füllhorn im Arm. Sie baumelte an einem Lederband. Ich zog mir das Amulett über den Kopf und drückte es Massa in die Hände.
    "Hier, bringt Glück."

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  • Das Tuch war so fein gearbeitet, ich fühlte jede seiner Fingerspitzen in meinem Nacken. Angenehm, ich war versucht die Augen zu schließen und .... Mein Lob zum Marsopfer unterbrach ihn. Ich konzentrierte mich wieder auf unser Gespräch. „ Rom Beschützen, für Rom in den Krieg ziehen. Ja. Das hatte ich mir als Knabe vorgenommen und setzte es jetzt in die Tat um. Ich bin alleine, habe keine Familie, bin an nichts gebunden, muss mir dahin keine Gedanken machen. Ich fühle mich einzig Rom und unserer Gens verpflichtet.“ Mit diesen Worten zum Abschluss wollte ich gehen. Er hielt mich zurück, suchte etwas. Legte mir ein Lederband mit einem Amulett daran in die Hände. Ich konnte in der Dunkelheit nicht sehen was es für eins war. „Danke.“ Brachte ich ein wenig überrascht heraus. Hing es mir um den Hals und verstaute es sorgsam unter Lorica und Tunika. In einer ruhigen Minute wollte ich es mir ansehen. „ Dann lass uns gehen. Ravdushara hat seine Erzählung sicher beendet und es wird kaum noch einer am Feuer sitzen. Dazu ist der Sternenhimmel hier wirklich wunderschön.“ Durch die uns umgebende Dunkelheit leuchteten die Sterne umso heller. Ich lief dicht neben ihm, schweigend. Es war wirklich stockdunkel. Ich ahnte seine Gesichtszüge mehr als ich sie sehen konnte. Ich horchte einen Augenblick in die Nacht, hier war niemand außer uns. Seine Nähe war etwas Besonderes für mich. Ich atmete tief durch und sah nach oben. Meine Hand fuhr wie zufällig über seinen Nacken, blieb auf seiner Schulter liegen „ Sind sie nicht herrlich?“

  • Still gingen wir nebeneinander her. Ich sinnierte über den tiefempfundenen Patriotismus, der aus Massas Äusserung sprach, und wünschte, ich selbst wäre in dieser Hinsicht auch so unerschütterlich. Aber meine Gedanken schweiften eher nebenbei in diese Richtung, vor allem gefiel es mir, hier mit ihm zusammen durch die Dunkelheit zu gehen. Es tat gut, vertrieb die Hirngespinste, die sich in meine Träume geschlichen hatten. Auch wenn ich, jenseits des freien Streifens des Intervallums, den Wall erahnen konnte, der uns von der feindlichen Aussenwelt trennte – unter dem schützenden Mantel der Nacht konnte ich mir vorstellen wir wären alleine, und an irgendeinem ganz anderen Ort.


    "Mmhm....." stimmte ich leise zu.
    Ich war dicht neben ihm stehen geblieben, und genoß die leichte Berührung. Das war aufregend... Und ganz schön romantisch dazu! Ich legte den Kopf zurück, und ließ diesen unglaublichen Nachthimmel auf mich wirken. Hier inmitten von endlosem Nichts, und dann auch noch unter dieser überwältigenden Sternenkuppel... ich kam mir SEHR klein vor. Aber zugleich fühlte ich mich.. ja, glücklich.
    "Dort ist der Stier.... und da der Auriga! Und da, die Falcata... Hm... da müsste doch auch irgendwo der Adler sein. Kannst du ihn sehen?"
    Der Vater meiner Mutter hatte mir manchmal die Sternbilder gezeigt, wenn wir bei ihnen in den Bergen zu Besuch waren. So kannte ich die prägnantesten. Aber hier war sogar der Himmel anders als in zivilisierten Gefilden.


    Meine Kapuze war mir längst vom Kopf gerutscht. Ich legte den Kopf schräg, streifte mit der Wange kurz Massas Hand. Dann wandte ich ihm das Gesicht zu, blickte ihn direkt an. Mmm... diese Lippen. Es wäre doch zu schade, wenn ich es schon wieder versäumen würde, sie zu kosten! Ja, was wenn mich morgen - ach was, in einer Stunde, oder jetzt gleich, bei einem weiteren nächtlichen Überfall – ein Pfeil traf und mir das Leben raubte. Ach hätte ich doch... würde mein Schatten dann eine Ewigkeit lang den anderen blutleeren Gespenstern im Jenseits klagen, und ihnen damit fürchterlich auf die Nerven gehen... ach hätte ich doch diese verlockenden Lippen gekostet, damals, als ich die Gelegenheit dazu hatte!
    Das Blut rauschte schneller durch meine Adern, als ich mich zu Massa beugte, und langsam... ganz langsam, aber doch zielstrebig... meine Lippen den seinen näherte.

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  • Stier und Auriga. Ich suchte den hellsten Stern am Himmel, Polaris, die Sternbilder von Kallisto und ihrem Sohn Arkas. Unterhalb von Hercules leuchtete das Sternbild des Adlers. „ Siehst du da rechts unter Kallisto ist Hercules und ein Stück links unter ihm ist der Adler zu sehen.“ Mehr für mich sagte ich: „ Der Adler, der Ganymed in den Olymp entführte.“ Ich merkte, dass sein Interesse nicht mehr unbedingt den Sternen galt.


    Seine Wange an meiner Hand, ein seltsames Gefühl. Seine Augen hingen an meinen Lippen. Unbewusst leckte ich darüber. Seine Lippen, ich hatte sie mit den Fingern berührt, weich, samtig, warm, ebenmäßig. Ich erinnerte mich an jedes Detail. Langsam beugte er sich zu mir, unaufhaltsam, wieder war er es.
    Ich war gefangen von ihm, versuchte nicht auszubrechen. Das Unbekannte, die Neugierde hielt mich fest, trieb mich in seine Arme. Genau genommen zu seinen Lippen. Sie spüren wollen, den Reiz, das Neue, das Unversuchte zu ergründen, jede Einzelheit auf zu saugen, darin zu ertrinken.


    Unsere Lippen trafen sich, meine Hand lag in seinem Nacken übte leichten Druck aus, fuhr durch sein Haar. Ich kostete sie, schmeckte, trank und wurde von ihnen in den Olymp getragen wie Ganymed. Sie entfachten ein Feuer, das die Kälte der Nacht vergessen machte. Was erwartete mich danach? Ich wollte nicht daran denken. Verlor ich mich bei ihm? Das durfte nicht sein. Hier nicht, heute nicht, niemals. Es war zu gefährlich. Doch was zählte die Einsicht, wenn immer wieder Situationen entstanden, bei denen es kein Ausweichen gab.

  • Eine köstliche Vorfreude erfüllte mich! Gebannt verfolgte ich, wie seine Zungenspitze kurz aufblitzte, wie sinnlich er sich über die Lippen leckte, als hätte er es darauf abgesehen, mir auch noch den letzten Funken Verstand zu rauben. Ich fühlte seine Wärme, atmete tief seinen Geruch, und dann endlich küssten wir uns, und küssten uns immer weiter.
    Mmmmh, herrlich.... mir war ein bisschen schwindlig, die Hand in meinem Nacken schien mir in jenem Moment zwischen taumelnden Sternen und wogendem Sand das einzige zu sein, was fest war, was mir Halt gab. Ich umschlang Massa mit beiden Armen, grub meine Finger in sein Haar hinein, küsste ihn genießerisch, neugierig, begierig ihn zu erfahren, so intensiv wie nur möglich.
    Er hatte so etwas an sich... - ich weiß nicht ob es daran lag, dass er aus Griechenland kam, und eher unbelastet war, von diesen schrecklich heuchlerischen gutrömischen Vorurteilen, oder der noch viel schlimmeren ur-iberischen Provinz-Prüderie... - etwas natürliches, leichtes, fand ich... ich fühlte mich unbefangen mit ihm.
    Leidenschaftlich zog ich ihn enger an mich, küsste ihn feurig, spielte hingebungsvoll mit der Zunge, genoss das Prickeln, das meinen Körper durchlief, das Flackern der Lust, während meine Rechte ihm über den Rücken fuhr (der leider sehr gepanzert war), über die muskulösen Oberschenkel, sich dann fest auf seinen phantastischen Hintern legte. Wenn es nach mir ginge, hätte dieser Augenblick kein Ende nehmen sollen. Ich wünschte, ich wäre der Adler, hätte starke Schwingen und könnte Massa entführen, in die Nacht hinein, ganz weit weg... uns beide entrücken aus dem festgefügten, beklemmend korrekten Legionsalltag.

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    Klient - Decima Lucilla

  • Das hatte mir Etriachos vorenthalten. Hatte er es aus Angst oder aus Selbstzufriedenheit getan. Mir dieses Feuer zu zeigen, wie es aufloderte, den Sturm entfachte, es zum Vorspiel aller Begehrlichkeiten machte. Das Treffen unserer Lippen. Nein unserer Sinne, den anderen zu erforschen, zu fühlen, das tiefe innere zu wecken. Die Empfänglichkeit für den anderen zu signalisieren. Die Flammen züngelten, zurückhaltend, breiteten sich stärker werdend in mir aus, fraßen sich durch meinen Leib, setzten alles in Brandt. Fast ohnmächtig von der Flut der Gefühle die sein Kuss in mir auslöste, wurde durch seine Hände eine Sintflut daraus. Ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, meine Hände glitten über sein Gesicht, fuhren durch sein Haar. meine Arme umfingen ihn. Am liebsten hätte ich ihn auf der Stelle ... Was für eine Kraft ein Kuss besaß. Ich kam mir vor wie Endymion. Entrückt und im Zweifel ob es wirklich war. Ich musste wieder zu mir finden. Widerstrebend löste ich meine Lippen von seinen. Mit geschlossenen Augen flüsterte ich: „Aquila, .....“ meine Hand legte ich an sein Gesicht, glitt mit meinen Fingerspitzen über seine Lippen. Zogen leicht und sanft ihre Konturen nach. In mir tobte das Feuer. Es kostete mich viel es unter Kontrolle zu bringen. „Aquila...“ wiederholte ich. Es gefiel mir, es traf die Situation. Ich hauchte Küsse auf seine Wange, wanderte mit meinen Lippen wie im Rausch den Hals hinab. Ich mochte mich nicht aus seiner Umarmung befreien. Entführt von ihm. Nur wohin? Die Wirklichkeit war unbarmherzig.

  • Mit einem leisen, wonnevollen Schnurren, lehnte ich meine Wange an die warme Innenfläche seiner Hand. Sie war rauh und kräftig, ich spürte die Schwielen vom Kampftraining.
    Aquila... - Mein Mund zuckte unter seinen Fingerspitzen, ich lächelte, entzückt, dass wir beide den selben Gedanken verfolgt hatten. Und amüsiert, geschmeichelt amüsiert, über den vermessenen Vergleich. Aber es gefiel mir... dies alles gefiel mir gar zu sehr...
    Ich sollte ihm eigentlich sagen, dass ich... sowas wie vergeben bin... meldete sich störend mein Gewissen. Gegen reine Bettgeschichten konnte man ja nicht ernsthaft was einwenden, so lange wie ich schon aus Rom weg war, aber das hier... - Küsse unterm Sternenhimmel... - das hier war auf einmal so verdammt romantisch geworden. Und ich war halt ein Romantiker! Ich sollte jetzt eigentlich den Mund aufmachen, und ihm sagen...
    Seine Fingerspitzen lagen auf meinen Lippen, ganz sacht... als wollten sie mir Schweigen gebieten. Wäre auch zu blöd jetzt die ganze Stimmung zu zerstören... und wozu? Nein, diese faden Skrupel hatten sich vergeblich aufgebäumt. Ich öffnete den Mund, halb... und umfing seine Finger mit den Lippen. Lasziv umspielte ich sie mit der Zunge, und ließ Massa die Verheißung noch viel köstlicherer Genüsse spüren... Seine Liebkosungen waren an meinem Hals angelangt, und ein Beben durchlief mich, ein wohliges Erschauern. Ich ließ meinen Kopf zurücksinken, bot ihm den Hals dar... und genoß in vollen Zügen, den Blick nach oben gerichtet, auf die funkelnde Sternenpracht... Noch einmal suchte ich mit den Augen nach dem Adler, aber wieder vergeblich, Massas Küsse nahmen mich voll und ganz gefangen. Es war ein perfekter Moment – dann hörte ich Schritte. Knirschend auf dem Sand, dazu das leise Klirren eines Cingulums. Jemand näherte sich. Ich zuckte zusammen, fuhr hastig von Massa zurück. Wer da ging... keine Ahnung, die Dunkelheit verbarg ihn.


    "Komm" hauchte ich Massa zu, haschte nach seiner Hand, und zog ihn mit, fort von dem Geräusch. Aus Angst davor gesehen zu werden, ließ ich seine Hand aber dann gleich wieder los, zog auch die Kapuze meiner Paenula wieder auf. Mein Herz pochte wie wild. Es war nicht nur die echte Furcht vor der Entdeckung, es war auch ein gewisser Nervenkitzel dabei.
    "Komm mit mir, Du Schönster aller Sterblichen" lockte ich Massa übermütig, raunend, und strebte weiter durch das Lager. Aber wo zum Hades sollten wir hin? Mein Zelt – nein, da waren Lagerfeuer ganz in der Nähe, und es wäre fatal wenn ihn da einer nachts rein oder rausgehen sähe...
    Nur gut, dass sich mir dieses Problem nicht zum ersten Mal stellte. (Es geht doch nichts über profunde Erfahrung, wenn man in einem Militärlager überleben will. Und die Zeit bei der Prima war auch in dieser Hinsicht lehrreich gewesen.)
    Hastig lenkte ich meine Schritte zu den Zelten der Fabricae. Die waren nachts normalerweise leer, weil auch die Immunes bei ihren Contubernien schliefen. Das erste Zelt war allerdings abgebrannt. Ich ging auf das zweite zu, das als Schmiede fungierte, und wollte eben vorsichtig hineinspähen, als aus dem Inneren halbunterdrückte Lustlaute an mein Ohr drangen.
    "Verdammt!" schimpfte ich leise und stiefelte weiter. Hier war uns jemand zuvorgekommen.
    Aber das übernächste, die Zimmererwerkstatt wie ich annahm, das könnte noch eine Möglichkeit sein. Ich warf Massa einen feurigen Blick zu und schob den Zeltvorhang ein wenig zur Seite...

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  • Was um alles in der Wüste, war in ihn gefahren. Die ganze Atmosphäre war dahin. Knirschender Sand, Klirren. Das hatte ihn aufgeschreckt. Ich folgte Serapio so leise, ich konnte. Seiner Silhouette folgend, ging es durch’s Lager. Wo wollte er hin? Stille unbeobachtete Ecken kannte ich viele, das Manko, sie waren in Piraeus. Hier hatte ich mich nie damit befasst. Es war bis in die letzen Tage nicht nötig gewesen. Ich folgte ihm weiter. Mein Atem ging schneller, mein Puls raste.
    Er hatte einen Unterschlupf gefunden. Nein,....doch nicht. Aber dieses, so vermutete er, war verlassen. Ich sah in das Dunkel, es schien leer. Ich sah seinen Augen aufblitzen. Seinen Blick. Fühlte das Feuer in mir wieder auflodern. Kurzerhand zog ich ihn hinterher. Meine Lorica störte massiv. „ Hilf mir.“ flüsterte ich. Die Riemen waren schnell geöffnet. Ich legte sie auf eine Art Bank. Davon standen mehrere da. Ich lehnte mich an eine. Seine Kapuze störte, mit beiden Händen schlug ich sie zurück, hielt sein Gesicht und stahl mir einen Kuss, biss ihm sanft auf die Lippe, ließ meine Lippen wieder wandern, das gleiche Spiel, diesmal so hoffte ich , ungestört. Die eine Hand in seinem Nacken, die andere wanderte tiefer über seinen Schenkel.
    Gehauchte Küsse, zärtliche Bisse in den Hals. Vorsichtiges Lecken und Knappern an seinem Ohrläppchen. Ich hielt es kaum noch aus, drückte ihn an mich. Was hat er mit mir getan. So wild hatte ich bis heute nicht mal den Griechen begehrt. Wieder störte etwas. Es kam nicht von außen, war kaum zu spüren. Ein leichtes Zögern von ihm. So wie vorhin im Dunkel. Er ließ sich nicht so gehen wie beim ersten Mal. „ Du denkst zu viel. Entspann dich.“ Hauchte ich ihm ins Ohr. Hatte er Gewissenbisse? Musste er die haben, nein. Er hat mich zu nichts gezwungen. Was ließ ihn zögern? Unser gemeinsamer Name ? Es war nur der Name. Er Iberer, ich römischer Grieche. Er musste sich keine Gedanken machen. Ich wollte entdecken, verstehen, probieren und auskosten. Meine Ansichten , Erkenntnissse wachsen lassen. Der Weg bis zur vollkommenen Erkenntnis hatte erst begonnen. Vielleicht offenbarte er sich mir, bei Gelegenheit.„ Aquila ... du Geschöpf des Himmels.“ flüsterte ich.

  • Mit fiebrigen Fingern tastete ich nach den Riemen seines Harnischs, und voll drängender Ungeduld half ich ihm, sich davon zu befreien. Bei meinem Muskelpanzer ging das schnell, eine Schnalle an der Schulter, zwei an den Seiten gelöst, und schon fiel die Rüstung in den Sand und ich war wieder bei Massa, ganz nah, und augenblicklich waren wir wieder dort angelangt, wo wir vorhin unterbrochen worden waren – nein, es war noch viel besser, Massa legte mit einem Mal eine ungeahnte Wildheit an den Tag, die ich sehr aufregend fand...
    "Mmmmmmh..." Überwältigt erwiderte ich seine Küsse, fuhr mit der Hand in seine Tunika hinein, streichelte zärtlich über seine Brust, die Formen der Muskulatur nachfahrend. Halb an ihm lehnend, genoß ich das Spiel seiner Zunge, seiner Zähne, erbebte in seinen Armen am ganzen Körper, und, bei Eros, beim allgewaltigen Eros, verspürte so eine ungeheure Lust, mich ihm hier auf der Stelle hinzugeben...
    Aber, schoß es mir im gleichem Atemzug schon durch den Kopf, was wenn er mich danach nicht mehr respektierte? So sehr ich mich auch freigemacht hatte, von den moralsauren Fesseln meiner Herkunft – manches ließ sich eben nicht so leicht vollständig abschütteln. Wie zum Beispiel die bescheuerte, allseits verbreitete Überzeugung, es sei zwar nicht glorreich aber schon eher in Ordnung zu nehmen, jedoch absolut schändlich, verachtenswert und undenkbar für einen stolzen Römer, sich hinzugeben.
    Noch dazu war ich der Ältere von uns beiden, und ich war sein Vorgesetzter, und überhaupt, was wenn es sich rumsprach, ich wäre sowas von erledigt... fast erwartete ich, dass im nächsten Augenblick der Zelteingang aufgerissen würde, und auf der Schwelle stünde der Praefectus, ich sah ihn förmlich vor meinem inneren Auge, im Ornat eines Feldherrn, doch sein Gesicht trug die Züge meines Vaters Livianus (vermischt mit denen von Onkel Meridius, und denen der kolossalen Götterstatue im Tempel des Mars Ultor), und er würde mich strafend ansehen, aber noch viel mehr enttäuscht, und...


    ...und ich dachte zu viel. Wohl wahr. Trotzdem kränkte mich diese Bemerkung ein wenig, ich mochte es nicht, dass ich so leicht zu durchschauen war. Pah, war halt nicht jeder ein tabuloser Grieche. War ich halt ein verklemmter Iberer, na und!? Sein Atem war heiß an meinem Ohr...
    "Ich... bin ganz entspannt." behauptete ich ein bisschen unleidlich, und wieder vergrub ich die Hände in seinem Haar, fester als zuvor, drückte ihn gegen die Werkbank und verschloß ihm den Mund mit einem kraftvollen Kuss. Immerhin hatte mein Verstimmt-Sein die dummen Grübeleien beiseitegeschoben, und wiederum war nur er in meinen Gedanken, und was ich mit ihm anstellen wollte. Fordernd, herausfordernd suchte meine Zunge die seine, wollte sich mit ihr umschlingen, beinahe einen Kampf austragen. Meine Atem ging schnell, meine Nasenflügel bebten.
    "Du machst mich... so heiß!!" flüsterte ich abgehackt, zog ihm mit einem Ruck die Tunika aus dem Gürtel und ließ meine Hand über seinen Oberkörper hinab wandern, unter seinem Lendentuch verschwinden, wo sie ein aufreizendes Spiel trieb.
    "Aber Adler sind auch gnadenlose Raubvögel" neckte ich ihn atemlos, "nimm dich in Acht, venustus meus! - Was die mal in ihren Klauen haben, das lassen sie nicht mehr los. Sie tragen es in ihren Horst und verspeisen es mit Haut und Haar...!"
    Mit diesen Worten ging ich auf die Knie, um mich dann voll Hingabe - und, bei aller Bescheidenheit, mit einer Rafinesse, welche nur aus echtem Talent in Kombination mit viel Erfahrung entspringt – um mich also leidenschaftlich dem hehren Ziel zu widmen, meinen schönen Geraubten noch höher zu tragen, ihn zu entführen, hinauf in schwindelerregende Höhen, ihn dem Gipfel des Olympos immer näher zu bringen...

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