Beiträge von Aulus Iunius Seneca

    Seneca stand immer noch mit einem mehr als desinteressierten Gesicht vor dem Helvetier, aber scheinbar war der Name Iunius was wert, weshalb er mitgenommen werden würde, oder lag es einfach daran dass Avianus und er ein wenig aufmüpfig waren?


    Jedenfalls appellierte der Centurio an die Ehre, und so hielt Seneca einfach den Mund und würde heute in der Senke schlafen, auch wenn er mittlerweile, so traurig das für ihn war, schließlich sah er sich doch immer noch als Mann des Fußvolkes, besseres gewohnt war.
    Als der Helvetier dann noch fragte ob es noch irgendetwas geben würde, hielt Seneca auch den Mund, würdigte den Mann jedoch keines Blickes sondern ließ seinen Blick über das Feld schweifen. Heute Nacht würde er wohl nicht schlafen, außerdem musste er sich ja noch um Avianus kümmern, aber wer weiß, vielleicht würde sich ja ein in medizinischen Dingen versierterer Soldat finden lassen..

    Oha! Hatte der Iunier etwa den gestandenen Centurio aus dem Konzept gebracht? Nachdem sie sich doch so schön und stilvoll wie echte Offiziere unterhalten hatten, rastete der Helvetier plötzlich völlig aus, aber sei's drum, Seneca würde sich lieber in Ketten legen lassen, als hier vor dem Centurio herumzukriechen, also machte er auch keine Anstände sich zu wehren, es half ja nichts, und wenn sie ihn hätten töten wollen, dann hätten sie das auch schon längst erledigt..
    Erst als einer dieser übermotivierten Legionäre Seneca kleine Neckigkeiten zuflüsterte, packte Seneca wieder die "Was soll's?" Mentalität, er blickte zwar immer noch stur geradeaus, flüsterte jedoch harsch zurück, "Das würde ich gerne sehen, vielleicht lässt sich dieses treffen ja Mal in einem ehrhafteren Rahmen wiederholen und ich kann dich in Stücke reißen du kleines Mädchen.", wehren tat Seneca sich nicht als die Ketten angelegt wurden, aber er wusste, irgendwann würde der Tag kommen an dem er sich revanchieren würde, und bei Mars, das würde eine böse Überraschung werden.

    Am liebsten hätte Seneca Hand angelegt und den Helvetier zu seinen Ahnen befördert, aber da er selber noch Pläne für die Zeit nach dem Krieg hatte, und sie momentan in einer recht schlecht Ausgangsposition waren, versuchte Seneca sein Spielergesicht zu wahren, er könnte sich später noch um Avianus kümmern, das würden wohl vorerst seine Kameraden erledigen, auch wenn mehr als irgendein Fetzen zum vor die Nase halten wohl nicht drin war...


    "Die Befehlsgewalt über meine Truppen habe noch immer ich Centurio.", gab Seneca deswegen ernst zurück als der Helvetier Avianus zurück ins Glied schicken wollte, aber auch Seneca hatte keine Lust jetzt den Helvetier fertig zu machen, um dann später von dutzenden Soldaten abgestochen zu werden, weswegen er seinen Cousin mit einem Kopfnicken zu seiner Centurie zurückschickte...
    "Beeindruckend Centurio, wäre er bewaffnet gewesen wärst du jetzt ein toter Mann.", scherzte Seneca bitterernst, kam dann aber wieder zum "Geschäft" zurück..
    "Du wolltest uns gerade erklären wie die weitere Vorgehensweise ist, ich bin ganz Ohr."

    Überrascht war kein Ausdruck, Seneca musste wirklich an all seine Erfahrung appellieren um bei dem emotionalen Ausdruck seines Verwandten nicht aus dem Tritt zu fallen, der Junge hatte Mut, Courage, und Seneca platzte innerlich fast vor Stolz als er sich so für die Gens erhob. Andererseits, war es auch unendlich dumm von Avianus, auch wenn Seneca das natürlich vor dem Helvetier niemals eingestehen würde...


    Ein kurzer Blick rüber zu Avianus, ein kurzes, kaum spürbares Nicken war alles was Seneca in diesem Moment von sich gab, bevor er sich wieder ruhig an den Helvetier wandte...
    "Nun Helvetius. Du hast meinen Verwandten gehört, und dem ist denke ich nichts mehr hinzuzufügen.", sagte Seneca und hob die Augenbrauen, schaute sich kurz um, und lächelte schelmisch als er den zu Boden geworfenen Rebellen sah, "Ich denke, wenn deine Vorstellung jetzt vorbei ist, können wir doch Mal zum Punkt kommen nicht wahr? Als wahrer Römer bist du doch sicherlich nicht hierher gekommen um dir willkürlich ein paar Namen von Gefangenen zu notieren oder irre ich mich?"

    Zitat

    Original von Lucius Helvetius Corvinus


    Durch den Stoß in den Magen sackte Seneca kurz zusammen, tatsächlich hatte er gerade das jetzt nicht gebraucht, und die Verlockung sich einfach irgendeinen Stein zu greifen und dem Kerl den Schädel zu zertrümmern wurde groß, aber er hatte sich unter Kontrolle, und nachdem er sich wieder gefangen hatte, setzte er wieder sein arrogantes Grinsen auf...


    Dann wandte er sich wieder an den Centurio, der, wie er es erwartete die Götter reinzog, und den recht dürftigen Sieg der Rebellen an der Südflanke zu einem Erdrutschsieg stilisierte..
    "Ein Haufen ungewaschener barbarischer Söldner welcher uns feige in den Rücken fällt. Wahrlich die Tat großer Römer sollte man meinen.", antwortete Seneca trotzig und blickte seine Männer an, dann wandte er sich wieder zu dem Centurio, welcher ihm auch schon im selben Moment einen galanten Spitznamen verpasste...
    "So gerne ich bei deiner kleinen Schmierenkomödie mitspielen mag Centurio, erlaubst du mir sicher mich vorzustellen.", Seneca nahm eine sichtlich gestraffte Haltung an, und seine Stimme wurde ebenfalls lauter, "Mein Name ist Aulus Iunius Seneca, Centurio der vierten Centurie der zweiten Kohorte der prätorianischen Garde, wir besetzten und hielten einen Mauerabschnitt Vicetias bis sich das Heer zurückzog..", Seneca ließ die Worte der Kommandeure Revue passieren, und rang sich dazu durch ihre Argumentation anzunehmen, "...deshalb erachte ich meine Einheit als im Feld ungeschlagen.", er lehnte sich etwas zu dem Helvetier vor, "Vielleicht kann ich jetzt ein bisschen mehr Respekt von deinen Männern erwarten. Mit wem habe ich es eigentlich zutun?"





    Der Soldat der Garde dachte kurz nach was die Rebellen wohl mit ihnen anstellen würden, er hatte Geschichten gehört, viele verschiedene, aber wie das bei solchen Niederlagen ist, erzählt man sich das schlimmste, also beugte er sich wieder zu Avianus rüber, "Der Centurio ist fein raus, der ist sicher was wert, aber wir, Britannien, Germanien, oder die lassen uns einfach in irgendwelchen Lagern krepieren, ich sag es dir Junge! Und deine Sippschaft da vorne macht die Sache mit seinem Auftritt nicht besser!, der Soldat schnäuzte einmal kräftig und blickte dann weiter gekonnt grimmig die Legionäre an. Wären die Legionen des Kaisers doch nur alle Prätorianer gewesen, er würde jetzt volltrunken und mit Säcken voller Kriegsbeute über die Mauern Vicetias tanzen..

    Seneca saß mit seinen Männern in einem der Lager welche die Rebellen errichtet hatten, als ein sie plötzlich einem Centurio vorgeführt wurden. Endlich jemand der einigermaßen auf Augenhöhe lag, dachte sich der Iunier der dem Mann emotionslos ins Gesicht blickte, und leicht zu grinsen begann als der Offizier aus dem Norden meinte einen Centurio der Garde so harsch angehen zu müssen...
    "Ich stehe direkt vor dir, du kannst also leiser sprechen. Im übrigen glaube ich nicht dass römische Dienstgrade einem Rebellen etwas sagen würden.", sagte Seneca abfällig, natürlich wusste er dass auch die Legionen Palmas ganz normale Legionen waren, welche mit dem gleichen System arbeiteten wie sie, aber Rebellen, alleine das Wort klang immer so schön unorganisiert, und er konnte sich den Spruch gegenüber dem "Feind" nicht verkneifen...


    Währenddessen blickten die Miles der Centurie gewollt grimmig, immerhin waren sie Prätorianer, und vor ihnen standen Rebellen, welche sie nicht geschlagen haben, das zumindest haben die Kommandeure behauptet..
    "Was glaubst du was die mit uns anstellen?", fragte ein Soldat seinen Kameraden Avianus.

    Als die Auszeichnungen verteilt wurden machte sich einen kurz Moment so etwas wie Stolz bei Seneca breit, andererseits, wer wüsste schon was diese Auszeichnung nach dem Sieg der Rebellen wert sein würde, vielleicht würde sie ihm ja auch den Hals kosten, und so nahm er die Ehrung nur schweigend zur Kenntnis. Seinen Männern, allen voran Avianus, gratulierte er allerdings, "Ihr habt euch die Ehrung verdient Männer, jeder Einzelne von euch.",


    Wenig später blickte er sich um und schaute sich die Soldaten der Rebellen an, welche wohl gekommen waren um sie mitzunehmen, oder was auch immer sie mit den kaiserlichen machen wollten..
    "Packt euren Kram zusammen, wir schauen Mal wo die Reise jetzt hingeht.", sagte Seneca, mittlerweile war es ihm eigentlich egal was passieren würde, er hoffte nur dass die Rebellen in Rom nicht allzu sehr wüten würden, oder eben dass Salinator die Stadt kampflos übergibt..

    Avianus Hand auf seiner Schulter ließ in kurz verkrampfen, er verkraftete es nicht, es fühlte sich so an als ob er versagt hätte, er hatte sie auf die Mauer geführt, die Männer waren aufgrund seiner Befehle umgekommen und wofür? Sie hatten verloren, sie waren geschlagen, sie, die Elite des Reiches, und nun waren sie hier, weit weg von Rom, welches nun ohne Schutz da lag, um von den Rebellen eingenommen zu werden...
    "Ihr habt alles getan, ich bin stolz auf euch Soldaten.", sagte er, zwar kräftig, aber ein leichter Bruch in seiner Stimme war zu hören, dann blickte er wieder auf den Boden, er war stolz auf seine Männer, sie hatten ihm blind gehorcht, selbst als er sie im Sturmlauf über das halbe Schlachtfeld trieb und sie dann auf die Mauer schickte, sie hatten getan was er von ihnen verlangt hatte, aber nun, da der Lohn für ihre Taten ausgeblieben war, war dies alles hinfällig, und er schämte sich einfach nur für die Niederlage, er beklagte die Toten, und er belächelte nur die erbärmlichen Versuche des Kommandos die Niederlage schönzureden..
    "Wir haben wieder einen Kaiser verloren...", murmelte der Centurio während er ins leere blickte, ja, die Aufgabe welche sie eigentlich hatten, haben sie nicht erfüllen können, Seneca mochte Salinator nicht, im Gegenteil, aber seine Berufung war es ihn zu schützen, und auch dort, so fühlte, hatten sie versagt, wer sollte die Rebellen jetzt noch stoppen?

    Völlig fertig humpelten die paar Männer die den Rückzug gedeckt hatten zurück zum Lager, Seneca hatte schmerzen, erst jetzt bemerkte er dass er hier und da einen Schnitt abbekommen hatte, nichts weltbewegendes, aber nun, da er sich nicht mehr aufs Brüllen und Stechen konzentrieren musste, schmerzte der ein oder andere Kratzer doch schon ein wenig, aber da musste er durch.
    Wie in Trance liefen die Männer schweigend über das Feld, überall Gefallene, Verwundete welche notdürftig verbunden oder weggetragen wurden, und irgendwann stolperten sie mehr oder weniger in ihre Centurie hinein...
    Seneca löste seinen Helm, fuhr sich durch die verschwitzten Haare, und warf seinen Helm dann neben Avianus ins Gras, bevor er sich schweigend zwischen seine Männer fallen ließ und erstmal tief durchatmete.
    Die tolle Rede welche der Kommandeur vom Stapel gelassen hatte, hatte er nur halb gehört, eine Tatsache welche er nicht bedauerte, sie hatten verloren, die Prätorianer waren geschlagen, eine Schmach, er hatte sich noch nie so leer, so schändlich, und so hilflos gefühlt.. Er wusste nicht was er sagen sollte, er hatte sie über den Fluss geführt, über das Feld und auf die Mauern, sie hatten Verluste erlitten, Verwundete, und doch hätten sie die Mauern einnehmen können, bis die Reserve wegbrach und die südliche Flanke pulverisiert wurde, er konnte nichts sagen, er starrte nur in die Runde seiner Männer, schlammig, blutig, und in den Augen nur eine traurige Leere...

    Seneca war heilfroh als sich die Rebellen zurückzogen, es war nicht unbedingt so dass er den Heldentod herbeigesehnt hatte, und so kam es zu der doch irgendwie peinlich angespannten Situation dass sich das Getümmel wie nach einem Schaukampf auflöste, wenn man dann noch von den Leichen absieht, und die letzten Prätorianer die Leitern runterklettern konnten, schlammig, blutig, abgekämpft, aber dennoch glücklich ihren Ahnen noch nicht begegnet zu sein. Mehr kriechend als laufend schlurften die handvoll Männer um Seneca zurück zum Sammelpunkt, an welchem sich auch die anderen unterlegenen Truppen gesammelt hatte, und auch wenn Seneca eigentlich nur noch umfallen wollte, er musste vorher noch seine Centurie zusammenkratzen, bevor es dann ins Lager ging, auch wenn er sich immer noch fragte was denn schief gelaufen war..

    Vor der Kapitulation


    Auf der Mauer war die Hölle los, Seneca wusste nicht mehr an welchem Brandherden er eingreifen sollte, und hastete Befehle brüllend umher. Doch plötzlich, und völlig unerwartet, denn schließlich schien es auf der Mauer ja ganz gut zu laufen, versiegte der Strom der Verstärkung. Niemand kletterte die Leitern rauf, schlimmer noch, die Truppen zogen sich zurück, und überließen die kämpfenden Männer auf den Mauern ihrem Schicksal. "Nein nein nein! Kommt zurück ihr Hunde!", brüllte Seneca die Mauer herunter, wohlwissend dass er nicht gehört werden würde... Nun hieß es so viele seiner Männer zu retten, so gut es eben ging, und das hieß dass er, sein Optio, und einige der Veteranen den Rückzug decken mussten, was im Umkehrschluss bedeutete dass seine Chancen unbeschadet aus der Sache rauszukommen relativ gering waren.
    "Cato, Vitamalacus, Varus und Numerius!", brüllte er und zog zwei der Männer aus den Reihen, die anderen hatte er noch nicht gefunden..
    "Centurio!", keuchten die erschöpften Männer, sichtlich abgekämpft, "Die Schlacht ist verloren, die Truppe zieht sich zurück, wir müssen den Rückzug sichern.", die Männer blickten Seneca an, ein junger Centurio, sie waren alte Veteranen, und er befahl ihnen praktisch die Gefangenschaft oder den Tod, beides keine allzu rosigen aussichten, doch zu Senecas erleichtern waren sie Soldaten durch und durch, Prätorianer eben. Sie stämmten sich auf, umgriffen ihr Schwert und ihr Schild fester, und quetschen sich mit Seneca zusammen zu den vorderen Reihen durch, wo auch die anderen Veteranen ihren Dienst taten.


    Auf dem Weg dorthin drängelte sich Seneca an Avianus vorbei, "Verschwinde, wenn ich es nicht schaffe hast du die Verantwortung über die Casa Iunia. Jetzt mach dass du hier wegkommst.", versuchte Seneca so diskret wie möglich zu sagen, um seinen Cousin einen klitzekleinen Vorsprung zu verschaffen. Dann brüllte er lauter, "ZIEHT EUCH ZURÜCK! Das Heer flieht!", die vordere Reihe, ein erbärmlicher Anblick aus 5 Männern welche sich gegen dutzende Gegner stemmten, würde nicht lange halten, also mussten die Männer nun die Beine in die Hand nehmen und die Leiter runterklettern, währenddessen stemmte sich Seneca mit einigen anderen Männern dem Feind entgegen, nicht weil er ein Held war, sondern weil er sich die Schande nicht antun wollte, als Offizier vor seinen Männern geflohen zu sein...

    Seneca schaute sich um, die Lage war kompliziert, zogen sie sich zurück, würden sie von den Rebellen überrollt werden, noch bevor es auch nur zwei Männer über die Leiter nach unten geschafft hätten. Es hieß also nun durchhalten, und Seneca bekam neuen Mut als er immer mehr verbündete Feldzeichen auf dem Mauerkamm sah.. Mit starker Stimme fasst er wieder Mut und trieb seine Männer weiter an..
    "Die Mauer fällt Männer! Gebt jetzt nicht nach! Ihr seid nicht alleine! Scuta premite! Achtet auf eure Deckung! Lasst ihn keine handbreit Platz!", brüllte er und versuchte durch das Gewühl hindurch einen Rebellen zu treffen, was nicht so wirklich gelingen wollte, immerhin stand er ziemlich weit hinten.
    "Schafft euch Platz! Stück für Stück!", schrie er weiter mit einer mittlerweile etwas angeraunten Stimme, das war ihre Chance!Durch die Reihen durch erblickte er seinen Cousin Avianus der sichtlich erschöpft war, wie auch die anderen Männer die etwas weiter vorne standen, er musste die Reihen wechseln, aber es müsste unglaublich schnell gehen, sonst wären sie verloren. Er wartete noch auf den richtigen Moment, einen Entlastungsangriff auf einem nahen Mauerabschnitt oder ähnliches, bis dahin hieß es nur durchhalten. Die Mauer würde sicherlich fallen! Ein kleines Stück in dem Mosaik dieser Schlacht, denn er hatte keine Ahnung wie es an den andere Abschnitten aussah...

    Das Gedränge wurde immer dichter, und Seneca war nur bemüht so viele Männer wie möglich, auch von anderen Centurien über ihren Brückenkopf auf die Mauer zu bekommen, was die Lage auf der Mauer selbst natürlich keineswegs verbesserte...
    "Schild an Schild! Haltet die Linie Prätorianer! Drückt, drückt!", schrie Seneca der versuchte sich auf der Mauer mehr Platz zu verschaffen..
    "Jetzt nicht nachlassen! Kämpft!", brüllte er weiter. Es gab gleich mehrere Probleme, das Gedränge war so dicht, dass er nicht eben frische Männer in die vorderste Reihe bringen konnte, es ging einfach nicht, kein Grashalm passte zwischen die Männer. Das zweite Problem war, dass sie nicht richtig zustechen konnten, es blieb also dabei das man sich gegenseitig nur verschob, nur das die Rebellen zahlenmäßig überlegen waren. Andererseits, sie waren die Elite des Reiches, sie würden wohl noch etwas ausharren können hier oben...
    "Drängt sie zurück Soldaten! 1, 2, vor!", rief der Iunier, während er zwischen seinen beiden "Fronten" hin und her lief, und die Männer von hinten anschob..

    Seneca stand noch unten und trieb seine Männer die Leitern hoch. Sicher, glorreicher wäre es wohl gewesen wenn er als allererster über die Mauer gehüpft wäre, aber andererseits hatte er ein wenig die Befürchtung dass die Männer zögern würden, und so blieb er unten und brüllte sie die Sprossen hoch. Als er das Feldzeichen auf der Mauer sah, stieg auch er hoch, weniger heroisch, denn durch die Kämpfe auf der Mauer war der Widerstand beim Klettern gering. Oben auf der Mauer sah er, dass seine Männer zwar zahlenmäßig unterlegen waren, aber weitere Einheiten die Mauern erklammen, Prätorianer, die Legio VII, und außerdem war die Mauer nicht allzu breit, das glich die Zahlen aus, und so begann das Hauen und Stechen wieder und wieder...


    "Haltet die Stellung! Wir müssen den Brückenkopf sichern! Kämpft Prätorianer!", brüllte Seneca und stach einem jungen Legionär sein Gladius ins Bein, sodass dieser verletzt zu Boden ging.
    "Schild an Schild! Bewahrt die Deckung!", befahl er weiter, während er von einer Seite zur anderen der Linie lief, was nicht weit war, sie mussten durchhalten bis die Verstärkung kam, sie würden nicht einfach wieder herunterklettern können, und die Feinde sahen subjektiv betrachtet nicht unbedingt so aus als ob sie Gefangene machen würden, momentan wehte der Wind also eher in Richtung Sieg oder Tod..

    Zwei Kameraden zerrten Avianus unter dem Feind hinweg, beziehungsweise, einer beschäftigte ihn, und der andere zog. Kurz nachdem der Verwandte des Centurios aus der Gefahrenzone heraus war, sank auch schon sein Gegner blutend vor seine Füße. Seneca schüttelte nur den Kopf, natürlich konnte sein Cousin nichts dafür, aber es war haarscharf und die Iunier wären wieder ein Mann weniger gewesen.
    "Zurück auf die Füße! Hol deine Waffe!", brüllte Seneca und trieb die Männer weiter in Richtung der Mauern... Den Göttern sei Dank hatte scheinbar der Legat der siebten eine Menge Weitsicht ins Felde getragen, und einige Einheiten trugen Leitern zum erklimmen der Mauern mit sich, und ein paar dieser Einheiten hatten nicht allzu viel Glück, sodass nur noch ein paar Gefallene, Verwundete, verstreute Männer blieben, und ihre Leitern...
    "Schnappt euch die Leitern! Wir nehmen Vicetia!", rief Seneca, vielleicht ließ sich da die ein oder andere hübsche Auszeichnung abstauben, und natürlich eine Menge Ehre, also packten sich ein paar Miles das Belagerungswerkzeug und liefen weiter in Richtung Mauer, die Gräben waren bereits von einigen Kameraden überwunden worden, der Widerstand vergleichweise gering, sodass sich alsbald die Leitern an den kalten, nassen Steinen des Städtchens befanden.


    "Hoch mit den Schilden! Und die Leitern rauf! Achtet auf eure Deckung, bleibt zusammen!"

    Der Feind versuchte im Rückzugsgeplänkel Zeit zu schinden, Seneca war vorsichtig, witterte eine Finte, aber ein Blick nach links und rechts zeigte ihm dass da auf dem offenen Feld nichts zu sehen war, und generell, das Gebiet war nicht allzu sehr bewaldet, ein wenig hügelig, große Hinterhalte waren da nicht drin, Vicetia, das war der Punkt um den sich die Truppen zu scharen schienen, wenn Vicetia fallen würde, dann würde auch die nördliche Flanke fallen, aber es lag nicht an Seneca den Sturm auf die Stadt zu befehlen, mit seinen mittlerweile nur 22 kampffähigen Männern, es gab einige Verletzte und ja, auch einige Tote, war es wohl kaum alleine möglich die Stadt zu nehmen, auch wenn sich die Centurie des Iuniers mittlerweile ziemlich weit vorne in der Schlachtordnung befand und somit wohl als eine der ersten Einheiten vor den Mauern stehen würde, erst einmal hatten sie noch mit den Männern vor den Mauern zu tun, und dort war es ein Hauen und Stechen, und eventuell war es Selbstüberschätzung, oder aber der Vorteil der Vorteil der Truppe vorzurücken und nicht zurückzufallen, aber der Centurie hatte das Gefühl dass die Prätorianer im offenen Feld eine Überlegenheit ausstrahlten.


    Mittlerweile waren die wenigsten Rüstungen sauber, Schlamm und Blut klebte an überall, und Seneca achtete streng darauf dass die Truppe beim Vormarsch in einer engen Kampfformation blieb. Über Leichen und Verletzte marschierten sie, immer wieder warfen sich Einheiten des Gegners gegen die Prätorianer, kleinere Geplänkel während Rückzugs, während weiter gen Süden das wohl größere Gemetzel stattfand. Zumindest hatte Seneca die Sicherheit dass seine Centurie nicht an der äußersten Flanke lief, so hatte man zumindest ein paar Augenblicke Zeit sich auf Reiter-Angriffe vorzubereiten, umso überraschter war er jedoch als diese zunächst einmal ausblieben...


    "Weiter! Weiter Richtung Vicetia! Seht nur wie sie Laufen!", brüllte Seneca um seine Männer anzuspornen, wohlwissend dass sich die Legion keineswegs vom Schlachtfeld zurückzog, mittlerweile hatten die meisten Soldaten bereits einen Gegner getötet, oder zumindest verwundet, von den anfänglichen Bedenken Römer zu bekämpfen war auf beiden Seiten nicht mehr viel übrig, und wenn die Linien nachher zum stehen kommen würden, würden noch viel mehr Verluste auf die Truppen zukommen...

    Die Speere rasten auf die Männer zu, "Deckung!", brüllte Seneca, während die ersten Geschosse in einige Schilde, und in ein paar Miles eindrangen, manchmal auch in beides.. "Lasst die Schilde zurück!", befahl der Iunier weiter, denn mit einem Pilum im Schild waren diese so oder so unbrauchbar, und von daher waren diese kein Vorteil mehr.. Doch plötzlich sah er wie sich hinter der Linie einige Truppen zurückzogen, es war die Chance die Linie zu durchbrechen, die anderen Centurien hatten es ja auch über den Fluss geschafft, sodass die Prätorianer nun mit Schlagkraft attackieren konnten..
    "ANGRIFF!", brüllte Seneca, der immer noch nichts vom Schicksal des Präfekten mitbekommen hatte. Energisch preschte er nach vorne und trieb seine Männer an, die leichte Steigung war am Ufer kaum spürbar, sodass die Schilde mit voller Wucht aufeinander prallten.
    Bald schon befand sich Seneca mit seiner Truppe im Kampf, es war schon seltsam gegen Römer zu kämpfen, kämpfte man doch gewissermaßen gegen sein Spiegelbild.. Deckung, Stich, Deckung, bis man vom Hintermann abgelöst wurde, oder es einen erwischte. Seneca brach sein "Bürgerkriegerisches Eis" indem er einem Miles beherzt sein Gladius in den Hals rammte, nun war die Unschuld dahin, und das Blut der eigentlichen Kameraden klebte nun auch an seiner Hand, sodass auch die moralischen Bedenken, zumindest in diesen hektischen Augenblickes dahin waren..

    Die Centurie des Iuniers hatte es gerade über den Fluss geschafft, und mit ein paar Verlusten, 3 oder 4 müssten es gewesen sein, wo ein Skorpion hinlangte wuchs kein Gras mehr, versuchte Seneca sie nun in eine einigermaßen passable Kampfaufstellung zu bringen...


    "ZURÜCK INS GLIED MÄNNER! AUFSTELLUNG!", brüllte Seneca. Dass im Fluss etwas seltsames geschehen war, hatte er sehr wohl mitbekommen. Dass jedoch der Decimer erwischt wurde, daran hätte er nicht zu träumen gewagt, und hatte in dem Moment auch nicht daran gedacht. Das würde zuhause wohl einigen Erklärungsbedarf geben, und das nicht nur im Kommandostab...


    Nun würde es also zur Sache gehen, die ersten Truppen des Feindes waren schon fast in Distanz der Pila, was natürlich andersherum bedeutete dass man ebenfalls schon im Bereich der Geschosse war, und auch schon links und rechts der sich sammelnden Einheit die ersten Legionäre und auch ein paar Gardisten durchbohrt am Ufer lagen. Aber davon konnte man sich jetzt nicht abbringen lassen... Jetzt galt es!
    "VORWÄRTS!", brüllte Seneca und trieb seine Männer in Richtung der Feinde..

    Seneca zögerte, und zögerte, blickte auf den Fluss vor sich und sah dass es die behelfsmäßig zusammengeschusterte Brücke wohl nicht bringen würde, so schnell sie aufgebaut war, und einige Männer es über sie rüber schafften, andere fanden auch Alternativen, lösten sich ein paar Seile und machten sie für die Überquerung unbrauchbar. Das würde nasse Füße geben, aber der Fluss schien teilweise flach genug um durchzulaufen.


    "Auf gehts Miles! Vorwärts! Vorwärts durch den Fluss!", brüllte Seneca, am Fluss herrschte das Chaos, jeder Offizier versuchte unter Beschuss seine Männer so schnell wie möglich auf das andere Ufer zu bekommen, und die Verluste, gerade bei den ersten Centurien, wurde sekündlich höher, aber das war wohl auch der Vorteil der zahlenmäßigen Überlegenheit, man konnte es sich, so traurig das war, erlauben..


    Seneca stand direkt am Wasser und trieb seine Männer ins Wasser, die, die zögerten wurden gepackt und ins seichte Wasser geschubst, es musste schnell gehen..
    "Avianus beweg dich!", brüllte Seneca, "Achtet auf eure Deckung!", nun stand auch der Centurio so tief im Wasser dass der Gang deutlich verlangsamt wurde, und hoffte, dass seine Männer einfach nicht Ziel der Scorpiones werden. Doch gerade als die ersten auf gut halber Strecke waren, wurden sie von einem Geschoss erwischt, ein glatter Durchschuss bei dem einen, und den anderen traf das nun schon verlangsamte Geschoss am Arm...
    "Weiter! Weiter!", trieb Seneca seine Männer an, in dieser Situation konnte er keine Rücksicht auf Gefallene und verwundete nehmen, außerdem sollte Cato es mit seinem Arm auf die andere Seite schaffen, auch wenn die Schlacht, und der Militärdienst für ihn wohl vorbei waren...


    Seneca suchte nach Iulius Antoninus Helmbüschel, und fand ihn schließlich zwischen all den mit Skorpionen verzierten Rüstungen. Am anderen Ufer würde er sich in seiner nähe sammeln, die anderen Centurien der Cohorte waren irgendwo am anderen Ufer, auf dem Fluss oder schon vor ihnen, aber er hatte keine Zeit zu suchen, und der Iulier schien die Lage gut im Griff zu haben.


    Das Wasser war kalt, überall Lärm, Schreie, die Nässe, und trotzdem mussten sie weiter..

    Sie waren dem Skorpion bis zur Brücke gefolgt, und es war erstaunlich ruhig geblieben, obwohl man dem Feind so nahe war ließ er sich nicht aus der Ruhe bringen, oder vielleicht war er auch ratlos was er angesichts ihres Aufmarsches tun sollte, Seneca entschied sich für keine der beiden Varianten.
    Immer wieder hatte er seine Männer auf dem Marsch motiviert, sie eingeschworen, und sie auf ihre eiserne Disziplin gedrillt.
    Als sie dann am Wasser ankamen, seine Centurie bildete nicht die allererste Reihe sondern stand etwas weiter hinten, sah er wie die Bolzen der Skorpione auf die Truppen des Kaisers zuhielten.
    Hatte man ihnen nicht erzählt außerhalb der Reichweite zu sein? Geistesgegenwärtig, auch wenn weiter hinten wohl eher die Gefahr bestand von etwaigen Querschlägern erwischt zu werden, brüllte er, "Schilde hoch!", und die Männer bilden umgehend eine schier undurchdringliche Wand aus Schilden, und das zumindest gefühlt schneller als die Kameraden aus den Legionen, irgendwie musste sich das stundenlange Üben ja auszahlen. Jedoch erreichte so oder so kein Bolzen ihre Position, jedoch waren von vorne einige schmerzverzerrte Schreie zu hören, nicht gerade motivierend, aber was hätte man auch erwarten sollen?
    Es hieß warten auf das übersetzen auf die andere Seite, und dann würde sich zeigen aus welchem Holz die Rebellen geschnitzt waren..