Beiträge von Galeo Claudius Gallus

    Galeo wandte sich dem Hausherrn zu, als dieser ins Atrium trat.
    "Salve Consular Decimus, es gibt rein gar nichts zu verzeihen." So viel Respekt zu erfahren, hätte er nicht erwartet, immerhin standen sich hier ein Consular und ein Niemand gegenüber, wenn auch ein Niemand von hohem Blut.


    "Ich bedanke mich für die Aufnahme und ich wollte auch nach meinen Aufgaben in der Aurata fragen, allerdings führt mich in erster Linie ein zweites Anliegen her. Vielleicht sollte ich mich aber erst einmal vorstellen." Zumeist umging er diesen Punkt, aber da er mit der Mitgliedschaft in der Aurata sicherlich langfristig mit Decimus Kontakt pflegen würde und auch wollte, musste er eine Erklärung vorschicken. "Es gibt einen Satz, den ich Zeit meines Lebens nicht mochte. Trotzdem muss ich ihn wieder benutzen: Ich bin der Sohn von Claudius Menecrates. Ich schätze diesen Satz deswegen nicht, weil ich nie jemand eigenständiges war, sondern immer nur der Sohn von…" Das lag nicht nur an der Menecratischen Übermacht, sondern auch, weil Galeo noch nicht viel in seinem Leben auf die Beine gestellt hatte. Ihm fehlte deswegen ein Name und den wollte er sich machen.


    Einer Einladung gleich hatte der Consular gefragt, was er für Galeo tun könnte und gab damit eine wunderbare Vorlage.
    "Gerade in dieser Sache könntest du sehr viel für mich tun und das wäre auch meine Bitte. Ich kandidiere zum Amt eines Vigintivir und gehe seit Tagen von Tür zu Tür einflussreicher Senatoren, um sie zu bitten, meine Kandidatur mit ihrer Stimme zu unterstützen. Deswegen stelle ich mich vor, denn ich erwarte nicht, dass irgendwer einem Niemand hilft, ausreichend Stimmen für die Wahl zu sammeln."

    Gefolgt von seinem Sklaven, der allerdings am Eingang des Atrium verweilte, betrat Gallus die Casa. Vorbei am großen Hund, der ihn beeindruckte. Im Atrium suchte er sich einen Platz mit guter Sicht und wartete darauf, dass der Hausherr ihn empfangen würde.
    Er ließ den Blick schweifen, heftete ihn an Mosaike oder Büsten und richtete ihn schließlich nach oben, wo an diesem Tag die Sonne besonders frei am Himmel erstrahlte.

    Den heute geplanten Besuch trat Gallus weniger verkrampft an als die anderen. Zum einen lag das an der Zieladresse, zum anderen, weil er inzwischen Übung besaß. Die Sänfte umstanden einige Sklaven, als sich ihr Vorhang zur Seite schob. Gallus winkte einem zu und beauftragte ihn, an der Porta zu klopfen. Als diese geöffnet wurde, erfolgte folgende Anfrage.


    "Mein Herr ist Claudius Gallus und er lässt anfragen, ob der ehrenwerte Consular und
    Dominus Factionis Decimus Livianus zufällig im Hause ist. Wir können sonst gern auch eine schriftliche Terminbitte hinterlassen, aber da mein Herr gerade vom Forum kommend, hier vorbei musste, wollte er spontan sein Glück versuchen."

    Die Sänfte umstanden einige Sklaven, als sich ihr Vorhang zur Seite schob. Gallus winkte einem zu und beauftragte ihn, an der Porta zu klopfen. Als diese geöffnet wurde, erfolgte folgende Anfrage.


    "Mein Herr, der ehrenwerte Claudius Gallus, lässt anfragen, ob der ehrenwerte Senator Flavius Scato zufällig im Hause ist. Wir können sonst gern auch eine schriftliche Terminbitte hinterlassen, aber da mein Herr gerade vom Forum kommend, hier vorbei musste, wollte er spontan sein Glück versuchen."

    Gallus hoffte, den peinlichsten Augenblick seines Lebens schnell hinter sich zu bringen und dabei keine allzu dämliche Figur abzugeben. Er überspielte seine Scham, indem er versuchsweise galant auftrat. Er verfluchte im Nachhinein seine Idee, die Tür selbst zu öffnen.


    "Quintilia Pina, sei gegrüßt. Tritt ein, ich geleite dich." Er wies mit dem Arm ins Innere der Villa und endlich traf auch einer der Sklaven ein.
    "Die junge Frau erhält ein reichhaltiges Angebot an feinsten Fingerhappen und Getränke zur Erfrischung." Als der Sklave davonflitzte, wandte sich Gallus wieder an Quintilia.
    "Es kann sein, dass der Termin mit etwas Wartezeit verbunden ist. Schlimm ist die Ladung aber sicher nicht." Er lächelte und führte Pina hinein.

    Um die Mittagsstunde brach der Besucherstrom ab. Die meisten speisten oder ruhten sich aus, womit sich für Gallus die Gelegenheit bot, selbst mit seinem Vater dem Consul zu sprechen. Er trat durch die Tür und erkundigte sich zunächst. "Hast du ein, zwei Augenblicke für mich Zeit?" Erst als die Zustimmung kam, trat er näher.

    "Ich habe ein Anliegen und eine Anmerkung zu machen."
    Er wollte die Angelegenheit nicht unnötig spannend machen, also sprach er weiter. "Ich habe lange nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich trotz meines Alters ein Amt im Cursus Honorum übernehmen möchte. Das heißt, ich möchte für das Amt eines Vigintivir kandidieren, was ich hiermit offiziell bekanntgebe." Um seinem Vater wenig Zeit zum Überlegen zu geben, sprach er sogleich die eingangs erwähnte Anmerkung an.
    "Außerdem - unser Türdienst schläft des öfteren. Um wichtige Personen, solche die du geladen hast, nicht warten zu lassen, habe sogar ich persönlich einmal die Tür geöffnet. Das sollte sich allerdings nicht etablieren, weil es rufschädigend ist." Hier bestand Handlungsbedarf, aber dafür fand sich Gallus nicht zuständig.

    Gallus hörte gut, daher war ihm das Klopfen auf dem Weg zum Atrium nicht entgangen. Allerdings blieb offensichtlich das Türöffnen aus, denn es drangen keine Stimmen an sein Ohr. Die Neugierde trieb ihn nachzusehen. Als er zur Porta kam, erblickte er keinen Besucher, nicht einmal einen Sklaven. Er drehte sich um, reckte den Kopf, rief, aber niemand kam. Dabei hatte er erst vor Minuten Sklaven gesehen und sie auch gehört. Er fand es unerhört, dass ein gast derart lange vor der Tür warten musste, während sich drinnen die Sklaven mit irgendwelchen anderen Dingen befassten. Selbst der Ausnahmezustand unter den Sklaven wegen Morrigans Eintreffen entschuldigte dieses Versäumnis nicht.


    Kurz entschlossen, und weil er wusste, sein Vater erwartete regelmäßig wichtige Personen wegen seinem Amt und der Kommission, öffnete er selbst die Tür. Er schämte sich dabei.


    "Salve, schöne Frau. Wer kann sich denn glücklich schätzen, dich zu empfangen?"

    -- Zuschauer --



    Gallus kannte alle bisherigen Darsteller. Das machte ihr Spiel besonders amüsant, weil sie ihre Persönlichkeit mit der Rolle vermischten. Manchmal schimmerte die Persönlichkeit durch, dann wieder zeigten sie Seiten, die Gallus nicht kannte.


    Viel zu selten wurden in Roms Theatern Komödien aufgeführt. Klar, dass Gallus sich diese nicht hatte nehmen lassen. Er kämpfte zeitweilig mit den Tränen, weil er den Hintergrund der Darsteller kannte und wusste, wann sie sich unwohl fühlten. Marco zum Beispiel würde seine Tunika hassen, dessen war sich Gallus sicher. Der Leibwächter achtete immer auf sein Äußeres. Er legte Wert auf eine lässig männliche Garderobe. Das Kittelchen, das er in seiner Rolle trug, schien jeden Augenblick platzen zu wollen. Vermutlich konnte die Requisite nichts anderes für das Muskelpaket auftreiben.


    Gespannt sah Gallus den weiteren Geschehnissen entgegen.

    Zwar gestaltete sich die Übergabe etwas anders als eingefädelt, weil sich plötzlich ein weiterer Wachmann einschaltete, aber letztlich änderte das nichts an seinem Plan.


    "Also mir ist es egal, wer sie zu meinem Vater bringt. Sie muss ankommen, darauf lege ich Wert." Er zuckte mit den Schultern, setzte sich in der Kutsche zurecht und gab das Zeichen zur Weiterfahrt. Beim Anziehen der Pferde lehnte er sich noch einmal heraus.


    "Zeig dich von deiner guten Seite, Morrigan." Der Hinweis sollte Komplikationen vorbeugen. Gallus hob noch einmal die Hand zum Gruß an die Wachmänner, dann zog er sich gänzlich in die Kutsche zurück.

    "Eine halbe Stunde", sinnierte Gallus und dachte angestrengt nach. Er brauchte sehr viel mehr Zeit, um sich in Mogontiacum eine Unterkunft zu suchen, zu beziehen, sich baden und umkleiden zu lassen und dann auch noch etwas zu essen. Er war außerdem so nicht gezwungen, zeitnah seinen Vater besuchen zu müssen. Am nächsten Vormittag würde das auch noch reichen.


    "Ja, also wir machen das so. Ich lasse dir die Sklavin hier." Er schob Morrigan in Richtung den Wachmann zu. "Sie müsste bei meinem Vater Claudius Menecrates mit vielen Grüßen von mir abgegeben werden. Unversehrt natürlich. Ich denke, das ist der schnellste Weg, sie zuzustellen. Auch wenn sie jetzt erst einmal warten muss." Eine prima Idee. Der Wachmann konnte sich mit der Überstellung sogar noch positiv ins Licht rücken. Morrigan konnte selbst laufen, Last hatte der Wachmann also auch nicht.

    Diese Untersuchungen hasste Gallus wie nichts anderes. Auch deswegen verließ ihn mitunter auf Reisen die gute Laune. Wer ließ schon gerne fremde Hände an sich heran? Demonstrativ rückte er nach der Untersuchung ein Stück von dem Wachmann ab. Nicht zu weit, denn ihn beschäftigte eine Frage.


    "Du da, wie stehen die Chancen, dass du zeitnah in das Kastell zurückkehrst? Ich nehme doch an, du gehörst in das Lager, dem mein Vater Herius Claudius Menecrates vorsteht." Gallus sah den Optio fragend an. Ihm kam gerade eine hervorragende Idee. Seinen Vater konnte er auch noch später - aufgewärmt und gesättigt - begrüßen. Gleichzeitig wollte er die Sklavin schnellstmöglich abliefern. Die Kälte Germaniens schien Morrigans Sprache eingefroren zu haben. Erfrierungen musste er hingegen nicht befürchten, vielleicht eine kleine Unterkühlung, aber Morrigan war als zäh bekannt.

    Gedanklich sich bereits im Bad aalend, blickte Gallus überrascht auf, als er angesprochen wurde. Sein geistiges Bild zerplatzte wie eine Seifenblase und er murmelte unverständliche Laute, bevor er sich auf den Rahmen und damit etwas aus dem Fenster lehnte.


    "Ja ja, ich grüße euch auch. Und nein, wer aus Rom kommt, führt keine Waffen bei sich." Von dem Entschluss, Teile seines Gefolges während des Aufenthalts hier mit Waffen auszustatten, sagte er freilich nichts. Es sah den Kameraden abwartend an. Grenzübergänge stellten nichts Neues für ihn dar, ebenso wusste er, dass jede Provinz ihre eigenen Gepflogengheiten besaß.

    Das Wort Spätherbst bekam in Germania noch einmal eine ganz andere Bedeutung. Galeo hatte auf dem Schiff sein Frieren auf den Seewind zurückgeführt, aber auch der Landweg hatte nichts an diesem Zustand geändert.


    "Zum Hades mit dieser verfluchten Kälte!", schimpfte er vor sich hin. Ein Germane wäre sicherlich in Gelächter ausgebrochen, denn im Augenblick gab es noch relativ warme Herbsttage und kaum Bodenfrost.


    Sie erreichten das Stadttor Mogontiacums und Galeos Stimmung besserte sich zusehends. Ein Bad rückte in greifbare Nähe, ebenso die Wärme eines Ofens.
    Einer der Sklaven stieg vom Bock und trat an die Stadtwache heran.


    "Salve, es wünscht Einlass Claudius Gallus samt Gefolge."

    Na prima, sie war nicht instruiert, wohin sie gebracht wurde. Nicht, dass ein Sklave das wissen musste, aber wenn es um einen Klimawechsel ging, bot es sich an. Gallus' Laune verschlechterte sich weiter, denn natürlich gab es niemand, auf den er die Schuld schieben konnte. Im Grunde war es sein Versäumnis, aber zugeben würde er das nicht.


    "Naja, es wird in Germanien wohl auch einen Händler für Kleidung geben. Dort findet sich schon etwas für dich." Für ihn war jedoch klar, dass für einen Einkauf jemand anderer sorgen müsste. Seine Zeit konnte er nicht für so unwichtige Dinge verschwenden. Er reiste zu wichtigen Gesprächen und Verhandlungen.


    Er nahm das Essen und sein Toilettenbesteck, bevor er sich an Bord helfen ließ. Er blickte die Sklaven nicht an, als er sprach.


    "Ihr reist im Frachtraum. Das habe ich für euch so arrangiert. Dort ist es warm", beruhigte er sich selbst, denn zumindest die Luftzufuhr ließ zu wünschen übrig.
    Es verging noch eine halbe Stunde, bis die Ladung gelöscht und neu aufgenommen war, dann stachen sie in See. Der Wind erzeugte Wellengang mit weißen Hauben. Das Speisen wurde zunehmen schwierig, sofern man überhaupt Appetit verspürte.