Beiträge von DIVUS IULIANUS

    Eine weitere Sorgenfalte gräbt sich in das Gesicht des Kaisers, das in den letzten Tagen selten genug entspannt war.


    "Bringt die Lage so schnell wie möglich unter Kontrolle. Unblutig! Nehmt die Rädelsführer fest und stellt von den anderen die Namen fest. Sagt ihnen, das dient zum Überprüfen ihrer Ansprüche. Oder irgendetwas anderes, was sie glauben.


    Sobald der Praefectus Annonae sich aus seinem Büro trauen kann, ohne den Kopf zu riskieren, soll er sich bei mir melden."

    Seit Stunden brütete der Kaiser nun wieder über Dekreten, Schreiben und Anweisungen. Rom begann in der Sonne zu braten, wie dies jedes Jahr zu dieser Zeit bereits anfing. Manche der Honoratioren des Reiches waren bereits auf ihre Landgüter in Capua oder Cumae gefahren, auch ihm fehlte Capri zu dieser Zeit im Jahr besonders. Vom Fenster aus betrachtete er das Treiben im Vorhof des Palastes. Vor einem Tor am Ende des Hofes stand ein Praetorianer, den Mund weit offen und gähnend. Julian musste schmunzeln, denn diese Haudegen einmal in irgendeiner halbwegs menschlichen Pose zu erblicken war sogar für ihn, der sie andauernd um sich hatte eine Besonderheit.


    Diese durch Hitze und Müßiggang bestimmte halbwegs vollständige Ruhe durchbrach abrupt ein Meldreiter, der von Trajan geschaffenen Equites Singulares. Der schläfrige Posten war nun wieder hellwach, da es galt andere Leute zu schikanieren, das diese auch noch zum regulären Militär gehörten erhöhte die Freude noch beträchtlich. Schnellen Schrittes durchquerte er den Hof und tauchte unter mir in das Gebäude ein. In Gedanken seinen Weg verfolgend hörte ich bald den Posten vor der Tür mit ihm reden. Das war vorherzusehen, denn es konnte ja unmöglich sein, dass die zehn Gardisten, die der Mann bis hierher zwangsläufig passiert haben musste richtig damit gehandelt hatten ihn durchzulassen. Schließlich öffnete sich die Tür und den Helm unter dem Arm betrat er den Raum. Der Optio grüßte militärisch und versuchte recht erfolgreich seine Anstrengung durch Hitze und Ritt zu kaschieren.


    „Mein Kaiser, dies Pergament soll ich Dir unverzüglich aushändigen!“


    „Optio, ich danke Dir dafür, doch warum gabst Du es nicht dem Dutzend Sekretären, die sich zweifellos dort draußen tummeln und mich Unsummen kosten?“


    „Nun, mein Kaiser, ich habe Order erhalten es nur Dir persönlich zu übergeben und .... „


    „Schon gut, ich nehme es.“


    Er trat vor und reichte mir das Pergament und wich schnell wieder einige Schritte zurück.


    „Danke, lass Dich verpflegen und ruhe Dich aus, der Ritt war sicher anstrengend.“


    „Habt Dank, mein Kaiser.“


    Die Freude war ihm deutlich anzusehen als er den Raum verließ. Es kam durchaus auch öfter vor, dass ich persönliche Depeschen erhielt, sogar zu oft für meinen Geschmack. Viele Leute dachten wohl, dass wenn man sein Anliegen nur hoch genug äußerte, dies wohl schwerlich scheitern könne. Doch dieses Pergament hatte noch eine weitere Besonderheit, es war sehr weit gereist für ein Anliegen an den Kaiser. Gesiegelt vom Legatus Augusti pro Praetore, Provincia Syria, Damascus. Den Posten hatte er schon unter meinem Vater erhalten und ich sah bei der Thronbesteigung keinen Grund ihn abzulösen, er war Soldat und hatte sich aus den republikanischen Wirren gänzlich herausgehalten. Nun doch etwas neugierig brach ich das Siegel und entrollte das Schreiben ...


    Renuntium Legatus Augusti pro Praetore, Provincia Syria, Damascus
    Ad Lucius Ulpius Iulianus, Imperator Caesar Augustus


    Mein Kaiser, ich grüße Dich.


    Ich schicke dies Schreiben direkt an Dich, da die Sache, wegen derer ich Dir schreibe mittlerweile eine gewisse Dringlichkeit entwickelt hat und da ich nicht die notwendigen Kompetenzen habe, um adäquat handeln zu können. Seit nunmehr zwei Monaten wird die Grenze des Imperium Romanum, deren Schutz Du mir hier übertrugst von parthischen Soldaten angegriffen. Zunächst haben ich und meine Offiziere eine Art systematisches Abtasten durch Scheinangriffe erkannt, was in der Vergangenheit des öfteren vorkam, wie Du sicher weißt. Doch die Angriffe wurden mit der Zeit heftiger und koordinierter. Einen zusammenhängenden Limes wie ihn Germania hat, haben wir hier nicht, sondern ein System von Kleinkastellen als Meldelinie. Der Druck auf diese Kleinkastelle nahm stetig zu und ich musste die kleinsten davon schließlich räumen lassen, was dem Feinde Breschen schlug. Durch die entstanden Lücken sickerte der Feind in die Provinz ein und ignorierte die weiteren Kastelle. Es kam darauf vermehrt zu Übergriffen auf unsere Versorgungs- und Meldelinien. Ich beschloss zu handeln und versammelte alles an Reiterei was die Provinz derzeit hat in dem Gebiet. Dies schien Erfolg zu haben, denn die Übergriffe gingen zurück. Wir gaben uns damit allerdings nicht zufrieden, sondern machten die Oparationsbasis der Übergriffe ausfindig, als welche die Stadt Dura Europos zu sehen ist. Ich schickte die Legio VIII Adiutrix zu einem Vergeltungsschlag in Richtung der Stadt Carrhae. Doch kaum auf parthischem Boden wurde uns durch Panzerreiter und berittene Bogenschützen schwer zugesetzt. Wir brannten einige Gehöfte nieder und versuchten uns Carrhae zu nähern, doch unsere Versorgungslinien brachen schließlich fast zusammen unter dem ständigen Druck des Feindes, ich befahl den Rückzug. Aber mein Kaiser, die Parther neigen zum Zurückweichen wenn sich ein Stärkerer nähert, die Truppen um Carrhae wichen nicht, sie müssen von einer Überlegenheit ihrerseits ausgehen. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich dort mehr zusammenbraut als offen zu sehen ist. Ich halte es für meine Pflicht Euch hierüber zu informieren.


    Legatus Augusti pro Praetore
    Gaius Munius Lupercus


    Renuntiarunt Legatos et Tribunos Legionum (LEG VIII ADI)
    Detulit Optio Equites Singulares


    Die Parther, das Volk des Königs der Könige, König Oroes von Parthia kam beständig oft in unseren Militärberichten vor, die mich nur recht selten erreichten, so wusste ich auch nichts von dem erfolglosen Versuch der Legio Octava Carrhae anzugreifen, das war auch durchaus so gedacht, denn wofür ernannte Rom schließlich Statthalter? Die Parther konnten es also nicht lassen, trotz Vertrag unser Territorium anzugreifen, doch Scharmützel an der Grenze sahen weder wir noch sie als Bruch des selben an. Ich nahm mir vor Gaius Munius Lupercus zu schreiben und mich über die Gesamtlage informieren zu lassen. Doch jetzt hatte ich einen Gast zu empfangen, den Pfleger der heiligen Gänse der Juno, der es nicht lassen konnte dem Pontifex Maximus persönlich anzutragen, das Futter der Tiere zu erhöhen ....

    Der Kaiser nimmt den Brief entgegen. Während des Lesens der ersten Zeilen ist seine Miene noch gelockert, doch dann erstarren seine Gesichtszüge zunehmend. Langsam legt er den Brief auf den Tisch.


    "Mein zweiter Leibarzt soll sich umgehend auf den Weg nach Sirmium machen. Und noch einen Arzt mitnehmen, der sich auf die Heilung von Frauen versteht.


    Das ist erstmal alles."


    Die Antwort auf den Brief wird der Kaiser eigenhändig verfassen.


    "Steht in dem anderen Brief noch etwas wichtiges?"

    Die Mitteilung kommt für den Kaiser recht unerwartet.


    "Eine überraschende plötzliche Neigung. Hat er such denn durch die nötigen Prüfungen gearbeitet?"


    Der Kaiser studiert von Zeit zu Zeit die Listen der Kandidaten und kann sich an seinen Namen nicht erinnern.

    Zitat

    Original von Appius Tiberius Iuvenalis
    Salve mein Imperator. Ich habe hier zwei Briefe für Dich. Der eine stammt von Kaeso Annaeus Modestus einem Magistratus aus Mantua.
    Der Andere ist vom Legatus Augusti pro Praetore Marcus Aufidius Rufus aus der Provinz Illyricum.


    Bei dieser Auswahl fällt dem Kaiser die Entscheidung leicht.


    "Zunächst den aus Illyricum."

    Zitat

    Original von Appius Tiberius Iuvenalis
    Wenn es sonst nicht`s mehr gibt mein Imperator, würde ich mich in mein Officium zurückziehen und mich wieder meiner Arbeit widdmen.


    Der Kaiser greift zu einer Wachstafel auf seinem Tisch.


    "Dieser Brief ist in Reinform abzuschreiben und zu verschicken."


    Legatus Legionis Decimus Livianus, Legio I


    Der Centurio Octavius Sura, welcher bisher bei den Cohortes Urbanae diente und sich zur Versetzung zur Legio I gemeldet hat, ist vom Dienst freizustellen. Aufgrund seines Standes und seiner Erfahrung wird eine Versetzung nach Germania erfolgen, wo er als Tribun höhere Verantwortung übernehmen wird.


    Die Ernennung wird in Kürze erfolgen. Zur Senkung der Reisekosten erlasse ich es dem Centurio, zur Entgegennahme der Urkunde nach Rom zu reisen. Er möge sich in Mantua aufhalten. Ein Bote mit der Ernennungsurkunde wird ihn dort aufsuchen und nach Germania begleiten.


    Dann entlässt er den Primicerius Noratiorum.

    Zitat

    Original von Tiberius Prudentius Balbus
    Als der Kaiser nach der Liste fragte nickte er und sagte: "Ja, es handelte sich hauptsächlich um unwichtigere Beamte. Scribae und ähnliches. Der einzige höhere Beamte war der Comes der Regio Hispania Tarraconensis. Ein gewisser Gaius Didius Sevycius."
    Er war sich nicht sicher, ob der Kaiser diesen Namen kannte und hielt daher einige kurze Informationen über ihn, die er aus dem Tabularium hatte holen lassen, bereit.
    "Er wurde allerdings bereits wieder auf freien Fuss gesetzt, da der Verdacht gegen ihn nicht bestätigt werden konnte. Der Praefect liess alle Beamte, die bereits wieder aus der Untersuchungshaft entlassen wurden, einen Schwur auf die Götter und auf dich leisten. Als Beweis ihrer Loyalität und um sie an ihre Pflichten zu erinnern."


    Der Name des Comes sagte dem Kaiser etwas, aber er kann sich nicht genau erinnern.


    "Sehr gut, eine sinnvolle Maßnahme. Sollten sich Verdachtsmomente erhärten, sind die Betroffenen umgehend und dauerhaft aus jeglichem Staatsdienst zu entfernen. Sollte es solche Fälle allerdings nur in sehr vereinzelter Zahl geben, dann soll sich der Präfekt nicht zu lange damit aufhalten. Der Aufstand im Süden ist wichtiger. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass die Truppe tagelang in Tarraco zu lagern gedenkt. Teile ihm das entsprechend mit."

    Der Kaiser nimmt die beantragte Versetzung mit Verwunderung zur Kenntnis. Offenbar wurde es Zeit, dem Militärapperat etwas genauer auf die Finger zu schauen. Unklare Versetzungsangelegenheiten häuften sich zuletzt.


    "Ich danke dir für diese Einschätzung. Wenn er die Einheit ohnehin verlassen wollte, dann stellt es ja keinen unplanmäßigen Verlust dar."


    Rasch notiert der Kaiser entsprechende Weisungen.


    "Dann erstatte mir nun Bericht über die Lage der Stadt."

    Es stellt sich eine Pause des Schweigens ein. Offenbar erwartet der Senator auch nach dem Ende des offiziellen Teils der Sitzung noch eine formelle Verabschiedung. Der Kaiser gewährt sie mit einem knappen Nicken und wenigen Worten und erteilt dann ebenso formlos Senator Flavius Felix das Wort.

    Zitat

    Original von Appius Tiberius Iuvenalis
    Salve mein Imperator! Ich habe schon wieder Post für Dich. Diesmal stammt der Brief von einem Helvetius Falco.


    Iuvenalis ging auf den Schreibtisch des Imperator zu und übergab den Brief. Diesmal hatte er eine Tabula und einen Griffel mit.


    Auch diesen persönlichen Brief liest der Kaiser aufmerksam.


    "Die Gens Helvetia, wahrlich gilt ihr durchaus meine Sorge. Sie hat mir immer treu gedient. Sobald es neue Nachrichten von Helvetius Falco gibt, lasse ihn zu mir ins Büro laden.


    Ich nehme an, Falco ist jetzt schon abgereist, sonst würde ich ihm noch einen Brief für meinen alten Begleiter Geminus mitgeben."

    Zitat

    Original von Appius Tiberius Iuvenalis
    Mein Imperator, eine Frage sei mir erlaubt. An welchen Legatus Augusti pro Praetore soll ich ihn schicken? Schon an den neuen oder noch an den Alten. Nur das ich wegen der Anrede in etwas bescheid weiß.


    Der Kaiser blickt den Mann missmutig an.


    "An denjenigen, der im Amt sein wird, wenn der Brief eintrifft."

    Zitat

    Original von Tiberius Prudentius Balbus
    Der Princeps Praetorii trat ein und salutierte vor seinem Oberbefehlshaber.


    "Imperator, es gibt einen neuen Bericht aus Hispania." sagte er und händigte dem Kaiser die entsprechenden Schriftstücke aus.


    Der Kaiser liest den Bericht und den begefügten Brief aufmerksam.


    "Der Präfekt hat eine sehr restriktive Sichtweise darüber, wie ein Befehl aussieht. Ich möchte doch annehmen, dass zahllose Juristen der Stadt das begefügte Schreiben als Befehl deuten würden. Aber ich nehme an, dass der Präfekt die Situation nach einem Gespräch vor Ort besser zu deuten weiß.


    Hat er dir genauere Listen übersandt, welche Personen unter Arrest gestellt wurden?"

    "Ja, einen Bericht würde ich gerne hören. Doch zuvor noch eine andere Sache: zu den Centurionen der Cohortes Urbanae gehört ein Mann namens Octavius Sura, nicht wahr? Der neue Statthalter von Germania möchte ihn gerne als Tribun mit zu seiner Legion nehmen. Wie ist deine Meinung dazu?"

    Zitat

    Original von Appius Tiberius Iuvenalis
    Er ging auf den Imperator zu und übergab ihm den Brief samt Anhang.


    Der Kaiser nimmt den Brief entgegen, liest ihn und wirft ihn dann auf den Schreibtisch.


    "Chaoten."


    Er runzelt die Stirn, bevor er den Primicerius Notariorum anschaut.


    "Du wirst mehrere Briefe verschicken. Erstens an den Statthalter von Germania. Du informierst ihn über diesen Vorfall und teilst ihm mit, dass ich eine vollständige Aufklärung wünsche. Als mein Stellvertreter möge er vor Ort die Strafen festlegen.


    Zweitens an den Princeps Senatus. Er soll den vom Senat entsandten Quaestor über diesen Vorfall unterrichten. Er wird zwar schneller über den Statthalter informiert werden, aber die Nachricht sollte trotzdem auch diesen Weg nehmen.


    Und drittens an den unterzeichnenden Nauarchus. Ich diktiere:


    Als dein Oberbefehlshaber kann ich eine derartige Nachlässigkeit nicht entschuldigen. Es lagen keine Gründe dafür vor, den vorgeschriebenen Weg zu verlassen. Ich habe dem Statthalter den Auftrag erteilt, das Strafmaß für diese Verfehlung festzulegen.
    Ferner erwarte ich eine umgehende Meldung über den Verbleib des Praefectus Classis. Ich erwarte, die Abwesenheit der von mir eingesetzten Offiziere in Zukunft nicht in einem Nebensatz gemeldet zu bekommen."


    Der Kaiser macht eine kurze Pause.


    "Der Mann ist für zukünftige Beförderungen zunächst nicht zu berücksichtigen. Ich meine, sein Name hatte auch mit dem Steuerhinterziehungsfall von vor einiger Zeit zu tun. Finde das heraus."

    Wäre der Kaiser hier, wären die Wachen nicht hier, sondern dort, aber da die Wachen hier waren, sprach viel dafür, dass der Kaiser dort war. Denn hier war die Tür und dort hinter der Tür der Schreibtisch und häufig war der Kaiser dort. Häufiger jedenfalls, als hier an der Tür zu sein. Und da die Wachen hier waren und nicht dort, konnten sie hier die Tür öffnen, damit der Primicerius Notariarum nach dort gehen konnte.