Beiträge von DIVUS IULIANUS

    Der Kaiser nimmt die Pläne des Praefectus nickend zur Kenntnis. Sie sind eine ausführliche Antwort auf eine einfache Frage und zeigen den Eifer, mit dem der neue Praefectus ans Werk geht.


    "Vielleicht wird sich ein weiterer Tribun für dich finden lassen."


    Auf dem Frachtschiff lässt sich der Kaiser die mögliche Beladung, verschiedenartige Ausbauten des Lageraums und die üblichen Größen und Zahlen von zum Transport verwendeter Amphoren erläutern.

    "Auf jene Mittel, die im Rahmen deines Quaestorenamtes unauffällig sind. Anderenfalls hätte der Kaiser zweifellos die Speculatores hinzu gezogen."


    Der Diener wird selber nur innerhalb des Palastes eingesetzt und hat keine Ahnung, welche Mittel überhaupt zur Auswahl stehen. Er kann nur weitergeben, was man ihm sagte und was er nach jahrelanger Erfahrung über die Sprachregelungen für besondere Aufträge weiss.

    Den Weg vom Verlassen des einen Schiffes bis zum Betreten eines zweiten nutzt der Kaiser für Fragen an den neuen Praefectus.


    "Wirst du zur Einarbeitung in deine neuen Aufgaben auch selber mit den Schiffen hinaus fahren? Wie oft warst du in Germania auf Schiffen untwegs?"


    Das nächste Schiff ist ein Transportschiff, wie sie die Mehrzahl der Schiffe der Classis darstellen.

    "Der Kaiser wünscht, das diskret einige Informationen über den derzeitigen Volkstribunen Terentius Cyprianus eingeholt werden. Ähnlich denen, die ohnehin in den Dossiers über Senatskandidaten erwartet werden. Mit einem Augenmerk auf politische Verbindungen, Kontakte, Rückhalt in der Bevölkerung."


    Der Diener spricht leise, aber deutlich. Den Zweck dieser Erkundigungen nennt er nicht, wahrscheinlich kennt er ihn selber nicht.

    Nach dem besuch des Trockendocks erreicht die Besuchergruppe mit dem Kaiser eines der Hafenbecken, in dem einer der Schiffsverbände der Classis in Bereitschaft liegt. Über einen bereitliegenden Steg begibt sich der Kaiser auf eines der Schiffe und lässt sich Bewaffnung und Steuerung erklären. Die erhaltenen Informationen sind für den Kaiser zwar nicht neu, aber bei einem Truppenbesuch bieten sich derartige Fragen nun einmal an, zumal die Offiziere und Seesoldaten diese sicher beantworten können und so etwas an Nervosität gegenüber dem Kaiser verlieren.

    "Nun, ein Tribunat wäre der nächste logische Schritt, wenn ich ihn zum Ritter ernenne. Wir sprachen ja schon beim letzten Conventus darüber, dass die Stadteinheiten Tribune suchten. Soweit wäre er freilich auch nach einer Ernennung noch lange nicht. Aber auch die Flotten oder Auxiliareinheiten bieten ihm sicher Perspektiven."


    Der Kaiser blickt einmal in die Runde.


    "Gibt es Anmerkungen? Sonst setze ich den Namen auf die Liste."

    "Ein Helvetier? Ja, mindesterns ein Helvetier war auf der Liste. Dabei machen mir die schon in Rom genug Sorgen."


    Der Kaiser denkt nur ungerne an den eben abgeschlossenen Prozess gegen Helvetius Tacitus zurück. Dann wendet er sich an einen Diener.


    "Man hole die Liste."


    Der Diener macht sich sofort auf den Weg.


    "Wie lange weilt dein Klient schon in Hispania und welches Amt bekleidet er?"


    Der Diener braucht eine Weile, bis er mit der Liste zurück kehrt und sie dem Kaiser aushändigt. Dieser schaut nach und schüttelt den Kopf.


    "Nein, ein Helvetius Gabor ist hier nicht verzeichnet."


    Der Kaiser nennt weder den Namen des anderen dort verzeichneten Helvetiers, noch gestattet er dem Consul einen direkten Blick auf die Liste.

    Der Gesichtsausdruck des Kaisers wird kein Stück glücklicher.


    "Auch in Hispania passiert so etwas inzwischen? Bisher bekam ich vergleichbare Meldungen nur aus Iudaea, vielleicht auch mal aus benachbarten Provinzen. Man wird die Entwicklung im Auge behalten müssen."


    Der Kaiser denkt einen Augenblick nach.


    "Wann reist du wieder zurück? Ich lasse dir einige Gardisten als Begleiter mitgeben, nur zur Sicherheit."

    "Oh, dann nehmen ihn seine Aufgaben derzeit doch so sehr in Anspruch? Der Praefectus Urbi sprach von Sorgen um die Getreideflotte aus Aegyptus, wahrscheinlich wird deinen Sohn dieses Problem dann auch umtreiben. Das ist erfreulich, dass er dafür sogar private Dinge verschiebt.


    Du siehst es nun also an der Zeit gekommen, dass er an deiner Seite im Senat sprechen darf? Wie steht er zu den derzeitigen politischen Themen? Sprachst du viel mit ihm über die letzten Entwicklungen?"

    Der Kaiser blickt von seiner Lektüre auf. Die Schriftrolle, die er vor sich hält, trägt den Text eines weniger bekannten Geschichtsschreibers, der sich dafür umso besser in Hispania auskannte. Der Kaiser musste wohl niemandem in seinem Umfeld erklären, warum er gerade jetzt solche Texte studiert.


    "Magister, tritt näher. Wusstest du, dass die Bewohner Tarracos dem göttlichen Augustus einen Altar weihten, auf dem eines Tages eine Palme wuchs? Als sie ihm dieses besondere Ereignis mitteilten, antwortete er, dass der Altar augenscheinlich sehr selten benutzt würde."

    Der nachmittägliche Rundgang des Kaiser über den Stützpunkt der Classis Misenensis begann am Trockendock, wo er sich vom einem Offizier die derzeitigen Arbeiten an den Schiffen erklären ließ. Auch für den Kaiser war es ein seltener Anblick, ein Schiff aus diesem Blickwinkel zu sehen und aufmerksam folgte er den verschiedenen Erläuterungen.

    "Außer dem Wunsch, dass du das Kommando hier vorbildlich führen wirst und diese Station hier eine wichtige in deiner Laufbahn sein wird, nicht."


    Der Kaiser lächelt freundlich und lässt sich den Feldherrenmantel anlegen.


    "Ich nehme an, du bist den ganzen nachmittag in meiner Nähe?"

    Erneut erscheint ein Diener des Kaisers im Büro des Quaestor Principis. Anders als beim letzten Mal lässt er hinter sich die Türe schließen und wartet nach der obligatorischen Begrüßung einen Moment, bis er die volle Aufmerksamkeit des Quaestors hat. Es scheint um einen wichtigen Auftrag zu gehen.

    Der Kaiser schüttelt den Kopf, da er inzwischen mehr Namen kannte.


    "Der Sohn des Proconsuls besuchte auch mich und ich bat ihm genau um eine Liste von Namen, soweit sie bekannt waren. Er nannte etwas mehr als ein Dutzend. Senatoren waren keine darunter, auch ansonsten keine maßgeblichen Verbindungen nach Rom, soweit das bisher überprüft wurde."

    Irgendwo auf dem Weg zwischen Tribüne und Unterkunft hält der Kaiser noch einmal an und wartet auf den Prinzen. Seine Eindrücke interessieren ihn, aber er muss ihn ja nicht gleich in Gegenwart der ganzen Offiziere ausfragen.


    "Nun, Acuma von Dakien, hat dir die Parade gefallen? Gibt es bei euch auch solche militärischen Zeremonien?"


    Der Kaiser rechnete mit einem Nein als Antwort, hatte er doch bisher von nichts vergleichbarem gehört oder gelesen, wenngleich auch die Daker sich natürlich darauf verstanden, die Anführer ihres Militärs entsprechend zu würdigen und zu ehren.

    "Artorius Avitus? Lass' mich nachdenken."


    Der Blick des Kaiser wandert durch den Raum, auch kurz an einer der Wachstafeln auf dem Tisch vorbei.


    "Centurio der Legio I, richtig? Wir vertagten ihn letztes Mal, um ihn weiter zu beobachten. Nun, was konntest du beobachten, wo er doch direkt unter deinen Augen dient?"

    "An die Absetzung des Proconsuls zu denken ist ein naheliegender Reflex. Man denkt immer zuerst an die mächtigsten aller Mittel. Die weiteren Ereignisse werden zeigen, ob sie auch angemessen sind."


    Der Bitte des Consuls lauscht der Kaiser nachdenklich.


    "Eine verständliche Bitte, liegt die Provinz doch in die Obhut des Senates. Ich werde weiterleiten lassen, was ich als Information an die Öffentlichkeit geben kann. Du wirst verstehen, dass nicht jeder Bericht der Speculatores weitergegeben wird. Das ist bisher nicht passiert und gerade die kritische Lage begründet nicht, von dieser Praxis abzuweichen."