Beiträge von DIVUS IULIANUS

    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI


    ENTLASSE ICH
    MARCUS VINICIUS HUNGARICUS


    PER
    HONESTA MISSIO


    AUS DEM DIENST DER
    COHORTES PRAETORIAE



    - DCCCLVI AB URBE CONDITA -

    Nachdem das Abschiedgeschenk der Garde überreicht ist, erhebt sich der Kaiser von seinem Platz und schreitet auf Hungaricus zu. Genau im richtigen Augenblick kündigt die schneidende, klare Stimme eines Offiziers an, dass der Kaiser diesmal in seiner Eigenschaft als Oberbefehlshaber auftritt.


    "ATTENTATE! IMPERATOR ADEST!"


    Der Kaiser bleibt kurz stehen, nimmt den militärischen Gruß aller Anwesenden entgegen und geht dann die letzten Schritte bis zu seinem Ziel.


    "Senator Marcus Vinicius Hungaricus, Präfekt der Prätorianergarde, nach langem treuen Dienst gewähre ich dir hiermit die ehrenvolle Entlassung und entbinde dich mit dem heutigen Tag von deinem Kommando über die Garde."


    Er hebt die Hand und salutiert zum letzten Mal mit lauter Stimme in dienstlicher Umgebung.


    "Praefectus, du hast deinen Dienst zu meiner vollen Zufriedenheit erfüllt."


    Er verharrt einen Moment, tritt dann noch einen Schritt näher an Hungaricus heran und spricht nun leise zu ihm.


    "Senator, als mein persönlicher Dank werde ich dir noch zwei Ländereien zukommen lassen. Ich denke, wir regeln das in den nächsten Tagen."

    "Auf die Götter!"


    Auch der Kaiser erwidert den Trickspruch und die Opferung des Priesters, der ihm als einer der auffälligeren und fleissigeren unter den Mitgliedern der Collegien bekannt ist. Dann wendet er sich an den Gastgeber, der ihm auf dem benachbarten Speisesofa gegenüber liegt.


    "Eine illustere Runde, die du hier zusammen gerufen hast. Gedenkst du, dass ein solches Treffen der führenden Köpfe Roms zu einer regelmäßigen Einrichtung werden könnte?"

    Wenig später erscheint der Kaiser, nicht in militärischer Uniform wie noch bei der Parade, sondern in festlicher Kleidung für ein Bankett in höchst feierlichem Rahmen. Langsam bewegt er sich von der Tür, durch die er gekommen ist auf den Eingang zum Festsaal zu und begrüßt auf dem Weg dorthin zahlreiche der Anwesenden persönlich und nimmt deren Grüße entgegen. Vor dem Eingang zum Festsaal angekommen, wendet er sich allen Gästen zu und richtet einige Worte an sie.


    "Liebe Gäste, es ist mir eine große Freude, euch hier so zahlreich erschienen zu sehen, um gemeinsam einen Mann zu ehren, dem ich lange Jahre mein Leben und meine Sicherheit und auch die meiner Familie anvertraut habe. Den Göttern sei gedankt, dass er selten genug mein Schild in der Schlacht sein musste, dafür umso gewissenhafter mein Ohr in den Gassen Roms und meine Faust gegen die Feinde, die sich nicht in Rüstungen sondern in Togen hüllen. Nicht nur ich persönlich verdanke ihm viel, sondern auch Rom und alle seine Einwohner, hat er doch uns allen als scharfer Jurist einiges an Sicherheit gegeben und dafür gesorgt, dass wir das verstehen und niederschreiben, was Justitia uns vorgibt.


    So lasst uns diesen Abend nicht nur als Abschied eines Praefectus Praetoriae feiern, sondern auch als Aufbruch zu neuen Zielen, die Senator Vinicius Hungaricus - wie ich vermute - sicher schon ins Auge gefasst hat, nachdem er von den Pflichten meiner Person gegenüber entbunden ist."

    Der Kaiser hört andächtig zu und blickt die Augusta dann schmunzelnd an.


    "Gerüchte auf den Straßen... hinter vorgehaltener Hand. Ach, wenn manche Leute sich doch etwas offener zeigen würden. Bemerkungen über die Arbeit des Legaten gab es schon häufiger. Gleich nach seiner Ernennung wurde doch tatsächlich darüber diskutiert, ob der Mann das Recht hat, drei Wachsoldaten vor dem Portal der Regia aufzustellen oder ob er sie in der Regia aufstellen soll, um die Bevölkerung nicht zu verschrecken. Und nun soll er angeblich mit Lob zu sparsam sein und gleichzeitig plötzliche grundlose Auszeichnungen vergeben sowie an Beförderungen sparen und gleichzeitig zahlreiche neue Leute beschäftigen."


    Widersprüche, die sicher auch der Augusta auffallen würden, immerhin hatte er sie nicht grundlos als Frau an seiner Seite erwählt, denkt sich der Kaiser und blickt sie weiterhin an.


    "Decimus Meridius mag seine Arbeit auf eine andere Art tun als sein Vorgänger, auf eine andere Art als die Bevölkerung sie gerne sehen würde und möglicherweise auch auf eine andere Art, als ich sie persönlich tun würde. Aber solange seine Taten nicht meinen Anordnungen widersprechen, habe ich keinen Grund seine Arbeit in Zweifel zu ziehen."

    Der Kaiser wird ein klein wenig ungeduldig.


    "Nein, das ist alles. Die Aushänge werden entfernt und der Advocatus legt die Anklage vor und beides besser gestern als heute und wenn jemand meint, dass ihr oder er oder sonst jemand das nicht machen könnt dann sagt ihnen, dass es mein Befehl ist und macht es trotzdem."

    "Ein wenig erfreulicher Umstand."


    Nach einer kurzen Denkpause lässt es der Kaiser bei diesem Kommentar bewenden.


    "Aus allen anderen dir unterstellten Abteilungen gab es keine Verlustmeldungen - zumindest keine, die bis zu mir drangen. Ich darf annehmen, dass dort also alles in Ordnung ist und alle Aufgaben erledigt werden?"

    "Sicher, ich nehme sie an. Wer die Arbeit gemacht hat, soll sie auch vorlegen dürfen."


    Der Kaiser nimmt die Liste entgegen, wirft einen kurzen Blick auf sie und reicht sie an einen Diener weiter. Die nötigen Schriftstücke wird die Kanzlei vorbereiten.


    "Das Nichterscheinen des Quaestors auf deine Einladung hin ist befremdlich. Ich werde dem nachgehen."

    "Sei gegrüßt, Praefectus Urbi.


    Auch wenn wir noch nicht ganz vollzählig sind, sollten wir beginnen, denke ich. Es geht sonst alles von der Zeit für den nachmittäglichen Thermenbesuch ab. Beginnen wir der Einfachheit halber mit möglichen Erhebungen in den Ordo Equester, da stört es nicht ganz so, wenn unsere Nachzügler später eintreffen.


    Ich höre eure Vorschläge."

    "Der Pontifex suchte mich zu einer Audienz auf und meine Eindrücke von ihm waren weitaus bescheidener. Ich möchte nicht grundlos bezweifeln, dass er gute Arbeit leistet, aber eine äußerst positive Einschätzung habe ich nicht.


    Aus Raetia höre ich selber in der Tat wenig und erwarte dringlich einen aktuellen Bericht. Sollte der spärliche Informationsfluss mit der Lage der Infrastruktur dort zusammenhängen, dann wäre das ein schlechtes Zeichen. Selbst vor 100 Jahren benötigte ein Bote nur neun Tage von Raetia bis Rom.


    Über die Details der Verwaltungsorganisation, Lob und Beförderungen ist mir nicht viel bekannt. Äußert er sich zu den Klagen detailierter? So erscheinen sie mir etwas vage und es wäre nicht das erste Mal, dass man sich über einen Statthalter beklagt.


    Vom Tod des Sohnes des Praetors wusste ich noch nichts. Er müsste Tribun gewesen sein, wenn ich mich recht erinnere."

    "Kein Grund für lange Reden, Praefectus. Die Inhalte unserer Codices sind mir wohlbekannt. Und wenn ich anordne, dass mein Staatsanwalt die Ermittlungen aufnehmen soll und die Anklage vorbereiten, dann kannst du dir sicher sein, dass er das auch darf. Meine Anweisungen sind bindend. Auch dies geht aus den Codices hervor."

    Der bisherige Verlauf der Parade gefällt dem Kaiser gut. Die Garde scheint in bester Form zu sein, wie es sich gehört, und präsentiert sich von einer glänzenden Seite. Diese Männer zur Verfügung zu haben, gibt selbst einem Mann, der das größte Reich der Welt regiert, noch zusätzliche Sicherheit.


    Einzig die Pausen zwischen den Abschnitten der Präsentation und der Zeremonie insgesamt könnten für seinen Geschmack ein wenig kürzer ausfallen. Vielleicht hatte man es zu gut mit dem zu ehrenden ausscheidenden Präfekten gemeint, dass man die Veranstaltung seinem Alter angemessen auf keinen Fall zu hektisch gestalten wollte.

    Ihre Rat hört der Kaiser nicht zum ersten Mal und wiederholt nimmt er sich vor, ihn besser zu befolgen als zuvor.


    "Germania? Nun, Decimus Meridius ist der Statthalter, schreibt selten Berichte, lässt die Legio II und Ala II den Wiederaufbau in Raetia übernehmen und wird mir hoffentlich in Kürze über einen Tempelraub in Mogoanticaum und eine etwas seltsame Sacerdos aus seiner Verwandtschaft berichten."


    Das waren die Punkte, die den Kaiser in den letzten Tagen im Bezug auf diese Provinz beschäftigten. Neugierig sieht er die Augusta an.


    "Was vermagst du zu ergänzen?"